Landgericht Bad Kreuznach Beschluss, 25. Juli 2017 - 2 Qs 61/17
Gericht
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 12.05.2017 (AZ.: 40 Ls 1042 Js 18697/13) wird in der Nr. 2 aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Amtsgericht - Rechtspflegerin - zur Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag des Beschwerdeführers vom 17.08.2017 bezüglich der Wahlverteidigergebühren der 1. Instanz unter Beachtung der Rechtsauffassung der Beschwerdekammer zurückverwiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die darin entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
I.
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Mit der sofortigen Beschwerde vom 31.05.2017 (Bl. 489 d.A.) greift der Beschwerdeführer die Ziffer 2 des Beschlusses des Amtsgerichts – Schöffengericht – Bad Kreuznach vom 12.05.2017 an, mit welcher sein Kostenfestsetzungsantrag vom 17.08.2016 bezüglich der Wahlverteidigergebühren der 1. Instanz zurückgewiesen wurde (Bl. 472 d.A.).
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Der Mandant des Beschwerdeführers war mit Urteil des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 05.12.2014 zunächst kostenpflichtig verurteilt worden (Bl. 196 ff. d.A.). Das Landgericht Bad Kreuznach hat dieses Urteil durch sein Berufungsurteil vom 26.01.2016 aufgehoben, den Angeklagten freigesprochen sowie die folgende Kostenentscheidung unter Ziffer 3 getroffen: „Die Kosten des Berufungsverfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen.“ In den Entscheidungsgründen dieses Berufungsurteils wird unter V. für die Kostenentscheidung § 467 Abs. 1 StPO herangezogen.
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Nach erfolgloser Revision der Staatsanwaltschaft beantragte der Beschwerdeführer am 17.08.2016 u.a. die Festsetzung und Erstattung der hier im Streit stehenden Wahlverteidigergebühren (Bl. 418 ff. d.A.). Namentlich mit Schreiben vom 14.12.2016 (Bl. 435 d.A.) nahm die Bezirksrevisorin am Landgericht Bad Kreuznach zu dem Kostenfestsetzungsantrag Stellung. Hiernach sei dieser hinsichtlich der 1. Instanz zurückzuweisen, weil der frühere Angeklagte mit dem Urteil der 1. Instanz kostenpflichtig verurteilt worden sei und in dem Berufungsurteil des Landgericht Bad Kreuznach der frühere Angeklagte zwar freigesprochen worden sei, eine Kostenentscheidung gemäß § 467 StPO aber lediglich über die Kosten des Berufungsverfahrens getroffen worden sei. Dem ist das Amtsgericht in Ziffer 2 seines angegriffenen Beschlusses gefolgt.
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Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, dass das erstinstanzliche Urteil nicht rechtskräftig geworden und daher unerheblich sei. In der verfahrensabschließenden Entscheidung, also dem Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 26.01.2016, seien die Kosten des Berufungsverfahrens und die notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten der Staatskasse auferlegt worden. Eine einschränkende Bestimmung im Sinne der Abs. 2 bis 5 des § 467 StPO sei nicht ergangen. Eine Beschränkung der abschließenden Kostenentscheidung auf das Berufungsverfahren sei auch in § 467 StPO nicht vorgesehen, auf den sich das Landgericht aber gestützt habe. Folglich seien ihm (aus abgetretenem Recht) auch die in erster Instanz angefallenen Wahlverteidigergebühren zu erstatten.
II.
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Die zulässige sofortige Beschwerde ist auch in der Sache begründet.
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Die maßgebliche Kostenentscheidung ist diejenige in dem Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 26.01.2016. Danach sind die Kosten des Berufungsverfahrens und die notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten von der Staatskasse zu tragen. Die beantragten Wahlverteidigergebühren stellen dabei notwendige Auslagen des früheren Angeklagten i.S.d. § 464a Abs. 2 StPO dar. Diese sind von der maßgeblichen Kostenentscheidung des Berufungsurteils richtigerweise umfassend erfasst, denn weder ist in dem Tenor ein einschränkender Zusatz (der Sache nach im Hinblick auf die Absätze 2 bis 5 des § 467 StPO oder unter dem zeitlichen Aspekt der Instanzen) vorhanden noch ergibt sich eine Einschränkung aus den Entscheidungsgründen. Aus dem Umstand, dass hinsichtlich der Verfahrenskosten – zu Unrecht – eine Beschränkung auf die Berufungsinstanz erfolgt ist, ist auch nicht zwingend abzuleiten, dass gleiches für die notwendigen Auslagen gelten sollte; vielmehr fehlt es insoweit an einem solchen Zusatz gerade. Der in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils angeführte § 467 Abs. 1 StPO nimmt zudem keine Differenzierung hinsichtlich der angefallenen notwendigen Auslagen nach Instanzen vor, vielmehr sind nach dem Grundsatz des § 467 Abs. 1 StPO diejenigen Auslagen erfasst, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung angefallen sind (Gieg in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 467 Rn. 3).
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Daher war die Ziffer 2 des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 12.05.2017 aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag vom 17.08.2017 hinsichtlich der Wahlverteidigergebühren 1. Instanz unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer der Rechtspflegerin des Amtsgerichts zurückzuverweisen. Würde die Kammer die Entscheidung auch der Höhe nach selbst treffen, wäre dem Beschwerdeführer diesbezüglich eine Instanz genommen (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.06.1979 - 1 Ws 223/79 -, juris Rn. 6).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 4 StPO.
Annotations
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.
(1) Kosten des Verfahrens sind die Gebühren und Auslagen der Staatskasse. Zu den Kosten gehören auch die durch die Vorbereitung der öffentlichen Klage entstandenen sowie die Kosten der Vollstreckung einer Rechtsfolge der Tat. Zu den Kosten eines Antrags auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens gehören auch die zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens (§§ 364a und 364b) entstandenen Kosten, soweit sie durch einen Antrag des Verurteilten verursacht sind.
(2) Zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten gehören auch
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die Entschädigung für eine notwendige Zeitversäumnis nach den Vorschriften, die für die Entschädigung von Zeugen gelten, und - 2.
die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung zu erstatten sind.
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
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auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.