Landgericht Konstanz Urteil, 04. Apr. 2003 - 9 Ns 43 Js 13075/02

bei uns veröffentlicht am04.04.2003

Tenor

1. Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts S vom 20.11.2002 im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte zu der

Geldstrafe von 90 Tagessätzen in Höhe von je 25,00 Euro

verurteilt wird.

Dem Angeklagten wird nachgelassen, die Geldstrafe in monatlichen Raten in Höhe von je 200,00 Euro zu zahlen, beginnend mit dem 1. des Monats, der der Rechtskraft dieses Urteils folgt.

2. Die Berufungsgebühr wird um die Hälfte ermäßigt. Die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen des Angeklagten hat er selbst zu 2/3, die Staatskasse zu 1/3 zu tragen.

Gründe

 
I.
Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts S vom 20.11.2002 wegen Missbrauchs von Berufsbezeichnungen zu der Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch Anwaltsschriftsatz vom 25.11.2002 form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
In der Hauptverhandlung hat er mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft K erklärt, dass das Urteil nur im Rechtsfolgenausspruch angefochten werde mit dem Ziel, dass entweder eine Geldstrafe oder eine zur Bewährung auszusetzende Freiheitsstrafe verhängt wird.
Das Rechtsmittel hatte den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.
II.
Der 43-jährige Angeklagte ist ledig, hat keine Kinder und auch sonst keine Unterhaltsverpflichtungen. Nach der Mittleren Reife erlernte er den Beruf des Heizungs- und Lüftungsbauers und legte die Meisterprüfung ab. Bis 1985 arbeitete er als Selbständiger in diesem Beruf, wobei er zwischenzeitlich, nämlich 1980, das Abitur nachholte. Anschließend besuchte er die Schule für Grundstücks- und Wohnungswirtschaft in Stuttgart und war danach in der Immobilienbranche als Projektentwickler tätig. Später machte er sich als Immobilienmakler selbständig. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit hat er seit 01.04.2003 wieder eine Anstellung bei einer Gebäudetrockenlegungsfirma. Er verdient dort mindestens 1 000,00 Euro brutto im Monat. Dazu erhält er Provisionen. Er selbst rechnet mit einem Monatseinkommen von 3 000,00 bis 4 000,00 Euro brutto. Der Angeklagte hat Schulden in Höhe von mindestens 5 000,00 Euro, die sich während der Zeit seiner Selbständigkeit angehäuft haben. Derzeit kann er die Schulden nicht bedienen. Er hat im Jahre 2002 deshalb vor dem Amtsgericht S die eidesstattliche Versicherung abgeben müssen.
Der Angeklagte, der selbst auf Grund von Rückenproblemen gesundheitlich angeschlagen ist, pflegt seine in W. lebende Mutter, die auf Grund zweier erlittener Schlaganfälle auf seine Hilfe angewiesen ist.
Der Angeklagte ist in der Vergangenheit immer wieder strafrechtlich in Erscheinung getreten.
1. Bereits am 31.07.1985 hat ihn das Amtsgericht B in Sachen 6 Cs 934/85, rechtskräftig seit 10.08.1985, wegen Fahrens mit einem nicht versicherten Fahrzeug zu der Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 60,00 DM verurteilt.
2. Am 11.06.1986 erging Straferkenntnis des Amtsgerichts B in Sachen 6 Cs 593/96. Wegen Betrugs wurde eine Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 30,00 DM festgesetzt.
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3. Am 10.11.1986 verurteilte ihn das Amtsgericht R in Sachen 7 Ds 629/86 wegen Betrugs rechtskräftig zu der Freiheitsstrafe von drei Monaten, deren Vollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafaussetzung musste widerrufen werden. Die Strafvollstreckung war am 13.11.1987 erledigt.
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4. Am 10.03.1988 verurteilte ihn das Amtsgericht B in Sachen 8 Cs 329/88 wegen Fahrens mit einem nicht versicherten Fahrzeug zu der Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40,00 DM.
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5. Am 08.03.1989 verurteilte ihn wiederum das Amtsgericht B in Sachen 7 Ds 139/88 wegen Betrugs sowie Fahrens mit einem nicht versicherten Fahrzeug in zwei Fällen zu einem Jahr Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafaussetzung musste widerrufen werden. Der Strafrest wurde wiederum zur Bewährung ausgesetzt. Auch diese Bewährungsaussetzung musste widerrufen werden, so dass die Strafvollstreckung letztlich am 14.07.1999 erledigt war.
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6. Am 13.03.1989 verurteilte ihn das Amtsgericht R wegen Betrugs zu der Freiheitsstrafe von einem Monat, welche für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auch diese Strafaussetzung wurde widerrufen. Die Strafvollstreckung war am 17.08.1992 erledigt.
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7. Am 07.06.1991 verurteilte das Amtsgericht W den Angeklagten in Sachen 6 Ds 721/90 wegen Betrugs in vier Fällen zu elf Monaten Freiheitsstrafe.
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8. Am 05.02.1992 verurteilte das Amtsgericht B den Angeklagten in Sachen 9 Ls 1565/91 wegen Betrugs in elf Fällen und Unterschlagung sowie wegen eines weiteren Betrugsfalles unter Einbeziehung der Entscheidung des Amtsgerichts W vom 07.06.1991 zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe sowie wegen eines weiteren Betrugsfalles zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten.
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Hinsichtlich der letztgenannten Strafe wurde der Strafrest durch das Landgericht U zur Bewährung ausgesetzt, die Strafaussetzung aber widerrufen. Ein weiterer Strafrest wurde zur Bewährung ausgesetzt bis 30.07.2001. Bezüglich der Hauptstrafe wurde der Strafrest ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt, die Strafaussetzung widerrufen und der dann noch verbleibende Strafrest erneut bis 30.07.2001 zur Bewährung ausgesetzt.
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9. Am 30.10.1998 wurde der Angeklagte durch das Amtsgericht B in Sachen 12 Cs 170 Js 82639/98 wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen zu der Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 50,00 DM verurteilt.
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10. Am 12.11.1998 verurteilte das Amtsgericht B den Angeklagten in Sachen 2 Ds 25 Js 23909/97 wegen Betrugs zu der Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30,00 DM.
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11. Am 25.06.1999 verurteilte das Amtsgericht B den Angeklagten in Sachen 17 Cs 105 Js 16210/99 wegen Betrugs in acht Fällen, davon in sieben Fällen um eines geringwertigen Vermögensvorteils Willen, zu der Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25,00 DM.
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12. Zuletzt verurteilte das Amtsgericht K den Angeklagten am 27.06.2000, rechtskräftig seit 06.06.2001, in Sachen 11 Ls 41 Js 888/00 wegen Betrugs in fünf Fällen in Tatmehrheit mit unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeuges zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten.
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Das Amtsgericht K hatte hierbei folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte war im Juli 1999 aus der Haft entlassen worden. Auf Grund eines Todesfalles rechnete er mit einer größeren Erbschaft. In Erwartung dieser Erbschaft ging er ab Oktober 1999 finanzielle Verpflichtungen ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte er allerdings noch keine Auszahlung der Erbschaft erhalten und wusste auch nicht, wann diese Auszahlungen erfolgen würden. Er war bei Begehung der nachfolgend geschilderten Taten nicht in der Lage, die entstehenden Verbindlichkeiten zu begleichen, was ihm bewusst war.
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Am 20.10.1999 hatte er mit der Geschädigten W einen Mietvertrag über deren Ferienwohnung in Ü geschlossen. Bis zu seinem Auszug am 20.12.1999 bewohnte er diese Ferienwohnung. Der Mietzins sollte monatlich 900,00 DM betragen. Bei Abschluss des Mietvertrages war dem Angeklagten bekannt und bewusst, dass er den Mietzins nicht würde bezahlen können. Jedoch trat er gegenüber W. S. als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Mieter auf und erreichte deshalb, dass sie ihm die Wohnung zum vereinbarten Mietzins zur Verfügung stellte, ebenso das vorhandene Telefon, welches er benutzte. Frau S. entstand ein Gesamtschaden in Höhe von 2 396,00 DM.
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Am 02.11.1999 ließ sich der Angeklagte von der Fa. T. in S. eine Tankkreditkarte auf seinen Namen ausstellen. Bei der Erteilung dieser Tankkreditkarte täuschte er seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit vor. Hierdurch wurde ihm ermöglicht, im November 1999 für 1 070,72 DM, im Dezember 1999 für 813,35 DM und am 09.01.2000 für 93,47 DM, mithin insgesamt für 1 977,04 DM an Zapfsäulen der Geschädigten zu tanken, obwohl er bereits bei Abschluss des Kreditvertrages wusste, dass sein Konto, für das er dem Autohaus eine Bankeinziehungsermächtigung erteilt hatte, keine Deckung aufwies. Als sich dies herausstellte, zahlte er - weil er dazu nicht in der Lage war - die Gesamtverbindlichkeiten in der Folgezeit nicht.
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Am 07.12.1999 schloss der Geschädigte A. R. mit Frau M. B. einen Kaufvertrag über einen Pkw Marke Daimler Benz. Der Angeklagte hatte dieses Fahrzeug von M. B. zur Nutzung überlassen bekommen und auch den Kaufvertrag zwischen beiden Parteien vermittelt. A. R. entrichtete den Kaufpreis direkt an M. B.. Auf Grund ihrer bereits länger bestehenden Bekanntschaft gelang es dem Angeklagten, den Geschädigten zu überreden, ihm den Pkw bis zum 11.12.1999 unentgeltlich zu überlassen, wobei er betonte, er benutze das Auto nur so lange, bis ihm ein eigenes Fahrzeug zur Verfügung stehe. In der Folgezeit gab der Angeklagte das Fahrzeug jedoch nicht heraus. Erst bei der Festnahme des Angeklagten am 12.01.2000 konnte der Pkw sichergestellt werden. In der Hauptverhandlung blieb ungeklärt, ob der Angeklagte neben der von vornherein beabsichtigten unentgeltlichen Nutzung des Fahrzeuges auch die Absicht hatte, das Fahrzeug endgültig für sich zu behalten.
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Am 04.12.1999 und am 13.12.1999 beauftragte der Angeklagte jeweils die Fa. Autohaus J. GmbH in Ü. mit Reparaturarbeiten an dem von ihm genutzten Pkw. Es handelte sich um den vorgenannten Pkw Marke Daimler Benz. Der Angeklagte hatte A. R. zugesagt, die Kosten für die Reparaturen zu tragen, weil dieser ihm das Fahrzeug unentgeltlich überlassen hatte. In beiden Fällen war dem Angeklagten allerdings bewusst, dass er die Kosten für die Autoreparaturen nicht würde begleichen können. Der beauftragten und geschädigten Firma entstand mithin ein Verlust in Höhe von 1 064,01 DM.
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In der Zeit vom 09.12.1999 bis 30.12.1999 mietete der Angeklagte ein Zimmer im Hotel S. in L. an. Auch diesen Vertrag ging er ein, obwohl ihm bewusst war, dass er die Kosten für die Hotelunterkunft nicht würde aufbringen können. Vielmehr verließ er am 30.12.1999 in der vorgefassten Absicht das Hotel, die entstandenen Kosten für die Zimmermiete in Höhe von 1 870,00 DM und für den Verzehr im Gastronomiebereich im Wert von 158,00 DM nicht zu begleichen. Insgesamt entstand dem Hotel S. ein Schaden in Höhe von 2 028,00 DM.
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Noch vor der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht K am 27.06.2000 hat der Angeklagte die entstandenen Schäden vollständig beglichen.
III.
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Auf Grund der zulässigen Berufungsbeschränkung sind die Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil unter II. in Rechtskraft erwachsen. Damit steht fest, dass der Angeklagte am 26.02.2002 im Rahmen eines Rechtsstreites zwischen seiner Bekannten A. A. und der Fa. Q. AG von M. aus an die Kundenbetreuung der Q. AG in F. Schreiben gerichtet hat, welches den Briefkopf „Anwaltskanzlei G. K., zugelassen beim Landgericht und Oberlandesgericht“ und die Schlussformel: „Mit freundlichen Grüßen Rechtsanwalt K.“ getragen hat. Diesem Schreiben hatte der Angeklagte eine von seiner „Mandantin“ unterschriebene Vollmacht beigefügt. Zu der Zeit, als er dieses „Mandat“ angenommen hatte, „führte“ der Angeklagte eine „Kanzlei“ in seiner Wohnung in M. Mit diesem Schreiben trat der Angeklagte bewusst als Rechtsanwalt nach außen auf, obwohl er die notwendige Zulassung hierfür nicht besaß. Seine fehlende Berechtigung, als Anwalt aufzutreten, war ihm bekannt und bewusst. Zwar hatte er zuvor in Italien im Jahre 2001 einen Kurs besucht, in welchem auch Recht Gegenstand des Unterrichts gewesen war und diesen Kurs abgeschlossen. Auch hatte er bei der Rechtsanwaltskammer in Freiburg telefonisch ein schriftliches Antragsformular für die Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer angefordert. Der in Italien getätigte Abschluss war jedoch völlig ungeeignet, damit eine Anwaltszulassung zu erreichen. Dies war dem Angeklagten auch bewusst. Durch sein Auftreten als Rechtsanwalt wollte der Angeklagte der Forderung seiner Bekannten mehr Nachdruck verleihen.
IV.
29 
In der Hauptverhandlung hat die Kammer zum Sachverhalt noch ergänzend folgende Feststellungen getroffen:
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Im „Anwaltsschreiben“ vom 26.02.2002 fehlten beim Briefkopf im Hinblick auf das genannte Landgericht und das Oberlandesgericht jeweils die Orte der Zulassung. Außerdem enthielt dieses Schreiben weder eine Telefon- noch eine Telefax- oder E-Mail-Nummer der Anwaltskanzlei. Inhaltlich nahm der Angeklagte in diesem Schreiben Bezug auf das Schreiben der Fa. Q. vom 21.02.2002 und teilte lediglich mit, dass er nach Rücksprache mit seiner „Mandantin“ bereit sei, den von der Fa. Q. unterbreiteten Vorschlag anzunehmen. Er bat um Mitteilung, ob die Fa. Q. hiermit einverstanden sei. Für die Fa. Q. bestanden sogleich Zweifel an der Echtheit des Schreibens, was die Anwaltszulassung des Angeklagten betraf. Sie informierte deshalb mit Schreiben vom 01.03.2002 die Rechtsanwaltskammer in F, die am 20.06.2002 Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft K gegen den Angeklagten erstattete.
V.
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Die in der Berufungsverhandlung getroffenen Feststellungen beruhen auf den Einlassungen des Angeklagten. Dieser hat glaubhaft und nachvollziehbar seine persönliche und wirtschaftliche Situation geschildert. Die ergänzend getroffenen Feststellungen beruhen ebenfalls auf den Einlassungen des Angeklagten, die dieser auf Vorhalt des Gerichtes gemacht hat. Er hat eingeräumt, das Schreiben vom 26.02.2002, so wie festgestellt, an die Fa. Q. in F. gesandt zu haben. Bei der polizeilichen Vernehmung am 12.07.2002 sei ihm mitgeteilt worden, dass die Fa. Q. Mitteilung an die Rechtsanwaltskammer in Freiburg gemacht habe, weil diese Zweifel an der Berechtigung seines Auftretens als Anwalt gehabt habe. Ihm sei weiter mitgeteilt worden, dass die Rechtsanwaltskammer F bei der Staatsanwaltschaft in K Anzeige erstattet habe. Diese habe dann die Polizei beauftragt, ihn zu vernehmen. Er räume die Tat ohne Einschränkung ein. Er bereue, was er getan habe.
VI.
32 
Der Angeklagte hat sich, wie vom Amtsgericht zu Recht festgestellt, hiermit eines Vergehens des Missbrauchs von Berufsbezeichnungen im Sinne des § 132 a Abs. 1 Nr. 2 StGB schuldig gemacht.
VII.
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Bei der Verurteilung war vom Strafrahmen des § 132 a StGB auszugehen, welcher Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vorsieht.
34 
Die Verhängung einer Freiheitsstrafe, wie im amtsgerichtlichen Urteil erfolgt, kam aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht in Betracht. Dies ergibt sich zwar noch nicht allein aus dem Umstand, dass § 132 a StGB als Obergrenze des Strafrahmens eine Freiheitsstrafe von einem Jahr vorsieht. Nicht jedes Delikt dieser Art ist damit automatisch ein sogenanntes Bagatelldelikt. Es sind vielmehr Fallgestaltungen denkbar, bei denen die Berufsbezeichnung benutzt wird, um im Wirtschafts- und/oder Rechtsverkehr unerfahrene Personen derart zu beeindrucken oder unter Druck zu setzen, dass diese im Glauben an die vom Angeklagten behauptete Funktion sich zu Handlungen haben verleiten lassen, die sie möglicherweise andernfalls nicht so vorgenommen hätten.
35 
Bei der vorliegend zur Aburteilung gelangten Fallkonstellation handelt es sich jedoch um ein solches Bagatelldelikt. Das vom Angeklagten gefertigte, ihn als Rechtsanwalt bezeichnende Schreiben war bereits für einen Laien, insbesondere aber für den Empfänger, so abgefasst, dass Zweifel an der Korrektheit dieses Schreibens sich von vornherein aufdrängen mussten . Weder waren der Ort des Landgerichts noch derjenige des Oberlandesgerichts angegeben, an welchen der vermeintliche Anwalt zugelassen sein sollte noch enthielt dieses Schreiben eine Telefon-, eine Telefax- oder eine E-Mail-Nummer der „Kanzlei“. Aber auch vom Inhalt dieses Schreibens war dieses, was die Schwere der Tat betrifft, am unteren Ende des Strafrahmens anzusiedeln. Zweck des § 132 a StGB ist der Schutz der Allgemeinheit vor dem Auftreten von Personen, die sich durch den unbefugten Gebrauch von Bezeichnungen den Schein besonderer Funktionen, Fähigkeiten und Vertrauenswürdigkeit geben (vgl. Tröndle/ Fischer StGB 51. Auflage 2003, § 132 a Rdnr. 2 m.N.). Vorliegend erschöpfte sich der Inhalt des Schreibens aber nur in einer Bestätigung eines bereits von der Fa. Q. unterbreiteten Vorschlages. Demnach bedurfte die Fa. Q. des oben bezeichneten Schutzes bereits vom Inhalt des Schreibens her nicht. Hinzu kommt, dass die Fa. Q., wie allgemein bekannt, über eine vorzügliche Rechtsabteilung verfügt, so dass von vornherein auszuschließen war, diese Firma würde sich durch das Auftreten eines Anwaltes in irgendeiner Weise beeindrucken lassen.
36 
Zentraler Anknüpfungspunkt für die Strafbemessung ist das nach seiner Schwere abstufbare verschuldete Unrecht (vgl. OLG Karlsruhe StV 1996, 675 m.N.). Die Schuld des Täters im Sinne des § 46 Abs. 1 S. 2 StGB als Grundlage der Zumessung der Strafe ist dabei nicht als Vorwerfbarkeit im Sinne der Voraussetzung jeder Straftat zu verstehen, sondern als das Maß des Vorwurfs, der dem Täter für seine Tat zu machen ist (vgl. Tröndle/Fischer a.a.O. § 46 Rdnr. 5 m.N.). Es ist mithin die Tat und nicht die Täterpersönlichkeit, die Ausgangspunkt jeder Schuldbewertung ist (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.). Die Strafe darf, unabhängig vom Vorleben des Angeklagten, in keinem groben Missverhältnis zu Tatunrecht und Tatschuld stehen und darf insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen (OLG Stuttgart Die Justiz 2003, 19). Daraus hat das Oberlandesgericht Stuttgart (a.a.O. S. 20) zu Recht den Schluss gezogen, dass bei ausgesprochenen Bagatelldelikten die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht vertretbar ist. Das Tatunrecht wiegt in solchen Fällen so gering, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe eine unangemessen harte und damit gegen das Übermaßverbot verstoßende Sanktion darstellt, und zwar auch dann, wenn es sich - wie vorliegend - um einen vielfach vorbestraften und unter Bewährung stehenden Täter handelt.
37 
Wenn - wie vorliegend - von der Art der Tatausführung und deren inhaltlicher Ausgestaltung von vornherein nur eine geringe Gefahr für die gemäß § 132 a StGB geschützten Rechtsgüter ausgeht, handelt es sich um ein solches Bagatelldelikt. Dies hat das Amtsgericht nicht ausreichend bedacht.
38 
Deshalb kam trotz des Vorlebens und der zahlreichen Bewährungsbrüche und des Umstandes, dass der Angeklagte im Hinblick auf den Strafrest aus dem Urteil des Amtsgerichts K vom 27.06.2002 bei Begehung der Tat unter Bewährung gestanden hat, die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht in Betracht.
39 
Bei der Verhängung der demnach ausschließlich zulässigen Geldstrafe war allerdings neben den oben genannten für den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte, was die Art der Durchführung und die inhaltliche Ausgestaltung der Tat anbetrifft, zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass er in der Vergangenheit wiederholt straffällig geworden ist, die ihm immer wieder gewährten Chancen der Bewährungsaussetzung bislang nicht nutzen konnte und während der Begehung der jetzt zur Aburteilung gelangten Tat unter Bewährung gestanden hat.
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Unter Berücksichtigung dieser Umstände erschien eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen tat- und schuldangemessen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes entspricht den derzeitigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des erst seit dem 01.04.2003 wieder über eigenes Einkommen verfügenden Angeklagten. Wegen dieses Umstandes und seinen Schulden wurde ihm gemäß § 42 StGB nachgelassen, die Geldstrafe in monatlichen Raten zu zahlen.
VIII.
41 
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Dabei wurde
42 
berücksichtigt, dass das Rechtsmittel weitestgehend Erfolg hatte, die Berufungsbeschränkung aber erst in der Hauptverhandlung vorgenommen worden ist.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Konstanz Urteil, 04. Apr. 2003 - 9 Ns 43 Js 13075/02

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Landgericht Konstanz Urteil, 04. Apr. 2003 - 9 Ns 43 Js 13075/02 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafgesetzbuch - StGB | § 42 Zahlungserleichterungen


Ist dem Verurteilten nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldstrafe sofort zu zahlen, so bewilligt ihm das Gericht eine Zahlungsfrist oder gestattet ihm, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen. D

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(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

Ist dem Verurteilten nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldstrafe sofort zu zahlen, so bewilligt ihm das Gericht eine Zahlungsfrist oder gestattet ihm, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen. Das Gericht kann dabei anordnen, daß die Vergünstigung, die Geldstrafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen, entfällt, wenn der Verurteilte einen Teilbetrag nicht rechtzeitig zahlt. Das Gericht soll Zahlungserleichterungen auch gewähren, wenn ohne die Bewilligung die Wiedergutmachung des durch die Straftat verursachten Schadens durch den Verurteilten erheblich gefährdet wäre; dabei kann dem Verurteilten der Nachweis der Wiedergutmachung auferlegt werden.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.