Landgericht Augsburg Endurteil, 21. Dez. 2018 - 111 O 1764/17
Tenor
1. Die Klage gilt als zurückgenommen.
2. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
-
1.Den Klägern wird als Gesamtschuldner aufgegeben, für jeden der beiden Beklagten für die Prozesskosten eine Sicherheit in Höhe von 100.000 €, mithin also insgesamt 200.000,- €, bis spätestens zum 20.11.2018 zu leisten.
-
2.Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Die Beklagten werden, beide als Gesamtschuldner neben dem anderweitig in Anspruch genommenen Werner Schneider als Insolvenzverwalter der Walter Bau - Aktiengesellschaft, zur Zahlung von einer Million Euro verurteilt, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 13.1.2017.
hilfsweise für den Fall, dass die Klage als unzulässig aber deshalb als unbegründet erkannt wird, dass die Kläger als Versprechensempfänger nicht befugt seien, den Schaden geltend zu machen, der dem Königreich Thailand entstanden ist, „machen die Kläger einen eigenen Schaden in Höhe von 21.344 € geltend“.
die Klage für zurückgenommen zu erklären.
Gründe
I.
„1.
Da die Kläger ihre Verpflichtung zur Sicherheitsleistung bestritten haben, ist über die prozesshindernde Einrede des Beklagten durch Zwischenurteil (§ 303 ZPO) zu entscheiden.
Nach § 110 Abs. 1 ZPO haben Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum haben, der Beklagtenpartei auf Verlangen wegen der Prozesskosten Sicherheit zu leisten.
Die Kläger haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Königreich Thailand und damit nicht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des europäischen Wirtschaftsraumes, so dass die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 ZPO erfüllt sind.
2.
Der Befreiungsgrund nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegt nicht vor.
Eine staatsvertragliche Befreiung von der Prozesskostensicherheit aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand besteht nicht. Die Klagepartei leitet die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit aus Art. 3 Abs. 2 des deutsch-thailändischen Investitionsschutzvertrages (BIT; Anlagen K15, 16) ab. Das von der Klagepartei herangezogene BIT ist für das streitgegenständliche Begehren nicht einschlägig.
Die Anwendbarkeit des BIT setzt eine „Kapitalanlage“ voraus. Der Begriff „Kapitalanlage“ umfasst gemäß Art. 1 Nr. 1 BIT Vermögenswerte jeder Art, wobei sodann unter den Ziffern a) bis e) Beispiele für mögliche geschützte Vermögenswerte aufgeführt werden. Schon von seinem Wortsinn ist auch das Gericht der Überzeugung, dass der Begriff der „Kapitalanlage“ einen Beitrag bzw. eine Investition über einen gewissen Zeitraum nach sich zieht und ein gewisses Risiko beinhaltet.
Damit geht das Gericht davon aus, dass eine Kapitalanlage im Sinne des BIT den Einsatz finanzieller Mittel über einen gewissen Zeitraum erfordert. Die seitens der Kläger geltend gemachten Ansprüche haben nach Überzeugung des Gerichts nicht einmal im Ansatz etwas mit einer „Kapitalanlage“ in Deutschland zu tun, so dass der Befreiungsgrund nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO allein aus diesem Grund offensichtlich ausscheidet. Auf die weitergehenden Einwände der beklagten Partei kam es nicht mehr entscheidungserheblich an.
Das Verlangen nach Sicherheitsleistung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich.
3.
Die Höhe der Prozesskostensicherheit ist gemäß § 112 Abs. 1 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen. § 112 Abs. 2 S. 1 ZPO bindet dieses Ermessen nur nach der Richtung, dass diejenigen Prozesskosten zugrundezulegen sind, die der Sicherungsberechtigte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Daneben ist das freie Ermessen - auch wenn dies der Gesetzgeber nicht ausdrücklich hervorgehoben hat - an Sinn und Zweck der §§ 110 ff ZPO gebunden. Das ist die Sicherstellung der beklagten inländischen Partei.
Das Merkmal der „Wahrscheinlichkeit“ im Sinne des § 112 Abs. 2 S. 1 ZPO fordert eine Prüfung nach zwei Richtungen: einmal im Hinblick auf die in der anhängigen Instanz zu erwartenden Kosten, zum anderen, ob der Rechtsstreit durch weitere Instanzen laufen wird. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Kläger nach den Vorschriften der §§ 110 ff ZPO Sicherheit für das gesamte Verfahren einschließlich der möglichen Rechtszüge zu leisten hat. Das Gericht ist zwar nicht verpflichtet, von vornherein die Kosten des gesamten Instanzenzuges zu berücksichtigen, gleichwohl aber hierzu berechtigt, insbesondere wenn es nach dem bisherigen Verfahrensgang nicht fernliegend scheint, dass der Rechtsstreit drei Instanzen durchlaufen wird.
Daran gemessen hat das Gericht in Ausübung des Ermessensspielraums die zu leistende Prozesskostensicherheit nach § 112 Abs. 1 ZPO auf 100.000 € festgesetzt (vgl. hierzu auch die Anlage K11). Berücksichtigt sind dabei die voraussichtlichen eigenen Anwaltskosten der jeweiligen Beklagten für ihren eigenen Anwalt sowie die womöglich zunächst von ihr selbst zu finanzierenden Gerichtskosten der 2. und 3. Instanz.
Das Gericht hat dabei zur Berechnung der Prozesskostensicherheit den bereits auf 1.000.000 € vorläufigen festgesetzten Streitwert zugrunde gelegt.
4.
Gemäß § 113 ZPO war den Klägern eine Frist für die Leistung der Prozesskostensicherheit zu setzen. Die gesetzte Frist erscheint angesichts der Höhe der zu leistenden Sicherheit angemessen.“
II.
III.
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Referenzen - Gesetze
(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.
(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.
(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.
(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:
- 1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann; - 2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde; - 3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt; - 4.
bei Widerklagen; - 5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.
Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die Klage für zurückgenommen zu erklären oder, wenn über ein Rechtsmittel des Klägers zu verhandeln ist, dieses zu verwerfen.
(1) Das Urteil enthält:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten; - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben; - 3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist; - 4.
die Urteilsformel; - 5.
den Tatbestand; - 6.
die Entscheidungsgründe.
(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.
(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.
Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die Klage für zurückgenommen zu erklären oder, wenn über ein Rechtsmittel des Klägers zu verhandeln ist, dieses zu verwerfen.
Ist ein Zwischenstreit zur Entscheidung reif, so kann die Entscheidung durch Zwischenurteil ergehen.
(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.
(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:
- 1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann; - 2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde; - 3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt; - 4.
bei Widerklagen; - 5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.
(1) Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt.
(2) Bei der Festsetzung ist derjenige Betrag der Prozesskosten zugrunde zu legen, den der Beklagte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Die dem Beklagten durch eine Widerklage erwachsenden Kosten sind hierbei nicht zu berücksichtigen.
(3) Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreits, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, so kann der Beklagte die Leistung einer weiteren Sicherheit verlangen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist.
Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die Klage für zurückgenommen zu erklären oder, wenn über ein Rechtsmittel des Klägers zu verhandeln ist, dieses zu verwerfen.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.