Bundessozialgericht Beschluss, 03. Mai 2018 - B 8 SO 44/17 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:030518BB8SO4417B0
bei uns veröffentlicht am03.05.2018

Tenor

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu erstatten.

Gründe

1

Der Rechtsstreit des Klägers um Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ist im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 28.4.2017 - L 8 SO 206/15 - nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten (Schriftsatz der Beklagten vom 7.9.2017; Schriftsatz des Klägers vom 20.12.2017) beendet worden. Der Kläger beantragt, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (Schriftsatz vom 7.9.2017; vgl zur Zulässigkeit der übereinstimmenden Erklärung der Erledigung der Hauptsache Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl 2017, SGG, § 125 RdNr 7 mwN).

2

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu erstatten. Wird ein Verfahren anders als durch Urteil beendet, entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben (§ 193 Abs 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz). Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten bei Erledigung des Verfahrens ohne Urteil einander Kosten zu erstatten haben, erfolgt nach sachgemäßem bzw billigem Ermessen. Dabei steht grundsätzlich der nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beurteilende Verfahrenserfolg im Vordergrund. Aber auch die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung des Rechtsstreits können zu berücksichtigen sein (vgl BSG: SozR 4-1500 § 193 Nr 8; SozR 4-2400 § 22 Nr 4; SozR 3-1500 § 193 Nr 10; SozR 3-1500 § 193 Nr 2). Auch kann maßgeblich sein, ob und inwieweit die Beteiligten Änderungen im Verfahren unmittelbar Rechnung getragen haben (vgl dazu nur Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 193 RdNr 13 mwN).

3

Der Senat versteht die Äußerung des Klägers, dass die Nichtzulassungsbeschwerde für erledigt erklärt werde, als Erklärung über die Erledigung in der Hauptsache, da der Kläger zugleich darauf hingewiesen hat, in seinem Begehren nach einer unbefristeten Leistungsbewilligung (folglich in der Hauptsache) klaglos gestellt zu sein. Maßstab für die vom Senat zu treffende Kostenentscheidung und die Beurteilung des Erfolgs zum Zeitpunkt seiner Erledigung ist vorliegend das in der Hauptsache verfolgte Begehren des Klägers, Leistungen der Hilfe zur Pflege unbefristet zu erhalten, und nicht - wie die Beklagte meint - (allein) die Frage nach dem Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde (wie hier BSG Beschluss vom 1.4.2010 - B 13 R 233/09 B - Juris; aA für den hier nicht vorliegenden Fall einer Klagerücknahme BSG Beschluss vom 12.9.2011 - B 14 AS 25/11 B - SozR 4-1500 § 193 Nr 8). Dafür sprechen sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck der Regelung des § 193 Abs 1 Satz 3 SGG. Infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärungen in der Hauptsache entfalten die in den Vorinstanzen ergangenen Urteile keine Wirkung mehr. Die nach § 193 Abs 1 SGG zu treffende Kostenentscheidung betrifft deshalb die Kosten aller Rechtszüge(BSG Beschluss vom 1.4.2010 - B 13 R 233/09 R - Juris RdNr 7; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 941). Die isolierte Übernahme der Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist hingegen nicht denkbar.

4

Danach erscheint es billig, dass die Beklagte dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits erstattet. Der Kläger hat das ursprünglich mit seiner Klage verfolgte Ziel einer unbefristeten Gewährung der Hilfe zur Pflege im Ergebnis erreicht, denn die Beklagte hat ihm mittlerweile Leistungen der Hilfe zur Pflege unbefristet gewährt (Bescheid vom 4.9.2017). Dies kommt einem Anerkenntnis in der Hauptsache gleich. Darauf, dass er damit klaglos gestellt war, hat der Kläger unverzüglich reagiert und folglich keine Veranlassung zur Fortführung des Rechtsstreits gegeben. Dass in den Instanzen zudem Verfahrensfragen im Vordergrund standen, tritt aus Sicht des Senats hinter dem im Ergebnis erreichten Klageziel zurück.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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Tatbestand 1 Mit Urteil vom 25.3.2009 hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf

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Tenor

I. Unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 02. Juli 2015 wird festgestellt, dass die Befristungen in den Bescheiden der Beklagten vom 19. März 2014, 23. März 2015 sowie 21. März 2016 jeweils in der Gestalt der Widerspruchbescheide vom 05. August 2014, 30. Juni 2015 und 13. September 2016 rechtswidrig waren. Im Übrigen werden die Berufungen des Klägers und der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger beansprucht von der Beklagten die Bewilligung von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) auf Dauer und nicht auf jeweils ein Jahr befristet (hier zunächst vom 01.04.2014 bis zum 31.03.2015).

Der 1964 geborene Kläger ist seit einer Fraktur der Halswirbelkörper im November 1989 inkomplett querschnittsgelähmt (sog. Tetraplegie) und leidet daher an einer den ganzen Körper betreffenden Muskelatrophie (Muskelschwund).

Die Beklagte leistete seit ca. dem Jahr 2009 Sozialhilfe, unter anderem Hilfe zur Pflege, auch unter Einbezug von Pflegebereitschaftszeiten. Denn der Kläger ist nicht stationär untergebracht und wohnt seit 2012 mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Der Bescheid über Hilfe zur Pflege regelt jeweils den Zeitraum von April bis einschließlich März des Folgejahres.

Die letzten Feststellungen zum Pflegebedarf traf das Referat für Gesundheit und Umwelt der Beklagten im Februar 2012 nach Aktenlage, unter anderem in Kenntnis des letzten Pflegegutachtens des MDK vom 12.09.2005. Ein noch älteres Pflegegutachten datiert auf den 28.08.1995. Schon damals hielt der MDK eine Nachuntersuchung des Klägers nicht für erforderlich.

Mit hier streitbefangenem Bescheid vom 19.03.2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 10.03.2014 hin vorläufig für die Zeit vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 Grundpflege von täglich fünf Stunden und hauswirtschaftliche Versorgung von täglich bis zu einer Stunde sowie Pflegebereitschaft von täglich bis zu 14 Stunden und 30 Minuten, an Tagen an denen die Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) nicht besucht werde; Pflegebereitschaft von täglich bis zu 8 Stunden und 30 Minuten an Tagen, an denen die WfbM tatsächlich besucht werde. Weiter wurde ein gekürztes Pflegegeld i.H.v. monatlich 128 EUR bewilligt. Der Bescheid enthält eine Zustimmung zur gewählten Versorgungsform und Hinweise über die Zahlung der zu erbringenden Dienste. Die vorläufige Bewilligung erfolgte, da die Beklagte der Rechtsauffassung war, für die Erbringung der Leistungen unzuständig zu sein, da Leistungen vorrangig von anderen Leistungsträgern zu erbringen seien. Die Regierung von Oberbayern wies den wegen der Befristung erhobenen Widerspruch mit Bescheid vom 05.08.2014 zurück. Diese führte dazu an, dass es sich bei der Sozialhilfe nicht um eine rentengleiche wirtschaftliche Dauerleistung handele, sondern um Hilfe für eine bestimmte Person in einer bestimmten Notsituation.

Am 05.03.2015 änderte die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 19.03.2014 bezüglich des Zeitraumes vom 01.01.2015 bis 31.03.2015 ab und erhöhte das Pflegegeld infolge des Inkrafttretens des Ersten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften zum 01.01.2015.

Mit Bescheid vom 23.03.2015 (später im Klageverfahren: S 22 SO 447/15) bewilligte die Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 09.03.2015 hin dieselben Leistungen der Hilfe zur Pflege den Zeitraum vom 01.04.2015 bis einschließlich 31.03.2016.

Der Kläger hat am 08.09.2014 Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und die Aufhebung der Befristung der ihm gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege begehrt, da diese in § 32 SGB X keine Rechtsgrundlage finde. Der Kläger erhalte bereits langjährig Leistungen und eine Änderung seiner Lage sei nicht wahrscheinlich. Die Nebenbestimmung sei isoliert anfechtbar. Die Beklagte hat vorgetragen, dass es sich bei der Bewilligung in Ziffer 1 und 2 der Bescheide um eine Zusicherung handele und nicht um eine Nebenbestimmung. Zudem sei eine Befristung bereits aufgrund des Wesens der Sozialhilfe erforderlich. Auch bei Pflegebedürftigkeit sei eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, u.a. durch Ansparung von Pflegegeld oder Anfall einer Erbschaft, denkbar.

Mit Urteil vom 2. Juli 2015 hat das SG „die Befristung auf 31.03.2015 im Bescheid vom 19.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2014 in der Fassung des Bescheids vom 05.03.2015 aufgehoben“ und im Übrigen die Klage abgewiesen. In den Gründen wurde ausgeführt, dass kein Anwendungsfall von § 96 SGG wegen des Bescheides vom 23.03.2015 vorliege und die Abweisung im übrigen deswegen erfolge, weil die Frage der Notwendigkeit der Zuziehung des Bevollmächtigen im Widerspruchsverfahren dem Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG vorbehalten bleibe und eine Klage deswegen unzulässig sei.

Hiergegen haben sowohl die Beklagte als auch der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt (am 21.09.2015 bzw. am 29.09.2015).

Die Beklagte hält eine isolierte Anfechtungsklage gegen die Befristung für unzulässig, weil diese zum Zeitpunkt des Urteils bereits abgelaufen sei und sich die Klage erledigt habe. Im Übrigen sei - so auch der Kläger - unklar, wie sich der während des Verfahrens beim SG ergangene Verwaltungsakt zu dem neu ergangenen Bescheid vom 23.03.2015 verhalte. Im Übrigen sei eine Befristung zulässig gewesen. Die Beklagte führt weiter aus, es habe sich bei dem angefochtenen Verwaltungsakt um eine Zusicherung gehandelt. Die Leistung sei nur bis zu einem bestimmten Umfang bewilligt worden. Das Ende der Zusicherung sei durch § 34 Abs. 3 SGB X bestimmt (Änderung der Sach- und Rechtslage). Mit der deklaratorischen Befristung wolle die Behörde sicherstellen, dass der Bescheid soweit reiche, wie vorhersehbar die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt seien. Hier hätten sich tatsächlich Änderungen ergeben (Umzug, Wechsel der Pflegekräfte). Die Befristung sei gemäß § 32 Abs. 1 Alt. 2 SGB X zulässig. Letztlich seien Leistungen der Sozialhilfe immer ohne Dauer zu bewilligen; nur § 44 Abs. 1 S.1 SGB XII stelle eine Ausnahme für die Leistungen der Grundsicherung dar.

Zwischenzeitlich sind Regelungen über die weiteren Bewilligungsperioden ergangen, so mit Bescheid vom 23.03.2015 über die Zeit vom 01.04.2015 bis zum 31.03.2016, angefochtenen im Klageverfahren beim SG (Az.: S 22 SO 447/15) und nunmehr beim LSG (Az.: L 8 SO 128/16) mit Bescheid vom 21.03.2016 über den Zeitraum vom 01.04.2016 bis 31.03.2017, angefochten beim SG seit dem 13.10.2016 (Az.: S 53 SO 552/16) und schließlich mit Bescheid vom 30.03.2017 über den Zeitraum vom 01.04.2017 bis 31.3.2018.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 2. Juli 2015 in Ziffer 1 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Klägervertreter beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und hilfsweise festzustellen, dass die im Bescheid der Beklagten vom 19. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. August 2014 in der Fassung der Bescheide vom 05. März 2015, 23. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2015, des Bescheides vom 21. März 2016 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 13. September 2016 und des Bescheides vom 30. März 2017 enthaltenen Befristungen auf den 31. März 2015, 31. März 2016, 31. März 2017 und 31. März 2018 rechtswidrig waren und sind.

Der Klägervertreter beantragt,

Das Urteil des Sozialgerichts München vom 02. Juli 2015 wird in Ziffer I abgeändert und wie folgt ergänzt: Auch die Befristungen auf 31. März 2016, 31. März 2017 und 31. März 2018 in den Bescheiden vom 23. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2015, vom 21. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2016 und im Bescheid vom 30. März 2017 werden aufgehoben, hilfsweise wird beantragt festzustellen, dass die in dem Bescheid der Beklagten vom 19. März 2014 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 05. August 2014 in der Fassung der Bescheide vom 05. März 2015, 23. März 2015 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 30. Juni 2015, vom 21. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 13. Sept. 2016 enthaltenen Befristungen der Leistungen auf den 31. März 2015, 31 März 2016 und 31. März 2017 rechtwidrig waren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufungen haben zum Teil Erfolg. Das Urteil des SG ist abzuändern und zu ergänzen, zudem ist über eine erweiterte Klage zu entscheiden.

A.

1. Beide schriftlich eingelegten Berufungen sind form- und fristgemäß zum LSG eingelegt (§ 151, 153 SGG). Es handelt sich damit bei der Berufung des Klägers vom 29.09.2012 um keine Anschlussberufung im Sinne von § 202 SGG, § 524 ZPO an die vom Beklagten eingelegte Berufung vom 21.09.2015.

Die Berufungen sind statthaft und bedürfen keiner Zulassung (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Es ist umstritten, ob dem Kläger ein Recht auf Dauer zusteht, womit laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind.

2. Gegenstand

a) Auch der Bescheid vom 23.03.2015 ist Gegenstand der Berufung. Die Entscheidung des SG ist insoweit unvollständig. Aus dem Tenor der angefochtenen Entscheidung vom 02.07.2015 ergibt sich keine Entscheidung über den Bescheid vom 23.03.2015. Dessen Nebenbestimmung ist aber gemäß § 99 SGG im Wege der Klageerweiterung Gegenstand des Verfahrens geworden. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Klägerbevollmächtigte beantragt, die Befristung sowohl im Bescheid vom 19.03.2014 wie auch in der Fassung des Bescheides vom 23.03.2015 aufzuheben. Selbst wenn damit ein Hilfsantrag beabsichtigt gewesen wäre, wie der Kläger angesichts des Wortlauts seines Antrags „in der Fassung des“ argumentiert, hätte über den Hilfsantrag entschieden werden müssen. Jedenfalls hat die Beklagte einer Einbeziehung des Bescheides vom 23.03.2015 nicht widersprochen und sich rügelos durch eigene Antragstellung in der mündlichen Verhandlung darauf eingelassen. Damit ist der Tatbestand des § 99 Abs. 2 SGG gegeben. Gemäß § 99 Abs. 1, 1. Alternative SGG liegt damit eine Klageänderung vor. Diese ist auch zulässig und insbesondere ist auch die geänderte Klage zulässig, weil schon vor der mündlichen Verhandlung am 02.07.2015 ein Widerspruchsbescheid am 30.06.2015 ergangen ist. Andererseits besteht kein Prozesshindernis wegen entgegenstehender Rechtshängigkeit der am 03.08.2015 gegen den Bescheid vom 23.03.2015 zum SG erhobene Klage.

Hat das SG rechtsfehlerhaft bewusst (d.h. rechtsirrtümlich, weil zwar richtigerweise die Voraussetzungen von § 96 SGG verneint worden sind, aber § 99 SGG nicht geprüft worden ist) über einen Anspruch oder Anspruchsteil nicht entschieden, weil es eine Entscheidung darüber nicht für geboten hielt (etwa wegen Annahme einer teilweisen Klagerücknahme oder wegen falscher Auslegung des Klageantrags), so kann und muss das LSG auch den noch in der ersten Instanz anhängigen Rest zum Gegenstand seiner Nachprüfung machen. Andernfalls hätten die Beteiligten keine Möglichkeit, den Fehler der ersten Instanz (Verstoß gegen § 123 SGG) korrigieren zu lassen; eine Ergänzung nach § 140 Abs. 1 SGG kommt nicht in Betracht, weil der betroffene Teil des Streitgegenstands vom SG nicht (versehentlich) „übergangen“ wurde. Die Zustimmung der anderen Beteiligten zum „Heraufholen der Prozessreste“ ist nicht erforderlich (Arndt in: Breitkreuz/Fichte, § 157, Rn. 8 und 11, 12). Die Entscheidung des LSG erfolgt auch über die vom SG nicht entschiedenen Streitgegenstandsteile als Berufungsinstanz, nicht im Rahmen einer erstinstanzlichen Klagezuständigkeit (Arndt in: Breitkreuz/Fichte, § 157, Rn. 9).

b) Gegenstand des Verfahrens ist weiterhin der Bescheid vom 21.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.09.2016, soweit es das Feststellungsbegehren betrifft. Auch insoweit hat die Beklagte der Klageänderung, hier sogar ausdrücklich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG zugestimmt mit der Folge aus § 99 Abs. 1 SGG. Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des genannten Bescheides ist durch den Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2017 zu Protokoll gestellt worden. Dies geschah sowohl als Hilfsantrag zum Zurückweisungsantrag der Berufung der Beklagten, als auch als eigener Hauptantrag in der vom Kläger erhobenen Berufung. Wenn der Bevollmächtige des Klägers zu Protokoll erklärt hat, dass seine hilfsweise gestellten Anträge, wie in der ersten Instanz, nur unter der Voraussetzung, dass das Gericht eine Einbeziehung nach § 96 SGG vornehme, gelten, stellt dies eine bei Prozesserklärungen allgemein nicht zulässige Bedingung dar. Bei der sog. innerprozessualen (zulässigen) Bedingung handelt es sich um einen „innerprozessualen Vorgang“, der auch in einer bestimmten Entscheidung des Gerichts bestehen kann (BGH, Urteil vom 10. November 1983 - VII ZR 72/83 -, Rn. 20, juris). Dies ist typischerweise die Abweisung eines Hauptantrags, nicht eine weitere Bedingung hinsichtlich der Rechtsgrundlage der Abweisung. Mit seinem Vorgehen beabsichtigt der Kläger aber eine bedingte Klageänderung für den Fall, dass der Senat eine bestimmte Rechtsauffassung vertritt. Ein Prozessrechtsverhältnis, wie die Klageerhebung oder hier die Klageänderung, kann aber nicht bedingt begründet werden. Aber selbst unter der Annahme einer innerprozessualen Bedingung (Hilfsantrag) ist ein solcher Antrag ausdrücklich nicht gestellt worden. Vielmehr hat der Klägerbevollmächtigte lediglich seine Rechtsansicht erklärt, ohne die Bedingung in die Antragstellung einfließen zu lassen.

Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht auch nicht eine anderweitige Rechtshängigkeit durch die am 13.10.2016 unter dem Az.: S 53 SO 552/16 erhobenen Klage zum SG entgegen. Denn dort wurde kein Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit gestellt, sondern allgemein Anfechtungsklage gegen die Befristung erhoben. Wie auch bei § 96 SGG entscheidet das LSG dann ggf. über eine Klage (Wehrhahn in: Breitkreuz/Fichte, § 99, Rn. 19).

c) Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist der Bescheid vom 30.03.2017, der von der Klageänderung mit umfasst war. Insoweit würde es zur Entscheidung an der Durchführung des Widerspruchsverfahrens (Vorverfahren) als Klagevoraussetzungen fehlen; dieser Gegenstand wurde daher abgetrennt und wird unter dem Aktenzeichen L 8 SO 117/17 weitergeführt. d) Ohne Zweifel ist aber der Bescheid vom 05.03.2015 nach § 96 SGG Gegenstand des bereits seit 08.09.2014 anhängigen Klageverfahrens geworden, der Pflegegeld bewilligt hat (Anpassung für die Zeit 01.01.2015 bis 31.03.2015). e) Gegenstand des Verfahrens ist gemäß der Antragstellung und entsprechenden Regelung der Beklagten nur der Teil der gesamten Regelung, der die Nebenbestimmung (Befristung) betrifft. Es handelt sich hier um einen teilbaren Gegenstand, der gesondert angefochten werden kann, ohne dass dadurch die gesamte Regelung zu Fall kommt. Hierzu ist festzustellen, dass die Beklagte mit den Bescheiden vom 19.03.2014, 23.03.2015 und 21.03.2016 - jeweils drei Regelungskomplexe vorgenommen hat: eine Grundlagenentscheidung für Grund- und Bereitschaftspflege, die Kürzung des Pflegegelds auf monatlich 128 EUR bzw. 134,80 EUR und eine Zusage auf konkrete Leistungen bei der Inanspruchnahme der gewählten Versorgungsform. In den Bescheiden finden sich dann entsprechende Hinweise. Dort erfolgte eine Zustimmung zur Versorgung durch Laienhelfer, die nach Stundensätzen bezahlt werden und an die besondere Bedingungen gestellt werden. Weiter wird die Abrechnung in Form monatlich vorzulegender Formblätter vorgeschrieben. Selbstständige Honorarkräfte bedürfen der vorherigen Genehmigung. Sofern eine Veränderung der Versorgungsform vorgenommen wird, ist eine rechtzeitige Information erforderlich. Denn nur so könne sichergestellt werden, dass die notwendigen Aufwendungen im Rahmen der Sozialhilfe übernommen werden könnten. Diese Regelungen gelten für sich auch über einen begrenzten Zeitraum, wenn eine Entscheidung nur über die Nebenbestimmung der Befristung erfolgt.

3. Klageart

Der Klageanspruch ist nur noch in der Rechtsschutzform der Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.

Richtige Klageart war zunächst eine Anfechtungsklage als isolierte Anfechtung der Nebenbestimmung. Die Beklagte hat nach Auslegung ihres Handelns durch den Senat (§§ 123 SGG, 133, 157 BGB) keine (ablehnende) Regelung für den Zeitraum ab dem 01.04.2015 bzw. die jeweiligen Folgeperioden getroffen, so dass nicht die Klageart der kombinierten Anfechtungsklage- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geboten ist. Die Beklagte hat die Wirkung ihrer bisherigen Regelung vom 19.03.2014 mit dem weiteren Bescheid vom 23.03.2015 auf den Zeitraum bis zum 31.03.2016 begrenzt, ohne aber damit für die Folgezeit an eine Ablehnung vorgenommen zu haben. Gleiches gilt für den Zeitraum bis zum 31.03.2017. Der Senat kann nicht feststellen, dass mit den involvierten Bescheiden der weitergehend erhobene Anspruch auf eine zeitlich nicht beschränkte Bewilligung abgelehnt worden ist (so aber bei Zeitrenten in der gesetzlichen Rentenversicherung, BSG SozR 3 - 2600 § 101 Nr. 2 m.w.N. (KassKomm/Kater SGB VI § 102 Rn. 11 bis 15, beck-online). Die Beklagte hat zwar ein uneingeschränktes Recht auf Leistungen der Pflege, das als Sozialleistung mit Vorliegen seiner Voraussetzungen entstanden ist (vgl. §§ 38, 40 SGB I), festgestellt, aber durch das Fristende begrenzt und eine (weitergehende) Regelung unterlassen. Der jeweilige Folgezeitraum war nicht vom Regelungswillen der Beklagten umfasst, so dass auch durch die Folgebescheide vom 23.03.2015 und 21.03.2016 keine Abänderung oder Ersetzung im Sinne von § 96 SGG erfolgt ist.

Eine Gestaltung des Inhalts, dass die Nebenbestimmung aufgehoben wird, führt damit auch nicht zur Herstellung eines zeitlich unbegrenzten Anspruchs, weil die Beklagte einen solchen - auch wenn das Recht auf Pflegeleistungen bereits mit Vorliegen seiner Voraussetzungen entsteht (§§ 38,40 SGB I) - nicht festgestellt hat. Durch die Art der Gestaltung durch die Beklagte endet die Wirkung der Befristung mit deren tatsächlichem zeitlichen Ablauf. Es ist demzufolge die Erledigung der Verwaltungsregelung (nicht des prozessualen Rechtsverhältnisses) eingetreten.

Bei einer Regelung für einen bestimmten Zeitraum verliert ein Verwaltungsakt nach Ablauf der Frist bzw. des geregelten Zeitraums seine Wirksamkeit, § 39 Abs. 2 SGB X. Die Bestandskraft ist von vornherein zeitlich begrenzt (Engelmann in von Wulffen/Schütze SGB X § 32 Rn. 14b). Nach Ablauf der Frist kommt eine Aufhebung nicht (mehr) in Betracht. Das eingeleitete (§ 18 SGB X) Verwaltungsverfahren endet (§ 8 SGB X) mit Erlass eines Bewilligungsbescheides auch dann, wenn nur eine befristete Bewilligung ergangen ist (Burkiczak in jurisPK-SGB X § 32 Rn. 35). Die Befristung betrifft den zeitlichen Geltungsbereich der Rechtswirkungen des Verwaltungsakts (Burkiczak in jurisPK-SGB X § 32 Rn. 30). Dies nimmt die Rechtsprechung insbesondere für den Bereich der Grundsicherung an. Besonders gilt dies aber nach dem Erlass von Bescheiden für Folgezeiträume hinsichtlich der vorangegangenen Regelungen. Ist ein neuer Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt worden, so hat sich der angefochtene Bescheid für die von einem auf diesen Antrag ergangenen neuen Bescheid erfasste Zeit erledigt (Urteil des BSG vom 11.12.2007 (Az.: B 8 SO 12/06 R SozR 4-3500 § 21 Nr. 1 Rn. 8 f. m.w.N.; BSG vom 02.02.2010 - B 8 SO 21/08 R - juris Rn. 9, (Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 17 SGB XII).

Das bedeutet, dass sich alle involvierten Bescheide, der Bescheid vom 19.03.2014 mit Ablauf des 31.03.2015, der Bescheid vom 23.03.2015 mit Ablauf des 31.03.2016 und der Bescheid vom 21.03.2016 mit Ablauf des 31.03.2017 erledigt haben. Denn mit Erlass des Bescheides vom 31.03.2017 ist die Wirkung der vorangegangenen Verwaltungsentscheidung bis zum 31.03.2017 entfallen. Die angefochtene Regelung der Befristung, die Nebenbestimmung, entfaltet damit rechtlich und tatsächlich keine Wirkung mehr; sie hat sich erledigt. Eine Anfechtungsklage ist damit unzulässig geworden, weil die Beschwer entfallen und keine nachteilige Wirkung für die Zukunft zu erwarten ist (vgl. Lüdtke/Berchtold, Sozialgerichtsgesetz, 5. Auflage 2017, § 131 SGG, Rn. 10). Anstelle der ansonsten gebotenen Rücknahme der Klage ist hier der geänderte Klageantrag auf eine Feststellung zulässig. Der Antrag kann auch hilfsweise neben dem Verpflichtungsantrag gestellt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn erst die Entscheidung über den Hauptantrag Klarheit über den Eintritt der Erledigung schafft (Lüdtke/Berchtold, Sozialgerichtsgesetz, SGG § 131 Rn. 15, beck-online). Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse als Sonderform des Rechtsschutzbedürfnisses setzt voraus, dass dem angestrebten gerichtlichen Ausspruch über die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Bedeutung zukommt (Lüdtke/ Berchtold, Sozialgerichtsgesetz, SGG § 131 Rn. 16, beck-online). Hier besteht die Gefahr, dass ein gleichartiger Verwaltungsakt erneut ergehen kann. Denn bislang hat die Beklagte bereits über vier Bewilligungsperioden eine Befristung vorgenommen und bekundet, diese Verwaltungspraxis beibehalten zu wollen.

B.

1. Die Berufung der Beklagten hat zum Teil Erfolg. Deren Rechte wurden verletzt, soweit das SG in Ziffer 1 seines Urteiles die Nebenbestimmung (Befristung bis zum 31.03.2015) im Bescheid vom 19.03.2014 aufgehoben hat. Zum Zeitpunkt des Urteilserlasses am 02.07.2015 erfolgte eine Gestaltung (Kassation) des Rechtsverhältnisses durch das SG, obwohl diese bereits durch die Beklagte geschehen ist, als durch Zeitablauf der von der Beklagten selbst geregelten Befristung durch diese Nebenbestimmung keine Regelungswirkung mehr vorhanden gewesen war. Im Übrigen war die Berufung der Beklagten, soweit es den Antrag der Abweisung der Klage betrifft, zurückzuweisen. Denn der Hilfsantrag des Klägers hatte Erfolg.

2. Die Berufung des Klägers hat in den gestellt Hilfsanträgen Erfolg. Hinsichtlich des Bescheides vom 19.03.2014 erfolgte im Berufungsverfahren keine Anfechtung der Nebenbestimmung, weil insoweit die Aufhebung der Befristung schon durch das SG erfolgt ist. Die Berufung des Klägers war im Übrigen im Hauptantrag, gerichtet auf Aufhebung der Nebenbestimmungen der weiteren Verwaltungsakte vom 31.03.2016 und 31.03.2017, zurückzuweisen. Denn insoweit ist eine Erledigung der Regelungswirkung mit Ablauf der jeweiligen Befristungszeiträume bis schließlich zum 31.03.2017 eingetreten (siehe dazu oben).

Mit seinen Hilfsanträgen dringt der Kläger durch. Es ist festzustellen, dass die jeweilige Befristung in den Bescheiden vom 19.03.2014, 23.03.2015 und 21.03.2016 rechtswidrig war. Eine solche ist in allen 3 Regelungsfeldern (unter a bis c) entweder unzulässig oder nicht rechtmäßig erfolgt.

a) Eine Befristung der Grundlagenbescheide auf Hilfe zur Pflege ist nicht zulässig. Hierzu besteht weder eine spezialgesetzliche Befugnis (vgl. § 37 SGB I) noch eine Rechtsgrundlage aufgrund des allgemeinen Verfahrensrechts.

(aa) Die allgemeinen Regelungen des SGB XII über den sozialhilferechtlichen Anspruch (§ 17 ff. SGB XII) enthalten keine Regelungen über die Dauer von Bewilligungen. Die besonderen Vorschriften über die Grundsicherung (§ 44 SGB XII) gelten nicht für das 7. Kapitel über die Hilfe zur Pflege. Allgemeine Grundsätze des Sozialhilferechts rechtfertigen keine Leistungseinschränkungen (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zu normativen Strukturprinzipen Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R -, BSGE 104, 213-219, SozR 4-1300 § 44 Nr. 20, Rn. 11).

Eine unmittelbare Verweisung auf Verfahrensvorschriften der gesetzlichen Pflegeversicherung berechtigt ebenfalls nicht zu einer Befristung des Hilfeanspruchs zur Pflege dem Grunde nach. § 61 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 6 SGB XII in der hier anzuwendenden Fassung vom 28.05.2008 ordnet lediglich die entsprechende Anwendung einzeln aufgeführter Regelungen des Pflegeversicherungsrechts im Rahmen der Hilfe zur Pflege zur Bestimmung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit, des Inhalts der Pflegeleistung, der Unterkunft und Verpflegung sowie zur Abgrenzung, Höhe und Anpassung der Pflegegelder an. Hierdurch soll eine Auseinanderentwicklung der beiden Rechtsgebiete im Bereich der Pflege und damit eine übermäßige Ausdehnung der Auffang- und Garantiefunktion der sozialhilferechtlichen Pflegehilfe verhindert werden. Die Befristung ist eine Verfahrensregelung, die nicht den Inhalt der Pflegeleistung oder dem Begriff der Pflegebedürftigkeit betrifft. Eine entsprechende Anwendung aufgrund der gemeinsamen Zielrichtung und um einer Auseinanderentwicklung der beiden Rechtsgebiete entgegenzuwirken ist nicht angezeigt. Dies würde der Wertung des Gesetzgebers in § 31 Abs. 1 SGB I zuwiderlaufen, wonach Einschränkungen in soziale Rechte einer gesetzlichen Ermächtigung auch bei Nebenbestimmungen bedürfen. Der Verweis nach den § 61 SGB XII beschränkt die Übertragbarkeit ausdrücklich, weil die weiteren Regelungen des Pflegeversicherungsrechts mit den Grundsätzen des Sozialhilferechts (Bedarfsdeckungsprinzip, Auffang- und Garantiefunktion; vgl. Rn. 9) nicht zu vereinbaren sind (Rasch in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 51. UPD 01/2017, § 61 Leistungsberechtigte und Leistungen).

Im Übrigen wären die Voraussetzungen einer Befristung nach § 33 SGB XI nicht gegeben. Danach können zwar die Zuordnung einer Pflegestufe, die Anerkennung als Härtefall und die Bewilligung von Leistungen befristet werden (§ 33 Abs. 1 Satz 4 SGB XI). Voraussetzung ist aber, dass eine Verringerung des Hilfebedarfs zu erwarten ist (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB XI). Befristungen können auch wiederholt nur bis zu einer Gesamtdauer von drei Jahren erfolgen. Die Bewilligung von Leistungen auf unbestimmte Zeit ist der Regelfall der gesetzlichen Pflegeversicherung. Eine auflösende Befristung der Leistungen kommt demgegenüber gem. § 33 Abs. 1 Satz 5 SGB XI nur in Betracht, wenn und soweit eine Verringerung des Hilfebedarfs zu erwarten ist. Daher hat der MDK - oder der durch die Pflegekasse beauftragte Gutachter - im Rahmen der Begutachtung gem. § 18 Abs. 6 SGB XI zunächst eine Prognose darüber abzugeben, ob und inwieweit eine Verringerung des Hilfebedarfs - unter Einbeziehung rehabilitationsmedizinischer Maßnahmen - zu erwarten ist, bei positivem Befund diesen explizit festzustellen und eine Empfehlung für eine Wiederholungsbegutachtung abzugeben. Die bloße Möglichkeit einer Verbesserung des Gesundheitszustandes genügt nicht für eine Befristung. Die Pflegekasse hat in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 1 SGB X) darüber zu entscheiden, ob der Bewilligung eine Befristung als Nebenbestimmung beizufügen ist. Erfolgt eine Befristung, obschon mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die Pflegebedürftigkeit stagnieren oder zunehmen wird, ist die Befristung ermessensfehlerhaft. (Trésoret in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 33 SGB XI, Rn. 63). § 33 Abs. 1 Sätze 4 bis 8 SGB XI hat nach Wortlaut („… und enden mit Ablauf der Frist.“) und Gesetzesbegründung ersichtlich nur die auflösende Befristung zum Gegenstand. Insoweit ist die Norm als lex specialis anzusehen, die die Tatbestandsmerkmale von § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X teilweise konkretisiert, teilweise modifiziert. So wird das Erfordernis pflichtgemäßen Ermessens der allgemeineren Regelung dahingehend konkretisiert, dass dies insbesondere zur Befristung führt, wenn und soweit eine Verringerung des Hilfebedarfs nach Einschätzung des MDK oder des durch die Pflegekassen bestellten Gutachters zu erwarten ist (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 5 SGB XI). Zum anderen modifiziert die speziellere Regelung den sonst gültigen Grundsatz, dass die Behörde nach Ablauf der Befristung nicht verpflichtet ist, das Verwaltungsverfahren wieder aufzunehmen und eine erneute Bewilligung zu prüfen durch die von Amts wegen bestehende Überprüfungspflicht gem. § 33 Abs. 1 Satz 8 SGB XI (Juris Praxiskommentar, a.a.O. Rn. 62).

Beim Kläger hat der MDK keine Besserungstendenz aufgezeichnet. Schon vor 15 Jahren wurde eine solche verneint und nach Überprüfung nicht für erforderlich gehalten. Schließlich wären die Grenzen des Ermessens auch schon weit überschritten (Befristung auf maximal 3 Jahre). Die Beklagte hat im Übrigen keinerlei Ermessen ausgeübt (weder in der Verlautbarung noch in der Begründung); es würde auch nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten zur Ermessensausübung führen (siehe dazu später).

bb) Auch das allgemeine Verwaltungsrecht bietet hier in § 32 Abs. 1, 2. Alternative SGB X keine Befugnis. Diese Vorschrift gilt gemeinhin nur bei Fehlen unwesentlicher, untergeordneter Tatbestandsvoraussetzungen. In Fällen der Leistungsbewilligung stellen sich die Nebenbestimmungen dann nicht als Leistungsbeschränkungen, sondern als Leistungsermöglichungen dar und sind eine anwendungsorientierte Umsetzung der Verpflichtung gem. § 2 Abs. 2 HS 2 SGB I, wonach sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden (Siewert/Dirk Waschull, Sozialgesetzbuch X, 4. Auflage 2016, § 32 Rn. 3, BSGE 113, 291; 89, 62).

Ein Verwaltungsakt kann - nach allerdings bestrittener Auffassung - mit einer Nebenbestimmung auch versehen werden, um den künftigen Fortbestand seiner gesetzlichen Voraussetzungen sicherzustellen, etwa wenn die Erfüllung einer Tatbestandsvoraussetzung ein fortgesetztes Handeln des Adressaten verlangt. Dies kommt bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung jedenfalls dann in Betracht, wenn entweder aufgrund der Eigenart des Verwaltungsaktes typischerweise damit zu rechnen ist, dass dessen Voraussetzungen nach einer gewissen Zeit wieder entfallen können, oder wenn im konkreten Einzelfall greifbare Anhaltspunkte befürchten lassen, dass die Voraussetzungen möglicherweise wieder wegfallen könnten (Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 32 SGB X, Rn. 87). Derartige Aspekte sind hier nicht ersichtlich. Änderungen in der Hilfebedürftigkeit oder im Pflegegrad sind beim Kläger nicht zu erwarten.

Ungeachtet der Unzulässigkeit einer Befristung im Grundlagenbescheid würde es im Übrigen an einer gehörigen Ermessensausübung fehlen (dazu später).

Auch die Bewilligung als vorläufige Leistung rechtfertigt keine Befristung. Nur die Höhe der vorläufigen Leistungen steht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB I bei der Pflichtleistung auf Antrag im Ermessen des Leistungsträgers. Einen Handlungsspielraum hat der Sozialleistungsträger dabei nur hinsichtlich der Höhe der Leistung. Eine Ermächtigung zum Erlass von Nebenbestimmungen enthält § 43 Abs. 1 SGB I nicht. Die vorläufige Leistung darf nämlich nur gewährt werden dürfen, wenn lediglich die Frage der Zuständigkeit unklar ist und das Vorliegen des Anspruches dem Grunde nach unstreitig ist (Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 43 SGB I, Rn. 37). Im Übrigen fehlt es angesichts der getroffenen Regelung hier (wie auch schon oben angeführt) an einer hinreichenden Ausübung des Ermessens nach der äußeren Form und der Begründung.

Wegen der bereits eingetretenen Erledigung der angefochtenen Nebenbestimmungen wäre im Übrigen eine Verpflichtung der Beklagten zur gehörigen Ermessensausübung (vgl. § 131 Abs. 3 SGG) nicht angezeigt und ist auch von keinem Beteiligten beantragt worden.

b) Für die vorgenommene Regelung des Pflegegeldes ist eine Nebenbestimmung zulässig.

aa) Der Anspruch auf Pflegegeld ist in der Sozialhilfe eigenständig in § 64 SGB XII geregelt. Dies gilt insbesondere für die Kürzungen. Nach § 66 SGB XII in der bis 2016 geltenden Fassung kann das Pflegegeld um bis zu zwei Drittel gekürzt werden, wenn Leistungen nach § 65 Abs. 1 SGB XII oder gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erbracht werden (§ 66 Abs. 2 S. 2 SGB XII). Bei teilstationärer Betreuung von Pflegebedürftigen oder einer vergleichbaren nicht nach diesem Buch durchgeführten Maßnahme kann das Pflegegeld nach § 64 SGB XII angemessen gekürzt werden (§ 66 Abs. 3 SGB XII in der Fassung vom 27.12.2003).

bb) Eine Kürzung steht im pflichtgemäßen Ermessen (§ 39 SGB I) des Sozialhilfeträgers (Rasch in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 51. UPD 01/2017, § 66 Leistungskonkurrenz Rn. 2). Gem. § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X stehen damit Nebenbestimmungen und damit auch Befristungen in der Gestaltungsmacht des Leistungsträgers. Es darf ein Verwaltungsakt mit einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung) nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden. Damit besteht die Möglichkeit einer Befristung auf ein Jahr, was auch sinnvoll sein kann, weil es sich bei der Kürzung um eine Belastung handelt. Im Interesse des Klägers stünde aber ihr eine noch kürzere Befristung der Kürzung, wenn er schon nicht gegen insgesamt dieselbe vorgeht.

cc) Von dieser Gestaltungsmacht hat die Beklagte aber nicht rechtmäßig Gebrauch gemacht. Auch bei gebundenen Verwaltungsakten - wie der Bewilligung von Pflegegeld schlechthin - steht der Erlass einer Nebenbestimmung - sofern nicht speziellere Regelungen etwas anderes anordnen - im Ermessen der Behörde. Erst recht gilt dies bei der Zuweisung von Ermessen an die Verwaltung bei Kürzungen. Dieses Ermessen umfasst das Entschließungsermessen ebenso wie das Auswahlermessen (Burkiczak in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB X, § 32 SGB X, Rn. 77).

Gerichte dürfen die Ermessensbetätigung der Verwaltung nur darauf überprüfen, ob und inwieweit Ermessensfehler vorliegen. Der Senat darf nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltungsbehörde setzen (§ 54 Abs. 2 SGG, § 39 Abs. 1 SGB I). Die Gerichte dürfen deshalb grundsätzlich nur kontrollieren, ob die Verwaltung ihrer Pflicht zur Ermessensausübung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden und ob eine nach dem Gesetz nicht vorgesehene Rechtsfolge angenommen wurde (Ermessensüberschreitung) oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 31 SGB X, Rn. 82).

Der Senat sieht aber in dem gesamten Verhalten der Beklagten sowie den Verlautbarungen im Bescheid zu der umstrittenen Nebenbestimmung keine Ermessensausübung - wenn auch zur Kürzung selbst Ermessen ausgeübt wurde -, zumal diese in diesem Kontext keinen sprachlichen Ausdruck finden. Die Beklagte begründet die vorgenommene Begrenzung auf ein Jahr nicht mit einer ermessensrelevanten Abwägung. Sie gibt auch an keiner Stelle ihres Bescheides zu erkennen, dass sie sich des eingeräumten Ermessens bewusst ist und solches ausüben will. Es liegt ein klarer Fall des Ermessensnichtgebrauch vor. Insoweit ist der Verwaltungsakt über die Nebenbestimmung rechtswidrig, auch was das Fehlen einer Begründung betrifft. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Eine Nachholung ist wegen Ermessensfehlgebrauch nicht möglich. § 42 Abs. 2 SGB X betrifft nur Fälle, in denen die Begründung nicht essenzieller Bestandteil des Verwaltungsaktes ist. Der Verwaltungsakt (Nebenbestimmung) ist materiell infolge der unzureichenden Ermessensausübung wegen Verstoßes gegen § 39 SGB I rechtswidrig (Schneider-Danwitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 41 SGB X, Rn. 21).

dd) Prozessual zulässige Klageart bei Ermessensentscheidungen ist die Verpflichtungsbescheidungsklage, nicht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (wie bei Bewilligung einer bestimmten Anspruchsleistung). Die Verpflichtungsklage zielt auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (Bescheidungsurteil nach § 131 Abs. 3 SGG, vgl. Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 31 SGB X, Rn. 93). Das würde aber voraussetzen, dass überhaupt noch eine Nebenbestimmung erfolgen könnte. Wie aber bereits oben festgestellt, besteht nurmehr ein Rechtsschutzbedürfnis auf eine Klage mit dem Ziel der Fortsetzungsfeststellung. Denn die Befristungen hatten sich bereits erledigt. Somit verbleibt es bei dem bloßen Anspruch auf Feststellung, dass die Befristung der Kürzung des Pflegegeldes rechtswidrig gewesen ist.

c) Auch die erfolgten Regelungen im Sinne einer Zusicherung der gewählten Versorgungsform sind einer Befristung zugänglich.

aa) Das Regelungswerk der Beklagten in den involvierten Bewilligungsbescheiden umfasst - wie oben bereits unter 2 e) festgestellt eine Zusage auf konkrete Leistungen bei der Inanspruchnahme der gewählten Versorgungsform. Es wird als Hinweis formuliert und enthält Zustimmungen und Verfahrensregeln zur Leistungserfüllung, zum Beispiel bei Inanspruchnahme von Laienhelfern oder Honorarkräften.

Daher trifft die Argumentation der Beklagten zu, dass es sich um Zusicherungen handle. Insoweit stellen die vielen Hinweise zur Zahlung und Versorgungsform eine eigene Regelung dar und enthalten mehr als einen bloßen Grundlagenbescheid. Sie knüpfen an zukünftige Sachverhalte an und bringen zum Ausdruck, dass bei Weiterbestehen der Voraussetzungen die entsprechenden Zahlungen erfolgen werden. Sie dienen damit dem Zweck der Sicherstellung der Erfüllung der Pflegehilfeansprüche. Es handelt sich um keine Leistung im für die Pflegeversicherung untypischen Kostenerstattungsverfahren, aber auch nicht um eine klassische Sachleistung. Vielmehr wird der Leistungserbringer mit einbezogen, aber die Erfüllung dennoch durch den Leistungsberechtigten (wenn auch über einen Selbsthilfeverein) bewerkstelligt.

bb) Die typischen Merkmale einer im Ermessen stehenden Zusicherung nach § 34 SGB X sind gegeben: eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung). Die Schriftform ist gewahrt. Insbesondere wird auch dem Anliegen der Beklagten Rechnung getragen, Änderungen berücksichtigen zu können. Denn nach § 34 Abs. 3 SGB X ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden, wenn sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen.

cc) § 34 SGB X enthält aber keine Rechtsgrundlage für eine Zusicherung. Es handelt sich vielmehr um Art und Maß der Leistungserbringung des Anspruch auf Hilfe zur Pflege (§ 61 SG XII). Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB XII entscheidet der Leistungsträger über Art und Maß der Leistungserbringung nach pflichtgemäßem Ermessen, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen ist. Die Vorschrift hat nicht nur deklaratorische Bedeutung, sondern eröffnet - einer vor die Klammer gesetzten allgemeinen Regelung vergleichbar - dem Sozialhilfeträger auch bei einer gebundenen Entscheidung über eine Leistung ein Auswahlermessen darüber, wie die Leistung zu erbringen ist, ohne dass dies ausdrücklich angeordnet sein muss. Es handelt sich damit sowohl hinsichtlich der Zusage wie auch der Auswahl um eine Ermessensentscheidung, bei der die Hinzufügung einer Nebenbestimmung gemäß § 32 Abs. 2 SGB X möglich ist.

dd) Von dieser Gestaltungsmacht hat die Beklagte aber - wie oben schon in den Ausführungen zur Kürzung des Pflegegeldes festgestellt - nicht rechtmäßig Gebrauch gemacht. Der Senat vermag in Auslegung des Verhaltens und der Bescheidurkunde der Beklagten keine Ermessensausübung, geschweige denn das Wissen hiervon, zu erkennen. In dem gesamten Verhalten der Beklagten sowie den Verlautbarungen im Bescheid findet sich keine Ermessensausübung. Auch hier begründet die Beklagte die vorgenommene Begrenzung auf ein Jahr nicht mit einer ermessensrelevanten Abwägung.

ee) Prozessual gilt das oben unter B 2 b) dd) Ausgeführte. Darauf wird voll Bezug genommen

C.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG. Sie ist als einheitliche Entscheidung zu treffen. Der Kläger ist mit seinem Bestreben, eine Gestaltung zu erreichen, unterlegen. Er hat ein „Weniger“ bekommen (Feststellung der Rechtswidrigkeit). Ihm sind zwei Drittel seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

D.

Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor. Zur Frage der Befristung existiert genügend Rechtsprechung und Literatur. Die Probleme lagen hier in der Tatsachenfeststellung der getroffenen Entscheidungen. Sie erschöpfen sich nach Erkenntnis der tatsächlich getroffenen Regelungen in der bloßen Subsumtion unter die Vorschrift des § 34 SGB X. Allein die Komplexität und die durch oberflächige Sachbehandlung aufgetretenen Schwierigkeiten führen nicht zu einer grundsätzlichen Bedeutung.

Tatbestand

1

Mit Urteil vom 25.3.2009 hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf "Regelaltersrente ab 1.7.1997 unter Berücksichtigung der Zeit von August 1941 bis Februar 1943 als Beitragszeit nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) und von Verfolgungszeiten als Ersatzzeiten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen" verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin am 28.5.2009 Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) erhoben. In ihrer Beschwerdebegründung vom 7.7.2009 hat sie die Abweichung (Divergenz) iS des § 160 Abs 2 Nr 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von Entscheidungen des Senats vom 2.6.2009 (B 13 R 81/08 R, B 13 R 85/08 R und B 13 R 139/08 R) und des 5. Senats des BSG vom 3.6.2009 (B 5 R 26/08 R und B 5 R 66/08 R) in Bezug auf die Auslegung und Anwendung des Tatbestandsmerkmals "aus eigenem Willensentschluss" (§ 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1a ZRBG) und "gegen Entgelt" (§ 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1b ZRBG) geltend gemacht.

3

Mit Schriftsatz vom 2.9.2009 hat die Beklagte erwidert, die Klägerin habe die gerügte Divergenz nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Im Übrigen fühle sie sich nicht mehr an die von ihr unterbreiteten Vergleichsangebote vom 15.6.2009 (gemeint wohl: 29.6.2009) und 10.8.2009 gebunden, nachdem die Klägerin diese abgelehnt habe.

4

Mit Schriftsätzen vom 10.11.2009 und 21.1.2010 hat die Beklagte sich im Rahmen eines von ihr formulierten Vergleichsvorschlags "unter Berücksichtigung der geänderten Rechtsprechung des BSG vom 2.6. und 3.6.2009" bereit erklärt, eine Beitragszeit nach dem ZRBG vom 1.12.1941 bis 30.11.1942 sowie Ersatzzeiten wegen Verfolgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anzuerkennen und hieraus an die Klägerin eine Regelaltersrente ab 1.7.1997 zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 16.2.2010 hat die Klägerin sich hiermit einverstanden erklärt und deshalb den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

5

Sie beantragt,

        

über die Kosten durch Beschluss zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

6

Die Beklagte hat der Klägerin neun Zehntel ihrer Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten.

7

Nach § 193 Abs 1 Satz 3 SGG entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Nachdem die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, ist der Rechtsstreit, auch im Beschwerdeverfahren, in der Hauptsache erledigt. Da infolgedessen die in den Vorinstanzen ergangenen Urteile wirkungslos geworden sind, betrifft die Kostenentscheidung die Kosten des gesamten Verfahrens, also die des Widerspruchs-, Klage-, Berufungs- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 941) .

8

Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten bei Erledigung des Verfahrens ohne Urteil einander Kosten zu erstatten haben, erfolgt nach sachgemäßem bzw billigem Ermessen. Dabei steht grundsätzlich der nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beurteilende Verfahrenserfolg im Vordergrund (vgl BSG vom 16.5.2007 - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 5; BSG vom 7.9.1998 - SozR 3-1500 § 193 Nr 10 S 26 f; BSG vom 24.5.1991 - SozR 3-1500 § 193 Nr 2 S 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Komm, 9. Aufl 2008, § 193 RdNr 13; Kummer aaO, RdNr 946).

9

Maßstab für die vom Senat zu treffende Kostenentscheidung und die Beurteilung des Erfolgs des Verfahrens zum Zeitpunkt seiner Erledigung ist vorliegend das in der Hauptsache verfolgte Begehren der Klägerin, ihr Regelaltersrente ab 1.7.1997 unter Berücksichtigung der Zeit von August 1941 bis Februar 1943 als Beitragszeit nach dem ZRBG und von Verfolgungszeiten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Insoweit hat die Klägerin ganz überwiegend obsiegt, indem die Beklagte sich bereit erklärt hat, eine Beitragszeit nach dem ZRBG von Dezember 1941 bis November 1942 sowie Ersatzzeiten wegen Verfolgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anzuerkennen und hieraus an die Klägerin eine Regelaltersrente ab 1.7.1997 zu zahlen. Daher erscheint es dem Senat angemessen, die Beklagte zur Erstattung von neun Zehnteln der der Klägerin entstandenen Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu verpflichten.

Tenor

Die Beteiligten haben einander für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht keine Kosten zu erstatten.

Der Antrag des Klägers, dem Beklagten die Kosten des Klage- und des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, wird als unzulässig verworfen.

Gründe

1

Wird ein Verfahren anders als durch Urteil beendet, entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben (§ 193 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 24.8.2010 - L 3 AS 397/09 - in einem Rechtsstreit um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch durch die Zurücknahme der Klage im Laufe des Beschwerdeverfahrens erledigt und der Kläger beantragt hat, dem Beklagten die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen (vgl zur Zulässigkeit einer Klagerücknahme im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde: BSG vom 27.9.1983 - 8 BK 16/82 - SozR 1500 § 102 Nr 5).

2

Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten bei Erledigung des Verfahrens ohne Urteil einander Kosten zu erstatten haben, erfolgt nach sachgemäßem bzw billigem Ermessen. Dabei steht grundsätzlich der nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beurteilende Verfahrenserfolg im Vordergrund, aber auch die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung des Rechtsstreits können zu berücksichtigen sein (vgl BSG vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4; BSG vom 7.9.1998 - B 2 U 10/98 R - SozR 3-1500 § 193 Nr 10; BSG vom 24.5.1991 - 7 RAr 2/91 - SozR 3-1500 § 193 Nr 2; zuletzt BSG vom 1.4.2010 - B 13 R 233/09 B - Juris RdNr 8).

3

Nach diesen Voraussetzungen hat der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung seiner Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, weil die Beschwerde aufgrund der zwischenzeitlichen Klagerücknahme des Klägers erfolglos war und keine Gründe zu erkennen sind, um dem Beklagten zB aufgrund des Veranlassungsprinzips (vgl BSG vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 5; BSG vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R - SozR 4-1500 § 193 Nr 6 RdNr 37) die Kosten des Klägers aufzuerlegen.

4

Die Aufwendungen des beklagten Jobcenters sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig (§ 193 Abs 4 SGG).

5

Soweit der Kläger beantragt hat, dem Beklagten die Kosten des Klage- und des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, ist der Antrag unzulässig.

6

Zwar ist der Rechtsstreit - beschränkt auf die Frage der Kostenerstattung - nur noch vor dem Bundessozialgericht (BSG) anhängig, daraus alleine folgt jedoch ausgehend von einem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde keine Kompetenz zu einer Kostenentscheidung über alle Instanzen hinweg, selbst wenn - vordergründig - Gesichtspunkte der Prozessökonomie dafür sprechen sollten (vgl Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom 9.2.1999 - 11 ZE 98.3358).

7

Eine Nichtzulassungsbeschwerde hemmt zwar die Rechtskraft des Urteils des LSG (§ 160a Abs 3 SGG), führt aber grundsätzlich nicht zu einer Überprüfung der vorinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache, sondern nur zu der Überprüfung, ob einer der drei in § 160 Abs 2 SGG enumerativ aufgeführten Gründe für die Zulassung der Revision gegeben ist(§ 160a SGG). Sie hat folglich nur einen begrenzten Devolutiveffekt hinsichtlich der (Neben-)Entscheidung des LSG über die Zulassung der Revision (ähnlich differenzierend: Bundesverwaltungsgericht vom 18.9.1969 - VIII B 200.67 - BVerwGE 34, 40).

8

Eine Entscheidung des Revisionsgerichts über die Kosten auch des Klage- und des Berufungsverfahrens könnte mittelbar zu einer Überprüfung der Erfolgsaussichten des Verfahrens in der Hauptsache nach den oben dargestellten Kriterien führen und damit zu einer Erörterung von Fragen, deren Behandlung dem Revisionsgericht im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde gerade nicht eröffnet ist. Denn dadurch würden dem BSG im Rahmen einer Kostenentscheidung mehr Kompetenzen eingeräumt werden als in dem eigentlichen Zwischenverfahren "Nichtzulassungsbeschwerde". Gegen die Zulässigkeit einer Entscheidung des BSG über die Kosten des Klage- und des Berufungsverfahrens spricht auch, dass nach § 144 Abs 4 SGG ein Rechtsmittel alleine wegen der Kosten ausgeschlossen ist.

9

Aufgrund der vom SGG abweichenden gesetzlichen Vorgaben zur Kostenentscheidung in § 161 Verwaltungsgerichtsordnung folgt aus der gegenteiligen instanzgerichtlichen Rechtsprechung von Verwaltungsgerichten nichts anderes(Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom 9.2.1999 - 11 ZE 98.3358; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vom 24.4.1997 - 6 S 661/97; ebenso aber ohne Begründung: Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 941).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.