Bundesgerichtshof Urteil, 28. Feb. 2012 - XI ZR 9/11

bei uns veröffentlicht am28.02.2012
vorgehend
Landgericht München I, 28 O 17600/08, 22.12.2009
Oberlandesgericht München, 19 U 2004/10, 25.10.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 9/11 Verkündet am:
28. Februar 2012
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Brüssel I - VO Art. 5 Nr. 1 Buchst. b), Art. 15 Abs. 1 Buchst. c)

a) Die Vergabe von Bankkrediten ist eine Dienstleistung im Sinne des Art. 5 Nr. 1
Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO.

b) Zum Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO.
BGH, Urteil vom 28. Februar 2012 - XI ZR 9/11 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter
Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und
Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Oktober 2010 wird, soweit sie nicht durch Beschluss vom 13. Dezember 2011 verworfen worden ist, zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Bank mit Sitz in Deutschland, nimmt den beklagten Rechtsanwalt mit Wohnsitz in Frankreich auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch.
2
Die Klägerin gewährte dem Beklagten mit Vertrag vom 18. Februar/ 30. April 2002 ein Darlehen in Höhe von 51.988 €. Als Verwendungszweck wurde in dem Vertragsformular angegeben: "Das Darlehen dient als Gesellschaftereinlage in die H. GbR". Am 12. Januar 2005 unterzeichneten die Parteien einen weiteren Darlehensvertrag über 394.410,56 €, in dem als Verwendungszweck angegeben wurde: "Das Darlehen dient privaten Verwendungszwecken. Gesellschaftereinlage in die H. GbR". Mit gleichlautendem Verwendungszweck schlossen die Parteien am 27./28. Juni 2005 einen dritten Darlehensvertrag über 80.784,12 €.
3
Die Verträge wurden am Sitz der Klägerin in M. ausgefertigt und nach Übermittlung per Telefax vom Beklagten in P. , Frankreich, und von der Klägerin in M. unterzeichnet. Die Klägerin zahlte die Darlehen auf ein bei ihr unterhaltenes Konto der Rechtsanwaltssozietät H. GbR, deren internationaler Partner der Beklagte war, aus. Nach dem Ausbleiben von Tilgungs- und Zinszahlungen, die nach den vertraglichen Vereinbarungen teilweise von demselben Konto und teilweise von einem ebenfalls bei der Klägerin geführten Konto des Beklagten erfolgen sollten, kündigte die Klägerin die Darlehensverträge.
4
Die Klage auf Rückzahlung der Darlehen in Höhe von insgesamt 527.182,68 € nebst Zinsen hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Der Beklagte verfolgt mit der Revision und hinsichtlich der Ansprüche aus den Darlehensverträgen vom 12. Januar 2005 und vom 27./28. Juni 2005 vorsorglich auch mit der Nichtzulassungsbeschwerde seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Senat hat durch Beschluss vom 13. Dezember 2011 die Revision, soweit sie die Ansprüche aus den Darlehensverträgen vom 12. Januar 2005 und vom 27./28. Juni 2005 betrifft, als unzulässig verworfen und die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist, soweit sie nicht durch Beschluss vom 13. Dezember 2011 als unzulässig verworfen worden ist, unbegründet.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich für den Anspruch aus dem Darlehensvertrag vom 18. Februar/30. April 2002 anders als bei den Ansprüchen aus den im Jahre 2005 geschlossenen Darlehensverträgen nicht aus einer Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne des Art. 23 EuGVVO, sondern aus Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) EuGVVO. Die Klägerin als Darlehensgeberin habe eine Dienstleistung im Sinne des autonom und im Einklang mit dem übrigen Europarecht auszulegenden Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) EuGVVO erbracht. Der unabhängig von dem für den Vertragsanspruch geltenden Recht zu bestimmende Erfüllungsort im Sinne dieser Vorschrift befinde sich in M. , weil dort das Darlehen ausgezahlt und das Kreditkonto sowie die mit den Tilgungs- und Zinszahlungen zu belastenden Konten geführt worden seien.
8
Die Anwendung des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) EuGVVO sei nicht durch Art. 16 Abs. 2 EuGVVO ausgeschlossen, weil keine Verbrauchersache im Sinne des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO Gegenstand des Rechtsstreits sei. Die Darlehensverträge seien der beruflichen Tätigkeit des Beklagten als Rechtsanwalt in P. zuzurechnen. Die Darlehen hätten als Gesellschaftereinlage in eine Rechtsanwaltsgesellschaft verwendet werden sollen, deren internationaler Partner der Beklagte gewesen sei. Der Verbraucherbegriff des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO sei vertragsautonom und eng auszulegen. Er erfasse nur Verträge, die (fast) ausschließlich der privaten Sphäre einer Person zuzurechnen seien. § 13 BGB sei nicht maßgeblich. Der Beklagte habe die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 EuGVVO, für die er die Darlegungs- und Beweislast trage, nicht schlüssig vorgetragen.
9
Darüber hinaus seien auch die Voraussetzungen einer Verbrauchersache im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO nicht erfüllt, da dem Vortrag des Beklagten nicht zu entnehmen sei, dass der Abschluss der Darlehensverträge auf eine im Wohnsitzstaat des Beklagten ausgeübte oder auf ihn ausgerichtete Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen sei. Die Übermittlung der Vertragsunterlagen genüge dafür nicht. Die Zweigniederlassung der Klägerin in P. sei an der Darlehensgewährung nicht beteiligt gewesen.
10
Der Beklagte könne sich nicht auf die Unwirksamkeit der Darlehensverträge nach den Vorschriften des französischen Verbraucherschutzrechts berufen. Gemäß Art. 27 ff. EGBGB aF gelte das deutsche materielle Darlehensrecht.

II.

11
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
12
1. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 9 und vom 29. November 2011 - XI ZR 172/11, WM 2012, 36 Rn. 8, jeweils mwN) internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht.
13
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit hier nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001 Nr. L 12, S. 1, im Folgenden: EuGVVO) richtet, da die Klage nach deren Inkrafttreten am 1. März 2002 erhoben worden (Art. 76, 66 EuGVVO) und der sachliche und räumliche Geltungsbereich der Verordnung (Art. 1 Abs. 1 und 3 EuGVVO) im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Frankreich als Mitgliedstaaten eröffnet ist.
14
b) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht auch zu dem Ergebnis gelangt , das Landgericht M. sei nach der für die Erbringung von Dienstleistungen geltenden Regelung des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO das international und örtlich zuständige Gericht.
15
aa) Nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO kann eine Person , die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, wenn Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre; im Sinne dieser Vorschrift ist, soweit nichts anderes vereinbart worden ist, der Erfüllungsort der Verpflichtung für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen.
16
Die Darlehensgewährung der klagenden Bank an den Beklagten ist eine Dienstleistung im Sinne des gemeinschaftsrechtlich autonom auszulegenden (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, WM 2006, 980 Rn. 12) Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO.
17
(1) Die Einordnung von Bankkreditverträgen als Dienstleistungen im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO war in der Vergangenheit nicht unumstritten, wird in der Instanzrechtsprechung und der Literatur aber, anders als zur früheren Regelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ, inzwischen nahezu einhellig bejaht (OLG Naumburg, NJOZ 2003, 2672, 2679; Saenger/Dörner, ZPO, 4. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 20; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Anh. I Art. 5 EuGVVO Rn. 3; derselbe in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 90; MünchKommZPO/ Gottwald, 3. Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 24; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 69. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 9; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 8; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht , 9. Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 44; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearb. 2011, Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 50a; Looschelders, IPRax 2006, 14, 15; Mankowski, RIW 2006, 321, 323; Micklitz/Rott, EuZW 2001, 325, 328; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 10b; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 5 Rn. 9; aA zuletzt noch Hau, IPRax 2000, 354, 359 sowie ohne nähere Begründung Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., § 3 Rn. 50).
18
Dies wird zu Recht insbesondere aus der Regelung des Art. 63 Abs. 3 EuGVVO gefolgert, die mit Blick auf die sogenannte Luxemburg-Klausel in Art. 63 Abs. 1 EuGVVO eine Ausnahme von der Unanwendbarkeit des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO für Dienstleistungen statuiert. Art. 63 Abs. 1 EuGVVO bestimmt, dass eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet Luxemburgs hat und vor dem Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO verklagt wird, die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts geltend machen kann, wenn sich der Bestimmungsort der Dienstleistung in Luxemburg befindet. Art. 63 Abs. 3 EuGVVO nimmt hiervon Verträge über Finanzdienstleistungen, wie sie mit der Gewährung von Bankkrediten vorliegend in Rede stehen, ausdrücklich aus. Daran wird deutlich, dass es sich bei solchen Verträgen nach der Verordnungssystematik an sich um Schuldverhältnisse über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO handelt, da die Ausnahmeregelung andernfalls ohne sinnvollen Regelungsgehalt wäre.
19
(2) Für diese Auffassung spricht ferner, dass für die Bestimmung des verordnungsrechtlichen Begriffs der Dienstleistung die entsprechenden Begrifflichkeiten aus den Kollisionsnormen der Art. 4 Abs. 1 Buchst. b) und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a) Rom I-VO ergänzend herangezogen werden können. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sind zwar die besonderen Zuständigkeitsvorschriften im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO, die Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzes des Beklagten vorsehen (Art. 2 Abs. 1 EuGVVO), nicht ausufernd und insbesondere nicht unter Rückgriff auf den - im Interesse der Herstellung eines europäischen Binnenmarktes - sehr weit zu verstehenden Dienstleistungsbegriff des Art. 57 AEUV auszulegen (EuGH, Slg. 2009, I-03327 Rn. 33 ff. zu ex-Art. 50 EGV). Demgegenüber kann aber auf die kollisionsrechtlichen Regelungen der Rom I-VO für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der in der EuGVVO geregelten Gerichtszuständigkeiten zurückgegriffen werden, denn nach Erwägungsgrund 7 der Rom I-VO sollen deren Bestimmungen mit der EuGVVO allgemein in Einklang stehen. Gemäß Erwägungsgrund 17 soll insbesondere der Begriff "Erbringung von Dienstleistungen" wie bei Anwendung von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO ausgelegt werden (vgl. Einsele, WM 2009, 289, 291; Leible/Müller, EuZW 2009, 27, 28 und NJW 2011, 495, 497; Mankowski, JZ 2009, 958, 959 f.; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 8; Spickhoff in Bamberger/Roth, Beck´scher Onlinekommentar , BGB, VO (EG) 593/2008 Art. 6 Rn. 13 (Stand: 1. März 2011); siehe bereits Senatsurteil vom 26. Oktober 1993 - XI ZR 42/93, BGHZ 123, 380, 384 f. zum Verhältnis von Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ und Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF).
20
Der kollisionsrechtliche Dienstleistungsbegriff in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b) und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a) Rom I-VO ist grundsätzlich nicht eng zu verstehen (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1993 - XI ZR 42/93, BGHZ 123, 380, 385 und vom 19. März 1997 - VIII ZR 316/96, WM 1997, 980, 982 zu Art. 29 EGBGB aF) und schließt daher nach richtigem Verständnis jedenfalls Finanzdienstleistungen wie die Vergabe von Bankkrediten ein (vgl. Einsele, WM 2009, 189, 291; MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl., VO (EG) 593/2008 Art. 4 Rn. 17, 27; Palandt/Thorn, BGB, 71. Aufl., Rom I-VO 4 Rn. 8, 13; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht , 3. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 10b; Spickhoff in Bamberger/Roth, Beck´scher Onlinekommentar, BGB, VO (EG) 593/2008 Art. 6 Rn. 13 (Stand: 1. März 2011); im Ergebnis ebenso Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht , 9. Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 43 f.; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozess - und Kollisionsrecht, Bearb. 2011, Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 49 ff.). Im Einklang damit definiert auch die Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen (ABl. EG 2002 L 271, S. 16) in Art. 2 Buchst. b) den Begriff der Finanzdienstleistung nunmehr als "jede Bankdienstleistung sowie jede Dienstleistung im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung …" (vgl. § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB: "Fernabsatzverträge sind Verträge über die Erbrin- gung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, …"). Dies spricht im Interesse einer insoweit einheitlichen Rechtsanwendung ebenfalls dafür, die Vergabe von Bankkrediten als Erbringung einer Dienstleistung im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO aufzufassen und darunter nicht etwa nur - wie die Revision meint - die im deutschen Recht als "Dienstverträge" bezeichneten Schuldverhältnisse (§§ 611 ff. BGB) zu subsumieren (vgl. Saenger/Dörner, ZPO, 4. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 20; Einsele, WM 2009, 289, 291; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 24; Hoffmann/Primaczenko, WM 2007, 189, 192; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearb. 2011, Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 50a; Mankowski, RIW 2006, 321, 323 f.; MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl., VO (EG) 593/2008 Art. 4 Rn. 27; Micklitz/Rott, EuZW 2001, 325, 328; Spickhoff in Bamberger /Roth, Beck´scher Onlinekommentar, BGB, VO (EG) 593/2008 Art. 6 Rn. 13 (Stand: 1. März 2011); Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 5 Rn. 9).
21
(3) Soweit der Senat in Übereinstimmung mit der früher herrschenden Meinung zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ den kollisionsrechtlichen Dienstleistungsbegriff des Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF (vgl. jetzt Art. 6 Rom I-VO) nicht auf (Verbraucher-)Kreditverträge angewendet hat (Urteil vom 13. Dezember 2005 - XI ZR 82/05, BGHZ 165, 248, 253 f.; zur Gegenansicht siehe Mankowski, RIW 2006, 321 ff.; Reich, ZIP 1999, 1210, 1211; PWW/Remien, BGB, 5. Aufl., ex Art. 29 EGBGB Rn. 12), kommt diese Sichtweise aus den dargelegten Gründen - entgegen der Auffassung der Revision - für den neugeregelten Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO nicht in Betracht.
22
bb) Anders als die Revision annehmen will, bestimmt Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO nicht nur den internationalen Gerichtsstand für Klagen auf Geltendmachung der vom Dienstleister zu erbringenden Leistung , hier also der Darlehensgewährung. Vielmehr gilt der für die Dienstleistung zu ermittelnde Erfüllungsort gleichermaßen für die in der Regel auf Geld gerichtete - und von der Klägerin hier geltend gemachte - Leistung des Vertragspartners.
23
(1) Art. 5 Nr. 1 EuGVVO knüpft in Buchst. b), anders als in Buchst. a), nicht an den materiell-rechtlichen Erfüllungsort der jeweils streitigen Verpflich- tung an, sondern insgesamt an den nach faktischen Kriterien zu bestimmenden Erfüllungsort der vertragscharakteristischen Leistung. Das ergibt sich, wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, aus der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Vorschrift, einen einheitlichen Gerichtsstand für sämtliche Klagen aus dem Dienstleistungsvertrag zu schaffen (BGH, Urteile vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, WM 2006, 980 Rn. 14 f. und vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606 Rn. 17; ebenso MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 13 und 15; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 5 Rn. 10; Staudinger/Hausmann, BGB, Bearb. 2002, Anh. II zu Art. 27-37 EGBGB Rn. 68).
24
(2) Der Ort der vertragscharakteristischen Leistung im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO liegt für den streitgegenständlichen Darlehensvertrag in M. , denn nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin als die zur Dienstleistung verpflichtete Partei die charakteristische Leistung der Kredithingabe (vgl. OLG Naumburg, NJOZ 2003, 2672, 2679; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 14; Looschelders, IPRax 2006, 14; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 5 Rn. 12; ferner BGH, Urteil vom 26. September 2007 - XII ZR 90/05, NJW 2007, 3564 Rn. 11 zu Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB aF) ausschließlich dort erbracht.
25
cc) Die Auslegung des Begriffs der "Dienstleistung" in Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) 2. Spiegelstrich EuGVVO erfordert keine Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung. Dies folgt bereits daraus, dass die richtige Auslegung des Dienstleistungsbegriffs im Sinne der EuGVVO aus den genannten Gründen hier derart offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (vgl. EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 und 21; BVerfG, NJW 1988, 1456; BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 92 und vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 30).
26
c) Die Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) EuGVVO ist entgegen der Auffassung der Revision nicht wegen des Vorliegens einer Verbrauchersache im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO - und eines dadurch begründeten ausschließlichen Gerichtsstands am Wohnsitz des Beklagten (Art. 2 Abs. 1, Art. 16 Abs. 2 EuGVVO) - ausgeschlossen. Das Berufungsgericht hat sowohl die Verbrauchereigenschaft des Beklagten als auch die Voraussetzungen einer Verbrauchersache im Sinne des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO rechtsfehlerfrei verneint.
27
aa) Das Berufungsgericht hat den Vortrag des Beklagten zum privaten Verwendungszweck des Darlehens - in Abwägung zu den objektiv erkennbaren Umständen der Darlehensgewährung - als unschlüssig angesehen. Die dagegen gerichtete Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe entscheidungserheblichen Sachvortrag des Beklagten entweder unberücksichtigt gelassen oder aber in rechtsfehlerhafter Weise gewürdigt, hat keinen Erfolg.
28
(1) Der Verbraucherbegriff des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO ist nach der Rechtsprechung des EuGH unter Beachtung der Systematik und der mit dem Übereinkommen verfolgten Ziele verordnungsautonom auszulegen (EuGH, Slg. 1993, I-00139 Rn. 13 und Slg. 2005, I-00439 Rn. 31). Die Vorschrift erfasst danach alle Verträge, die eine Einzelperson zur Deckung ihres Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch schließt und die nicht in Bezug zu einer gegenwärtigen oder zukünftigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit stehen. Wegen der in Art. 15 bis 17 EuGVVO statuierten Ausnahmen vom Grundsatz des "actor sequitur forum rei" (vgl. Art. 2 Abs. 1 EuGVVO) ist der Begriff des Verbrauchers restriktiv, insbesondere nach der objektiven Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung, auszulegen und nicht nach dem inneren Willen dieser Person zu bestimmen, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer als Unternehmer angesehen werden kann (EuGH, Slg. 2005, I-00439 Rn. 36; vgl. Saenger/Dörner, ZPO, 4. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 8; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., EuGVO Art. 15 Rn. 1; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., EuGVO Art. 15 Rn. 6; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 3; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 15 Rn. 1).
29
Aus dem auf Verbraucherschutz beschränkten Anwendungsbereich der Art. 15 bis 17 EuGVVO folgt zudem, dass sich eine Person, die einen Vertrag zu einem Zweck abschließt, der sich teilweise auf ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit bezieht und nur zu einem Teil nicht dieser Tätigkeit zugerechnet werden kann, grundsätzlich nicht auf diese Vorschriften berufen kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Verbindung zwischen diesem Vertrag und der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Betroffenen so schwach ist, dass sie nebensächlich wird und insgesamt betrachtet nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt (EuGH, Slg. 2005, I-00439 Rn. 39 ff.; vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Anh. I Art. 17 EuGVVO Rn. 2; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht , 9. Aufl., EuGVO Art. 15 Rn. 10; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht , 3. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 3 mwN). Diese bereits zu Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ entwickelten Grundsätze sind auch für die Auslegung des Verbraucherbegriffs der EuGVVO maßgebend, denn durch Art. 15 Abs. 1 EuGVVO haben sich insoweit keine Änderungen ergeben (BGH, Urteil vom 30. März 2006 - VII ZR 249/04, BGHZ 167, 83 Rn. 18 f. mwN).
30
Ob mit einem Vertrag objektiv in nicht ganz untergeordnetem Maße Bedürfnisse gedeckt werden sollen, die der beruflichen oder gewerblichen Tätig- keit des Betroffenen zuzurechnen sind, oder ob im Gegenteil der berufliche oder gewerbliche Zweck nur ganz untergeordnete Bedeutung hat, ist nach der Rechtsprechung des EuGH vom angerufenen nationalen Gericht anhand der ihm hierzu vorgelegten Beweismittel zu entscheiden (EuGH, Slg. 2005, I-00439 Rn. 47). Es handelt sich um eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalls , die dem Tatrichter obliegt und die in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüft werden kann. Zu prüfen ist nur, ob die tatrichterliche Würdigung vertretbar ist, nicht gegen die Denkgesetze verstößt und nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung beruht (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2011 - XI ZR 172/11, WM 2012, 36 Rn. 14).
31
(2) Das Berufungsgericht ist unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, der streitgegenständliche Darlehensvertrag sei, auch unter Berücksichtigung des Beklagtenvortrags, nicht dessen privater Sphäre, sondern dessen beruflicher Tätigkeit als Rechtsanwalt in P. zuzurechnen.
32
(a) Zutreffend und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Verbrauchereigenschaft im Rahmen von Art. 15 EuGVVO beim Beklagten als demjenigen liegt, der sich darauf beruft (vgl. EuGH, Slg. 2005, I-00439 Rn. 46 zu Art. 13 ff. EuGVÜ; Leible/Müller, EuZW 2009, 27, 28; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Anh. I Art. 17 EuGVVO Rn. 3; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 15 Rn. 1 mwN).
33
(b) Dass das Berufungsgericht den diesbezüglichen Vortrag des Beklagten in tatrichterlicher Würdigung als unzureichend angesehen hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts spricht für einen berufsbezogenen Zweck des Darlehens, dass der Be- klagte zur Zeit des Vertragsschlusses internationaler Partner der Rechtsanwaltsgesellschaft H. GbR war und das Darlehen nach dem in dem Vertragsformular festgehaltenen Verwendungszweck ausdrücklich der Zahlung seiner Gesellschaftereinlage diente. Dementsprechend ist das Darlehen nicht an ihn selbst, sondern vollständig auf ein Konto der H. GbR ausgezahlt worden. Damit ist ein Zusammenhang des Darlehens mit der beruflichen Tätigkeit des Beklagten objektiv gegeben.
34
Soweit die Revision dagegen einwendet, das Berufungsurteil habeden unwiderlegten Vortrag des Beklagten nicht hinreichend beachtet, das streitgegenständliche Darlehen habe nicht seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt, sondern der Finanzierung der geschäftlichen Expansion der Rechtsanwaltssozietät und damit einer privaten Vermögensanlage gedient, setzt sie lediglich ihre eigene Sachverhaltswürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts. Damit vermag sie die objektive Berufsbezogenheit der Kreditaufnahme nicht zu entkräften. Selbst wenn mit der Dienstleistung ein gemischter Zweck verfolgt wird, ist es nach der Rechtsprechung des EuGH - wie ausgeführt - nicht erforderlich, dass diese ganz oder auch nur überwiegend zu beruflich-gewerblichen Zwecken in Anspruch genommen wird, um die Anwendung der Art. 15 ff. EuGVVO auszuschließen; vielmehr können die Art. 15 ff. EuGVVO selbst dann unanwendbar sein, wenn der private Zweck überwiegt (vgl. EuGH, Slg. 2005, I-00439 Rn. 41 f.; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Anh. I Art. 17 EuGVVO Rn. 2; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., EuGVO Art. 15 Rn. 10). Dass der mit der Kreditaufnahme verfolgte Zweck (fast) ausschließlich der privaten Sphäre des Beklagten zuzurechnen ist, hat das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung verneint.
35
(c) Fehl geht auch der Hinweis der Revision auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 30. September 2009 - VIII ZR 7/09, NJW 2009, 3780 Rn. 10; Senatsurteile vom 8. November 2005 - XI ZR 34/05, BGHZ 165, 43, 47 ff. und vom 24. Juli 2007 - XI ZR 208/06, WM 2007, 1833 Rn. 16 ff.) zum Verbraucherbegriff gem. § 13 BGB. Hierauf kommt es wegen der autonomen Auslegung des verordnungsrechtlichen Verbraucherbegriffs nicht an; dieser ist insoweit enger zu verstehen als der Verbraucherbegriff des § 13 BGB (Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., EuGVO Art. 15 Rn. 10; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 3).
36
bb) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die kumulativ erforderlichen (vgl. nur Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 15 Rn. 7 ff.) situativen Voraussetzungen einer Verbrauchersache im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO verneint. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO setzt voraus, dass der Vertragspartner des Verbrauchers in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgend einem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats , ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Daran fehlt es hier.
37
(1) Die Zweigniederlassung der Klägerin in P. wurde nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit den Darlehensverträgen zwischen den Parteien nicht tätig und scheidet damit als Anknüpfung für eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit der Klägerin im Wohnsitzstaat des Beklagten, der der Vertragsschluss im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) Fall 1 EuGVVO zugerechnet werden könnte (vgl. dazu OLG Dresden, WM 2006, 806, 807), von vornherein aus.
38
(2) Eine auf Frankreich im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) Fall 2 EuGVVO ausgerichtete Tätigkeit der in Deutschland ansässigen Klägerin hat der Beklagte - entgegen der Auffassung der Revision - ebenfalls nicht dargelegt. Die auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgerichtete Tätigkeit des Unternehmers muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den späteren Vertragsschluss durch eine auf den Gewinn von Kunden gerichtete Handlung zumindest motiviert haben (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - VII ZR 249/04, BGHZ 167, 83 Rn. 27 und Beschluss vom 17. September 2008 - III ZR 71/08, NJW 2009, 298; vgl. auch OLG Karlsruhe, NJW 2008, 85, 86; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Anh. I Art. 17 EuGVVO Rn. 20; ders. in Geimer/ Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 38; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., EuGVO Art. 15 Rn. 26; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 8; Leible/Müller, EuZW 2009, 27, 28 und NJW 2011, 495, 497; Schlosser, EUZivilprozessrecht , 3. Aufl., EuGVVO Art. 15 Rn. 8). Dies ist den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien, insbesondere des darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht zu entnehmen.
39
Der autonom auszulegende Begriff des Ausrichtens im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO ist zwar weiter gefasst als der der Vorgängernorm des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) EuGVÜ (EuGH, NJW 2011, 505 Rn. 59). Während dort nur auf die Varianten des ausdrücklichen Angebots und der Werbung abgestellt wurde, erfasst Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO wegen der Formulierung "auf irgend einem Wege" nunmehr ein insgesamt breiteres Spektrum an Tätigkeiten (aaO, Rn. 61). Tatbestandsvoraussetzung ist aber weiterhin, dass der Gewerbetreibende bereits vor dem Vertragsschluss seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern (auch) im Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers herzustellen, also zum Vertragsschluss mit diesen bereit zu sein (aaO, Rn. 75 f.; vgl. auch BGH, Urteile vom 30. März 2006 - VII ZR 249/04, BGHZ 167, 83 Rn. 25 und 27 und vom 29. November 2011 - XI ZR 172/11, WM 2012, 36 Rn. 21). Auch dies ist den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien nicht zu entnehmen. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte vorvertraglich durch ein Handeln der Klägerin in seinem Wohnsitzstaat zur geschäftlichen Kontaktaufnahme veranlasst worden ist. Allein die jeweils per Telefax veranlasste Übermittlung der Vertragsformulare vom Sitz der Klägerin an den Wohnsitz des Beklagten reicht dafür, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht aus, da die Vertragstexte zu dieser Zeit bereits ausformuliert vorlagen und es einen früheren, den Vertragsschluss vorbereitenden Kontakt gegeben haben muss. Dass es dazu aufgrund eines vertragsanbahnenden, insbesondere werbenden Verhaltens der Klägerin in Frankreich gekommen ist, hat der Beklagte nicht behauptet.
40
2. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht die Klage auch in der Sache als begründet angesehen.
Wiechers Joeres Mayen Ellenberger Matthias

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 22.12.2009 - 28 O 17600/08 -
OLG München, Entscheidung vom 25.10.2010 - 19 U 2004/10 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 28. Feb. 2012 - XI ZR 9/11 zitiert 4 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 13 Verbraucher


Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 312b Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge


(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,1.die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,2.für die der V

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Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

9
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht die - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff. und vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17 mwN) - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht.
8
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei die - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 9 und vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17 mwN) - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht und den Rechtsstreit an das insoweit auch örtlich ausschließlich zuständige Landgericht Stade verwiesen.

(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,

1.
die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,
2.
für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,
3.
die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder
4.
die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.
Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln.

(2) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 82/05 Verkündet am:
13. Dezember 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
EGBGB Art. 29, 34

a) Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des Art. 29 EGBGB ist dessen
Anwendung auf die genannten Vertragstypen beschränkt und eine
Analogie insoweit nicht zulässig.

b) Zwingende Normen im Sinne des Art. 34 EGBGB sind Bestimmungen,
die beanspruchen, einen Sachverhalt mit Auslandsberührung ohne
Rücksicht auf das jeweilige Vertragsstatut zu regeln. Diese Voraussetzung
erfüllen nur Vorschriften, die nicht nur dem Schutz und Ausgleich
widerstreitender Interessen der Vertragsparteien und damit reinen Individualbelangen
dienen, sondern daneben zumindest auch öffentliche Gemeinwohlinteressen
verfolgen.

c) Das deutsche Verbraucherkreditgesetz zählt danach nicht zu den zwingenden
Vorschriften des Art. 34 EGBGB, da es dem Schutz des einzelnen
Verbrauchers dient, während Belange der Allgemeinheit nur reflexartig
mitgeschützt werden.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2005 - XI ZR 82/05 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den
Richter Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 17. Februar 2005 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, eine in der Schweiz ansässige Bank, nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Der Beklagte, ein in Deutschland lebender Steuerberater, nahm, vermittelt durch die S. OHG bzw. die U. GmbH (nachfolgend: Vermittler), mit Vertrag vom 1. Februar 1991 bei der Klägerin einen Kredit über 101.466 CHF (= 117.778 DM) zu 7,125% Zinsen "während der ersten Laufzeit des Kredites" bei einer Auszahlung von 90% auf, um ein seinerseits der Wohnungsbau-... (W. , heute: I. ) gemäß § 17 BerlinFördG gewährtes Darlehen (sog.
"Berlin-Darlehen") über 100.000 DM zu finanzieren. Gleichzeitig schloss der Beklagte eine Kapitallebensversicherung ab und trat seine Ansprüche daraus sowie aus dem Berlin-Darlehen sicherungshalber an die Klägerin ab. In dem formularmäßigen Kreditvertrag heißt es unter anderem:
"3. Die Kreditlaufzeit beträgt 10 Jahre ab Auszahlungsdatum, d.h. bis zum 31.12.2000. 8.1 Sofern vor Ablauf der Vertragsdauer nicht schriftlich eine Verlängerung dieses Vertrages oder ein neuer Vertrag abgeschlossen wird, wird der Kredit bei Fälligkeit (gemäß Ziffer 3 Kreditlaufzeit) ohne weitere Kündigung in einem Betrag zum Nominalwert von 100% zur Rückzahlung fällig. ... 9.1 Die Bank erklärt sich bereit, den Kredit nach dessen Ablauf um eine weitere Periode von bis zu 5 Jahren zu verlängern ... 9.2 ... Die Bank behält sich zum Zeitpunkt der Verlängerung des Kredits allfällige Änderungen des Vertrages (insbesondere der Zinskonditionen) vor. 14. Dieser Vertrag unterliegt Schweizerischem Recht. ..."
3
Am 19. Dezember 2000 bot die Klägerin dem Beklagten unter Hinweis auf die unmittelbar bevorstehende Fälligkeit des Darlehens eine Vertragsverlängerung zu einem Zinssatz von 8,7% p.a. bei sonst unveränderten Kreditkonditionen für fünf Jahre an und verlangte gleichzeitig die Zahlung rückständiger Zinsen in Höhe von 1.454,90 CHF. Nachdem die Klägerin ihn in der Folgezeit wiederholt ergebnislos an die Unterzeichnung ihres Angebots erinnert hatte und trotz mehrerer Mahnungen weitere Zinsrückstände aufgelaufen waren, kündigte sie im September 2001 das Darlehen und verwertete anschließend die sicherungshalber abgetretene Kapitallebensversicherung.
4
Beklagte Der hält den Darlehensrückzahlungsanspruch mangels wirksamer Kündigung des Kreditvertrages nicht für fällig. Überdies hat er gegenüber der Klageforderung mit der Begründung aufgerechnet, dass der Darlehensvertrag den strengen Anforderungen des deutschen Verbraucherkreditgesetzes nicht genüge und wegen der daraus resultierenden Ermäßigung des vereinbarten Zinssatzes auf 4% p.a. eine Überzahlung von insgesamt 63.990,99 DM vorliege.
5
Das Landgericht hat der Klage unter Berücksichtigung von Zahlungen der I. auf das Darlehenskonto und des Verwertungserlöses aus der Kapitallebensversicherung in Höhe von 107.096,54 CHF abzüglich am 18. November 2002 gezahlter 29.547,81 CHF zuzüglich Zinsen und Mahnkosten stattgegeben sowie die auf Ersatz des durch die vorzeitige Kündigung der Kapitallebensversicherung entstandenen Schadens gerichtete Feststellungswiderklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage unter Berücksichtigung von Beträgen, die die Klägerin aus dem an sie abgetretenen Berlin-Darlehen erhalten hat, in Höhe von 19.556,19 CHF nebst Zinsen stattgegeben, in Höhe von 28.325,56 CHF die Erledigung der Hauptsache festgestellt und die erweiterte Widerklage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht - zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seine Klageabweisungs- und Widerklageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist unbegründet.

I.


7
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Darlehensvertrag Der der Parteien unterliege aufgrund der Rechtswahlklausel in Ziffer 14 der Geschäftsbedingungen schweizerischem Recht. Die Rechtswahl sei auch unter Berücksichtigung der Art. 29 und 34 EGBGB wirksam. Der von der Klägerin gewährte Kredit gehöre nicht zu den in Art. 29 EGBGB genannten Vertragstypen. Nach dem Vertragsinhalt diene er nicht der Finanzierung einer Waren- oder Dienstleistung, deren Empfänger der Beklagte als Verbraucher gewesen sei. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift scheide aus, da der Gesetzgeber keine umfassende kollisionsrechtliche Schutznorm beabsichtigt habe. Das deutsche Verbraucherkreditgesetz sei auch nicht gemäß Art. 34 EGBGB anwendbar. Zwar falle die Kreditvergabe nach deutschem Recht in den Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes, auch sei der erforderliche Inlandsbezug wegen der im Inland erfolgten Kreditvermittlung gegeben. Die Regelungen des Verbraucherkreditgesetzes seien aber nicht zwingend im Sinne des Art. 34 EGBGB, weil sie primär die individuellen Interessen des Verbrauchers schützten, während der auf internationaler Ebene maßgebliche Schutz der Gemeinwohlinteressen in den Hintergrund trete. Der in Art. 120 des Schweizer Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) normierte Rechtswahlausschluss komme schon deshalb nicht zum Tragen, weil es sich bei dem von den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag nicht um einen solchen über Leistungen des "üblichen Verbrauchs" im Sinne dieser Vorschrift handele.

9
In der Sache habe das Landgericht die Darlehensrückzahlungsforderung der Klägerin unter Zugrundelegung des maßgebenden schweizerischen Rechts zu Recht für fällig erachtet und einen Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen Verwertung der sicherungshalber übertragenen Kapitallebensversicherung verneint. Da der gewährte Kredit befristet und die zehnjährige Laufzeit verstrichen sei, komme es auf die Wirksamkeit der Kündigung nicht entscheidend an. Mangels Annahme eines Verlängerungsangebotes der Klägerin zum Zinssatz von 8,7% p.a. sei der Vertrag auch nicht in modifizierter Form fortgesetzt worden und der Sicherungsfall wegen des Zahlungsverzuges des Beklagten eingetreten. Sofern Ziffer 9 der Geschäftsbedingungen dem Beklagten ein einseitiges Optionsrecht auf eine Vertragsverlängerung einräume, sei dieses nicht ausgeübt worden. Außerdem sei die Klausel gemäß Art. 18 OR dahin auszulegen, dass die Klägerin sich lediglich zur Abgabe eines Verlängerungsangebots zu einem marktüblichen Zinssatz verpflichtet habe. Dieser Pflicht sei sie nachgekommen, da sie von dem säumigen Beklagten hinsichtlich der Zinsen einen Risikozuschlag von 3% habe fordern dürfen.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
11
1. Rechtsfehlerfrei ist die Ansicht des Berufungsgerichts, dass gegen die uneingeschränkte Wirksamkeit der formularmäßigen Rechtswahlklausel über die Geltung schweizerischen Rechts für den Darle- hensvertrag der Parteien keine Bedenken bestehen. Art. 29, 34 EGBGB ändern daran nichts; eine Rückverweisung nach Art. 120 des Schweizer Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) kommt nicht in Betracht (Art. 35 EGBGB).
12
a) Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 29 EGBGB sind, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht gegeben.
13
aa) Der Begriff der "Erbringung von Dienstleistungen" im Sinne des Art. 29 Abs. 1 EGBGB ist zwar nach dessen Schutzzweck weit auszulegen. Er umfasst tätigkeitsbezogene Leistungen aufgrund von Dienst-, Werk-, Werklieferungs- und Geschäftsbesorgungsverträgen (BGHZ 123, 380, 385 (Senat); 135, 124, 130 f.). Notwendig ist aber, dass die Leistung gegenüber dem Vertragsgegner als Verbraucher erbracht wird (Senat aaO; vgl. auch Art. 5 Abs. 1 des EG-Übereinkommens vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, EuSchVÜ, BGBl. 1986 II S. 809, 813, der Art. 29 EGBGB zugrunde liegt). Das ist hier nicht der Fall.
14
(1) Vortrag, dass die Klägerin im Rahmen des Darlehensvertrages vom 1. Februar 1991 für den Beklagten eine "Dienstleistung" gemäß Art. 29 EBGBG erbringen sollte, die nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BGHZ 135, 124, 131), fehlt. Der zwischen dem Beklagten und der W. geschlossene Vertrag über das so genannte "BerlinDarlehen" , dessen Finanzierung der bei der Klägerin aufgenommene Kredit diente, ist nicht auf eine tätigkeitsbezogene Leistung an den Beklagten als Verbraucher gerichtet. Die W. schuldet ihm lediglich die Rückzahlung des "Berlin-Darlehens".

15
(2) Ein durch die Kreditvergabe der Klägerin finanzierter Dienstleistungsvertrag im Sinne des Art. 29 Abs. 1 EGBGB liegt - anders als die Revision meint - auch nicht in der Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Vermittler der Kapitalanlage. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser für seine Leistungen aus dem streitgegenständlichen Darlehen ganz oder teilweise entlohnt werden sollte. Dagegen spricht, dass die Klägerin nach Ziffer 5.2 des Kreditvertrages den gesamten Nettokreditbetrag direkt an die W. zu überweisen hatte.
16
(3) Das von der Klägerin gewährte Darlehen ist nach dem Konzept der Initiatoren zwar fester Bestandteil des dem "Berlin-Darlehen" zugrunde liegenden steuersparenden Kapitalanlage- und Steuersparmodells. Dieser Umstand reicht aber - worauf das Berufungsgericht zu Recht hingewiesen hat - für sich genommen nicht aus, um die verschiedenen Einzelverträge nach dem maßgebenden Willen der Vertragsschließenden als eine einheitliche Dienstleistung im Sinne des Art. 29 Abs. 1 EGBGB anzusehen. Dass dabei wesentlicher Prozessstoff außer Acht gelassen wurde, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
17
Auch bb) eine entsprechende Anwendung des Art. 29 EGBGB kommt nicht in Betracht.
18
(1) Der Bundesgerichtshof (BGHZ 135, 124, 133 ff.) hat eine analoge Anwendung bereits für den Fall abgelehnt, dass weder das konkrete Rechtsgeschäft zu den in Art. 29 Abs. 1 EGBGB aufgeführten Vertragstypen gehört noch ein Inlandsbezug nach den Nrn. 1 bis 3 vorliegt. Wie sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Norm ergibt, ist sie als Ausnahme von Art. 27, 28 EGBGB unabhängig von dem Inlandsbezug des konkreten Falles einer Analogie auf andere als die genannten Vertragstypen nicht zugänglich (MünchKommBGB/Martiny, BGB 4. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 14; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB Neubearb. 2004 Einl. zu §§ 491 ff. Rdn. 51; Staudinger/Magnus, BGB 13. Bearb. Art. 29 EGBGB Rdn. 28, 45; Gößmann, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 3/410; v. Westphalen, in: v. Westphalen/Emmerich/ v. Rottenburg, VerbrKrG 2. Aufl. Anh. § 1 Rdn. 21; Gerfried Fischer, in: Festschrift für Großfeld S. 277, 283 f.; Backert, Kollisionsrechtlicher Verbraucherschutz im Mosaik der Sonderanknüpfungen des deutschen internationalen Schuldvertragsrechts S. 149-152; a.A. Baumert, Europäischer ordre public und Sonderanknüpfung zur Durchsetzung von EGRecht , S. 228; Moritz WuB IV B. Art. 29 EGBGB 1.98).
19
(2) Zwar stand der Verbraucherschutz in Deutschland und in Europa bei Abschluss des EuSchVÜ im Jahre 1980 sowie der Inkorporation in das EGBGB von 1986 noch am Anfang (vgl. Gerfried Fischer aaO S. 280; Moritz aaO). Die detaillierte Aufzählung der einzelnen Vertragstypen in Art. 29 EGBGB zeigt aber, dass der Gesetzgeber die Rechtswahlfreiheit zum Schutz der wirtschaftlich schwächeren Partei nur in bestimmten Fallkonstellationen beschränken und damit eine Entscheidung gegen einen allumfassenden kollisionsrechtlichen Verbraucherschutz treffen wollte (Backert aaO S. 152; Staudinger/Kessal-Wulf aaO Rdn. 51). Nimmt man hinzu, dass die Verbraucherschutzregelung des Art. 5 Abs. 1 EuSchVÜ anlässlich der Übereinkommen vom 18. Mai 1992 über den Beitritt von Spanien und Portugal sowie vom 29. November 1996 über den Beitritt von Österreich, Finnland und Schweden zum EuSchVÜ nicht geändert wurde, obwohl Österreich eine Erweiterung ih- res Anwendungsbereichs vorgeschlagen hatte (Erläuternder Bericht zu dem Beitrittsübereinkommen 97/C 191/02, ABl. EG Nr. C 191/11 vom 23. Juni 1997), so deutet nichts auf eine für eine entsprechende Anwendung des Art. 29 EGBGB erforderliche Regelungslücke hin.
20
cc) Die von der Revision in diesem Zusammenhang angeregte, im Ermessen des Senats stehende Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 2 des Ersten Brüsseler Protokolls betreffend die Auslegung des am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (BGBl. 1995 II S. 916) ist nicht veranlasst. Da der Darlehensvertrag der Parteien vom 1. Februar 1991 bereits vor Inkrafttreten des EuSchVÜ am 1. April 1991 (siehe Fundstellennachweis B zu BGBl. II 2000 S. 599) geschlossen wurde, unterliegt er - trotz des Gebotes der einheitlichen Auslegung (Art. 36 EGBGB) - gemäß Art. 17 EuSchVÜ ausschließlich den Vorschriften des EGBGB.
21
b) Eine Anwendung des deutschen Verbraucherkreditgesetzes ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht aus Art. 34 EGBGB herzuleiten.
22
aa) Dies ergibt sich allerdings nicht bereits aus einem generellen Vorrang des Art. 29 EGBGB gegenüber Art. 34 EGBGB (so aber Mankowski RIW 1993, 453, 460 ff.; Ebke IPRax 1998, 263, 268 f.; Junker IPRax 2000, 65, 71). Ein derartiger Vorrang ist jedenfalls dann nicht gegeben , wenn Art. 29 Abs. 1 EGBGB - wie hier - keine Anwendung findet und somit keine Ausschlusswirkung entfalten kann (BGHZ 135, 124, 135).
23
bb) Indessen ist den Regelungen des deutschen Verbraucherkreditgesetzes hier, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht der für Verträge mit Auslandsberührung notwendige zwingende Schutzcharakter beizumessen.
24
Ob (1) es sich bei dem deutschen Verbraucherkreditgesetz um zwingende Vorschriften im Sinne des Art. 34 EGBGB handelt, wird von einem Teil der Literatur verneint (MünchKommBGB/Martiny aaO Art. 34 EGBGB Rdn. 112; MünchKommBGB/Sonnenberger, 4. Aufl. Einl. IPR Rdn. 57, 62; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BGB Art. 34 EGBGB Rdn. 13, 22; Kropholler, Internationales Privatrecht 5. Aufl. S. 494; Kreuzer /Wagner, in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts Rdn. R 158; Freitag, in: Leible, Das Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht S. 167, 178 f.), von einem anderen bejaht (Erman/Hohloch, BGB 11. Aufl. Art. 34 EGBGB Rdn. 15; Soergel/v. Hoffmann, BGB 12. Aufl. Art. 34 EGBGB Rdn. 61; v. Westphalen aaO Anh. § 1 Rdn. 26; Bülow EuZW 1993, 435, 437; Gerfried Fischer aaO S. 286; Roth RIW 1994, 275, 278). Der erkennende Senat, der die Streitfrage bislang offen gelassen hat (Senatsurteil vom 3. November 1998 - XI ZR 346/97, WM 1998, 2463), schließt sich jedenfalls für den Fall, dass der in Rede stehende Darlehensvertrag zwar von dem deutschen Verbraucherkreditgesetz , nicht aber von der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. EG Nr. L 42/48 vom 12. Februar 1987, "Verbraucherkreditrichtlinie") erfasst wird, der erstgenannten Ansicht an.
25
(2) Zwingende Normen im Sinne des Art. 34 EGBGB sind Bestimmungen , die beanspruchen, einen Sachverhalt mit Auslandsberührung ohne Rücksicht auf das jeweilige Vertragsstatut zu regeln. Nicht alle nach deutschem Recht zwingenden Vorschriften sind zugleich gemäß Art. 34 EGBGB unabdingbar (BAGE 100, 130, 139; MünchKommBGB/ Martiny aaO Art. 34 EGBGB Rdn. 8). Fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Regelung des allumfassenden Geltungsanspruchs einer Norm, so ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob sie nach ihrem Sinn und Zweck ohne Rücksicht auf das nach den sonstigen Kollisionsnormen anzuwendende Recht eines anderen Staates international gelten soll (BAGE 63, 17, 25; 80, 84, 92; 100, 130, 139; MünchKommBGB/Martiny aaO Art. 34 Rdn. 9, 127; Staudinger/Magnus aaO Art. 34 Rdn. 52, 53).
26
(3) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 63, 17, 32; 80, 84, 92; 100, 130, 139) und einer in der Literatur (Kropholler aaO S. 22; Looschelders, Internationales Privatrecht Art. 34 EGBGB Rdn. 10; Staudinger/Magnus aaO Art. 34 Rdn. 57 m.zahlr. Nachw.; Junker IPRax 2000, 65, 70; vgl. ferner Klauer, Das europäische Kollisionsrecht der Verbraucherverträge zwischen Römer-EVÜ und EGRichtlinien S. 236 m.w.Nachw.) weit verbreiteten Ansicht ist für die Anwendung des Art. 34 EGBGB grundsätzlich erforderlich, dass die betreffende Vorschrift nicht nur dem Schutz und Ausgleich widerstreitender Interessen der Vertragsparteien und damit reinen Individualbelangen dient, sondern daneben zumindest auch öffentliche Gemeinwohlinteressen verfolgt.

27
(4) Diese Voraussetzung, gegen deren Berechtigung die Revision keine Einwendungen erhebt, erfüllt das deutsche Verbraucherkreditgesetz nicht. Nach seiner Zielsetzung dient es dem Schutz des einzelnen Verbrauchers vor einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Interessen sowie der Korrektur der strukturellen Ungleichgewichtslage gegenüber dem professionellen, in der Regel finanziell weit überlegenen Anbieter und damit dem Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien (vgl. BT-Drucks. 11/5462 S. 11, 13 f. und 11/8274 S. 19; Kropholler aaO S. 494; Staudinger/Magnus aaO Art. 34 Rdn. 71). Dass daneben auch ein öffentliches Interesse an einem privatrechtlichen Verbraucherschutz mit dem Sozialstaatsprinzip, der Marktregulierungsfunktion von Verbrauchervertragsrecht oder dem Interesse an einem funktionierenden Binnenmarkt begründet werden kann (Bitterich, Die Neuregelungen des internationalen Verbrauchervertragsrechts in Art. 29 a EGBGB, S. 279 f. Fn. 1049), ändert nichts. Das Verbraucherkreditgesetz verfolgt dieses Interesse nämlich nicht. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine bloße Nebenwirkung, wie sie mit vielen Gesetzen verbunden ist, die dem Schutz einer bestimmten Bevölkerungsgruppe dienen. Ein solcher reflexartiger Schutz öffentlicher Gemeinwohlinteressen reicht für eine Anwendung des § 34 EGBGB nicht aus.
28
Bei der Feststellung, ob eine Norm international zwingenden Charakter hat, ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten (Freitag/Leible ZIP 1999, 1296, 1299; Schwarz ZVglRWiss 101 (2002), 45, 49), da sonst der mit dem EuSchVÜ durch die Vereinheitlichung des Kollisionsrechts bezweckte internationale Entscheidungseinklang empfindlich gestört (Soergel/v. Hoffmann aaO Art. 34 EGBGB Rdn. 16), das differenzierte, allseitige Anknüpfungssystem der Art. 27 ff. EGBGB partiell außer Kraft gesetzt (Hk-BGB/Staudinger, 4. Aufl. Art. 34 EGBGB Rdn. 3; Looschelders aaO Art. 34 EGBGB Rdn. 13) und die Rechtsanwendung erschwert wird (Freitag, in: Leible, Das Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht S. 167, 171). Art. 34 EGBGB darf nicht zu einer allgemeinen Ausweichklausel umfunktioniert werden, mit der das EuSchVÜ und EGBGB beherrschende Grundprinzip der Rechtswahlfreiheit der Vertragsschließenden nach Belieben beseitigt (v. Hoffmann IPRax 1989, 261, 265) und die einheitliche Anknüpfung des Vertragsstatus aufgelöst wird (Gerfried Fischer aaO S. 285; Freitag aaO). In Zweifelsfällen ist daher davon auszugehen , dass die betreffende Vorschrift keine international zwingende Geltung beansprucht (Freitag/Leible aaO; Kreuzer/Wagner, in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts Rdn. R 158; Taupitz BB 1990, 642, 649). Der Umstand, dass der auf den individuellen Schutz des einzelnen Verbrauchers gerichtete Zweck des deutschen Verbraucherkreditgesetzes reflexartig auch Gemeinwohlinteressen erfasst, stellt deshalb keine ausreichende Grundlage für eine Anwendung des Art. 34 EGBGB dar. Eine unzumutbare Belastung des inländischen Verbrauchers ist damit im Regelfall nicht verbunden. Denn abgesehen davon, dass der Verbraucherschutz mit den Art. 29 und 29 a EGBGB weitgehend verwirklicht wird, darf der Betroffene nicht ohne weiteres auf die umfassende Geltung seines Aufenthaltsrechts vertrauen.
29
cc) Ein internationaler Geltungswille des deutschen Verbraucherkreditgesetzes ist schließlich auch nicht aus seinem gemeinschaftsrechtlichen Ursprung herzuleiten. Dass der Gesetzgeber eine europäische Richtlinie in nationales Recht umsetzt, bedeutet nicht, dass diese Normen international grundlegende Bedeutung haben und unabhängig von den allgemeinen Kollisionsregeln auf Fälle mit Auslandsbezug anwendbar sein sollen. Ob und inwieweit die nationalen Gerichte nach den Grundsätzen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 9. November 2000 (Rs. C-381/98, Slg. I 2000, 9325 - Ingmar GB Ltd.) verpflichtet sind, bei der Wahl eines drittstaatlichen Rechts und bei hinreichendem Gemeinschaftsbezug des Sachverhalts das der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie dienende nationale Recht in richtlinienkonformer Auslegung gegen das gewählte Vertragsstatut durchzusetzen (vgl. dazu Staudinger/Magnus aaO Art. 34 EGBGB Rdn. 42, 90; Freitag, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht 6. Aufl. Rdn. 417 f.; Bitterich VuR 2002, 155, 157 ff.), kann entgegen der Ansicht der Revision offen bleiben. Denn enthält die Richtlinie - wie die Verbraucherkreditrichtlinie - keine ausdrückliche kollisionsrechtliche Regelung und schreibt sie den Mitgliedstaaten bei ihrer Umsetzung nur einen zu beachtenden Mindeststandard vor, so kann ein international zwingender Charakter der Umsetzungsnorm aufgrund der Richtlinie nur für den Mindeststandard, nicht aber für etwaige nationale Schutzverstärkungen angenommen werden (Bitterich, Die Neuregelung des Internationalen Verbrauchervertragsrechts in Art. 29 a EGBGB, S. 283 Fn. 1066, S. 289; Freitag, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht 6. Aufl. Rdn. 417; Nemeth/Rudisch ZfRV 2001, 179, 182; Pfeiffer, in: Festschrift für Geimer S. 821, 835; Schwarz ZVglRWiss 101 (2002), 45, 71; a.A. HkBGB /Staudinger aaO Art. 34 EGBGB Rdn. 5).
30
Darlehensvertrag Der der Parteien vom 1. Februar 1991 über 101.466 CHF (= 117.778 DM) wird aber von dem Mindeststandard der Verbraucherkreditrichtlinie nicht erfasst, weil diese nach Art. 2 Abs. 1 lit. f auf Kreditverträge über mehr als 20.000 ECU keine Anwendung fin- det. Die Frage nach der Reichweite des internationalen Geltungswillens der Richtlinie ist infolgedessen nicht entscheidungserheblich und nicht gemäß Art. 234 Abs. 3 EGV dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
31
Zwar c) hat das Berufungsgericht verkannt, dass Art. 120 IPRG von vornherein eine Anwendung des deutschen Verbraucherkreditgesetzes nicht zu begründen vermag, weil es sich dabei um von den deutschen Gerichten nicht zu beachtendes schweizerisches Kollisionsrecht handelt (Art. 35 Abs. 1 EGBGB). Daraus vermag die Revision aber nichts für sich herzuleiten, weil das Berufungsgericht das Vorliegen eines "Konsumentenkredits" im Sinne der Vorschrift verneint hat.
32
2. Rechtsfehlerfrei ist schließlich auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht unter Zugrundelegung schweizerischen Rechts der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen hat.
33
Der a) deutsche Tatrichter hat das maßgebliche ausländische Recht gemäß § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. In welcher Weise er sich die notwendigen Kenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Vom Revisionsgericht überprüft werden darf insoweit lediglich, ob er sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles hinreichend ausgeschöpft hat (st.Rspr., siehe etwa Senatsurteil vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186, 1187 m.w.Nachw.). An die Ermittlungspflicht sind dabei umso höhere Anforderungen zu stellen, je komplexer und je fremder im Vergleich zum deutschen das anzuwendende Recht ist. Bei Anwendung einer dem deut- deutschen Recht verwandten Rechtsordnung und klaren Rechtsnormen sind die Anforderungen geringer (BGHZ 118, 151, 163).
34
Gemessen b) an diesen Grundsätzen ist dem Berufungsgericht - anders als die Revision meint - kein Ermessenfehler vorzuwerfen. Ihr Einwand, das Berufungsgericht habe nicht ermittelt, welcher Erklärungswert den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin über die Verlängerung des Darlehensvertrages nach den von der schweizerischen Rechtsprechung und Literatur entwickelten Auslegungsgrundsätzen beizumessen sei, greift nicht. Das Vertragswerk enthält keinen Hinweis darauf, dass dem Beklagten das Recht eingeräumt werden sollte, den Kredit durch eine einseitige Erklärung gegenüber der Klägerin zu verlängern. Davon abgesehen hat der Beklagte eine entsprechende Erklärung auch nicht abgegeben.
35
Berufungsgericht Das hat es entgegen der Ansicht der Revision auch nicht versäumt, der Frage nachzugehen, ob die Klägerin sich mit ihrem Angebot, den Darlehensvertrag um weitere fünf Jahre zu einem Zinssatz von 8,7% p.a. zu verlängern, nach schweizerischem Recht vertragstreu verhalten hat oder dieses Angebot für den Beklagten inakzeptabel war. Dazu bot das Vorbringen des Beklagten keinen hinreichenden Anlass. Denn der Beklagte hat es versäumt, wesentliche Umstände vorzutragen , die eine Prüfung der Treuwidrigkeit der Klägerin erst möglich gemacht hätte. Das gilt insbesondere für die Marktüblichkeit des vertraglich vereinbarten Nominalzinssatzes von 7,125% p.a. bei 90% Auszahlung im Jahre 1991, die Entwicklung der Zinsen für Personalkredite in Schweizer Franken bis zum Jahre 2000 sowie zu seiner für die Risiko- prämie der Klägerin bedeutsamen Bonität trotz mehrmonatiger Zinsrückstände mit zum Teil mehr als 1.500 CHF.

III.


36
Die Revision des Beklagten war daher zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Schmitt
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 08.05.2003 - 9 O 421/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 17.02.2005 - 12 U 169/03 -
17
a) Zwar geht das Berufungsgericht zunächst zutreffend davon aus, dass der Erfüllungsort nach dem vorrangig zu prüfenden Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO autonom zu bestimmen ist. Im Rahmen der Verordnung wird der Lieferort als autonomes Anknüpfungskriterium festgelegt, das auf sämtliche Klagen aus ein- und demselben Vertrag über den Verkauf beweglicher Sachen und nicht nur für diejenige aus der Lieferverpflichtung an sich anwendbar ist (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2007, aaO, Rdnr. 24 ff.; Senatsbeschluss vom 9. Juli 2008 – VIII ZR 184/07, ZGS 2008, 390, Tz. 18 m.w.N.). Bei bereits erfolgter Lieferung kommt es auf den Ort an, an dem tatsächlich geliefert worden ist (Geimer /Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rdnr. 142 f.; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Art. 5 Rdnr. 47; Ferrari, IPRax 2007, 61, 66 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt der Lieferort im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO aber nicht in Großbritannien, sondern in der Türkei und damit außerhalb des geographischen Anwendungsbereichs der Verordnung, wenn der – im Folgenden revisionsrechtlich zu unterstellende – Vortrag der Klägerin zutrifft, dass die Lieferung gemäß einer zwischen den Parteien vereinbarten FOB-Klausel in der Türkei erfolgte.
11
Charakteristische Leistungen im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB erbringt beim Darlehensvertrag der Darlehensgeber (Palandt/Heldrich aaO Art. 28 EGBGB Rdn. 13). Bei einem Bankdarlehen, wie es die Parteien von der D. Bank AG - Filiale S. - in Anspruch genommen haben, ist danach das Recht der (Haupt-) Niederlassung der Bank maßgebend (Palandt /Heldrich aaO Art. 28 EGBGB Rdn. 13) oder, falls es sich um einen Verbraucherkredit handelt, gemäß Art. 29 Abs. 2 EGBGB das Recht des Staates , in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Beide Anknüpfungen führen hier zur Anwendbarkeit deutschen Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 102/02
Verkündet am:
28. November 2002
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Revision kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des
Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) darauf gestützt werden, daß
das untere Gericht mit Unrecht seine internationale Zuständigkeit angenommen
oder verneint hat.
EuGVÜ Art. 5 Nr. 3; 13 Abs. 1 Nr. 3; 14 Abs. 1 2. Alt.; BGB § 661a
Für die auf eine Gewinnzusage i.S. des § 661a BGB gestützte Klage gegen eine
(natürliche oder juristische) Person, die in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates
ansässig ist, besteht am Wohnsitz des klagenden Verbrauchers
entweder die internationale Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 f.
EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ).
BGH, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 102/02 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Beklagte ist eine in den Niederlanden ansässige Versandhandelsgesellschaft. Mit Schreiben vom 30. Juni 2000 sandte sie der in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Klägerin eine "Wichtige Benachrichtigung wegen Bargeld-Zuteilung aus Auswahl-Verfahren". Darin teilte die Beklagte der Klägerin mit, im Zuge einer "Extra-Auszahlung" würden noch vor dem 20. Juli 2000 12.300 DM vergeben. Weiter hieß es in dem Schreiben:
"Und stellen Sie sich vor, Frau M., Ihr Name wurde nicht nur nominiert, sondern sogar als Gewinner gezogen. Das heißt für Sie, der Bargeld-Betrag gehört jetzt schon Ihnen!"
Entsprechend der im Schreiben vom 30. Juni 2000 gegebenen Anleitung sandte die Klägerin der Beklagten den "Ziehungs-Bescheid" mit aufgeklebter "Zuteilungs-Marke" zurück. Die Beklagte zahlte nicht.
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte schulde ihr aufgrund einer Gewinnzusage (§ 661a BGB) 12.300 DM nebst Zinsen. Die Beklagte hat gerügt , das angerufene Landgericht Mönchengladbach sei weder international noch örtlich zuständig. Sie könne nur an ihrem Sitz in den Niederlanden verklagt werden. Das Landgericht hat abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet und durch Zwischenurteil entschieden, daß die Klage zulässig sei. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte weiterhin ihren Antrag, die Klage als unzulässig abzuweisen.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat das Landgericht Mönchengladbach für international und örtlich zuständig erachtet. Es könne dahinstehen, ob Mönchengladbach Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September
1968, BGBl. 1972 II S. 774, im folgenden: EuGVÜ) sei. Die internationale Zu- ständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich jedenfalls aus dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ). Denn die Klage werde auf ein deliktsähnliches Verhalten der Beklagten gestützt.

II.


Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
Die Klage ist zulässig. Die deutschen Gerichte sind international zuständig.
1. Das Revisionsgericht ist befugt, die internationale Zuständigkeit zu prüfen. § 545 Abs. 2 ZPO n.F., der hier anzuwenden ist (vgl. § 26 Nr. 7 Satz 1 EGZPO), steht insoweit nicht entgegen. Die Vorschrift hat die Regelungen in den bisherigen §§ 10, 549 Abs. 2 ZPO übernommen. Sie bestimmt - entsprechend dem neu gefaßten § 513 Abs. 2 ZPO (bisher: § 512 a ZPO) - darüber hinaus, die Revision könne nicht darauf gestützt werden, daß das erstinstanzliche Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat (Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses BT-Drucks. 14/4722 S. 106, s. auch S. 94 zu § 513 Abs. 2-E und S. 107 zu § 547-E). Diese Regelung bezieht sich jedoch ungeachtet ihres weitgefaßten Wortlauts nicht auf die internationale Zuständigkeit (vgl. Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht 4. Aufl. 2001 Rn. 1008 f und 1855; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 60. Aufl. 2002 Übersicht § 38 Rn. 9; s. auch Albers aaO § 545 Rn. 17
a.E.; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002 § 280 Rn. 8; Zöller/Geimer aaO IZPR Rn. 38; s. auch BGH, Beschluß vom 17. September 2001 - VI ZR 105/02 - Umdruck S. 4; a.A. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 23. Aufl. 2001 § 545 Rn. 13; Zöller/Gummer aaO § 545 Rn. 16 und § 513 Rn. 8; vgl. ferner Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. 2002 § 545 Rn. 12 f).

a) Hinsichtlich des § 549 Abs. 2 ZPO a.F., der die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszuges sowie die Frage nach der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts und dem Vorliegen einer Familiensache der revisionsrechtlichen Prüfung entzogen hatte, war anerkannt, daß er für die internationale Zuständigkeit nicht - auch nicht entsprechend - galt. Die internationale Zuständigkeit war in jedem Verfahrensabschnitt, auch im Revisionsverfahren , von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., vgl. BGHZ - GSZ - 44, 46; BGHZ 115, 90, 91; 134, 127, 129 f; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 196/97 - NJW 1999, 1395 f; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. 1993 §§ 549, 550 Rn. 56). Weder dem Wortlaut des § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) noch der Gesetzesbegründung ist ein ausreichender Hinweis darauf zu entnehmen, daß der Gesetzgeber daran etwas ändern wollte.
aa) Gemäß § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) erstreckt sich die revisionsrechtliche Prüfung nicht darauf, daß das Gericht des ersten Rechtszuges "seine" Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Damit kann allein die Zuständigkeitsverteilung unter den deutschen Gerichten gemeint sein, nämlich die Frage der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit, ferner - abweichend vom bisherigen Recht - der funktionellen Zuständigkeit, der Abgrenzung zwischen Zivilkammer und Kammer für Handelssachen sowie zwischen Prozeßgericht und Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Musielak/Ball aaO Rn. 13
a.E.), nicht jedoch diejenige zwischen den deutschen und den ausländischen Gerichten.
bb) Die Gesetzesbegründung (Begründung aaO) verweist darauf, daß im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung des Revisionsgerichts Rechtsmittelstreitigkeiten, die allein auf die Frage der Zuständigkeit "des Gerichts" gestützt werden, vermieden werden sollen. Die in den Vorinstanzen geleistete Sacharbeit solle nicht wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig werden. Diese Hinweise sind zu allgemein, als daß angenommen werden könnte, der Gesetzgeber habe die internationale Zuständigkeit ebenso wie die Zuständigkeitsverteilung unter den - unterstelltermaßen gleichwertigen (BGHZ 44, 46, 49) - innerstaatlichen Gerichten der revisionsrechtlichen Nachprüfung entziehen wollen. Die internationale Zuständigkeit hat nämlich ein ungleich größeres Gewicht. Sie betrifft die Abgrenzung zu den Souveränitätsrechten anderer Staaten. Es handelt sich darum, inwieweit die deutschen Gerichte in Rechtssachen mit Auslandsbeziehungen eine Entscheidungsbefugnis in Anspruch nehmen können (vgl. BGHZ aaO 51).
Es kommt hinzu, daß die internationale Zuständigkeit - anders als die örtliche, sachliche, funktionelle und ähnliche innerstaatliche Zuständigkeit - über das Verfahrensrecht entscheidet, dem der Rechtsstreit unterliegt. Denn nur das deutsche Gericht wendet deutsches Prozeßrecht, das ausländische Gericht aber sein eigenes Verfahrensrecht an. Darüber hinaus hängt von der internationalen Zuständigkeit nicht selten ab, nach welchem materiellen Recht die Rechtssache entschieden wird. Wird die deutsche internationale Zuständigkeit bejaht, so bestimmt das deutsche internationale Privatrecht, nach welchem materiellen Recht das streitige Rechtsverhältnis zu beurteilen ist; wird
aber die deutsche internationale Zuständigkeit verneint (und ruft deshalb der Kläger ein ausländisches Gericht an), so entscheidet dieses nach dem internationalen Privatrecht seines Landes über die anzuwendende Rechtsnorm. Demgemäß kann die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit - im Gegensatz zu der Zuständigkeitsabgrenzung unter den deutschen Gerichten - die sachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen (BGHZ aaO 50; Geimer aaO Rn. 1009).

b) Die Auffassung, daß § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) die revisionsrechtliche Prüfung der internationalen Zuständigkeit nicht hindert, wahrt schließlich die Beachtung der Vorlagepflichten nach dem EuGVÜ und dem hierzu abgeschlossenen Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof vom 3. Juni 1971 (BGBl. 1972 II S. 846, künftig: Protokoll). Danach können in der Bundesrepublik Deutschland nur die obersten Gerichtshöfe des Bundes (Art. 2 Nr. 1 des Protokolls) und andere Gerichte, sofern sie als Rechtsmittelgericht entscheiden (Art. 2 Nr. 2 des Protokolls), dem Gerichtshof eine Auslegungsfrage zur Vorabentscheidung vorlegen. Diese Vorlageberechtigung ginge ins Leere, wenn der Bundesgerichtshof aufgrund des § 545 Abs. 2 ZPO n.F. die internationale Zuständigkeit nicht mehr zu prüfen hätte. Entsprechendes gälte dann nämlich auch für die Berufungsgerichte (vgl. § 513 Abs. 2 ZPO n.F.), so daß es in der Bundesrepublik Deutschland kein Gericht gäbe, das berechtigt wäre, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Fragen zur Auslegung des EuGVÜ (und des am selben Tag und am selben Ort unterzeichneten Protokolls sowie des Protokolls vom 3. Juni 1971 ) vorzulegen. Ein solches Ergebnis wäre aber mit der im Protokoll vom
3. Juni 1971 bestimmten Vorlageregelung unvereinbar (vgl. zu den völkerver- trags- und sekundärrechtlichen Kontrollpflichten Staudinger IPRax 2001, 298, 299 f).
2. Die mithin zulässige revisionsrechtliche Prüfung ergibt, daß im Streitfall die deutschen Gerichte entweder gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 zweite Alternative EuGVÜ oder gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ international zuständig sind.

a) Grundsätzlich sind natürliche Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates des EuGVÜ haben, vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen (Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ); entsprechendes gilt für Gesellschaften und juristische Personen, die ihren Sitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ ). Abweichend von dieser Regel können in einem Vertragsstaat ansässige (natürliche oder juristische) Personen vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates verklagt werden, wenn dort einer der in Art. 5 ff EuGVÜ genannten Wahlgerichtsstände besteht (Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ; vgl. auch Musielak/Weth, ZPO 2. Aufl. 2000 Art. 3 EuGVÜ Rn. 1). So liegt der Streitfall. Die in den Niederlanden ansässige Beklagte kann vor einem deutschen Gericht verklagt werden , weil in der Bundesrepublik Deutschland entweder die internationale Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13, 14 EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) begründet ist.

b) Für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann, bestimmt sich die Zuständig-
keit nach den Art. 13 ff. EuGVÜ für "andere Verträge" (als Teilzahlungskauf oder Darlehen), wenn sie die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern dem Vertragsschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 zweite Alternative EuGVÜ). Es handelt sich bei dieser Zuständigkeit um einen Sonderfall des Gerichtsstandes des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ). Während Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ sich allgemein auf Klagen aus Vertrag bezieht, erfaßt Art. 13 EuGVÜ bestimmte Arten von Verträgen, die ein Verbraucher geschlossen hat (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00 - NJW 2002, 2697, 2698). Die in Art. 13 EuGVÜ verwendeten Begriffe sind autonom auszulegen, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um dessen volle Wirksamkeit zu sichern (EuGH aaO).
Die vorliegende auf eine Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB gestützte Klage kann als Klage aus einem Verbrauchervertrag (Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ) angesehen werden.
aa) Zwar handelt es sich bei der Gewinnzusage oder vergleichbaren Mitteilung der Beklagten nicht um einen Vertrag, sondern um ein einseitiges Rechtsgeschäft oder eine geschäftsähnliche Handlung (vgl. Lorenz, NJW 2000, 3305, 3307; Palandt/Sprau, BGB 61. Aufl. 2002 § 661a Rn. 2; Ring, Fernabsatzgesetz 2002 Art. 2 Abs. 4 Rn. 172). Die vertragliche Natur des Klageanspruchs kann auch nicht daraus hergeleitet werden, daß eine untrennbare Verbindung zwischen der Gewinnzusage und der Warenbestellung bestanden
hätte (vgl. EuGH aaO S. 2699). Es ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin bei der Beklagten Waren bestellt oder die Beklagte die Auszahlung des Gewinns von einer Warenbestellung abhängig gemacht hätte.
bb) Die an die Klägerin gerichtete Gewinnbenachrichtigung der Beklagten zielte jedoch auf eine Vertragsanbahnung. Die Klägerin, die unstreitig Verbraucherin im vorbeschriebenen Sinn war, sollte hierdurch veranlaßt werden, bei der Beklagten Waren zu bestellen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 zweite Alternative und lit. a EuGVÜ). Denn sie wurde in dem Schreiben der Beklagten vom 30. Juni 2000 aufgefordert, von der Klägerin angebotene "Schnäppchen" zu nutzen. Auch das in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b EuGVÜ bestimmte Erfordernis, daß der Verbraucher in dem Staat seines Wohnsitzes die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat, war - zumindest dem Rechtsgedanken nach - erfüllt. Die Klägerin versah entsprechend den Anweisungen der Beklagten im Schreiben vom 30. Juni 2000 den Ziehungsbescheid mit der Zuteilungsmarke und schickte ihn am 7. Juli 2000 zurück.
cc) Sind aber die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ gegeben , dann konnte die in der Bundesrepublik Deutschland wohnende Klägerin ihre "Klage eines Verbrauchers" gegen die in den Niederlanden ansässige Beklagte wahlweise vor den niederländischen (Art. 14 Abs. 1 erste Alternative EuGVÜ) oder - wie geschehen - vor den deutschen Gerichten (Art. 14 Abs. 1 zweite Alternative EuGVÜ) erheben.

c) Wäre hingegen für die Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 ff. EuGVÜ) entscheidend auf den - hier nicht erfolgten - Abschluß eines Vertra-
ges abzustellen, wären die deutschen Gerichte jedenfalls aufgrund des Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung zuständig.
aa) Gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ können in einem Vertragsstaat ansässige (natürliche oder juristische) Personen auch vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Nr. 3; Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ). Der Begriff der "unerlaubten Handlung" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ist als autonomer Begriff anzusehen. Um eine einheitliche Lösung in allen Mitgliedsstaaten zu gewährleisten, ist davon auszugehen, daß sich der Begriff der "unerlaubten Handlung" auf Klagen bezieht, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 11. Juli 2002 aaO; Urteil vom 27. September 1988 - Rs. 189/87 - EuGHE 1988, 5565, 5585 = NJW 1988, 3088, 3089 m. Anm. Geimer; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Februar 1988 - I ZR 201/86 - NJW 1988, 1466, 1467). So läge der Streitfall, wenn für den Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ) und, was hier in Frage steht, die Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 ff. EuGVÜ) die Anknüpfung an die mit der Gewinnzusage betriebene Vertragsanbahnung nicht genügte. Die Haftung wegen Gewinnzusage (§ 661a BGB) wäre dann als nichtvertragliche deliktische oder deliktsähnliche Haftung - nicht als eine solche wegen zurechenbar gesetzten Rechtsscheins (vgl. Lorenz aaO S. 3306, 3308) - aufzufassen.
Mit der Einführung des § 661a BGB wollte der Gesetzgeber einer verbreiteten und wettbewerbsrechtlich unzulässigen Praxis entgegenwirken, daß Unternehmer Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinne übersenden , um sie zur Bestellung von Waren zu veranlassen, die Gewinne auf Nachfrage aber nicht aushändigen (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro BT-Drucks. 14/2658 S. 48 f, Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates BT-Drucks. 14/2920 S. 15; Lorenz aaO S. 3306 m.w.N.). Damit wurde - österreichischem Vorbild folgend (Lorenz IPRax 2002, 192) - eine Tendenz der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19) aufgegriffen, wettbewerbsrechtliche Verstöße allgemein-zivilrechtlich zu ahnden (Lorenz NJW 2000, 3306; vgl. auch Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem vorgenannten Gesetzentwurf BT-Drucks. 14/3195 S. 33 f; Ring aaO Rn. 167-169). Die unlautere Werbung mittels Vortäuschung scheinbarer Gewinne sollte unterbunden werden, indem dem Verbraucher gesetzlich eingeräumt wurde, den Unternehmer beim Wort zu nehmen und die Leistung des mitgeteilten Gewinns zu verlangen (Begründung Fernabsatzgesetz aaO S. 49; Bericht aaO S. 34). Darin ist jedenfalls eine Haftung wegen "unerlaubter Handlung" - im oben beschriebenen weitgefaßten Sinn des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ - zu sehen. Der Unternehmer wird für sein - in der Regel vorsätzlich abgegebenes (vgl. Lorenz aaO S. 3306, 3307) - täuschendes Versprechen "bestraft" , indem er gemäß § 661a BGB hierfür dem Verbraucher auf Erfüllung haftet (vgl. Gegenäußerung aaO; Rauscher/Schülke, The European Legal Fo-
rum 2000/01, 334, 337). Diese deliktische Qualifikation einer Klage aus Ge- winnzusage wahrt zugleich die Parallelität zu den Wettbewerbssachen (vgl. Lorenz aaO S. 3308 und 3309; s. aber dagegen ders. IPRax 2002, 192, 194 f; Rauscher/Schülke aaO), die nach allgemeiner Auffassung unter den Gerichtsstand der "unerlaubten Handlung" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fallen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1988 aaO; Gottwald in MünchKomm ZPO 2. Aufl. 2001 Schlußanhang IZPR Art. 5 EuGVÜ Rn. 37; Wieczorek /Schütze/Hausmann, ZPO 3. Aufl. 1994 Anh. § 40 Art. 5 EuGVÜ Rn. 51; Albers aaO Rn. 17; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. 1999 Art. 5 EuGVÜ Rn. 10; Auer in Bülow/ Böckstiegel/Geimer/Schütze, Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen Art. 5 EuGVÜ Rn. 100; Geimer /Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht 1997 Art. 5 EuGVÜ Rn. 151; Schlosser, EuGVÜ 1996 Art. 5 Rn. 16; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht 6. Aufl. 1998 Art. 5 EuGVÜ Rn. 57; Lorenz IPRax 2002, 192, 194).
Der Anspruch aus Gewinnzusage wäre im übrigen auch dann dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) zuzuordnen, wenn es sich um einen gesetzlichen Fall der culpa in contrahendo handelte (vgl. Lorenz aaO 3307, 3309; EuGH, Urteil vom 17. September 2002 - Rs. C 334/00 - NJW 2002, 3159 f).
bb) Der gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ maßgebliche Ort, "an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", liegt sowohl an dem Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch an dem Ort des ursächlichen Geschehens (EuGH, Urteil vom 30. November 1976 - Rs. 21/76 - EuGHE 1976, 1735, 1746 f und vom 7. März 1995 - Rs. C-68/93 - EuGHE 1995 I S. 415, 460;
Gottwald aaO Rn. 42; Auer aaO Rn. 107). Dementsprechend konnte die Be- klagte an dem für den Wohnsitz der Klägerin zuständigen Gericht verklagt werden. Dort trat nämlich mit dem Empfang des scheinbaren Gewinnversprechens der Erfolg der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) ein (vgl. Rauscher /Schülke aaO S. 338; Lorenz NJW 2000, 3308, 3309).
3. Einer Vorlage wegen der hier vorgenommenen Auslegung der Art. 13 und 5 Nr. 3 EuGVÜ nach Art. 2 f des Protokolls vom 3. Juni 1971 bedarf es nicht. Zwar ist die Auslegungsfrage in der für den vorliegenden Rechtsstreit erheblichen Form noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Gerichtshofes gewesen. Eine Vorlage ist aber - ebenso wie im Falle des Art. 177 Abs. 3 EWG-Vertrag und des Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag - entbehrlich, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts so offenkundig ist, daß für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - EuGHE 1982, 3415; BVerfG NJW 1988, 1456; BGHZ 109, 29, 35; BGH, Urteil vom 12. Mai 1993 - VIII ZR 110/92 - BGHR EGÜbk Art. 6 Nr. 3 Zuständigkeit 1). So liegt es hier. Die auf eine Gewinnzusage oder eine vergleichbare Mitteilung (§ 661a BGB) gestützte Klage ist in Anlehnung an die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Juli 2002 (aaO) und 17. September 2002 (aaO) dem internationalen Gerichtsstand für Verbrauchersachen (Art. 13 f EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) zuzuordnen. Daß weder die eine noch die andere Vorschrift anwendbar ist und sich die Beklagte auf den allgemeinen Gerichtsstand des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ berufen könnte, hält der Senat im Hinblick auf die genannten Entscheidungen des Gerichtshofs für ausgeschlossen. Er ist davon überzeugt, daß die gleiche Gewißheit für die Gerichte der übrigen Vertragsstaaten und den Europäischen Gerichtshof selbst besteht (vgl. EUGH, BVerfG und BGHZ aaO).

4. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Rechtsmittel gegen das Zwischenurteil des Landgerichts zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO; vgl. Zöller/Greger aaO § 280 Rn. 8 a.E.).
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9
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht die - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff. und vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17 mwN) - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht.
8
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei die - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 9 und vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17 mwN) - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht und den Rechtsstreit an das insoweit auch örtlich ausschließlich zuständige Landgericht Stade verwiesen.
10
a) Aus der vom Gesetzgeber gewählten negativen Formulierung des zweiten Halbsatzes der Vorschrift des § 13 BGB wird deutlich, dass rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen ist und etwa verbleibende Zweifel, welcher Sphäre das konkrete Handeln zuzuordnen ist, zugunsten der Verbrauchereigenschaft zu entscheiden sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 34/05 Verkündet am:
8. November 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
VerbrKrG § 1
An der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 133, 71, 77,
78; 133, 220, 223; 144, 370, 380 und Senatsurteil vom 25. Februar 1997 - XI ZR
49/96, WM 1997, 710 jeweils m.w.Nachw.) zur entsprechenden Anwendung des
Verbraucherkreditgesetzes auf die Mithaftungsübernahme des geschäftsführenden
Allein- oder Mehrheitsgesellschafters einer GmbH wird festgehalten. Die in
der Literatur zum Teil bejahte Gleichstellung dieser Geschäftsführungsorgane mit
den Kaufleuten des Handelsgesetzbuches oder kaufmannsähnlichen Personen
entspricht nicht der Vorstellung des Gesetzgebers und überschreitet die Grenzen
zulässiger Rechtsfortbildung.
BGH, Urteil vom 8. November 2005 - XI ZR 34/05 - OLG Rostock
LG Schwerin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Ellenberger und
Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 23. Dezember 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 20. August 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Mithaftungsübernahme des früheren Gesellschafters und Geschäftsführers für die Darlehensschuld der insolventen GmbH. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Die klagende Landesbank gewährte durch ihr organisatorisch verselbständigtes Förderungsinstitut aufgrund eines entsprechenden Bescheides des Landes Mecklenburg-Vorpommern am 29. September/ 7. Oktober 1997 der S. GmbH (nachfolgend: GmbH) ein Darlehen über 2.979.000 DM aus dem Programm "Sondervermögen Unternehmenshilfe". Der Beklagte war damals alleiniger Geschäftsführer der GmbH und an ihrem Stammkapital mit 48,8% beteiligt, während sein Sohn die restlichen Geschäftsanteile hielt. Wie im Darlehensvertrag vorgesehen, übernahmen beide Gesellschafter am 27. September 1997 die persönliche Mithaftung für die Darlehensrückzahlungsforderung in Höhe ihrer Beteiligungsquote. Der zunächst zur Überwindung von Liquiditätsproblemen der GmbH ausgereichte und auf sechs Monate befristete Kredit wurde mit Vertrag vom 1./4. Dezember 1998 in ein zehnjähriges Darlehen umgewandelt. In den Darlehensverträgen und in der Mithaftungsabrede waren weder der Gesamtbetrag aller von der GmbH zu leistenden Zahlungen noch der effektive Jahreszins angegeben.
3
Im Dezember 2001 eröffnete das Amtsgericht über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren. Die Klägerin kündigte daraufhin den Kreditvertrag am 19. Dezember 2001 bei einem Debet von 2.085.300 DM fristlos.
4
Gestützt auf den Schuldbeitritt vom 27. September 1997 nimmt die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung des Darlehens in Höhe eines Teilbetrages von 50.000 € zuzüglich Zinsen in Anspruch. Der Beklagte hält die Mithaftungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen Formvorschrif- ten des Verbraucherkreditgesetzes für nichtig. Im Wege der Hilfswiderklage begehrt er die Feststellung, der Klägerin keine weiteren Zahlungen zu schulden.
5
Landgericht Das hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt und seine Widerklage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet.

I.


7
Das Berufungsgericht hat die Mithaftungsübernahme des Beklagten für wirksam erachtet und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt :
8
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fänden die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes auf den Schuldbeitritt zu einem Kreditvertrag zwar auch dann entsprechende Anwendung, wenn der Sicherungsgeber geschäftsführender Alleingesellschafter der kreditnehmenden GmbH sei. Dem könne im Streitfall aber nicht gefolgt werden. Das Verbraucherkreditgesetz wolle Personen wie den Beklagten, der sich als alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter einer GmbH mit einem beträchtlichen Umsatz am Wirtschaftsleben beteiligt und die persönliche Mithaftung im Rahmen dieser wirtschaftlichen Betätigung übernommen habe, nicht schützen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum Verbraucherkreditgesetz seien Kaufleute, Handwerker, Landwirte und Angehörige der freien Berufe, die einen Kredit für ihre Gewerbs- oder Berufstätigkeit aufnehmen, aus dem Schutzbereich des Gesetzes ausgenommen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung müsse der Beklagte zur Vermeidung untragbarer Wertungswidersprüche diesen Personen gleichgesetzt werden. Er sei zwar kein Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches gewesen, aber faktisch wie ein solcher tätig geworden. Auch nach seiner Ausbildung und Berufserfahrung bestehe kein wesentlicher Unterschied zu einem echten Kaufmann.
9
diese Für Betrachtungsweise spreche außerdem die frühere Organstellung des Beklagten. Mit der Aufnahme des Förderdarlehens habe er eine unternehmerische Entscheidung im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit der GmbH getroffen. Auch seine nach den Darlehensvertragsbedingungen vorgesehene Mithaftungsübernahme stelle sich als unternehmerisches Handeln dar. Der Beklagte sei daher nicht als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB anzusehen.
10
Davon abgesehen finde das Verbraucherkreditgesetz auch deshalb keine Anwendung, weil die Klägerin gegenüber der GmbH - und damit auch dem Beklagten - nicht als "Kreditgeber" gemäß § 1 VerbrKrG aufgetreten sei. Die Klägerin sei nicht in ihrer Eigenschaft als Bank tätig geworden , sondern durch ihr organisatorisch verselbständigtes Landesför- derungsinstitut. Das Land Mecklenburg-Vorpommern entscheide allein über die Bewilligung staatlicher Fördermittel. Rechtlich und wirtschaftlich handele es sich daher um ein Darlehen des Landes MecklenburgVorpommern , welches von der Klägerin bzw. ihrem Landesförderungsinstitut lediglich "verwaltet" worden sei.

II.


11
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Mithaftungsübernahmevereinbarung der Prozessparteien ist wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b und e VerbrKrG nichtig (§ 6 Abs. 1 VerbrKrG) und sichert daher nicht die Darlehensrückzahlungsforderung der Klägerin.
12
1. Der Schuldbeitritt ist seinem Wesen nach zwar selbst kein Kreditvertrag im Sinne des § 1 Abs. 2 VerbrKrG. Er ist aber nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 133, 71, 74 f.; 133, 220, 222 f.; 155, 240, 243; Senatsurteile vom 28. Januar 1997 - XI ZR 251/95, WM 1997, 663, 664 und vom 27. Juni 2000 - XI ZR 322/98, WM 2000, 1799 m.w.Nachw.) einem Kreditvertrag bei wertender Betrachtung gleichzustellen, wenn es sich bei dem Vertrag, zu dem der Beitritt erklärt wird, wie hier um einen Kreditvertrag handelt. An die Formwirksamkeit des Schuldbeitritts sind deshalb dieselben strengen Anforderungen zu stellen wie an den Kreditvertrag selbst. Dies gilt im besonderen Maße für das Schriftformerfordernis und die Mindestangaben des § 4 Abs. 1 VerbrKrG, die Informations- und Warnfunktion für den Verbraucher haben und ihm überdies die Entscheidung über die Aus- übung des Widerrufsrechts erleichtern sollen (vgl. BGHZ 142, 23, 33). Dem Beitretenden müssen daher bei Abgabe der Mithaftungserklärung die wesentlichen Kreditkonditionen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG - einschließlich der sich aus ihnen ergebenden Gesamtbelastung - klar und deutlich vor Augen geführt werden, damit er wie der Hauptschuldner rechtzeitig und zuverlässig erkennen kann, auf was er sich einlässt (Senatsurteile vom 27. Juni 2000, aaO und 24. Juni 2003, BGHZ 155, 240, 243 f.).
13
2. Der Beklagte ist in Bezug auf die persönliche Mithaftungsübernahme nicht wie ein Kaufmann, Unternehmer, Gewerbetreibender oder Freiberufler zu behandeln, sondern als Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 VerbrKrG. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts entspricht nicht der Gesetzeslage und vermag eine richterliche Rechtsfortbildung nicht zu rechtfertigen.
14
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes findet das Verbraucherkreditgesetz auch in den Fällen Anwendung, in denen der Kredit einer GmbH gewährt wird und der der Gesellschaftsschuld Beitretende deren geschäftsführender Gesellschafter ist. Dies gilt nicht nur dann, wenn der Beitretende Mehrheitsgesellschafter und Alleingeschäftsführer (vgl. BGHZ 133, 71, 77, 78) oder Hauptgesellschafter und Mitgeschäftsführer der kreditnehmenden Hauptschuldnerin ist (vgl. BGHZ 133, 220, 223), sondern auch dann, wenn es sich bei ihm um den geschäftsführenden Alleingesellschafter handelt (vgl. BGHZ 144, 370, 380 und Senatsurteil vom 25. Februar 1997 - XI ZR 49/96, WM 1997, 710 jeweils m.w.Nachw.). An dieser in der Literatur (MünchKommBGB/ Ulmer, 4. Aufl. § 491 Rdn. 41; Kurz NJW 1997, 1828 f.; Wackenbarth DB 1998, 1950, 1951 ff.; Canaris AcP 200 (2000), 273, 355, 359; Hänlein DB 2001, 1185, 1187; Dauner-Lieb/Dötsch DB 2003, 1666, 1667 f.; siehe auch Bungeroth, in: Festschrift für Schimansky S. 279 ff.) zum Teil auf Kritik gestoßenen Ansicht hält der erkennende Senat auch unter Berücksichtigung der Erwägungen des Berufungsgerichts fest.
15
aa) Der Geschäftsführer einer werbenden GmbH ist weder Kaufmann im Sinne der §§ 1 ff. HGB noch Unternehmer gemäß § 14 BGB (BGH, Urteil vom 15. Juli 2004 - III ZR 315/03, ZIP 2004, 1647, 1648 f.: für den Geschäftsführer einer deutschen GmbH bzw. einer französischen S.A.R.L.). Nur die GmbH selbst ist nach § 13 Abs. 3 GmbHG, § 6 Abs. 1 HGB Kaufmann. Daran ändert auch der Besitz aller oder einiger GmbHAnteile durch den Geschäftsführer nichts, weil die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zur reinen Vermögensverwaltung zählt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stellt die Übernahme einer Bürgschaft durch den Geschäftsführer/Gesellschafter einer GmbH für deren Verbindlichkeiten daher kein Handelsgeschäft im Sinne des § 350 HGB dar (BGHZ 121, 224, 228; 132, 119, 122 m.w.Nachw.; zustimmend u.a. Heymann/Horn, HGB § 350 Rdn. 5; Oetker, Handelsrecht 4. Aufl. § 7 III Rdn. 57; Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg, HGB § 350 Rdn. 12; vgl. auch Koller/Roth/Morck, HGB 5. Aufl. § 350 Rdn. 5).
16
bb) Wie die vorgenannten Kritiker der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zwar auch ein Teil der handelsrechtlichen Literatur (MünchKommHGB/Karsten Schmidt, § 350 Rdn. 10; ders. ZIP 1986, 1510, 1515; vgl. auch P. Bydlinski, Die Bürgschaft im österreichischen und deutschen Handels-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht, 1991, S. 31 f.) der Ansicht, dass Geschäftsführer/Gesellschafter einer GmbH oder jedenfalls Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafter mit Geschäftsführungsbefugnis (Canaris, Handelsrecht 23. Aufl. § 26 Rdn. 13; MünchKommBGB /Habersack, 4. Aufl. § 766 Rdn. 3; vgl. auch Koller/Roth/Morck aaO: für geschäftsführende Alleingesellschafter) bei wertender Betrachtung wie echte Kaufleute nicht vor den Gefahren einer im Auftrag der kreditsuchenden Gesellschaft übernommenen Bürgschaft oder eines Schuldversprechens bzw. Schuldanerkenntnisses gewarnt werden müssen. Damit werden aber nicht nur die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung überschritten, sondern auch zu geringe Anforderungen an eine Gleichbehandlung des Geschäftsführers/Gesellschafters einer GmbH mit einem Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches gestellt.
17
Richtig (1) ist allerdings, dass zumindest geschäftsführende Alleingesellschafter das von der GmbH betriebene Unternehmen regelmäßig genauso beherrschen und leiten wie ein Kaufmann sein Handelsgeschäft. Ebenso ist nicht zu bestreiten, dass sich die Geschäftsführertätigkeit als solche an kaufmännischen Gepflogenheiten orientiert und der Rechtsverkehr insoweit im Allgemeinen nicht zwischen dem Geschäftsführer einer GmbH und einem Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches unterscheidet. Für einen Kaufmann ist nach der Wertung der §§ 1 ff. HGB aber auch charakteristisch, dass er für die unter seiner Geschäftsleitung begründeten Betriebsschulden persönlich mit seinem ganzen Privatvermögen haftet (Ebenroth/Boujong/Joost/Hakenberg aaO). Dies ist mit ein Grund dafür, dass das Gesetz den Kaufleuten bei bestimmten Handelsgeschäften mit Nichtkaufleuten rechtliche Vorteile einräumt. Gemäß § 13 GmbHG gilt das Prinzip von Unternehmensleitung und persönlicher Haftung aber nicht einmal für geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH. Selbst sie können daher den Kaufmannssta- tus nicht erlangen. Folgerichtig dürfen sie auch nicht mit den bei Handelsgeschäften bestehenden Besonderheiten wie etwa bei der kaufmännischen Bürgschaft oder dem kaufmännischen Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis gemäß § 350 HGB belastet werden (Ebenroth/ Boujong/Joost/Hakenberg aaO). Überdies ist fraglich, ab welcher Beteiligungsquote ein Gesellschafter die Gesellschaft gewöhnlich so beherrscht , dass er nach der allgemeinen Verkehrsanschauung mit einem Einzelunternehmer verglichen werden kann, zumal - wie der vorliegende Streitfall zeigt - bei einer Familien-GmbH insoweit besondere Regeln zu beachten sein könnten.
18
(2) Davon abgesehen liegt entgegen der Ansicht der Kritiker der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch keine Gesetzeslücke vor, die im Wege richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen werden könnte. Zwar mag es im Laufe der Zeit zu einer Ausbreitung der Handelsgesellschaften gekommen sein, während der Einzelkaufmann immer mehr an Bedeutung verloren hat (vgl. MünchKommHGB/Karsten Schmidt aaO). Dies bedeutet aber nicht, dass das vom Gesetzgeber für den Erwerb des Kaufmannsstatus entwickelte Konzept durch eine Veränderung der Wirtschaftswirklichkeit lückenhaft und reformbedürftig geworden ist. Die Handelsrechtsreform von 1998 hat an der bestehenden Rechtslage nichts geändert. Auch haben Überlegungen, Geschäftsführer/Gesellschafter einer GmbH generell oder unter bestimmten Voraussetzungen künftig zu den Kaufleuten oder Unternehmern zu zählen, im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung keine Rolle gespielt (vgl. §§ 13, 14 BGB).
19
(3) Auch die vom Berufungsgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht angeführten Gesichtspunkte wie ein "beträchtlicher Umsatz" der seinerzeit vom Beklagten allein geleiteten GmbH und/oder seine "ersichtlich vorhandenen Erfahrungen in geschäftlichen Dingen", vermögen eine Rechtsfortbildung nicht zu rechtfertigen. Denn abgesehen davon, dass die Umsatz- bzw. Ertragslage einer GmbH im Regelfall keine zuverlässigen Schlüsse auf die beruflichen Erfahrungen und/oder Kenntnisse des einzelnen Geschäftsführers zulässt, ist selbst eine noch so große geschäftliche Erfahrung für sich genommen kein den Kaufmannsstatus begründendes Element. Dies zeigt sich auch deutlich daran , dass andernfalls nicht nur berufserfahrene Fremdgeschäftsführer einer GmbH (dagegen aber ausdrücklich MünchKomm/Karsten Schmidt aaO; MünchKommBGB/Ulmer aaO) und Prokuristen oder vergleichbare Berufsgruppen in die Rechtsfortbildung einbezogen werden müssten, sondern das Merkmal der "Geschäftserfahrung" sogar bei Privatgeschäften eines Kaufmanns haftungsverschärfend (vgl. Koller/Roth/Morck aaO § 1 Rdn. 19) wirken müsste.
20
Ebenso ist unerheblich, welche Motive der Bürgschafts- oder Mithaftungserklärung des geschäftsführenden Gesellschafters der kreditnehmenden GmbH zugrunde liegen. Denn auch wenn der Beklagte mit der Übernahme der persönlichen Haftung für die Rückzahlung des Förderdarlehens den Fortbestand des Familienunternehmens und damit auch seine eigene wirtschaftliche Existenzgrundlage dauerhaft sichern wollte, so ändert dies nichts daran, dass er insoweit nicht als Geschäftsführungsorgan der GmbH sondern als Privatmann gehandelt hat.
21
cc) Aus der Entstehungsgeschichte des Verbraucherkreditgesetzes ergibt sich nichts anderes. Nichts spricht dafür, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des Verbraucherkreditgesetzes von den Vorgaben des Handelsgesetzbuches abweichen und Geschäftsführer/Gesellschafter einer GmbH zu den kaufmannsähnlichen Personen (Gewerbetreibende oder Freiberufler) zählen wollte. Vielmehr soll nach seinem eindeutigen Willen das Verbraucherkreditgesetz in Zweifelsfällen Anwendung finden und seine Schutzwirkung uneingeschränkt entfalten (BGHZ 133, 71, 78). Dabei hat es der Gesetzgeber bei der Übernahme des Verbraucherkreditgesetzes in das Bürgerliche Gesetzbuch im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass ein Schuldbeitritt eines geschäftsführenden GmbHGesellschafters die Mindestangaben des § 4 Abs. 1 VerbrKrG erfordert, belassen.
22
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts führt die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch nicht zu untragbaren Ergebnissen. Zwar würde der Geschäftsführer einer GmbH, der als Alleinoder Mehrheitsgesellschafter die Geschäftspolitik des in kaufmännischer Weise eingerichteten Betriebes bestimmt, nicht unzumutbar belastet, wenn er in den vorliegenden Fällen nicht mehr in den Schutzbereich des Verbraucherkreditgesetzes fiele. Dabei handelt es sich aber um eine Erwägung de lege ferenda (vgl. Bungeroth, aaO S. 285 ff.). Das geltende Recht hat auch nicht zu Missständen in einem Ausmaß geführt, das eine Korrektur besonders dringlich erscheinen ließe. Dem steht schon entgegen , dass es für die Bank problemlos möglich ist, durch Einhaltung der entsprechenden Formvorschriften eine wirksame Verpflichtung des Geschäftsführers bei der Übernahme einer Personalsicherheit für die kre- ditsuchende GmbH zu begründen. Dies hat die Klägerin hier versäumt, obwohl ihr bei Hereinnahme der Schuldbeitrittserklärung vom 27. September 1997 bekannt sein musste, dass eine solche Erklärung eines geschäftsführenden GmbH-Gesellschafters nach Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 5. Juni 1996 (BGHZ 133, 71, 76 ff. = NJW 1996, 2156), vom 10. Juli 1996 (BGHZ 133, 220, 224 = NJW 1996, 2865) und vom 25. Februar 1997 (XI ZR 49/96, NJW 1997, 1443, 1444) dem § 4 Abs. 1 VerbrKrG unterliegt.
23
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nicht das Land Mecklenburg-Vorpommern, sondern die Klägerin Kreditgeberin (§ 1 Abs. 1 VerbrKrG).
24
Nach a) dem Schutzzweck des Verbraucherkreditgesetzes und dem Grundsatz der Rechtssicherheit kommt es für die Frage, wer der Vertragspartner des Verbrauchers ist, entscheidend auf dessen verständige Sicht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. Bei der Gewährung staatlich geförderter Darlehen unter Einschaltung eines privaten Kreditinstituts als Hausbank des Kreditnehmers ist insoweit der letzte Akt der Kreditvergabe entscheidend, auch wenn die Bank auf fremde Rechnung handelt, also nur durchleitende Funktion hat (vgl. Senat BGHZ 155, 240, 247). Gleiches gilt, wenn ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut wie die Klägerin Förderdarlehen im eigenen Namen vergibt. Dass die Klägerin dabei durch ihr organisatorisch verselbständigtes Landesförderinstitut im Innenverhältnis im Auftrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern handelte und an dessen Weisungen gebunden war, ist ohne Bedeutung. Da die Klägerin die Darlehensvergabe durchgeführt hat, ist sie Kreditgeberin im Sinne des § 1 Abs. 1 VerbrKrG.

25
b) Aus der Spezialregelung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 VerbrKrG (§ 491 Abs. 2 Nr. 3 BGB n.F.) ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine andere rechtliche Beurteilung. Der Umstand, dass die Kreditvergabe durch die öffentliche Hand nach dieser Vorschrift unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise nicht den Regelungen des Verbraucherkreditgesetzes unterliegt, zeigt vielmehr, dass dieses ansonsten auch bei Abschluss eines Darlehensvertrages mit der öffentlichen Hand selbst Anwendung findet.
26
4. Die Mithaftungsübernahme des Beklagten genügt nicht den Anforderungen des Verbraucherkreditgesetzes und ist daher wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b und e VerbrKrG i.V. mit § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtig. Dass die Kreditsumme entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung an die GmbH ausgezahlt worden ist, vermag eine Heilung des Formmangels - wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat - nach dem Schutzzweck des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG nicht herbeizuführen (Senatsurteil BGHZ 134, 94, 98 f.; BGH, Urteil vom 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96, WM 1997, 2000, 2001).

III.


27
Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dem Beklagten ist es nicht nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich gegenüber der Klägerin auf die Nichtigkeit der Mithaftungsabrede zu berufen.

28
Ein Mangel der durch Gesetz vorgeschriebenen Form kann nur unter besonderen Umständen und Verhältnissen wegen unzulässiger Rechtsausübung unbeachtlich sein. Ein solcher Ausnahmefall liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in aller Regel vor, wenn eine Partei sich unter Berufung auf den Formmangel ihrer vertraglichen Verpflichtung entziehen will, obwohl sie längere Zeit aus dem nichtigen Vertrag geldwerte Vorteile im beträchtlichen Umfang gezogen hat. Zwar kommt dabei grundsätzlich auch ein bloßer mittelbarer Vorteil, den ein Gesellschafter durch eine rechtsgrundlose Leistung an die Gesellschaft erlangt hat, als Anknüpfungspunkt für ein treuwidriges Verhalten in Betracht (BGHZ 121, 224, 233 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96, WM 1997, 2000, 2001). Dafür, dass der Beklagte von dem Förderdarlehen als ehemaliger Geschäftsführer/Gesellschafter der Hauptschuldnerin in einem Ausmaß persönlich profitiert hat, das seine Zahlungsverweigerung als widersprüchliches und damit treuwidriges Verhalten erscheinen lässt, ist aber in den Tatsacheninstanzen nichts vorgetragen.

IV.


29
angefochtene Die Entscheidung war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die landgerichtliche Entscheidung wiederherstellen.
Nobbe Müller Wassermann
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 20.08.2003 - 3 O 61/03 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 23.12.2004 - 1 U 123/03 -
16
Entgegen c) der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Geschäftsführer /Gesellschafter einer GmbH, der im eigenen Namen der Kreditschuld der GmbH beitritt, nicht Unternehmer (§ 14 Abs. 1 BGB), sondern Verbraucher (§ 1 Abs. 1 VerbrKrG, § 13 BGB; BGHZ 165, 43, 47 ff.). Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts entspricht nicht der Gesetzeslage und vermag eine richterliche Rechtsfortbildung nicht zu rechtfertigen.

Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 71/08
vom
17. September 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Brüssel I-VO Art. 15 Abs. 1 lit. c
Zum Begriff des Ausrichtens der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit
im Sinne des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO.
BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - III ZR 71/08 - OLG Koblenz
LG Trier
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dr. Herrmann und Wöstmann, die
Richterin Harsdorf-Gebhardt und den Richter Hucke

beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Februar 2008 - 5 U 869/07 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 64.932,99 €

Gründe:


I.


1
Der in Deutschland wohnhafte Kläger beabsichtigte im Jahr 2001, zwei auf der Insel K. gelegene Eigentumswohnungen zu erwerben. Anlässlich der Besichtigung der Wohnungen kam er mit der Eigentümerin auf deren Vorschlag überein, dass der Beklagte, ein ortsansässiger griechischer Rechtsanwalt, der über deutsche Sprachkenntnisse verfügt, bei der Abwicklung des Geschäfts Hilfe leisten sollte. Der Kaufvertrag scheiterte, weil die Eigentümerin die Eigentumswohnungen nicht mehr verkaufen wollte und der Beklagte es daraufhin ablehnte, von der ihm seitens der Eigentümerin erteilten Vollmacht zum Verkauf der Objekte Gebrauch zu machen.

2
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil dieser es pflichtwidrig unterlassen habe, die Vollmacht zu nutzen. Er hält die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für gegeben, weil es sich um eine Verbrauchersache im Sinne des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO handele; insbesondere habe der Beklagte dadurch, dass er auf der Internetseite der deutschen Botschaft in Athen, auf der Website des "immobilien-k. " sowie auf der Homepage dreier deutscher Rechtsschutzversicherungen als in Griechenland tätiger Rechtsanwalt aufgeführt sei, seine Tätigkeit auch auf die Bundesrepublik ausgerichtet.
3
Die Vorinstanzen haben die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht begründet sei. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.

II.


4
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
5
Beide Vorinstanzen haben im Ergebnis zu Recht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint.
6
1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist vorliegend nach Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO und nicht nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ zu be- urteilen. Maßgeblich für die Anwendbarkeit der jeweiligen Bestimmung ist gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nicht der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (hier: April 2001), sondern der Zeitpunkt der Klageerhebung (hier: Dezember 2005).
7
2. Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass zwischen den Parteien ein Geschäftsbesorgungsvertrag zustande gekommen ist, bei dem die anwaltliche Tätigkeit durch den Beklagen einen Schwerpunkt darstellte. Jedoch kann das für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift erforderliche "Ausrichten" der Betätigung des Beklagten als Rechtsanwalt auf die Bundesrepublik Deutschland nach den Umständen des Streitfalls nicht angenommen werden.
8
a) Kernstück der Neuregelung in Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO ist der Begriff des Ausrichtens einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers. Hierdurch sollte neben der gezielt auf den Wohnsitzstaat des jeweiligen Verbrauchers gerichteten Werbung vor allem auch der so genannte elektronische Handel über das Internet erfasst werden, bei dem ein Vertragsschluss auf ausschließlich elektronischem Wege zustande kommt. Insbesondere bei der Verwendung einer interaktiven Website, bei der der Verbraucher auf einer Website des Vertragspartners die von ihm gewünschten Leistungen bestellt, etwa durch Anklicken eines dort enthaltenen Symbols, besteht das Problem, dass oftmals kaum oder gar nicht zu klären wäre, wo diese Handlung vorgenommen worden ist. Zudem ist sie rechtlich nicht relevant für die Schaffung einer Verbindung zwischen dem Vertrag und dem Staat des Verbrauchers. Deshalb kommt es, anders als nach dem bisherigen Recht (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b EuGVÜ), auf den Ort des Vertragsschlusses oder der Vornahme der dafür erforderlichen Rechtshandlungen nicht an; nach Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO wird die notwendige Verbindung zum Staat des Verbrauchers schon dadurch geschaffen, dass dessen Vertragspartner seine Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl. 2005, Art. 15 EuGVVO, Rn. 23).
9
Allerdings sind die Zugänglichkeit einer nur passiven Website als solche und der Umstand, dass sich der Verbraucher des Angebots einer Dienstleistung oder der Möglichkeit, Waren zu kaufen, durch eine solche in seinem Mitgliedstaat zugängliche Website bewusst wird, nicht ausreichend, um den Kompetenztatbestand zu erfüllen (vgl. BGHZ 167, 83, 90 Rn. 28; BR-Drucks. 543/99, S. 16; Kropholler aaO, Rn. 23-25; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl. 2008, Art. 15 EuGVVO, Rn. 5; Hk-ZPO/Dörner, 2. Aufl. 2007, Art. 15 EuGVVO, Rn. 16; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl. 2004, Art. 15 EuGVVO, Rn. 38; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 2007, § 3 Rn. 115; Hausmann EuLF 2000, 40, 45; a.A. Baumbach/Lauterbach , ZPO, 66. Aufl. 2008, Art. 15 EuGVVO Rn. 4). So heißt es auch in der zu Art. 15 EuGVVO abgegebenen gemeinsamen Erklärung des Rates und der Kommission (abgedruckt in IPRax 2001, 259, 261) ausdrücklich: "... In diesem Zusammenhang betonen der Rat und die Kommission, dass die Zugänglichkeit einer Website allein nicht ausreicht, um die Anwendbarkeit von Art. 15 zu begründen; vielmehr ist erforderlich, dass diese Website auch zum Vertragsschluss im Fernabsatz auffordert, und dass tatsächlich ein Vertragsschluss im Fernabsatz erfolgt ist, mit welchem Mittel auch immer ...".
10
Im Streitfall hat der Beklagte keine eigene Website unterhalten, sondern seine Kontaktadresse wird lediglich durch Dritte auf deren Homepage als Serviceleistung für die eigenen Kunden bzw. Staatsangehörigen mitgeteilt. Auch wenn er auf der Internetseite der deutschen Botschaft in Athen als deutschsprachiger , im Amtsbezirk der Botschaft niedergelassener Rechtsanwalt verzeichnet ist, auf der Internetseite des "immobilien-k. " sowie auf der Homepage von drei deutschen Rechtsschutzversicherern aufgeführt ist, und die Annahme nahe liegt, dass seine Erwähnung jedenfalls auf der Homepage der deutschen Botschaft nicht ohne seine Kenntnis und Zustimmung erfolgt ist, bleibt diese Fallgestaltung noch hinter der des Unterhaltens einer (eigenen) passiven Website zurück.
11
b) Darüber hinaus ist für die Erfüllung des Merkmals des "Ausrichtens" der gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers erforderlich , dass er dort zum Vertragsschluss zumindest motiviert worden ist, auch wenn der Vertragsschluss selbst nicht in dem Wohnsitzstaat erfolgt (vgl. z.B. Dörner aaO Rn. 15). Anwendbar ist die Vorschrift, gerade im Hinblick auf ihren Ausnahmecharakter und die Notwendigkeit einer autonomen und engen Auslegung ihrer Voraussetzungen (vgl. hierzu EuGH NJW 1993, 1251; 2005, 653, 654, Rn. 32; jew. zu Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ; Kropholler, aaO, Rn. 3; Dörner, aaO , Rn. 8) deshalb ersichtlich nicht, wenn ein Verbraucher auf Auslandsreisen "zufällig" Verträge mit einem "Unternehmer" abschließt (vgl. Schlosser, EUZivilprozessrecht , 2. Aufl. 2003, Art. 15 EuGVVO, Rn. 8 a).
12
Danach kann auch deshalb kein Ausrichten im Sinne des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO angenommen werden, weil der Kläger unstreitig nicht in Deutschland oder über das Internet auf den Beklagten aufmerksam geworden ist; er kannte nicht einmal die von ihm nunmehr in den Vordergrund gestellten Websites , auf denen der Beklagte verzeichnet ist. Der behauptete Vertrag mit dem Beklagten kam vielmehr zustande, weil die auf K. wohnende Eigentümerin ihn als Anwalt empfohlen, der Kläger nur dadurch gelegentlich seines Besuches in Griechenland von dem Beklagten erfahren hatte und unmittelbar nach einer Wohnungsbesichtigung vor Ort mit ihm zusammengetroffen ist. Würde man selbst bei dieser Sachlage noch ein "Ausrichten" bejahen, würde diese Zuständigkeitsvorschrift ihren Ausnahmecharakter vollständig verlieren.
13
3. Die Nichterfüllung des Tatbestandmerkmals "Ausrichten" ist so offensichtlich , dass weder die Zulassung der Revision zur Klärung der Rechtsfrage noch eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (vgl. dazu BGHZ 167, 83, 90, Rn. 30; 174, 273, 287, Rn. 34) geboten ist.
Schlick Herrmann Wöstmann
Harsdorf-Gebhardt Hucke

Vorinstanzen:
LG Trier, Entscheidung vom 06.06.2007 - 5 O 157/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 07.02.2008 - 5 U 869/07 -
8
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei die - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 9 und vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17 mwN) - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht und den Rechtsstreit an das insoweit auch örtlich ausschließlich zuständige Landgericht Stade verwiesen.