Landgericht Duisburg Beschluss, 04. Feb. 2019 - 69 Qs 5/19

Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss wegen des Eintritts der Vollstreckungsverjährung aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin werden der Staatskasse auferlegt.
1
Gründe:
2I.
3Der Verwaltungsbehörde – Schulamt für die Stadt N – erließ am 12.02.2015 gegen die Beschwerdeführerin einen Bußgeldbescheid über 730 Euro zzgl. Auslagen und Gebühren. Der Bescheid wurde am Dienstag, 17.02.2015, zugestellt. Die Beschwerdeführerin ließ die zweiwöchige Rechtsmittelfrist verstreichen.
4Nachdem die Beschwerdeführerin zunächst trotz Zahlungsaufforderungen nichts zahlte und die Verwaltungsbehörde bereits einen Erzwingungshaftbefehl beim Amtsgericht erwirkt hatte, trafen die Verwaltungsbehörde und die Beschwerdeführerin am 06.03.2017 eine Ratenzahlungsvereinbarung über monatliche Zahlungen in Höhe von 50 Euro ab März 2017 (Bl. 10 d. A.).
5Bis Anfang Januar 2018 zahlte die Beschwerdeführerin nur sechs der fälligen elf Raten, die am 02.11.2017 fällige Rate zahlte sie nicht mehr. Dies nahm die Verwaltungsbehörde zum Anlass, die Ratenzahlungsvereinbarung zu widerrufen und mit Schreiben an das Amtsgericht vom 10.01.2018, dort eingegangen am 16.01.2018, erneut die Anordnung von Erzwingungshaft gegen die Beschwerdeführerin zu beantragen.
6Bis einschließlich März 2018 zahlte die Beschwerdeführerin dessen ungeachtet weitere 100 Euro, zuletzt 50 Euro am 02.03.2018.
7Den Antrag der Beschwerdeführerin vom 18.10.2018, ihr aufgrund ihrer finanziellen Lage – sie bezieht Leistungen nach dem SGB II – erneut eine Zahlungserleichterung zu gewähren, lehnte die Verwaltungsbehörde ab.
8Das Amtsgericht erließ daraufhin am 19.12.2018 einen Erzwingungshaftbefehl über 13 Tage wegen der noch offenen Geldbuße in Höhe von 330 Euro.
9Gegen den Beschluss hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt.
10II.
11Der Beschluss des Amtsgerichts vom 19.12.2018 war aufzuheben, da die Geldbuße mittlerweile nicht mehr vollstreckt werden darf, nachdem Vollstreckungsverjährung eingetreten ist, § 34 OWiG.
12Die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 OWiG endete trotz des zwischenzeitlichen Ruhens der Verjährung spätestens am 14.01.2019.
13Die Verjährung begann gemäß § 34 Abs. 3 OWiG mit Rechtskraft des Bußgeldbescheids. Diese trat am 03.03.2015 ein, nachdem die zweiwöchige Rechtsmittelfrist, die mit der Zustellung am 17.02.2015 begonnen hatte, abgelaufen war.
14Die Verjährung ruhte zwar ab dem 06.03.2017 gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 OWiG, da an diesem Tag der Beschwerdeführerin eine Zahlungserleichterung bewilligt wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 2 Jahre und 3 Tage der Verjährungsfrist verstrichen.
15Die Bewilligung der Zahlungserleichterung und damit auch das Ruhen der Verjährung endeten aber spätestens mit dem Eingang des Schreibens der Verwaltungsbehörde vom 10.01.2018 beim Amtsgericht am 16.01.2018. Damit wurde aktenkundig, dass die Verwaltungsbehörde die bewilligte Zahlungserleichterung widerrufen hatte und nun die Fortsetzung der Vollstreckung betrieb. Die Erkennbarkeit dieses Ereignisses aus der Akte ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, damit keine Zweifel über die Dauer des Ruhens entstehen können (vgl. KK-OWiG/Ellbogen, 5. Aufl. 2018, OWiG § 34 Rn. 17).
16Der Lauf der restlichen 362 Tage der Verjährungsfrist endete damit am ersten auf Sonntag, den 13.01.2019, folgenden Werktag, mithin am Montag, den 14.01.2019.
17Die im Schreiben der Verwaltungsbehörde vom 04.06.2018 (Bl. 24 d. A.) gegenüber dem Amtsgericht dargestellte Ansicht, die letzte „verjährungsunterbrechende Maßnahme“ sei der Eingang einer Rate in Höhe von 50 Euro im März 2018 gewesen, ist nicht haltbar.
18Auch wenn die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt noch schuldbefreiend auf die Geldbuße zahlen konnte, geschah dies nicht mehr im Rahmen einer bewilligten Zahlungserleichterung im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 3 OWiG.
19Wie dargestellt, hatte die Verwaltungsbehörde diese bereits im Januar 2018 unmissverständlich widerrufen. In dem Schreiben vom 10.01.2018 bat die Verwaltungsbehörde das Amtsgericht ausdrücklich darum, „die Staatsanwaltschaft entsprechend zu informieren, damit das Antreten der Erzwingungshaft veranlasst werden kann.“ Eine noch bestehende Zahlungserleichterung hätte ein solches Vorgehen ausgeschlossen.
20Es ergeben sich aus der Akte auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführerin seitens der Verwaltungsbehörde zu einem späteren Zeitpunkt erneut eine Zahlungserleichterung bewilligt worden wäre. Wegen der oben bereits angesprochenen Bedeutung für die Frage der Verjährung hätte es dazu einer eindeutigen Dokumentation in der Akte bedurft. Dagegen spricht auch, dass die Verwaltungsbehörde die Vollstreckung bis zuletzt weiter betrieben und sich eindeutig gegen die Bewilligung einer weiteren Zahlungserleichterung ausgesprochen hat.
21III.
22Die Kosten des hiermit abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens fallen der Staatskasse zur Last. Diese hat in entsprechender Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO auch die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin zu tragen.

Annotations
(1) Eine rechtskräftig festgesetzte Geldbuße darf nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr vollstreckt werden.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt
- 1.
fünf Jahre bei einer Geldbuße von mehr als eintausend Euro, - 2.
drei Jahre bei einer Geldbuße bis zu eintausend Euro.
(3) Die Verjährung beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung.
(4) Die Verjährung ruht, solange
- 1.
nach dem Gesetz die Vollstreckung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann, - 2.
die Vollstreckung ausgesetzt ist oder - 3.
eine Zahlungserleichterung bewilligt ist.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten. Ist eine solche Nebenfolge neben einer Geldbuße angeordnet, so verjährt die Vollstreckung der einen Rechtsfolge nicht früher als die der anderen.
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.