Landgericht Mannheim Beschluss, 25. Jan. 2010 - 4 T 212/09

published on 25.01.2010 00:00
Landgericht Mannheim Beschluss, 25. Jan. 2010 - 4 T 212/09
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Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen der Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 13.11.2009 (Az. 1 IK 548/09) wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Mit bei dem Amtsgericht am 25.08.2009 eingegangenem Antrag vom 15.06.2009 (Bl. 1 ff) hat der Antragsteller die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt. Zugleich hat er den Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt.
Nachdem das Amtsgericht Mannheim dem Antragsteller mit Verfügung vom 26.08.2009 mitgeteilt hatte, dass und weshalb der Eröffnungsantrag nicht ordnungsgemäß sei, und diesem Gelegenheit gegeben hatte, die näher bezeichneten Beanstandungen zu beheben, hat der Antragsteller mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 12.11.2009 diverse Unterlagen vorgelegt. Zugleich hat er beantragt, ihm für das Verfahren Prozesskostenhilfe unter Bewilligung von Rechtsanwalt ... zu bewilligen.
Mit Beschluss vom 13.11.2009 hat das Amtsgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Insolvenzverfahren abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Schuldner seine Rechte aufgrund der Fürsorgepflicht des Gerichts selbst wahrnehmen könne. Der Schuldner werde zu jedem Zeitpunkt über seine Recht und Möglichkeiten belehrt und erhalte gegebenenfalls Beratung. Gründe, die ausnahmsweise die Gewährung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen könnten, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Gegen diesen seinem Verfahrensbevollmächtigten am 18.11.2009 zugestellten Beschluss richtet sich die bei dem Amtsgericht am 01.12.2009 eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers vom selben Tag (Bl. 69 f). Diese wird damit begründet, dass der Antragsteller zwar studierter Diplom-Kaufmann und in der Vergangenheit auch in der Unternehmensberatung tätig geworden sei. Er habe jedoch keine juristischen Fachkenntnisse und benötige aufgrund der hohen Komplexität des Rechts der Privatinsolvenz anwaltlichen Beistand.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 03.12.2009 nicht abgeholfen und hat die Akte dem Beschwerdegericht vorgelegt. In der Beschwerdeinstanz hatte der Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 13.11.2009 eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache indes keinen Erfolg. Der Schuldner hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe oder auf Beiordnung eines Rechtsanwalts.
1. Gemäß § 4 a Abs. 2 S. 1 InsO wird einem Schuldner auf dessen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn (1.) dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet sind und (2.) die Vertretung durch einen Rechtsanwalt trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. Beide Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Zunächst sind dem Schuldner die Verfahrenskosten nicht gemäß § 4 a Abs. 1 InsO gestundet. Auch hat er bisher einen solchen Antrag nicht gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 4 a Abs. 2 InsO die Stundung der Verfahrenskosten jedoch voraus; eine Beiordnung ist also vor einer Stundung nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 22.03.2007, Az. IX ZB 94/06, m.w.N.; zitiert nach juris). Damit scheitert der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts bereits aus diesem Grund.
Darüber hinaus ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts vorliegend aber auch nicht erforderlich. In der Regel ist davon auszugehen, dass der Schuldner im Insolvenzverfahren - einschließlich des Eröffnungsverfahrens - seine Rechte aufgrund der Fürsorgepflicht des Gerichts selbst wahrnehmen kann (vgl. Nies, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 3. Auflage, § 4 a, Rn. 19 m.w.N.). Der Schuldner wird durch das Insolvenzgericht zu jedem erforderlichen Zeitpunkt über seine Rechte und Möglichkeiten belehrt und erhält ggf. Beratung, die ihm eine sachdienliche Antragstellung ermöglicht. Vorliegend sind keine Umstände gegeben, die eine Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich machen könnten. Der Beschwerdeführer stellt in diesem Zusammenhang ausschließlich darauf ab, dass das Recht der Privatinsolvenz komplex und deshalb auch nicht spezialisierten Volljuristen meist nicht in allen Einzelheiten bekannt sei. Dies mag zwar zutreffend sein, ist aber zunächst in jedem Privatinsolvenzverfahren der Fall. Weshalb aber der vorliegende Fall schwieriger sein könnte als die „üblichen“ und der Schuldner - ein studierter Diplom-Kaufmann, der in der Vergangenheit auch in der Unternehmensberatung tätig geworden ist - wegen des komplexen Sachverhalt gerade des hiesigen Verfahrens nicht in der Lage sein könnte, ohne anwaltlichen Beistand die notwendigen Formulare vollständig auszufüllen, die gerichtlichen Fragen zu beantworten und - ggf. nach Beratung durch das Gericht - die sachdienlichen Anträge zu stellen, ist auch in der Beschwerdeinstanz weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Somit kommt die Beiordnung eines Rechtsanwalts vorliegend nicht gemäß § 4 a Abs. 2 InsO in Betracht.
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2. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe nebst Anwaltsbeiordnung ist vorliegend auch nicht nach § 4 InsO i.V.m. §§ 114 ff ZPO möglich. Zwar ist anerkannt, dass die Vorschriften der Insolvenzordnung über die Verfahrenskostenstundung (§§ 4a ff InsO) das Rechtsinstitut der Prozesskostenhilfe in den Fällen des Schuldnerantrages nicht vollständig verdrängen. Insbesondere schließen die Stundungsvorschriften die Gewährung von Prozesskostenhilfe im Beschwerdeverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aus (BGH, Beschluss vom 24.07.2003, Az. IX ZB 539/02; zitiert nach juris). Derselben Rechtsprechung kann jedoch entnommen werden, dass der Schuldner für das Stundungsverfahren selbst grundsätzlich nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts verlangen kann. Damit hat der Bundesgerichtshof auch zum Ausdruck gebracht, dass die Stundungsregelung des § 4 a InsO in diesem Verfahrensabschnitt vorrangig und abschließend ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22.03.2007, Az. IX ZB 94/06, m.w.N.; zitiert nach juris).
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3. Nach alldem ist die amtsgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden, so dass die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückzuweisen ist.
III.
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Anlass für eine Kostenentscheidung besteht nicht (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen
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published on 22.03.2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 94/06 vom 22. März 2007 in dem Verbraucherinsolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO §§ 4, 4a; ZPO § 114; BerHG § 1 Beabsichtigt der mittellose Schuldner, einen Insolvenzantrag
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Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.