Bundesverfassungsgericht Beschluss, 02. Juni 2015 - 2 BvE 5/12, 2 BvE 3/13

Gericht
Gründe
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A.
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Der Antragsteller macht mit seiner Organklage Auskunfts-, Informations- und Beratungsrechte gegenüber der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag im Zusammenhang mit der Beteiligung des Parlaments an der Bewältigung der Krise der europäischen Währungsunion sowie die Unvollständigkeit von in diesem Zusammenhang stehenden Gesetzentwürfen geltend. Er war bis zum 31. März 2015 Mitglied des 18. Deutschen Bundestages.
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I.
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1. Im Zuge der seit 2010 andauernden Krise der europäischen Währungsunion gewährten die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes in einem ersten Schritt Griechenland koordinierte bilaterale Finanzhilfen und schufen anschließend einen sogenannten "Rettungsschirm", dessen Kern zunächst eine privatrechtlich organisierte Zweckgesellschaft war, die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF; vgl. hierzu BVerfGE 129, 124). Ab Ende 2010 strebten die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes sodann einen dauerhaften Mechanismus zur Krisenbewältigung an, der später in der Form des Europäischen Stabilitätsmechanismus verwirklicht wurde. Parallel dazu wurde von den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes sowie den meisten übrigen Mitgliedstaaten der Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (im Folgenden: SKS-Vertrag) geschlossen. Der ESM-Vertrag ist am 27. September 2012 in Kraft getreten (BGBl II S. 1086). Der auch als Fiskalvertrag bezeichnete SKS-Vertrag wurde am 2. März 2012 unterzeichnet (BGBl II S. 1006) und trat am 1. Januar 2013 in Kraft (BGBl II S. 162).
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a) Die Unterrichtung des Deutschen Bundestages durch die Bundesregierung während der Vertragsverhandlungen zum ESM-Vertrag war Gegenstand des Urteils des Zweiten Senats vom 19. Juni 2012 (BVerfGE 131, 152). Zu den einzelnen Verhandlungsschritten und dem Umfang der Unterrichtung wird insoweit auf den Sachbericht dieser Entscheidung Bezug genommen (vgl. BVerfGE 131, 152 <154 ff.>).
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b) Unmittelbar nach der Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juni 2012 forderte der Antragsteller den Bundesminister der Finanzen auf, entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts umfassend Auskunft über vorhandene Unterlagen und Informationen im Zusammenhang mit dem ESM-Vertrag zu erteilen, soweit diese dem Bundestag noch nicht vorgelegt worden seien. Der Bundesminister der Finanzen ließ daraufhin mitteilen, dass es über die bereits erteilten Informationen und vorgelegten Dokumente hinaus keine weiteren Informationen oder Unterlagen gebe, die dem Bundestag vorgelegt werden könnten oder vorzulegen wären.
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2. Zur Regelung der finanziellen Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland am Europäischen Stabilitätsmechanismus sowie zur Sicherstellung der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages wurde von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP zunächst am 20. März 2012 (BTDrucks 17/9048) und später von der Bundesregierung am 23. April 2012 (BTDrucks 17/9371) ein textidentischer Entwurf für ein Gesetz zur finanziellen Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Finanzierungsgesetz - ESMFinG) in den Bundestag eingebracht. Beide Entwürfe enthielten zu dem mit "Beteiligungsrechte" überschriebenen § 3 des Entwurfs nur eine Leerstelle ("<1> <…>"). In der Begründung hieß es dazu, dass die Ausgestaltung der Beteiligungsrechte im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens erfolgen werde. Die Lücke wurde im Zuge der Beratungen in den Ausschüssen geschlossen und der vervollständigte Entwurf am 27. Juni 2012 an das Plenum des Bundestages verwiesen, um dort am 29. Juni 2012 beraten zu werden. Das Bemühen des Antragstellers, beim Präsidenten des Deutschen Bundestages eine Vertagung der Beratungen zu erreichen, um eine hinreichende Beteiligung aller nicht den Fachausschüssen angehörenden Mitglieder des Bundestages zu ermöglichen, blieb erfolglos. Der Entwurf wurde vom Deutschen Bundestag am 29. Juni 2012 in zweiter und dritter Lesung beschlossen. Das ESM-Finanzierungsgesetz ist am 19. September 2012 in Kraft getreten (BGBl I S. 1918).
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3. Im Zusammenhang mit der Gewährung eines Hilfsprogramms des Europäischen Stabilitätsmechanismus für die Republik Zypern bat der Antragsteller im Februar 2013 den Bundesminister der Finanzen darum, ihm sämtliche Unterlagen zum ESM-Vertrag sowie zum SKS-Vertrag, die als travaux préparatoires im Sinne des Art. 32 Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK) angesehen werden könnten, zu übersenden, weil diese bei einer Vertragsauslegung im Zusammenhang mit dem Vollzug des ESM-Vertrages relevant werden könnten. Eine erneute Aufforderung im März 2013 wurde auf Veranlassung des Bundesministers der Finanzen zurückgewiesen, weil dem Deutschen Bundestag bereits zahlreiche, für parlamentarische Entscheidungen notwendige Dokumente vorgelegt worden seien, worunter sich auch die nun begehrten Unterlagen befänden. Daraufhin beantragte der Antragsteller förmlich, ihm alle Verhandlungsprotokolle zum ESM-Vertrag und SKS-Vertrag sowie alle bei der Bundesregierung vorhandenen sonstigen Dokumente bezüglich der Verhandlungen und des Abschlusses dieser Verträge zu übergeben und ihm darüber hinaus in vollem Umfang Akteneinsicht in alle sonst bei der Bundesregierung hierzu vorhandenen Dokumente zu gewähren. Mit Schreiben vom 26. April 2013 wurde dieser Antrag vom Bundesministerium der Finanzen abgelehnt.
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II.
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1. Der Antragsteller hat im Verfahren 2 BvE 5/12 mit seinen am 30. Juni 2012 eingegangenen, gegen die Bundesregierung, den Deutschen Bundestag sowie den Bundesminister der Finanzen gerichteten Anträgen die Feststellung begehrt, dass er in seinen Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG in mehrfacher Weise durch die Antragsgegner verletzt worden sei. So habe die Bundesregierung durch die Einbringung eines bewusst unvollständigen Gesetzentwurfs gegen Art. 76 Abs. 1 und Abs. 2 GG verstoßen und damit zugleich seine Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Ebenso habe der Deutsche Bundestag durch die Beratung der unvollständigen Gesetzentwürfe und die anschließende Beschlussfassung gegen Art. 76 Abs. 1 und Abs. 2 GG verstoßen und dadurch seine Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Die Bundesregierung habe seine Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG zudem dadurch verletzt, dass sie ihm Informationen vorenthalten habe, die zur sachgerechten Meinungsbildung über das Zustimmungsgesetz zum ESM-Vertrag und damit zur sachgerechten parlamentarischen Beratung und Beschlussfassung unerlässlich gewesen wären.
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2. Im Verfahren 2 BvE 3/13 hat der Antragsteller mit seinen am 21. August 2013 eingegangenen, gegen die Bundesregierung sowie den Bundesminister der Finanzen gerichteten Anträgen die Feststellung begehrt, dass diese ihn in seinen Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG dadurch verletzt hätten, dass sie sich weigerten, ihm Einsicht in sämtliche bei der Bundesregierung vorhandenen Dokumente zur Entstehungsgeschichte des ESM-Vertrages und des SKS-Vertrages, insbesondere in sämtliche Entwürfe, Änderungsanträge und Verhandlungsprotokolle zu gewähren, soweit diese nicht bereits dem Bundestag übersandt worden seien oder aus dem Internet oder anderen allgemein zugänglichen Quellen beschafft werden könnten. Gleiches gelte mit Blick auf ihre Weigerung, ihm den Organisations- und Aktenplan betreffend den ESM-Vertrag und den SKS-Vertrag sowie eine vollständige Liste aller Verhandlungsprotokolle zum ESM-Vertrag und zum SKS-Vertrag sowie aller sonst bei der Bundesregierung vorhandenen Dokumente bezüglich der Verhandlungen über diese Verträge zu übermitteln.
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3. Die Antragsgegner halten die Anträge für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
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4. Der Antragsteller hat am 31. März 2015 gegenüber dem Präsidenten des Deutschen Bundestages gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BWahlG den Verzicht auf sein Mandat erklärt. Mit der Bestätigung der Verzichtserklärung durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages ist er aus dem Deutschen Bundestag ausgeschieden (§ 47 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BWahlG).
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5. Mit Schriftsatz vom 27. April 2015 hat der Antragsteller die Rücknahme seiner Anträge erklärt.
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B.
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Die Verfahren sind einzustellen.
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Bei dem Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 63 ff. BVerfGG handelt es sich um ein kontradiktorisches Verfahren (vgl. BVerfGE 126, 55 <67 f.>; 129, 356 <375>; 134, 141 <194 Rn. 160>; stRspr). Der Antragsteller hat seine Anträge zurückgenommen, nachdem er aus dem Deutschen Bundestag ausgeschieden ist. Damit ist in den beiden Verfahren auch das für den Organstreit erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BVerfGE 62, 1 <33>; 67, 100 <127>; 68, 1 <77>; 119, 302 <307 f.>) weggefallen. Ein öffentliches Interesse an der Fortsetzung der Verfahren besteht nicht, so dass dahinstehen kann, ob der Senat andernfalls die Verfahren trotz des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses des Antragstellers fortsetzen könnte (vgl. hierzu BVerfGE 24, 299 <300>; 83, 175 <181>; 87, 207 <209>).

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(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.
(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht.
(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen. Verlangt er aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Die Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie bei der Zuleitung an den Bundesrat ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen oder, wenn der Bundesrat ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochen dem Bundestag zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme des Bundesrates unverzüglich nach Eingang dem Bundestag nachzureichen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahme neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung.
(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten. Sie soll hierbei ihre Auffassung darlegen. Verlangt sie aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Wenn der Bundesrat eine Vorlage ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, beträgt die Frist drei Wochen oder, wenn die Bundesregierung ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, sechs Wochen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung. Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluß zu fassen.
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.
(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht.
(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen. Verlangt er aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Die Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie bei der Zuleitung an den Bundesrat ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen oder, wenn der Bundesrat ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochen dem Bundestag zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme des Bundesrates unverzüglich nach Eingang dem Bundestag nachzureichen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahme neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung.
(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten. Sie soll hierbei ihre Auffassung darlegen. Verlangt sie aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Wenn der Bundesrat eine Vorlage ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, beträgt die Frist drei Wochen oder, wenn die Bundesregierung ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, sechs Wochen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung. Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluß zu fassen.
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.
(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
(1) Ein Abgeordneter verliert die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag bei
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Ungültigkeit des Erwerbs der Mitgliedschaft, - 2.
Neufeststellung des Wahlergebnisses, - 3.
Wegfall einer Voraussetzung seiner jederzeitigen Wählbarkeit, - 4.
Verzicht, - 5.
Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Partei oder der Teilorganisation einer Partei, der er angehört, durch das Bundesverfassungsgericht nach Artikel 21 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes.
(2) Bei Ungültigkeit seiner Wahl im Wahlkreis bleibt der Abgeordnete Mitglied des Bundestages, wenn er zugleich auf einer Landesliste gewählt war, aber nach § 6 Absatz 4 Satz 2 unberücksichtigt geblieben ist.
(3) Der Verzicht ist nur wirksam, wenn er zur Niederschrift des Präsidenten des Deutschen Bundestages, eines deutschen Notars, der seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, oder eines zur Vornahme von Beurkundungen ermächtigten Bediensteten einer deutschen Auslandsvertretung erklärt wird. Die notarielle oder bei einer Auslandsvertretung abgegebene Verzichtserklärung hat der Abgeordnete dem Bundestagspräsidenten zu übermitteln. Der Verzicht kann nicht widerrufen werden.
(4) Wird eine Partei oder die Teilorganisation einer Partei durch das Bundesverfassungsgericht nach Artikel 21 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes für verfassungswidrig erklärt, verlieren die Abgeordneten ihre Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und die Nachfolger ihre Anwartschaft, sofern sie dieser Partei oder Teilorganisation in der Zeit zwischen der Antragstellung (§ 43 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht) und der Verkündung der Entscheidung (§ 46 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht) angehört haben. Soweit Abgeordnete, die nach Satz 1 ihre Mitgliedschaft verloren haben, in Wahlkreisen gewählt waren, wird die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten in diesen Wahlkreisen bei entsprechender Anwendung des § 44 Abs. 2 bis 4 wiederholt; hierbei dürfen die Abgeordneten, die nach Satz 1 ihre Mitgliedschaft verloren haben, nicht als Bewerber auftreten. Soweit Abgeordnete, die nach Satz 1 ihre Mitgliedschaft verloren haben, nach einer Landesliste der für verfassungswidrig erklärten Partei oder Teilorganisation der Partei gewählt waren, bleiben die Sitze unbesetzt. Im übrigen gilt § 48 Abs. 1.
(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:
- 1.
über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind; - 2.
bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages; - 2a.
bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes; - 3.
bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht; - 4.
in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist; - 4a.
über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein; - 4b.
über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann; - 4c.
über Beschwerden von Vereinigungen gegen ihre Nichtanerkennung als Partei für die Wahl zum Bundestag; - 5.
in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Fällen.
(2) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet außerdem auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte. Die Feststellung, dass die Erforderlichkeit entfallen ist oder Bundesrecht nicht mehr erlassen werden könnte, ersetzt ein Bundesgesetz nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2. Der Antrag nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn eine Gesetzesvorlage nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2 im Bundestag abgelehnt oder über sie nicht innerhalb eines Jahres beraten und Beschluss gefasst oder wenn eine entsprechende Gesetzesvorlage im Bundesrat abgelehnt worden ist.
(3) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.