Landgericht Mainz Beschluss, 18. Feb. 2013 - 8 T 225/12

ECLI:ECLI:DE:LGMAINZ:2013:0218.8T225.12.0A
bei uns veröffentlicht am18.02.2013

Auf die Beschwerde des Betreuers hin wird der Beschluss des Amtsgerichts Worms vom 16. August 2012 dahingehend abgeändert, dass dem Betreuer für seine Tätigkeit in dem Zeitraum vom 01. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 eine Aufwandsentschädigung gemäß §§ 1908i, 1836 Abs. 2 BGB aus dem Vermögen des Betroffenen in Höhe von 1.000 € zusteht. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Für den Betroffenen wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Worms vom 04. September 1991 eine Betreuung eingerichtet. Die Betreuung wurde jeweils durch Beschlüsse des Amtsgerichts Worms vom 21. Januar 1998 (Bl. 157 d.A.), vom 11. Februar 2003 (Bl. 287 d.A.) und 14. Februar 2008 (Bl. 415 d.A.) verlängert. Mit Beschluss vom 30. Januar 1992 wurde der Beschwerdeführer zum ehrenamtlichen Betreuer des Betroffenen bestellt. Der Betreuer hat keine verwandtschaftliche Beziehung zu dem Betroffenen, zum Zeitpunkt der Bestellung zum Betreuer war er der Ortsbürgermeister des Wohnortes des Betroffenen. Ausweislich der Berichte der Betreuungsbehörde war es sehr schwierig, aufgrund der Persönlichkeit des Betroffenen und seinem familiären Umfeld einen geeigneten Betreuer für ihn zu finden.

2

Dem Betreuer wurden für seine ehrenamtliche Tätigkeit für das Jahr 1992 3000 DM, für die Jahre 1993 bis 1995 je 5000 DM, von 1997 bis 2011 zwischen 2.500 und 3.000 DM und seit 2002 zwischen 1.600,00 € und 1.800,00 € als Vergütung festgesetzt. Für das Jahr 2010 wurde dem Betreuer für seine Tätigkeit eine Vergütung aus dem Vermögen des Betroffenen in Höhe von 1.800,00 € gewährt.

3

Mit Schreiben vom 06. Februar 2012 beantragte der Betreuer die Gewährung einer Aufwandsentschädigung für seine Betreuertätigkeit im Jahr 2011, die sich an der Höhe des Vorjahres orientieren sollte.

4

Nach Anhörung des Betreuers und des Betroffenen setzte das Amtsgericht Worms mit Beschluss vom 16. August 2011 die Vergütung für den Zeitraum vom 01. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 auf 500,00 € fest. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Betreuung mittlerweile nicht mehr von so großem Umfang oder so großer Schwierigkeit sei, dass eine Vergütung von 1.800 € zu rechtfertigen sei. Zudem habe der Betreuer trotz Aufforderung des Gerichts keine Aufstellung über seinen Tätigkeitsaufwand erbracht.

5

Gegen diesen Beschluss legte der Betreuer mit Schreiben vom 23. August 2012, bei Gericht eingegangen am 27. August 2012, Beschwerde ein.

6

Er trägt vor, der Betreuungsaufwand sei sehr hoch. Der Betroffene spreche fast täglich bei ihm vor und rufe mehrmals täglich bei ihm an. Zudem müsse er auch als Streitschlichter zwischen dem Betroffenen, seinen mit ihm in dem Haushalt lebenden Brüdern und den Nachbarn agieren. In der Vergangenheit sei ihm immer eine höhere Vergütung von 1.600,00 € bis 1.800,00 € zugebilligt worden. Bei der Bemessung der Vergütung des ehrenamtlichen Betreuers seien die Vorschriften des VBVG entsprechend heranzuziehen.

7

Das Amtsgericht Worms half der Beschwerde mit Beschluss vom 12. Dezember 2012 nicht ab und legte die Sache dem Landgericht Mainz zur Entscheidung über die Beschwerde vor.

II.

8

Die nach §§ 292 Abs. 1, 168, 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig.

9

Die Beschwerde ist jedoch nur zum Teil begründet.

10

Grundsätzlich wird gem. §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Betreuung ehrenamtlich und damit unentgeltlich geführt, eine Vergütung ist gesetzlich nur im Fall einer berufsmäßig geführten Betreuung vorgesehen (§ 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB).

11

Der Beschwerdeführer ist vorliegend als ehrenamtlicher Betreuer bestellt.

12

Nach § 1836 Abs. 2 BGB kann das Gericht auch dem ehrenamtlichen Betreuer ausnahmsweise eine angemessene Vergütung bewilligen, soweit der Umfang oder die Schwierigkeit der vormundschaftlichen bzw. betreuungsrechtlichen Geschäfte dies rechtfertigen; dies gilt nicht, wenn der Betroffene mittellos ist. Hier geht aus den jährlichen Aufstellungen über das Vermögen des Betroffenen hervor, dass dieser nicht mittellos ist.

13

Ob und in welcher Höhe dem ehrenamtlichen Betreuer im Ausnahmefall eine Vergütung zu gewähren ist, hat das Gericht in pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Sowohl für die Bewilligung der Vergütung dem Grunde nach als auch für ihre Höhe sind ausschließlich Umfang und Schwierigkeit der vormundschaftlichen Geschäfte maßgebend, die Höhe des Vermögens des Betroffenen darf hierbei keine Rolle spielen (Beck‘scher-Online Kommentar zum BGB-Bettin § 1836 Rn 22, 23).

14

Ausgangspunkt ist der Umfang der vormundschaftlichen bzw. betreuungsrechtlichen Geschäfte, mithin die Zeit, die der Betreuer auf die Führung der Betreuung verwendet. In Ansatz zu bringen sind auch hier nicht der tatsächliche, sondern der erforderliche und auch tatsächlich erbrachte Zeitaufwand, außerdem nur solche Tätigkeiten, die bei einer berufsmäßig geführten Betreuung als vergütungspflichtig abgerechnet werden könnten (vgl. Münchener Kommentar zum BGB-Wagenitz § 1836 Rn 33). Die für die Vergütung eines Berufsbetreuers entwickelten Grundsätze sind hierfür nicht anzuwenden, insbesondere ist der Tätigkeit kein Stundensatz zugrunde zu legen (siehe BayObLG vom 16. März 1998, NJW-RR 1999, S. 5). Die Vorschriften des VBVG sind daher auf die Bemessung der Vergütung des ehrenamtlichen Betreuers nicht anwendbar. Die von dem Beschwerdeführer insoweit zitierte Rechtsprechung steht dem nicht entgegen. Das Landgericht Kassel (Beschluss vom 10. März 2006, BeckRS 2008, 25984) und das BayObLG (Beschluss vom 31. März 2004, NJOZ 2004, S. 2164, 2166) stellen gerade fest, dass die Vergütung des ehrenamtlichen Betreuers nicht mit der des Berufsbetreuers vergleichbar sei, da der ehrenamtliche Betreuer seine Dienste nicht mit Gewinnerzielungsabsicht, sondern aus anderen Motiven erbringe. Er müsse aus der Vergütung weder seinen Lebensunterhalt bestreiten noch seine Bürokosten erwirtschaften. Die Vergütung stelle für ihn nur einen angemessenen Ausgleich für die aufgewendete Zeit und die erbrachte Leistung dar. Auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Beschluss vom 22. Mai 2008, BeckRS 2008, 15523) schließt eine Heranziehung der Vergütung nach §§ 4,5 VBVG gerade aus. Solche Sätze könnten allenfalls das Höchstmaß der möglichen Vergütung des ehrenamtlichen Betreuers darstellen.

15

Vom Gericht ist daher der tatsächliche Zeitaufwand des Betreuers zu ermitteln. Hier ist festzustellen, dass der Aufwand für die Betreuung in den ersten Jahren der Betreuung viel höher und aufwändiger als im hier maßgeblichen Jahr 2011 war, da zunächst die finanzielle Abwicklung der Unterhaltung des Wohneigentums, umfangreiche Renovierungsarbeiten und die Aufnahme von Darlehen zu bewältigen waren.

16

Unter Zugrundelegung der von dem Beschwerdeführer erstmals im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach Aufforderung durch die Kammer vorgelegten Aufstellung benötigt der Beschwerdeführer, umgerechnet auf wöchentliche Betreuungszeit, für die Abwicklung der Hauskosten sowie Erstellung der Nebenkostenabrechnung 5 Minuten, für die Bargeldbesorgung und Erledigung von Überweisungen 10 Minuten, für die Ablesung von Energiewerten und ähnliches ebenfalls 10 Minuten und Gesprächen mit Ärzten wegen notwendiger Behandlungen 5 Minuten. Diese Tätigkeiten sind von der Aufgabe des Betreuers umfasst und wären für einen Berufsbetreuer abrechenbar. Der Zeitaufwand hierfür summiert sich auf 30 Minuten wöchentlich, also ca. 2 Stunden pro Monat. Für die Bemessung des Umfangs der Betreuung ist also ein Jahresaufwand (52 Wochen) von 26 Stunden zugrunde zu legen. Nach dem Tätigkeitsbericht des Beschwerdeführers für das Jahr 2011, der fast wortgleich mit dem des Jahres 2010 ist, gab es im Jahr 2011 keine besonderen Vorkommnisse, die einen besonderen Betreuungsaufwand begründet hätten.

17

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beschwerdeführer mit dem Betroffenen nicht verwandt ist und es sich aufgrund der Persönlichkeit des Betroffenen um eine anspruchsvolle Betreuung handelt, ist hier nach der Gesamtabwägung für das Jahr 2011 eine Vergütung von 1.000 € angemessen.

18

Nach alledem war der Beschluss des Amtsgerichts entsprechend anzupassen.

19

Die Gebührenfreiheit des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 131 KostO.

20

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die hierfür notwendigen Voraussetzungen nach § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern


Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 292 Zahlungen an den Betreuer; Verordnungsermächtigung


(1) Das Gericht setzt auf Antrag des Betreuers oder des Betroffenen oder nach eigenem Ermessen durch Beschluss fest:1.einen dem Betreuer zu zahlenden Vorschuss, den ihm zu leistenden Ersatz von Aufwendungen oder die Aufwandspauschale, soweit der Betr

Referenzen

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.