Landgericht Köln Beschluss, 29. Sept. 2016 - 6 T 229/16
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde vom 08.06.2016 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Bergheim vom 29.06.2016 (Az. 73 XVII 260/07) wird auf Kosten des Beschwerdeführers mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Tenor in der Sachentscheidung wie folgt lautet:
Zur Anhaltung der Verpflichtung, bei dem Betreuungsgericht betreffend die Betreuung der Frau G, geboren am 18.03.1966, die Schlußabrechnung für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis zum 07.01.2016 einzureichen, wird gegen Herrn F als den Erben der verstorbenen vorherigen Betreuerin Frau F1 ein Zwangsgeld i.H.v. 500,00 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
1
G r ü n d e :
2I.
3Mit Beschluß vom 29.01.2008 war Frau F1 als Berufsbetreuerin in dem Betreuungsverfahren für Frau G, geboren am 18.03.1966, bestellt worden. Am 07.01.2016 verstarb Frau F1. Erbe ist ihr Ehemann, der Beschwerdeführer.
4Mit Schreiben vom 26.02.2016 (Bl. 184) legte das Betreuungsgericht dem Beschwerdeführer dar, daß die für die Rechnungslegung bzw. den Abschlußbericht relevanten Informationen von ihm oder einem von ihm Beauftragten aufbereitet und dem Betreuungsgericht vorgelegt werden müßten.
5Mit Schreiben vom 07.04.2016 (Bl. 187) bat das Betreuungsgericht den Beschwerdeführer um „Vorlage des Rechenschaftsberichts nebst Vermögensverwaltung“ binnen drei Wochen, wozu die Erstellung einer Übersicht über Einnahmen und Ausgaben gehöre, die durch entsprechende Belege nachzuweisen seien.
6Mit Schreiben vom 30.05.2016 (Bl. 196) erinnerte das Betreuungsgericht den Beschwerdeführer daran, „die Schlußabrechnung für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis zum 07.01.2016“ einzureichen und drohte ein Zwangsgeld i.H.v. 500,00 € an, wenn er seinen Pflichten nicht binnen drei Wochen ab Bekanntgabe des Schreibens vollständig nachkäme.
7Mit Beschluß vom 29.06.2016 (Bl. 217) setzte das Betreuungsgericht gegen den Beschwerdeführer als Erben der verstorbenen ehemaligen Betreuerin ein Zwangsgeld i.H.v. 500,00 € fest. Der Beschluß wurde dem Beschwerdeführer zugestellt am 07.07.2016, seinem zwischenzeitlich bestellten Verfahrensbevollmächtigten am 08.07.2016. Mit am 22.07.2016 eingegangenen Schriftsatz legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein, der das Betreuungsgericht mit Beschluß vom 25.07.2016 (Bl. 224) nicht abhalf und der Abteilungsrichterin zu Entscheidung vorlegte. Mit Beschluß vom 28.07.2016 half diese der sofortigen Beschwerde ebenfalls nicht ab und legte die Sache dem Beschwerdegericht zu Entscheidung vor (Bl. 226).
8II.
9Die gem. §§ 1837 Abs. 3 BGB, 35 Abs.5 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
10Der Beschwerdeführer ist verpflichtet, dem Betreuungsgericht eine (formal ordnungsgemäße) Schlußrechnung für den Zeitraum 01.06.2015 bis zum 07.01.2016 betreffend die Vermögensverwaltung bzgl. Frau G einzureichen.
11Diese Verpflichtung folgt – nicht wie in dem angefochtenen Beschluß dargelegt aus § 1890 BGB – aus § 1892 Abs. 1 BGB. Hiernach ist der Vormund (bzw. der Betreuer) verpflichtet nach der Beendigung seines Amtes die Rechnung, die er gemäß § 1892 BGB gegenüber dem Mündel abzulegen hat, dem Familiengericht einzureichen. Grundsätzlich erfolgt die Rechenschaftslegung bei Beendigung des Amtes über die gesamte Zeit der Vermögensverwaltung, kann aber an die dem Betreuungsgericht gelegten Jahresrechnungen gemäß §§ 1840, 1841 BGB anknüpfen. Dementsprechend verlangt das Betreuungsgericht ausweislich des Schreibens vom 30.05.2016 hier Rechnungslegung für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis zum 07.01.2016.
12Soweit in dem angegriffenen Beschluß vom 29.06.2016 das Betreuungsgericht eine der Zwangsgeldfestsetzung zu Grunde liegende Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Herausgabe des Vermögens nebst Rechenschaftspflicht gemäß §§ 1908i, 1890 BGB annimmt, besteht eine solche Verpflichtung des Beschwerdeführers gegenüber dem Betreuungsgericht nicht. § 1890 BGB statuiert lediglich den privatrechtlichen Anspruch des Mündels (bzw. des Betreuten) gegen den Vormund (bzw. den Betreuer) nach Beendigung des Amtes auf Herausgabe des verwalteten Vermögens und die Rechenschaftslegung über die Verwaltung dieses Vermögens. Da es sich hierbei um einen privatrechtlichen Anspruch handelt, sind insoweit Zwangsmittel des Familiengerichts (bzw. des Betreuungsgerichts) unzulässig. Der Anspruch ist ggf. vor dem zuständigen ordentlichen Prozeßgericht geltend zu machen und durchzusetzen (vgl. Palandt/Götz, § 1890, Rn. 1; Münchner Kommentar / Wagenitz, § 1890, Rn. 3).
13Zwar ist der Beschwerdeführer selber nicht der Betreuer gewesen. Er tritt jedoch gemäß § 1922 BGB als Gesamtrechtsnachfolger auch in die bestehenden Verbindlichkeiten der verstorbenen früheren Betreuerin ein. Dies gilt dann auch hinsichtlich der Ansprüche des Mündels gegen den Vormund/Betreuer; ist der Vormund gestorben, treffen die Pflichten aus § 1890 BGB seine Erben (vgl. MüKo/Wagenitz, § 1890, Rn. 2; Palandt/Götz, § 1890, Rn. 1; Staudinger/Veit, § 1890, Rn. 4). Der Erbe tritt zwar nicht in das Amt des Vormundes/Betreuers ein, aber in die bereits entstandenen Rechte und Pflichten. So wie etwa etwaige noch vorhandene Vergütungsansprüche des Vormundes/Betreuers auf den Erben als dessen Gesamtrechtsnachfolger übergehen, so geht daneben auch die Pflicht auf ihn über, das verwaltete Vermögen herauszugeben und eben auch die Abrechnung darüber vorzunehmen. Das Gleiche gilt für die Pflichten des Vormundes/Betreuers nach § 1892 BGB gegenüber dem Familiengericht/Betreuungsgericht. Denn hier ergeben sich keinerlei Unterschiede zwischen den Pflichten aus § 1980 BGB gegenüber dem Mündel/Betreuten und denen aus § 1892 BGB gegenüber dem Familiengericht/Betreuungsgericht.
14Die Einwände des Beschwerdeführers dringen nicht durch.
15Soweit der Beschwerdeführer einwendet, daß es für die Rechnungslegungspflicht keine Vorschriften gebe, daß diese den Erben treffe, so folgt der Übergang dieser Rechnungslegungspflicht aus § 1922 BGB, wonach mit dem Erbfall die Erbschaft, also die Gesamtheit der Rechtsverhältnisse des Erblassers, auf den Erben übergeht. Soweit der Beschwerdeführer darlegt, daß in der Kommentierung „Staudinger“ zu § 1890, Rn 4 ausdrücklich dargelegt sei, daß es im Gesetz keine ausdrückliche Regelung nach dem Ableben des Vormunds gebe, so läßt der Beschwerdeführer dabei indes unerwähnt, daß auch in der dortigen Kommentierung dargelegt ist, daß die Verpflichtungen aus § 1890 die Erben treffen, wenn der Vormund verstirbt. Zudem wird die Kommentierung auch falsch interpretiert. Dort ist weiter ausgeführt, daß im Gesetz auch keine ausdrückliche Regelung dazu enthalten sei, da es sich nicht um besondere in der Person der Erben neu entstehende Verbindlichkeiten handele, sondern nur um gewisse sich aus den allgemeinen Vorschriften ergebende Konsequenzen.
16Da der Gesetzgeber also keine anderweitige ausdrückliche gesetzliche Regelung geschaffen hat, ist daher auf die allgemeinen Grundsätzen des Übergangs von Rechten und Pflichten des Erblassers auf den Erben gemäß § 1922 BGB abzustellen. Soweit im Falle des Versterben eines Vormundes/Betreuers dessen Erbe dem Mündel bzw. der betreuten Person nach Maßgabe des § 1890 BGB verpflichtet ist, trifft den Erben dann auch die Verpflichtung gegenüber dem Familiengericht bzw. dem Betreuungsgericht nach Maßgabe des § 1892 BGB. Hier ergeben sich – wie bereits oben dargelegt – keine Unterschiede.
17Soweit der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die Kommentierung „Staudinger“ zu § 1908i, Rn. 327 ausführt, daß eine Überprüfung und gegebenenfalls Neuregelung dieser Bestimmungen erforderlich sei, da der Erbe schließlich nicht in ein vom Betreuungsgericht übertragenes Betreueramt eintrete, er konsequenterweise auch nicht zur Erfüllung von Betreuerverpflichtungen erblich verpflichtet werden könne, so läßt dies die geltende Rechtslage unberührt.
18Soweit der Beschwerdeführer anführt, noch nie etwas mit der Betreuungen zu tun gehabt zu haben, und die Möglichkeit aufzeigt, daß ein Ergänzungsbetreuer, der ein Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer sein könne, oder ein versierter Berufsbetreuer eingesetzt werden könne, um die Schlußabrechnung zu erstellen, so steht dies der Durchführung der übergegangenen Verpflichtung durch den Beschwerdeführer selbst nicht entgegen. Die vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten können insbesondere auch durch ihn selbst umgesetzt werden, insbesondere die Beauftragung eines Steuerberaters oder einer sonstigen versierten Person, die die für diesen Zeitraum relevanten Unterlagen sichtet und entsprechend auswertet, soweit er selber sich für nicht fähig oder in der Lage sieht, die Auswertungen selber vorzunehmen.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Da die Beschwerde erfolglos war, entspricht es der Billigkeit, daß der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens trägt.
20Wert des Beschwerdeverfahrens: 1.000,00 EUR
21(geschätztes Interesse des Beschwerdeführers, die Rechnungslegung nicht durchführen zu müssen)
22Rechtsmittelbelehrung:
23Gegen den Beschluß ist die Rechtsbeschwerde statthaft. Diese muß eingelegt werden beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe. Die Rechtsbeschwerde muß binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift eingelegt werden durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt.
24Die Beschwerdeschrift muß enthalten die Bezeichnung des Beschlusses gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung, daß gegen den Beschluß Rechtsbeschwerde eingelegt wird. Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterzeichnen. Sie ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen eines Monats seit Zustellung des Beschlusses zu begründen.
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(1) Hat der Erbe von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Nachlasses Kenntnis erlangt, so hat er unverzüglich die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen. Verletzt er diese Pflicht, so ist er den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich. Bei der Bemessung der Zulänglichkeit des Nachlasses bleiben die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen außer Betracht.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung steht die auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis gleich. Als Fahrlässigkeit gilt es insbesondere, wenn der Erbe das Aufgebot der Nachlassgläubiger nicht beantragt, obwohl er Grund hat, das Vorhandensein unbekannter Nachlassverbindlichkeiten anzunehmen; das Aufgebot ist nicht erforderlich, wenn die Kosten des Verfahrens dem Bestand des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind.
Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.