Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 22. Apr. 2014 - 7 Ta 341/13
Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hin wird der Prozesskostenhilfe-Abänderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 26.07.2013 in der Fassung des Nicht-Abhilfe-Beschlusses vom 29.10.2013, wonach der Kläger aus seinem Vermögen bis zu 3.188,39 € zur Deckung der Prozesskosten zu zahlen hat, aufgehoben.
Es verbleibt bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Kostenbeteiligung des Klägers.
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G r ü n d e :
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I. Für den vom Kläger vor dem Arbeitsgericht Köln geführten Kündigungsschutzprozess 14 Ca 8237/12 hatte das Arbeitsgericht dem Kläger mit Beschluss vom 07.03.2013 Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe bewilligt, dass der Kläger keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten hat. Der Kündigungsschutzprozess endete mit einem rechtskräftigen Vergleich, der einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 15.000,- € brutto begründete.
Nachdem der Kläger auf Anfrage bestätigt hatte, dass die Abfindung mit einem Betrag in Höhe von 8.388,39 € netto ausgezahlt worden sei, erließ das Arbeitsgericht unter dem 26.07.2013 einen Abänderungsbeschluss nach § 120 Abs. 4 ZPO, in welchem dem Kläger auferlegt wurde, aus seinem Vermögen einen Betrag in Höhe von bis zu 3.188,39 € zur Deckung der Prozesskosten zu zahlen. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
5Gegen diesen ihm am 31.07.2013 zugestellten Beschluss legte der Kläger durch Anwaltsschriftsatz vom 06.08.2013 am 07.08.2013 sofortige Beschwerde ein, deren Begründung in einem gesonderten Schriftsatz er ankündigte. Mit Schreiben vom 12.09.2013 erinnerte das Arbeitsgericht die Prozessbevollmächtigten des Klägers daran, die Begründung der sofortigen Beschwerde einzureichen. Nachdem in der Folgezeit ein Begründungsschreiben weder zur PKH-Akte noch zur Hauptakte gelangt war, versagte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 29.10.2013 der sofortigen Beschwerde die Abhilfe. Dabei stellte es im Wesentlichen darauf ab, dass eine Begründung der sofortigen Beschwerde nicht erfolgt sei.
6Hiergegen wandten sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 04.11.2013. Darin führten sie aus, dass sie die Beschwerde mit einem Schriftsatz vom 24.09.2013 sowohl per Fax als auch als Originalschriftsatz über das Fach des Arbeitsgerichts im Landgericht Köln übermittelt hätten. Den Schriftsatz vom 24.09.2013 nebst Anlagen sowie ein Faxsendeprotokoll fügten die Prozessbevollmächtigten dem Schriftsatz vom 04.11.2013 bei.
7Ohne weitere Sachprüfung gab das Arbeitsgericht die Beschwerde nunmehr an das Beschwerdegericht weiter.
8II. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Abänderungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 26.07.2013 ist zulässig und begründet.
91. Das Beschwerdegericht sieht von einer Zurückverweisung der sofortigen Beschwerde an das Arbeitsgericht Köln ab, obwohl eine ordnungsgemäße Abhilfe-Entscheidung nicht vorliegt. Zwar hat das Arbeitsgericht zunächst mit Beschluss vom 29.10.2013 die Abhilfe nachvollziehbar versagt; denn bis zu diesem Zeitpunkt war der Schriftsatz des Klägervertreters vom 24.09.2013 in der Tat weder als Faxbrief noch als Originalschreiben zur Haupt- und PKH-Akte des Verfahrens 14 Ca 8237/12 gelangt. Nachdem der Klägervertreter aber mit Schriftsatz vom 04.11.2013 den Schriftsatz vom 24.09.2013 nebst Anlagen nachgereicht und durch Übersendung des Faxprotokolls vom 24.09.2013 auch glaubhaft gemacht hatte, dass er den fraglichen Schriftsatz tatsächlich rechtzeitig an das Gericht übersandt hatte, hätte das Arbeitsgericht zur Vorbereitung seiner endgültigen Abhilfe-Entscheidung nochmals in die Sachprüfung eintreten müssen; denn nach Aktenlage erscheint es in der Tat nicht unwahrscheinlich, bzw. kann nicht ausgeschlossen werden, dass der zur Begründung der sofortigen Beschwerde angefertigte Schriftsatz vom 24.09.2013 seinerzeit zeitnah – insbesondere als Fax – bei Gericht eingereicht wurde und dann aufgrund eines organisatorischen Versehens innerhalb des Gerichts nicht zur richtigen Prozessakte gelangt ist.
10Die sofortige Beschwerde erscheint jedoch aufgrund des durch den Schriftsatz vom 20.12.2013 an das Beschwerdegericht weiter ergänzten Beschwerdevorbringens als entscheidungsreif, so dass im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung von einer Zurückverweisung an das Arbeitsgericht abzusehen ist.
112. Das Arbeitsgericht hat seinem Abänderungsbeschluss vom 26.07.2013 zugrundegelegt, dass dem Kläger eine Nettoabfindung in Höhe von 8.388,39 € zugeflossen ist. Es hat dem Kläger hiervon, der einschlägigen BAG-Rechtsprechung folgend, ein Schonvermögen in Höhe von 5.200,00 € zugebilligt und ist so zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger von den restlichen 3.188,39 € zu den entstandenen Prozesskosten beizutragen hat.
12In einem Kündigungsschutzprozess generierte Abfindungen gehören grundsätzlich nach deren Auszahlung zum Vermögen des PKH-Antragstellers. Grundsätzlich kann es daher gerechtfertigt sein, dass der PKH-Antragsteller aus dem Teil der Abfindung, der das in entsprechender Anwendung des § 90 SGB XII ermittelte sogenannte Schonvermögen übersteigt, die Prozesskosten selbst zu begleichen hat.
13Dies hat jedoch nur im Rahmen des Zumutbaren zu geschehen. Überschreitet der dem PKH-Empfänger zugeflossene Abfindungsbetrag das Schonvermögen nur relativ geringfügig und macht der PKH-Empfänger glaubhaft, dass er den Abfindungsbetrag oder zumindest denjenigen Betrag, der das Schonvermögen übersteigt, dazu verwendet hat, Schulden zu begleichen, die nachvollziehbar gerade im Zusammenhang mit dem Kündigungsgeschehen entstanden sind, so erscheint es nicht zumutbar, beim PKH-Empfänger neue Schulden zu verursachen, indem ihm ein Beitrag zur Kostenbeteiligung auferlegt wird.
14So liegt der Fall hier. Der Beschwerdeführer hat durch Vorlage geeigneter Unterlagen glaubhaft gemacht, dass er kurz nach Erhalt der Abfindung Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 2.853,83 € und gegenüber der Deutschen Rentenversicherung in Höhe von 6.021,86 € erfüllt hat. Hinzukommt, dass er im Dezember 2012 und April 2013 bereits im Zusammenhang mit der streitigen Kündigung entstandene Privatkredite in einem Umfang von insgesamt 4.500,00 € zurückgezahlt hat. Berücksichtigt man all dies, so verbleibt dem Beschwerdeführer aus dem Zufluss der Abfindung kein nachhaltiger Vermögensvorteil, der es zumutbar erscheinen ließe, dass der Beschwerdeführer die im Kündigungsschutzprozess entstandenen Kosten selbst trägt.
15Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen.
Annotations
(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.
(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.
(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,
- 1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken; - 2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.
(4) (weggefallen)
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung
- 1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird, - 2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden, - 3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, - 4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, - 6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde, - 7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist, - 8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes, - 9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.