Landgericht Duisburg Urteil, 25. Okt. 2013 - 22 O 60/13

Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die
Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Beklagte ist Netzbetreiberin im Sinne von § 3 Nr. 8 EEG, die Klägerin eine Anlagenbetreiberin im Sinne von § 3 Nr. 2 EEG.
3Sie betreibt eine Solarstromanlage und hat mit der Beklagten einen Einspeisevertrag geschlossen, der die Abnahmepflicht der Beklagten aus § 8 Abs. 1 EEG festhält und die Nebenpflichten der Parteien regelt.
4Mit Schreiben vom 21.05.2012 (Bl. 7 GA.) informierte die Beklagte die Klägerin über die Pflicht der Anlagenbetreiber zum Einbau eines Funkrundsteuerempfängers und einer registrierenden Lastgangmessung aus § 6 EEG und forderte die Klägerin auf, dies bis zum 30.06.2012 umzusetzen.
5Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 05.06.2012 um Aufschub gebeten hatte, antwortete die Beklagte mit einem Schreiben vom 22.06.2012 (Bl. 10 f. GA.) in dem sie u.a. Folgendes ausführte:
6„(…)
7Da in Ihrer Anlage bereits eine registrierende Lastgangmessung
8eingebaut ist, sind messtechnisch keine Maßnahmen erforderlich“.
9Mit Schreiben vom 24.07.2012 (Bl. 65 GA.) führte die Klägerin gegenüber der Beklagten Folgendes aus:
10„Ihrem Schreiben vom 22.06.2012 entnehmen wir, dass wir keine
11weiteren Maßnahmen treffen müssen, um weiterhin die
12Vergütungen zu erhalten“.
13Auf dieses Schreiben reagierte die Beklagte nicht.
14Mit Schreiben vom 30.07.2012 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass sie die Zahlung der Einspeisevergütung für den Zeitraum ab dem 01.07.2012 vorerst einstellen werde, da die Klägerin die Erfüllung der Vorgaben des § 6 EEG nicht bestätigt habe.
15Nachdem die Klägerin den Nachweis dieser Erfüllung erst zum 10.08.2012 erbringen konnte, verweigerte die Beklagte die Auszahlung der Einspeisevergütung für den Zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 09.08.2012.
16Mit der vorliegenden Stufenklage begehrt die Klägerin Erteilung einer konkreten Abrechnung über die Einspeisevergütung für den vorgenannten Zeitraum, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und Zahlung des sich aus der vorgenannten Abrechnung ergebenden Betrages nebst Zinsen.
17Sie beantragt,
181.
19die Beklagte zu verurteilen, anhand einer konkreten Abrechnung über die
20von ihr der Klägerin geschuldete Einspeisevergütung für den
21Zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 09.08.2012 Auskunft zu erteilen;
222.
23die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der unter Ziffer 1. begehrten
24Auskunft an Eides statt zu versichern;
253.
26die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen,
27an die Klägerin die sich aus der Abrechnung ergebende Einspeisevergütung
28für den Zeitraum 01.07.2012 bis 09.08.2012 nebst Zinsen in Höhe von
298 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB gemäß
30§ 247 Abs. 1 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
314.
32die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin hälftig außergerichtliche
33Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 263,75 € netto nebst
34Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen
35Basiszinssatz der EZB gemäß § 247 Abs. 1 BGB seit Rechtshängigkeit
36zu zahlen.
37Die Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
40E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
41Die Klage ist unbegründet und bereits zum jetzigen Zeitpunkt insgesamt abzuweisen.
42I.
43Ein die Stufenklage insgesamt abweisendes Endurteil kommt in Betracht, wenn sich bereits bei der Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (BGH, NJW, 2002, 1042, 1044; NJW-RR, 2011, 189, 191; OLG Saarbrücken, NJW-RR, 2000, 229, 230).
44So liegt der Fall hier. Ein Anspruch auf Vergütung der Stromlieferungen für den Zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 09.08.2012 besteht nicht.
451.)
46Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 16 Abs. 1 EEG.
47Danach müssen Netzbetreiber Anlagenbetreibern Strom aus Anlagen, die ausschließlich erneuerbare Energien oder Grubengas einsetzen, mindestens nach Maßgabe der §§ 18 bis 33 EEG vergüten. Ein solcher Anspruch besteht indessen gemäß § 16 Abs. 6 EEG nicht, solange der Anlagenbetreiber die Verpflichtung nach § 6 EEG nicht erfüllt (KG, Beschluss vom 09.07.2012, Az. 23 U 71/12, Rn. 3, zitiert nach Juris).
48Gemäß § 6 Nr. 1 EEG sind Anlagenbetreiber verpflichtet, Anlagen, deren Leistungen 100 kW übersteigen, mit einer technischen oder betrieblichen Einrichtung zur ferngesteuerten Reduzierung der Einspeisung bei Netzüberlastung und zur Abrufung der jeweiligen Ist-Einspeisung auszustatten, auf die der Netzbetreiber zugreifen darf. Gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 EEG sind die genannten Anforderungen an den Netzanschluss von EEG-Anlagen ab dem 01.01.2011 auch für Altanlagen zu beachten. Als Rechtsfolge ziehlt ein Verstoß gegen § 6 Nr. 1 EEG einen zeitlich begrenzten, aber endgültigen Vergütungsausschluss nach sich, bis die Pflicht aus § 6 Abs. 1 EEG erfüllt ist, denn allein durch ein bloßes Hinausschieben der Fälligkeit würde ein Verstoß gegen § 6 Nr. 1 nicht hinreichend sanktioniert (KG, Beschluss vom 09.07.2012,
49Az. 23 U 71/12, Rn. 4, zitiert nach Juris).
50Die Klägerin hat die ihr danach obliegende Verpflichtung im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfüllt, denn unstreitig lagen die Voraussetzungen erst ab dem 10.08.2012 vor. Erst zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin nämlich ihre bestehende Pflicht zur Installation einer technischen Einrichtung, mit der der Netzbetreiber die Einspeiseleistung bei Netzüberlastung ferngesteuert reduzieren kann, erfüllt. Auf die Frage, ob eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt, kommt es demnach nicht an.
51Das Verhalten der Beklagtenseite stellt sich auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar.
52Mit Schreiben vom 21.05.2012 (Bl. 7 GA.) hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Anlage mit einer technischen Einrichtung (a) zur ferngesteuerten Reduzierung der Einspeiseleistung bei Netzüberlastung und (b) zur Abrufung der jeweiligen Ist-Einspeisung auszustatten ist. Dies hat sie im weiteren Verlauf dieses Schreibens erläutert und auf Seite 2 ausgeführt, dass die Abrufung der jeweiligen Ist-Einspeisung bei der in Frage stehenden Anlage bereits gegeben sei.
53Mit Schreiben vom 22.06.2012 hat sie lediglich hierauf Bezug genommen, wenn sie ausgeführt hat, dass die Anlage bereits eine registrierende Lastgangmessung enthalte, so dass messtechnisch keine Maßnahmen erforderlich seien. Davon, dass die Beklagte die Klägerin treuwidrig davon abgehalten hat, auch die weitere Voraussetzung, nämlich die Installation einer technischen Einrichtung zur ferngesteuerten Reduzierung der Einspeiseleistung bei Netzüberlastung, zu schaffen, kann daher keine Rede sein.
54Soweit die Beklagte auf das Schreiben der Klägerin vom 24.07.2012 nicht reagiert hat, führt dies zu keiner anderen Betrachtung.
55Rechtsmissbrauch liegt nämlich erst dann vor, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, NZM, 2005, 391, 392). Hieran fehlt es. Denn die Beklagte hat in den vorgenannten Schreiben ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, in welcher Weise sie die Einhaltung der Vorgaben des § 6 EEG erwarte. Dann kann der Umstand, dass sie auf das vorgenannte Schreiben nicht reagiert hat, aber nicht als treuwidrig angesehen werden.
56Dies gilt dabei umso mehr, als dass sie nicht einmal eine schuldrechtliche Verpflichtung traf, die Klägerin auf das Erfordernis der fristgerechten Einhaltung der Vorgaben des § 6 Nr. 1 EEG und die etwaigen Folgen der Nichtbeachtung hinzuweisen (KG, Beschluss vom 09.07.2012, Az. 23 U 71/12, Rdnr. 18, zitiert nach Juris).
572.)
58Der Klägerin steht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu.
59Die Beklagte hatte – wie bereits ausgeführt - nicht einmal die Verpflichtung, die Klägerin auf das Erfordernis der fristgerechten Einhaltung der Vorgaben des § 6 Nr. 1 EEG und die etwaigen Folgen der Nichtbeachtung hinzuweisen. Gleichwohl hat sie in den vorgenannten Schreiben in ausreichender Weise Hinweise gegeben.
60Dass die Beklagte auf das Schreiben vom 24.07.2012 nicht reagiert hat, vermag daher ebenfalls keine Pflichtverletzung zu begründen.
61II.
62Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.
63Streitwert: 10.000,00 €.

Annotations
(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.
(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.