Landgericht Hamburg Beschluss, 11. Juli 2016 - 332 S 13/16
Gericht
Tenor
1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 25.02.2016, Aktenzeichen 17a C 456/15, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Beklagte kann hierzu binnen 2 Wochen Stellung nehmen.
Gründe
- 1
Die Berufung der beklagten Partei hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
- 2
Das Amtsgericht hat den Beklagten zu Recht und mit zutreffender Begründung zum Schadensersatz verurteilt, weil der Beklagte seine gegenüber dem Kläger bestehenden Pflichten als Treuhänder schuldhaft verletzt hat (§ 60 InsO).
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Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils wird verwiesen.
- 4
Der Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass es sich bei der Vereinbarung vom 14./15.10.2010 um eine „Vereinbarung mit Geltungsanspruch“ handele und dass eine Zahlungsverpflichtung des Klägers lediglich durch einvernehmliche Aufhebung beendet werden konnte (abgesehen von dem Fall des § 35 Abs. 2 Satz 3 InsO). Das Amtsgericht hat zu Recht angenommen, dass durch die Vereinbarung vom 14./15.10.2010 dem Kläger eine selbständige Beschäftigung ermöglicht werden sollte und gemäß § 295 Abs. 2 InsO damaliger Fassung der Verpflichtung des Klägers genügen sollte, der Insolvenzmasse für diesen Zweck einen angemessenen Betrag zur Verfügung zu stellen, wie wenn er eine nicht selbständige Tätigkeit ausüben würde. Dass der Kläger mit dieser Vereinbarung Leistungen versprechen sollte und wollte, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgingen, ergibt sich aus dem Inhalt der Vereinbarung nicht. Dass eine Beendigung der Zahlungspflicht an den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung geknüpft sein sollte, folgt ebenfalls nicht aus dem Inhalt der Vereinbarung auch nicht im Umkehrschluss aus Ziffer 6, demzufolge die Vereinbarung, ohne dass es einer gesonderten Aufhebungsvereinbarung bedarf, unwirksam wird, sofern das Insolvenzgericht rechtskräftig über die Unwirksamkeit der Freigabeerklärung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 3 InsO entscheidet. Hiermit wird lediglich die bestehende gesetzliche Regelung bekräftigt, ohne dass im Übrigen von der Notwendigkeit einer Aufhebungsvereinbarung und schon gar nicht über die rechtlichen Verpflichtungen hinaus auszugehen wäre. Die Vereinbarung genügte §§ 35, 295 Abs. 2 InsO, derzufolge der Schuldner die Insolvenzmasse so zu stellen hatte, wie wenn er einem angemessenen Dienstverhältnis nachgehen würde und der Treuhänder unter Berücksichtigung dessen ihm mitzuteilen hatte, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Einen weitergehenden Regelungsgehalt insbesondere bezüglich der Dauer der Zahlungsverpflichtung kann der Vereinbarung nicht entnommen werden. Es ist nicht erkennbar, dass die Parteien, insbesondere der Kläger, über die insolvenzrechtlichen Pflichten hinausgehende Pflichten übernehmen wollten oder sollten und dass der Neuerwerb durch die selbständige Tätigkeit des Klägers gegenüber der nicht selbständigen schlechter gestellt werden sollte. Der Beklagte kann dem Kläger auch kein widersprüchliches Verhalten vorwerfen, wenn dieser auf die Mitteilung des Beklagten die Zahlungen - bereits - zum Juli 2012 eingestellt hat. Aufgrund der Stellung des Beklagten durfte sich der Kläger darauf verlassen, dass er dementsprechend handeln durfte, ohne dass dem ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswille auf Aufhebung der Vereinbarung beizumessen wäre. Auch wenn, wie der Beklagte auch vorträgt, die Abführungsvereinbarung bis zum Ende des Insolvenzverfahrens gelten sollte, so entspricht dies lediglich dem zunächst fortwirkenden Insolvenzbeschlag, bedeutet jedoch nicht, dass damit die insolvenzrechtliche Rechtslage abbedungen werden sollte; denn nicht anders als bei der Abtretungserklärung ergab sich die Berechtigung des Klägers erst im Nachhinein durch die Erteilung der Restschuldbefreiung.
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Der Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt. Dass er auf der Grundlage der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH 3.12.2009, IX ZB 247/08 und vom 22.4.2010, IX ZB 196/09) gehalten war, den nach Ablauf der Abtretungsfrist eingehenden Neuerwerb zu sichern und ihn im Fall der Restschuldbefreiung an den Kläger auszukehren, hätte dem Beklagten bekannt sein müssen. Wie ausgeführt konnte er demgegenüber nicht davon ausgehen, dass die Vereinbarung vom 14./15.10.2010 einen davon abweichenden Regelungsinhalt haben würde.
- 6
Den Kläger trifft auch kein Mitverschulden, insbesondere auch nicht aus den vom Beklagten vorgetragenen Gründen. Solange die Restschuldbefreiung nicht erteilt war, musste der Kläger die Zahlungen zunächst weiter an die Masse leisten; er handelte daher keineswegs schuldhaft. Es ist auch nicht Sache des Klägers gewesen, den Beklagten auf seine Pflichten zur Sicherung und Auskehrung der Zahlungen hinzuweisen, so dass der Beklagte dem Kläger auch nicht vorwerfen kann, dass er seine Ansprüche erst im Februar 2013 geltend gemacht hat.
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.
(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist
- 1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen; - 2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen; - 3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; - 4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen; - 5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist
- 1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen; - 2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen; - 3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; - 4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen; - 5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.