Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 19. Juni 2018 - 3 Ta 58/18

published on 19/06/2018 00:00
Landesarbeitsgericht Nürnberg Beschluss, 19. Juni 2018 - 3 Ta 58/18
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Arbeitsgericht Bayreuth, 4 Ca 988/17, 02/05/2018

Gericht

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Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin vom 02.04.2018 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 02.05.2018 in Ziffer 2 wie folgt abgeändert:

"Zu zahlende Monatsraten werden nicht festgesetzt.“

Gründe

I.

Mit ihrer Klage vom 29.12.2017 verfolgt die Klägerin Zahlungsansprüche und Ansprüche auf Arbeitspapiere.

Für die Klage hat sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt V… beantragt.

Mit Beschluss vom 12.03.2018 hat das Arbeitsgericht Bayreuth den Antrag der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es auf das Einkommen des Ehemanns der Klägerin abgestellt, bei dessen Berücksichtigung eine monatliche Ratenzahlung von 819,00 € anzusetzen gewesen sei, die, unter Berücksichtigung der Prozesskosten, in 4 Monatsraten hätten aufgebracht werden können, sodass Prozesskostenhilfe zu versagen war.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 16.03.2018 zugestellten Beschluss hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt durch Übergabe einer neuen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 02.04.2018, die am 03.04.2018 beim Arbeitsgericht Bayreuth eingegangen ist.

Das Arbeitsgericht Bayreuth hat die Übersendung der Unterlagen nach Anhörung der Klägerin als sofortige Beschwerde behandelt und im Rahmen eines Teilabhilfebeschlusses vom 02.05.2018 der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und Ratenzahlung von 154,00 € angeordnet. Zur Begründung hat es auf die sich aus der neuen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergebenden wirtschaftlichen Verhältnisse verwiesen, nach denen die Klägerin gegenüber ihrem Ehemann einen Prozesskostenvorschussanspruch habe, welcher zu einer Prozesskostenhilferate von 154,00 € führe.

Im Übrigen hat das Arbeitsgericht Bayreuth die sofortige Beschwerde zur weiteren Entscheidung dem LAG Nürnberg vorgelegt.

Bezüglich näherer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 127 Absatz 2 Satz 2 ZPO statthaft und innerhalb der Frist von einem Monat eingelegt worden, § 127 Absatz 2 Satz 3 ZPO.

Auch das Beschwerdegericht geht davon aus, dass die Klägerin mit der Neuvorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eine sofortige Beschwerde eingelegt hat.

2. Die Beschwerde ist begründet. Der Bewilligungsbeschluss vom 02.05.2018, der insoweit Bezug nimmt auf den ursprünglichen Beschluss vom 12.03.2018, geht zunächst zu Recht davon aus, dass zu prüfen ist, ob die Klägerin einen Anspruch gegenüber ihrem Ehemann auf Prozesskostenvorschuss hat, den sie sich anrechnen lassen muss.

Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Bei Ehegatten muss der Prozess mit den aus der Ehe erwachsenen persönlichen oder wirtschaftlichen Bedingungen und Beziehungen zusammenhängen. „Persönliche Angelegenheiten“ sind insbesondere Ansprüche auf vermögenswerte Leistungen, die entweder ihre Wurzel in der Lebensgemeinschaft der Ehegatten haben oder wenn der Rechtsfall eine genügend enge Verbindung zur Person des betreffenden Ehegatten hat. Dabei ist die richtige Einordnung jeweils nur für bestimmte engere Fallgruppen möglich (BAG, Beschluss vom 05.04.2006 - 3 AZB 461/04 -; juris).

Das BAG hat für Bestandsstreitigkeiten wegen der Bedeutung des Arbeitsverhältnisses für die Würde des Arbeitnehmers und seiner Persönlichkeitsentfaltung bejaht, dass es sich um persönliche Angelegenheiten handelt, die über den Streit im Rahmen eines bloßen schuldrechtlichen Austauschverhältnisses hinausweisen (vgl. BAG a.a.O.).)

Demgegenüber geht die erkennende Kammer mit der 7. Kammer des LAG Nürnberg (Beschluss vom 13.03.2014 - 7 Ta 181/13 -; juris) davon aus, dass es sich bei Entgeltansprüchen lediglich um Ansprüche handelt, die zwar im Arbeitsverhältnis ihre Grundlage hatten, aber lediglich das Austauschverhältnis betreffen. Auf diese treffen die Überlegungen zur Bestandsstreitigkeit nicht zu. Insbesondere berührt die Frage, ob der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Entgeltdifferenz und Urlaubsabgeltung zustanden, nicht das Persönlichkeitsrecht der Klägerin (LAG Nürnberg a.a.O.). Dasselbe gilt für die Ansprüche auf Arbeitspapiere und den Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses. Zwar ist beim Zeugnis denkbar, dass es sich bei einer Zeugnisberichtigungsklage um eine persönliche Angelegenheit im Sinne von § 1360a BGB handelt (vgl. Arbeitsgericht Heilbronn, Beschluss vom 07.06.2016 - 8 Ca 74/16). Bei der vorliegenden Klage auf Erteilung eines Zeugnisses handelt es sich jedoch nach Ansicht der erkennenden Kammer um einen aus dem Austauschverhältnis stammenden Anspruch, der zunächst keine persönliche Angelegenheit betrifft.

Weil im Übrigen ohne Berücksichtigung eines Prozesskostenvorschusses die persönlichen Verhältnisse der Klägerin die Festlegung einer Ratenzahlung nicht rechtfertigen, war der angefochtene Beschluss abzuändern und der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu gewähren.

III.

1. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 127 Absatz 4 ZPO nicht veranlasst.

2. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter erfolgen, § 78 Satz 3 ArbGG.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rech

(1) Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhal
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published on 13/03/2014 00:00

Gründe I. Die Parteien stritten in der Hauptsache beim Arbeitsgericht Nürnberg um Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsabgeltung. Der Kläger beantragte am 19.08.2013 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die
published on 07/06/2016 00:00

Tenor Der Antrag d. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen. Gründe  I.1 Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für ihre Klage vom 08.04.2016 auf Berichtigung des erteilten Endzeugnisses.II.2 1. Die objektiven Voraussetzu
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(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen.

(2) Der Unterhalt ist in der Weise zu leisten, die durch die eheliche Lebensgemeinschaft geboten ist. Die Ehegatten sind einander verpflichtet, die zum gemeinsamen Unterhalt der Familie erforderlichen Mittel für einen angemessenen Zeitraum im Voraus zur Verfügung zu stellen.

(3) Die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§ 1613 bis 1615 sind entsprechend anzuwenden.

(4) Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Das Gleiche gilt für die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.