Landgericht Halle Urteil, 23. Apr. 2015 - 8 O 94/14

ECLI:ECLI:DE:LGHALLE:2015:0423.8O94.14.0A
bei uns veröffentlicht am23.04.2015

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1.es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr die Dienstleistungen als Versicherungsmaklerin per Telefon gegenüber Endverbrauchern zu bewerben, die in eine telefonische Kontaktaufnahme durch das Versicherungsmaklerbüro … nicht ausdrücklich eingewilligt haben,

2. an den Kläger 246,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.09.2014 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

2

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, der u.a. die Aufgabe verfolgt, einen funktionierenden Wettbewerb zu erhalten, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen und den lauteren Geschäftsverkehr zu fördern. Die Beklagte betreibt ein Versicherungsmaklerbüro.

3

Im Dezember 2013 erhielt die Zeugin …, die die in … einen Imbiß betreibt, unter ihrem privaten Telefonanschluß einen Anruf zwecks Vereinbarung eines Termins für einen Besuch des Versicherungsvertreters … . In der Folge kam es zu zwei Vertreterbesuchen des Zeugen … bei der Zeugin … .   Mit Rechnung vom 22.04.2014 berechnete die Beklagte der Zeugin … für Beratungsleistungen im Zusammenhang mit Versicherungsumstellungen ein Honorar von 500,- EUR (Anlage K 4).

4

Mit Schreiben vom 19.05.2014 mahnte der Kläger die Beklagte wegen unerlaubter Telefonwerbung erfolglos ab.

5

Der Kläger behauptet, der Anruf bei der Zeugin … sei durch eine Mitarbeiterin des Maklerbüros der Beklagten und ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung der Zeugin erfolgt.

6

Der Kläger beantragt,

7

wie erkannt.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Die Beklagte behauptet, der Zeuge … habe die Zeugin … angerufen, nachdem er zuvor in deren Imbiß gewesen sei. Dort seien die Beiden ins Gespräch gekommen. Die Zeugin … habe dabei zu erkennen gegeben, daß sie hinsichtlich ihrer Versicherungen Beratungsbedarf habe. Auf ausdrückliche Nachfrage sei die Zeugin … mit einem Anruf des Zeugen … einverstanden gewesen. Da es sich bei der Zeugin … um eine Unternehmerin handele, reiche zudem schon eine mutmaßliche Einwilligung für eine zulässige Telefonwerbung aus. Schließlich sei ihr, der Beklagten, das Handeln des Zeugen … nicht zuzurechnen, da dieser nicht für die Akquisition von Neukunden für ihr Maklerbüro zuständig sei und zudem noch selbständig eine Versicherungsagentur führe.

11

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß prozeßleitender Verfügung vom 05.11.2014 (Bl. 39/40 GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.03.2015 (BL 59-65 GA) verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist begründet.

13

Der unstreitig nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigte Kläger kann von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Telefonwerbung (§§ 8 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 UWG i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. UWG) Unterlassung verlangen.

14

Mit dem Anruf bei der Zeugin … wurde Werbung betrieben. Dabei handelt es sich gem. § 2 Nr. 1 UWG um jede geschäftliche Handlung, die der Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen dient. Im vorliegenden Fall diente der Anruf der Vereinbarung eines Termins zur Beratung über Versicherungsleistungen. Ein Werbezweck liegt auch dann vor, wenn der Anruf lediglich mittelbar das Ziel verfolgt, den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen zu fördern, so z.B. - wie hier - bei Vereinbarung eines Termins für einen Vertreterbesuch (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 7 Rdnr. 131).

15

Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Mitarbeiterin aus dem Maklerbüro der Beklagten oder der Zeuge … bei der Zeugin … angerufen hat. Auch im letzteren Fall muß sich die Beklagte die Handlung des Zeugen … gem. § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen. Schließlich hat die Beklagte der Zeugin … unter dem 22.04.2014 Beratungsleistungen des Zeugen … in Rechnung gestellt, so daß er jedenfalls als Beauftragter gem. § 8 Abs. 2 UWG anzusehen ist. Denn unerheblich ist, daß der Beauftragte die Tätigkeit nur gelegentlich oder vorübergehend ausübt, daß er auch noch für andere Unternehmer tätig ist oder daß er selbst ein selbständiger Unternehmer ist (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rdnr. 2.43).

16

Die Werbung erfolgte gegenüber Verbrauchern, weil die Zeugin … unstreitig unter ihrer privaten Telefonnummer angerufen worden ist. Werbliche Anrufe unter der Privatnummer einer Person sind grundsätzlich als Werbung gegenüber Verbrauchern zu werten, gleichgültig ob der Angerufene in seiner Eigenschaft als Privatmann, Verbandsfunktionär, Berufstätiger oder als Unternehmer angesprochen werden soll. Denn ein solcher Anruf stellt einen Eingriff in die Privatsphäre dar (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 7 Rdnr. 140).

17

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vermochte die Beklagte zur Überzeugung des Gerichts nicht nachzuweisen, daß die Telefonwerbung mit vorheriger ausdrücklicher Einwilligung der Zeugin … erfolgte. Wie es zu dem Telefonanruf im Dezember 2013 gekommen ist, ist von den beiden Zeugen unterschiedlich dargestellt worden.

18

Nach der Aussage des Zeugen … will dieser mit der Zeugin … bei einem Besuch in deren Imbiß Ende 2013 ins Gespräch gekommen sein. Er habe sich, - wie auch sonst - wenn er mit Leuten ins Gespräch komme, als Versicherungsfachmann vorgestellt, und zwar aus dem Maklerbüro der Beklagten, um einen Kontakt in Bezug auf Versicherungen aufzubauen. Er habe erklärt, daß sie unabhängig Versicherungen im geschäftlichen und privaten Bereich überprüfen würden, und zwar dahingehend, ob Versicherungen auf dem laufenden Stand seien, ob ggfs. Leistungen optimiert werden könnten und ob ggfs. Geld eingespart werden könnte. Die Zeugin … habe daraufhin ihr Interesse an einer Beratung geäußert, weil sie "durch ihre ganzen Versicherungen nicht mehr durchblicke". Da sie aber zum Gesprächszeitpunkt nicht viel Zeit gehabt habe, habe er nach Übergabe seiner Visitenkarte und Erhalt sowohl der privaten als auch geschäftlichen Telefonnummer bei der Zeugin … nachgefragt, ob sie mit einem späteren Anruf einverstanden sei, was diese sinngemäß mit den Worten "Okay, rufen Sie mich an." bejaht habe. Dieses Gespräch habe hinten in der Ecke am Fenster im Imbiß stattgefunden.

19

Demgegenüber hat die Zeugin … bekundet, daß sie den besagten Anruf von einer Mitarbeiterin aus dem Maklerbüro der Beklagten erhalten habe. Bei dem Anruf sei ihr erklärt worden, daß bei rechtzeitiger Antragstellung Steuern bei der Ölheizung gespart werden könnten und jemand sie zwecks genauerer Erklärung aufsuchen könne, womit sie einverstanden gewesen sei nach dem Motto; "Wenn man Geld spare könne, warum nicht". Einen Tag vor dem vereinbarten Termin habe sie bei der Beklagten zwecks Terminabsage angerufen. Die Rufnummer der Beklagten habe sie sich bei dem Anruf auf einen alten Briefumschlag mit dem Namen "…" aufgeschrieben, wobei sie allerdings nicht mehr angeben könne, ob ihr die Telefonnummer der Beklagten genannt worden sei oder sie diese von ihrem Display abgeschrieben habe. Den Zeugen … habe sie nie in ihrem Imbiß gesehen, sondern das erste Mal bei seinem Besuch bei ihr abends zu Hause, bei dem er ihr seine Visitenkarte gegeben habe.

20

Das Gericht vermag nicht festzustellen, daß nur die Aussage des Zeugen … richtig sein kann und die der Zeugin … falsch sein muß. Gegen die Zuverlässigkeit der Zeugin … mögen zwar Bedenken bestehen, weil der von ihr geschilderte Zweck des Anrufs, nämlich Steuerersparnis bei der Heizölrechnung, absurd erscheinen mag, insbesondere wenn er von einem Versicherungsmaklerbüro kommen soll und der Anrufer über die Art der Beheizung keine Kenntnis hat, obgleich vorliegend die Zeugin ihrem Bekunden nach tatsächlich über eine Ölheizung verfügt. Dem Gericht sind aber in der langjährigen, d.h. seit mehr als 10 Jahren erfolgten Bearbeitung von Wettbewerbssachen sowohl aus eigener Erfahrung als auch aus veröffentlichten Rechtsprechungen schon die absurdesten Behauptungen bei der Kontaktaufnahme mit potentiellen Kunden untergekommen, insbesondere Behauptungen "ins Blaue hinein". Soweit die Zeugin … den Terminzeitpunkt in Bezug auf den ersten Besuch des Zeugen … mit abends angegeben hat, hat sie nach Vorhalt ihre Aussage dahingehend korrigiert, daß es auch mittags wie von dem Zeugen … angegeben gewesen sein mag. Auch mag die Zeugin … aufgrund ihrer Beschwerde bei dem Kläger, die Anlaß zu diesem Verfahren war, an dem Erfolg der Klage interessiert sein.

21

Dieselben Bedenken bestehen jedoch auch bei dem Zeugen …, der als Beauftragter der Beklagten an einem günstigen Ausgang des Verfahrens interessiert sein mag, weil er die Art und Weise der Akquise der Zeugin … gegenüber der Beklagten zu verantworten hat. Darüber hinaus erscheint es ungewöhnlich, sich zunächst Telefonnummern geben zu lassen und erst anschließend nach einem Einverständnis mit einem Anruf zu fragen. Üblich ist vielmehr der umgekehrte Weg, nämlich erst Nachfrage nach Einverständniserklärung und dann Erhalt von Kontaktnummern, andernfalls kein Anlaß zur Offenlegung von Kontaktdaten besteht. Zudem vermochte sich der Zeuge … zwar einerseits an Einzelheiten dahingehend erinnern, wo er bei der ersten Kontaktaufnahme im Imbiß gesessen haben will. Andererseits konnte er aber nicht mehr angegeben, ob er seinen Anruf unter der privaten oder geschäftlichen Telefonnummer der Zeugin … oder sogar unter beiden Nummern getätigt haben will und wie viel Zeit zwischen seinem Besuch im Imbiß und seinem Anruf gelegen haben soll.

22

Kann beiden Zeugen der Ausgang des Verfahrens nicht gleichgültig sein und weisen beide Aussagen gewisse Bedenken auf, dann ist nicht auszuschließen, daß ihr Wille zur Wahrheit durch das Bestreben, der jeweiligen Partei zu helfen, verdrängt worden ist.

23

Bleibt mithin offen, ob der Werbeanruf mit oder ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung der Zeugin … erfolgte, dann geht dies zu Lasten der Beklagten. Denn die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Einwilligung konkret in der Person des Angerufenen trägt der Werbende (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 7 Rdnr. 154).

24

Demzufolge steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu. Bedenken gegen die Höhe der Abmahnpauschale bestehen nicht; solche werden von der Beklagten auch nicht vorgebracht.

25

Die Androhung von Ordnungsmitteln ergeht nach § 890 ZPO.

26

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


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Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 12 Einstweiliger Rechtsschutz; Veröffentlichungsbefugnis; Streitwertminderung


(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. „geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Die

Zivilprozessordnung - ZPO | § 890 Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen


(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem

Referenzen

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.