Landgericht Dessau-Roßlau Beschluss, 30. Juni 2015 - 2 Ks 111 Js 24024/11

ECLI:ECLI:DE:LGDESSA:2015:0630.2KS111JS24024.11.0A
bei uns veröffentlicht am30.06.2015

Tenor

Auf die Erinnerung wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 29.04.2015 abgeändert und die der ehemaligen Angeklagten zu erstattenden notwendigen Auslagen nunmehr auf insgesamt 827,88 € festgesetzt.

Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Der Erinnerungsführer war der ehemaligen Angeklagten durch Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 25.11.2014 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Durch Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau wurde die ehemalige Angeklagte am 06.05.2014 von dem Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. Gegen das Urteil legten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Nebenkläger rechtzeitig Revision ein. Die Revisionsbegründungsschriften der Staatsanwaltschaft vom 24.07.2014 und des Nebenklagevertreters vom 25.07.2014 wurden dem Verteidiger am 30.07.2015 zugestellt. Nachdem er zuletzt kurz vor dem Beginn der Hauptverhandlung am 18.03.2014 Einsicht in die Akten genommen hatte, beantragte er am 30.07.2014 per Fax erneut Akteneinsicht. Am 31.07.2014 holte eine Angestellte der Kanzlei mit Sitz in Akten die Akten persönlich beim Landgericht ab und brachte sie noch am selben Tag zurück. Mit Schriftsatz vom 06.08.2014 gab der Verteidiger eine Revisionsgegenerklärung ab. Während die Staatsanwaltschaft die Revision am 04.09.2014 zurückgenommen hatte, wurde die Revision des Nebenklägers durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 18.11.2014 als unbegründet verworfen und die der Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen dem Nebenkläger auferlegt. Die durch die Revision der Staatsanwaltschaft entstandenen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen der Angeklagten wurden durch Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 06.03.2015 der Landeskasse auferlegt.

2

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 25.11.2014 beantragte der Verteidiger neben der Festsetzung der Gebühren und notwendigen Auslagen der ehemaligen Angeklagten die Erstattung der Fahrkosten nach Nr. 7003 VV RVG in Höhe von 18,- € für die Abholung und Rückbringung der Akten am 31.07.2014 zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer. Durch Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 29.04.2015 wurden die der ehemaligen Angeklagten zu erstattenden notwendigen Auslagen antragsgemäß auf 813,60 € festgesetzt. Nicht berücksichtigt wurden dagegen die Fahrtkosten des Verteidigers zur Durchführung der Akteneinsicht im Revisionsverfahren, da die Fahrt nicht als notwendig erachtet wurde.

3

Gegen die Nichterstattung der Fahrtkosten im Revisionsverfahren wendet sich nunmehr der Verteidiger mit Erinnerung vom 20.05.2015. Zur Begründung führt er aus, dass er die Akten für die Revisionsgegenerklärung benötigt habe. Da die Revisionsgegenerklärung innerhalb einer Woche nach der Zustellung der Revisionsbegründung abgegeben werden müsse, sei eine Versendung der Akten aufgrund der langen Postlaufzeiten nicht mehr in Betracht gekommen, so dass er die Akten durch Mitarbeiter in seiner Kanzlei habe abholen und zurückbringen lassen.

4

Die Erinnerung ist zulässig und teilweise auch begründet.

5

Der Erinnerungsführer hat einen Anspruch auf die Aktenversendungspauschale in Höhe von 12,- € zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 2,28 € für das Revisionsverfahren.

6

Nach Nr. 9003 KV GKG beträgt die Aktenversendungspauschale für die bei der Hin- und Rücksendung der Akten anfallenden Auslagen an Transportkosten 12,- €. Unerheblich ist insoweit, dass der Verteidiger bereits Akteneinsicht hatte. Wird in einem Verfahren aufgrund eines erneuten Antrags die Akte nochmals übersandt, so lässt dies auch die Aktenversendungspauschale ein weiteres Mal entstehen. Die Akteneinsicht war auch geboten, da der Verteidiger noch keine Einsicht in den Protokollband hatte, welche jedoch zur Begründung der Revisionsgegenerklärung regelmäßig erforderlich ist.

7

Ein über die Pauschale hinausgehender Anspruch auf Reisekosten nach Nr. 7003 VV RVG steht dem Verteidiger jedoch gemäß § 46 Abs. 1 RVG nicht zu. Es war zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich, dass der Verteidiger die Akten durch einen Mitarbeiter seiner Kanzlei mit einem Fahrzeug abholen und wieder zurückbringen ließ. Dem Verteidiger war bereits mit der Zustellung des Urteils mitgeteilt worden, dass sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Nebenkläger Revision eingelegt haben. Insofern hätte er bereits frühzeitig Akteneinsicht beantragen können, so dass ihm die Akten einschließlich des Protokollbandes mit der Post hätten übersandt werden können. In diesem Fall wäre die Aktenversendungspauschale in Höhe von 12,- € angefallen, die er auch erstattet bekommt. Sofern er dies versäumt hat und deshalb durch die Fahrtkosten zur Durchführung der Akteneinsicht höhere Kosten entstanden sind, kann er diese Kosten mangels Notwendigkeit nicht ersetzt verlangen.

8

Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 RVG).


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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 46 Auslagen und Aufwendungen


(1) Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren. (2) Wenn das Gericht des Rechtszugs auf Antrag des Rechtsanwalts vor Antritt der Reise feststellt, da

Referenzen

(1) Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren.

(2) Wenn das Gericht des Rechtszugs auf Antrag des Rechtsanwalts vor Antritt der Reise feststellt, dass eine Reise erforderlich ist, ist diese Feststellung für das Festsetzungsverfahren (§ 55) bindend. Im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde tritt an die Stelle des Gerichts die Verwaltungsbehörde. Für Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gelten Absatz 1 und die Sätze 1 und 2 entsprechend; die Höhe zu ersetzender Kosten für die Zuziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers ist auf die nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz zu zahlenden Beträge beschränkt.

(3) Auslagen, die durch Nachforschungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens entstehen, für das die Vorschriften der Strafprozessordnung gelten, werden nur vergütet, wenn der Rechtsanwalt nach § 364b Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung bestellt worden ist oder wenn das Gericht die Feststellung nach § 364b Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung getroffen hat. Dies gilt auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren (§ 85 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.