vorgehend
Bundespatentgericht, 5 Ni 10/10, 30.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 58/11 Verkündet am:
22. Mai 2012
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens sowie die
Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 30. März 2011 verkündete Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte ist Inhaber des europäischen Patents 1 366 968 (Streitpatents ), das am 25. April 2003 angemeldet wurde. Das Streitpatent umfasst 19 Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut: "Zusammenklappbarer Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen mit einem Wagengestellt (1), das mindestens aufweist: - zwei obere, spiegelbildlich angeordnete, von vorn nach hinten ansteigend und im Wesentlichen V-förmig verlaufende, durch- gehende oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildete Gestellholme (2a, 2b), deren untere Enden zum Verbringen aus einer zusammengelegten Stellung in eine Aufstellposition schwenkbar an einem Verbindungsteil (3) angekoppelt sind, - an welchem Verbindungsteil (3) zwei untere, spiegelbildlich angeordnete, von vorn nach hinten im Wesentlichen V-förmig verlaufende, durchgehende oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildete verschwenkbare Gestellholme (4a, 4b) angeordnet sind, an deren hinteren Enden Radlagerhalter (5) für hintere Räder oder Räderanordnungen (6) befestigt sind, - mindestens eine vordere Radanordnung (7) mit mindestens einem Rad, die mittels mindestens eines Radlagerhalters (8) an dem Verbindungsteil (3) oder einem Brückenteil der unteren Gestellholme (4a, 4b) befestigt ist, gekennzeichnet durch: - ein aufstellbares Spreizgestänge (9) in Form eines Kreuzgestänges , das in einem bestimmten Abstand zum Verbindungsteil (3) an den Holmen (2a, 2b; 4a, 4b) und diese verbindend vorgesehen und derart ausgebildet ist, dass nach dem Aufstellen des Wagengestells die oberen und die unteren Holme (2a, 2b) in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind und beim Zusammenlegen des Spreizgestänges (9) die oberen und unteren Holme (4a, 4b) gleichzeitig aufeinander zu verschwenken."
2
Die Patentansprüche 2 bis 19 sind unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpa3 tents unzulässig erweitert und gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig sei.
4
Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin und beantragt, das Urteil des Patentgerichts abzuändern und das Streitpatent für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
5

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Die Patentan6 sprüche 1 bis 19 gehen nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, und ihr Gegenstand ist patentfähig (Art. 138 Abs. 1 a und c EPÜ i.V.m. Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 3 IntPatÜbkG).
7
I. Das Streitpatent betrifft einen zusammenklappbaren Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen.
8
In der Beschreibung des Streitpatents wird ausgeführt, dass aus dem US-Patent 3 881 739 (K 4, auf derselben Priorität beruhend: Offenlegungsschrift 2 348 716, K 4'), aus welchem die nachfolgende Zeichnung stammt, ein Kinderwagen mit einer Rahmenkonstruktion bekannt sei, die ein unteres, scherenartig an einem Gelenkstück angelenktes Paar von Seitenholmen (1, 1') aufweise, die durch zusammenklappbare Querholme miteinander verbunden seien. Auf den Seitenholmen seien verschiebbare Gelenke für die schwenkbewegliche Befestigung von Rückenholmen (5, 5') vorgesehen, an deren Ende jeweils ein Schiebegriff angebracht sei. Zur Stabilisierung der Konstruktion in aufgestellter Lage seien zwischen den beiden Rückenholmen obere und untere Querholme (8, 8', 9, 9') vorgesehen, die jeweils an einem Ende aus zwei gleich langen, gelenkig miteinander verbundenen Stangen bestünden und an einem anderen Ende an den Rückenholmen angelenkt seien. An den Rückenholmen seien vorderseitig Sitzholme (11, 11') angelenkt, die schwenkbeweglich mit ihren vorderen Enden an Lagern der Seitenholme befestigt seien. Rückseitig der Rückenholme seien Beinstützen vorgesehen, die mit ihren anderen Enden an den Querholmen drehgelenkig befestigt seien. Durch die verschiebliche Anordnung der Gelenke an den Rückenholmen einerseits und durch die zusammenlegbaren Querholme andererseits könne das Wagengestell bei gleichzeitigem Verschieben der Gelenke für die Rückenholme auf den Seitenholmen vollständig zusammengelegt werden.
9
Zudem wird in der Klagepatentschrift auf die französische Patentanmeldung 75 14964 (K 7) verwiesen, aus der die nachfolgende Zeichnung stammt:
10
Aus der K 7 sei ein zusammenlegbares Kinderwagengestell bekannt, das einen gleichen Aufbau wie das aus der K 4 bekannte Gestell aufweise, bei dem jedoch anders als bei der K 4 die Rückenholme (14, 14') an festen Lagern an den Seitenholmen (1, 1') schwenkbeweglich gelagert seien und die Rückenholme unterhalb eines zusammenlegbaren Scherengestänges (18, 18', 19, 19'), das als Spreizgestänge zwischen den Rückenholmen vorgesehen sei, geteilt und gegeneinander verschwenkbar ausgeführt seien, so dass diese zusammen mit den Sitzholmen ein Kräfteparallelogramm bildeten. Für die Spreizung der Seitenholme sei zusätzlich ein zusammenlegbarer Querholm zwischen den unteren Abschnitten der Rückenholme vorgesehen.
11
Dem Streitpatent liegt demnach das Problem ("die Aufgabe") zugrunde, die bekannten zusammenklappbaren Schiebewagen derart fortzuentwickeln, dass diese bei vereinfachter Konstruktion leicht aufgestellt und zusammengeklappt werden können.
12
Das soll nach der Lehre aus Patentanspruch 1 durch eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen erreicht werden: 1. Zusammenklappbarer Schiebewagen für Kinder und/oder Puppen mit einem Wagengestell, das aufweist: 1.1 zwei obere Gestellholme (2a, 2b), 1.2 zwei untere Gestellholme (4a, 4b), 1.3 ein Verbindungsteil (3), 1.4 ein Spreizgestänge (9) und 1.5 eine vordere Radanordnung (7) und 1.6 hintere Räder oder Räderanordnungen (6).
2. Die oberen Gestellholme (2a, 2b) 2.1 sind durchgehend oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildet, 2.2 sind spiegelbildlich angeordnet, 2.3 verlaufen von vorn nach hinten ansteigend und im Wesentlichen V-förmig,
3. Die unteren Gestellholme (4a, 4b), 3.1 sind durchgehend oder aus miteinander verbundenen Abschnitten gebildet, 3.2 sind spiegelbildlich angeordnet, 3.3 verlaufen von vorn nach hinten im Wesentlichen V-förmig. 3.4 sind verschwenkbar und 3.5 weisen hintere Enden auf, an denen Radlager (5) für die hinteren Räder oder Räderanordnungen (6) befestigt sind.
4. An dem Verbindungsteil (3) sind
4.1 die unteren Enden der oberen Gestellholme (2a, 2b) zum Verbringen aus einer zusammengelegten Stellung in eine Aufstellposition schwenkbar gekoppelt und 4.2 die unteren Gestellholme (4a, 4b) angeordnet.
5. Die vordere Radanordnung (7) 5.1 weist mindestens ein Rad auf und 5.2 ist mittels mindestens eines Radlagerhalters (8) an dem Verbindungsteil (3) oder einem Brückenteil der unteren Gestellholme (4a, 4b) befestigt.
6. Das Spreizgestänge (9) ist 6.1 aufstellbar und 6.2 in Form eines Kreuzgestänges ausgebildet. 6.3 Das Kreuzgestänge ist 6.3.1 an den Holmen (2a, 2b; 4a, 4b) in einem bestimmten Abstand zum Verbindungsteil (3) und die Holme (2a, 2b; 4a, 4b) verbindend vorgesehen, 6.3.2 derart ausgebildet, dass nach dem Aufstellen des Wagengestells (1) die oberen und die unteren Holme (2a, 2b; 4a, 4b) in die charakteristische VPosition sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht sind, und 6.3.3 derart ausgebildet, dass beim Zusammenlegen des Spreizgestänges (9) die oberen und unteren Holme (2a, 2b; 4a, 4b) gleichzeitig aufeinander zu verschwenken.
13
Die nachfolgend wiedergegebene Zeichnung stammt aus der Streitpatentschrift und zeigt beispielhaft einen erfindungsgemäßen zusammenklappbaren Schiebewagen.


14
Aus Sicht des Fachmanns, bei dem es sich - wie vom Patentgericht, von der Berufung unbeanstandet, festgestellt - um einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau handelt, der bei einem Hersteller von Kinderwagengestellen mit Konstruktionsaufgaben befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt, liegt das Konstruktionsprinzip des erfindungsgemäßen Wagengestells im Wesentlichen darin, dass die vier Gestellholme zum einen an demselben Verbindungsteil angelenkt sind und zum anderen untereinander durch ein als Kreuzgestänge ausgebildetes Spreizgestänge verbunden sind, so dass die oberen und die unteren Holme wie ein Regenschirm beim Aufstellen sowohl zu- als auch gegeneinander in eine V-Position gebracht werden und beim Zusammenlegen gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt werden.
15
Ein Kreuzgestänge, dessen Holme - wie bei dem in der K 7gezeigten Scherengestänge - lediglich in einer Ebene zueinander verschwenkt werden können, kann nicht als ein Kreuzgestänge im Sinne der Merkmalsgruppe 6.3 angesehen werden, weil dieses nicht derart ausgebildet ist, dass beim Zusammenlegen obere und untere Holme gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt werden (Merkmal 6.3.3).
16
II. 1. Das Patentgericht hat angenommen, dass Merkmal 3.4 keine unzulässige Erweiterung enthalte. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Berufung nicht angegriffen.
17
2. Das Patentgericht hat weiter ausgeführt, die Aufnahme des Kreuzgestänges in den erteilten Patentanspruch 1 ohne dessen in der Beschreibung der Anmeldung angegebene konkrete Ausgestaltung erweitere nicht die Ursprungsoffenbarung. Bereits der ursprüngliche Anspruch 1 enthalte keine Festlegung auf eine bestimmte Bauform des Spreizgestänges. Davon werde auch ein Kreuzgestänge beliebiger Bauart, lediglich spezifiziert durch die Bedingung des durch Betätigung bewirkten Faltvorgangs des Wagengestells, umfasst. Die in der ursprünglichen Beschreibung konkret angegebene Ausgestaltung des Kreuzgestänges sei aus fachmännischer Sicht nicht zwingend erforderlich. Entsprechend deute der Fachmann auch die betreffenden Ausführungen in der Beschreibung als lediglich beispielhaft gemeinte Angaben.
18
Das demgegenüber von der Berufung vorgetragene Argument, wonach lediglich ein Spreizgestänge in Form eines Kreuzgestänges mit den in der Beschreibung der Anmeldung genannten Merkmalen ursprungsoffenbart sei (vgl. S. 3 der Anmeldung, Z. 5 bis 15), überzeugt nicht.
19
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Anmelder, der eine in einem Ausführungsbeispiel der Anmeldung gezeigte vorteilhafte Ausgestaltung zu einer Beschränkung des Gegenstands des Patentanspruchs heranziehen möchte, nicht gezwungen, sämtliche Merkmale dieses Ausführungsbeispiels zu übernehmen. Er kann sich vielmehr, wenn mehrere Merkmale des Ausführungsbeispiels gemeinsam, aber auch je für sich dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, darauf beschränken, einzelne Merkmale in den Patentanspruch aufzunehmen. Es darf sich lediglich kein Gegenstand ergeben, den der Fachmann den Ursprungsunterlagen nicht als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - X ZR 88/09, GRUR 2012, 475 Rn. 34 - Elektronenstrahltherapiesystem; Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung ).
20
Im Streitfall erschloss es sich dem Fachmann ohne weiteres, dass der Inhalt der Patentanmeldung auch Spreizgestänge umfassen soll, die allgemein in Form eines Kreuzgestänges ausgebildet sind. Zwar ist dieses Merkmal noch nicht Gegenstand des Patentanspruchs 1 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung. Der gleichermaßen als Teil der Ursprungsoffenbarung zu berücksichtigenden Beschreibung der Anmeldung (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - X ZR 75/08, GRUR 2011, 1109 Rn. 36 - Reifenabdichtmittel, m.w.N) konnte der Fachmann jedoch entnehmen, dass "ein Spreizgestänge in Form eines Kreuzgestänges" "besonders vorteilhaft" sei (S. 3, Z. 5 f.), mithin als erfindungsgemäß mit umfasst sein sollte. Dem steht auch nicht entgegen, dass in Bezug auf das "Kreuzgestänge" in der Beschreibung weiter ausgeführt wird, "z.B. in X-Form, wenn dieses aus geteilten Stützstreben besteht, die schwenkbeweglich an Schwenkhaltern an den Holmen einerseits und an einem Lagerhalter , der zentrisch vorgesehen ist, andererseits angelenkt sind, so dass - wie beim Regenschirm - die Streben durch Bewegen des Lagerhalters in Längsrichtung zum einen aufgestellt und zum anderen zusammengefaltet werden. In der aufgestellten Position können dabei die schwenkbar gelagerten Enden in Füh- rungsaufnahmen eingreifen und hierin seitlich gesichert sein." Denn wie sich für den Fachmann bereits aus der Einleitung "z.B." ergibt, handelt es sich insoweit lediglich um eine beispielhafte Ausgestaltung des Kreuzgestänges. Selbst wenn diese Einleitung - wie von der Berufung vorgetragen - nach sprachlichen Regeln lediglich auf die "X-Form" zu beziehen sein sollte, offenbart es sich dem Fachmann dennoch als zweifelsfrei, dass nicht ausschließlich ein Kreuzgestänge "in X-Form" mit der anschließend beschriebenen Merkmalskombination als ein Spreizgestänge im Rahmen der Lehre aus Patentanspruch 1 gemeint ist. Denn sind neben der "X-Form" auch nicht näher spezifizierte und damit beliebige andere Formen zulässig, gibt es aus fachlicher Sicht keinen Grund, Kreuzgestänge allein in der näher beschriebenen Merkmalskombination und nicht auch allgemein als möglich anzusehen.
21
III. 1. Das Patentgericht ist zudem zu dem Ergebnis gekommen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 patentfähig sei. Der darin beanspruchte Schiebewagen sei gegenüber der K 7 neu. Die oberen Gestellholme (15, 15') seien dort nicht am Verbindungsteil (2), sondern jeweils separat für sich an derselben Gestellseite zugeordneten unteren Holm (1, 1') befestigt. Zudem sei das Kreuzgestänge nicht an den oberen und unteren Gestellholmen angebracht und verbinde diese nicht. Vielmehr sei das Kreuzgestänge zwischen den an der Aufspreizung der oberen und unteren Holme beteiligten und damit dem Spreizgestänge zuzurechnenden Rückenholmen (5, 5') angeordnet. Die Auffassung der Klägerin, dies sei nichts anderes als eine von Patentanspruch 1 umfasste "mittelbare" Verbindung der Gestellholme durch das Kreuzgestänge, gehe am Wortlaut des Anspruchs vorbei. Diese Ausführungen begegnen keinen rechtlichen Bedenken und sind von der Berufung auch nicht beanstandet worden.
22
2. a) Das Patentgericht hat weiter angenommen, dass der Schiebewagen nach Patentanspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Dieser werde durch die Gestellkonstruktion nach der K 7 nicht nahegelegt. Darin werde ge- lehrt, die oberen Gestellholme (15, 15') jeweils für sich an dem derselben Gestellseite zugeordneten unteren Gestellholme (1, 1') anzulenken und ein Kreuzgestänge (18, 18', 19, 19') zwischen weiteren Holmen des Spreizgestänges (Rückenholme 12, 12', 14, 14') derart anzuordnen, dass die Faltbewegung des Kreuzgestänges ein Aufeinanderzubewegen der Gestellholme lediglich in Richtung der Gestellbreite bewirke. Zum Aufeinanderzubewegen der Gestellholme in Richtung der Gestellhöhe seien mit Gelenken versehene weitere Gestängeteile und Knickstellen erforderlich. Eine Anregung zur Abkehr von diesem Konstruktionsprinzip sei nicht zu erkennen. Erst recht fehle es an einer Anregung zur Anlenkung der vier Gestellholme an demselben Verbindungsteil und des Kreuzgestänges an den vier Holmen derart, dass beim Zusammenlegen des Kreuzgestänges die Holme aus ihrer nach Höhe und Seite gerichteten Spreizstellung gleichzeitig aufeinander zu verschwenken.
23
Eine solche Anregung ergebe sich auch nicht aus der K 4, bei der - bei ansonsten im Wesentlichen gleichem Konstruktionsprinzip wie aus der K 7 bekannt - das Wagengestell nicht einmal ein Kreuzgestänge aufweise.
24
Bei dem aus der US-Patentschrift 3 836 164 (K 8) bekannten Kinderwagengestell seien zwar die oberen Gestellholme (1) und die unteren Gestellholme (3) durch ein aufstellbares Kreuzgestänge (16, 17, 18) miteinander verbunden und schwenkten beim Zusammenlegen des Kreuzgestänges gleichzeitig aufeinander zu. Die Gestellholme seien jedoch nicht an einem gemeinsamen Verbindungsteil angelenkt und wiesen keine von vorn nach hinten verlaufende V-Form auf.
25
b) Die Ausführungen des Patentgerichts halten der Berufung stand.
26
Eine Anregung, das Kreuzgestänge entsprechend der in der Merkmalsgruppe 6.3 beschriebenen Konstruktion auszugestalten, ist der K 7 nicht zu entnehmen. Das demgegenüber von der Berufung vorgebrachte Argument, bei dem in der K 7 offenbarten wie auch bei dem im Streitpatent beanspruchten Schiebewagen würden gleichermaßen die oberen und die unteren Holme in der Aufstellposition in die charakteristische V-Position sowohl zueinander als auch gegeneinander verbracht und beim Zusammenlegen die oberen und die unteren Holme gleichzeitig aufeinander zu verschwenkt, verkennt, dass dieser gemeinsame Effekt mit unterschiedlichen räumlich-körperlichen Mitteln erreicht wird und dem Fachmann in der K 7 keine Anregung vermittelt wird, statt der dort offenbarten aufwändigen die im Streitpatent beanspruchte einfache Konstruktion zu wählen.
27
Dem Patentgericht ist zudem in der Bewertung zuzustimmen, dass die K 7 dem Fachmann auch keinen Anlass gab, die vier Gestellholme an demselben Verbindungsteil in einer Weise anzulenken, dass beim Zusammenlegen des Kreuzgestänges die Holme aus ihrer nach Höhe und Seite gerichteten Spreizstellung gleichzeitig aufeinanderzuverschwenken.
28
Der K 4 konnte der Fachmann einen zusammenklappbaren Schiebewagen mit einem Wagengestell entnehmen, das zwei obere und zwei untere Gestellholme (11, 11', 1, 1'), ein Verbindungsteil (2) und eine vordere Radanordnung (3) aufweist. Die oberen und unteren Gestellholme sind entsprechend den Merkmalen 2 und 3 ausgestaltet. Sie stehen rückwärtig über eine Anordnung mehrerer gelenkig miteinander verbundener Längs- und Querholme (5, 5', 8, 8', 9, 9', 10) in Verbindung. Wie sich aus den zutreffenden Ausführungen des Patentgerichts ergibt, kommt dieser Anordnung von Längs- und Querholmen die Funktion eines Spreizgestänges zu, das es ermöglicht, das Wagengestell in zwei hintereinander folgende Bewegungen von der Aufstellposition, bei der sich die oberen und unteren Holme zu- und gegeneinander in einer V-Position befinden , in eine zusammengelegte Position zu verbringen. Dabei werden zunächst jeweils die oberen und unteren Gestellholme (11, 11', 1, 1') sowie die Rückenholme (5, 5') durch eine Schwenkbewegung in eine zueinander im Wesentlichen parallele Lage zusammen gebracht. Sodann erfolgt durch eine gleitende Bewegung die Verbringung der oberen Gestellholme (11, 11') sowie der Rückenholme (5, 5') in eine zu den unteren Gestellholmen (1, 1') im Wesentlichen parallele Lage (vgl. K 4, Sp. 4, Z. 33 ff.; K 4', S. 8, Abs. 1 und 2; Figuren 4 und 5).
29
Im Hinblick auf diesen unterschiedlichen Bewegungsablauf ist entgegen der Berufung bereits nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der Fachmann durch die K 4 veranlasst gewesen sein soll, bei der K 7 die schwenkbar ausgestaltete Befestigung der oberen Gelenkholme (15, 15') mit ihren unteren Enden von den unteren Gelenkholmen (1, 1') an das Verbindungsteil (2) zu verlegen. Auf jeden Fall enthält die K 4 aber keine Anregung, das aus der K 7 bekannte Wagengestell mit einem Kreuzgestänge auszustatten, das den Anforderungen der Merkmalsgruppe 6.3 entspricht.
30
Eine solche Anregung folgt auch nicht aus der K 8, aus der die nachfolgenden Zeichnungen stammen und die ein Kinderwagengestell offenbart, das auf jeder Seite einen oberen und einen unteren Gestellholm (1, 3) aufweist. Die beiden Gestellholme sind jeweils über ein Verbindungsstück (2) miteinander verbunden. An jedem unteren Ende der oberen Gestellholme ist ein Vorderrad befestigt, während an jedem der unteren Enden der unteren Gestellholme ein Hinterrad angeordnet ist. Die oberen und die unteren Gestellholme sind durch ein Kreuzgestänge (16, 17, 18) miteinander verbunden.
31
Dem Patentgericht ist darin beizutreten, dass der Fachmann durch diese Entgegenhaltung nicht dazu veranlasst wird, das aus der K 7 bekannte Wagengestell im Sinne der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Konstruktion abzuändern. Die in der K 7 und in der K 8 gezeigten Konstruktionen weisen erhebliche Unterschiede auf. Bei dem in der K 7 gezeigten Wagengestell werden die V-förmig zueinander angeordneten oberen und unteren Gestellholme (1, 1', 15, 15') vorderseitig durch das Verbindungsteil (2) sowie rückseitig durch die beiden Rückenholme (14, 14'), die wiederum über der Kreuzgestänge (18, 18', 19, 19') und die weiteren Holme (17, 17') miteinander in Verbindung stehen, verbunden. Die gelenkige Ausgestaltung dieser Komponenten ermöglicht das Aufstellen und Zusammenlegen des Wagens. Demgegenüber beinhaltet das in der K 8 offenbarten Gestell eine wesentlich einfachere Konstruktion, bei der die parallelen oberen und unteren Gestellholme (1, 3) lediglich über ein Kreuzgestänge (16, 17, 18) miteinander verbunden sind, welches das Aufstellen und Zusammenlegen des Wagens erlaubt. Die Berufung hat nicht aufgezeigt und es ist auch sonst nicht erkennbar, welche Überlegungen den Fachmann dazu hätten bringen können, ungeachtet dieser erheblichen Unterschiede den Einbau eines die oberen und unteren Holme verbindenden Kreuzgestänges zu erwägen und überdies ein für diese Holme gemeinsames Verbindungsteil vorzusehen.
32
An dieser Beurteilung ändert sich auch dann nichts, wenn mit der Berufung das in den Figuren 12 bis 14 gezeigte und in der Beschreibung der K 8 weiter erläuterte weitere Ausführungsbeispiel mit berücksichtigt wird (vgl. K 8, Sp. 4, Z. 46 ff.). Bei diesem sind an einem oberen Verbindungsstück (18') vier Hebel (17') angelenkt, an deren Enden sich die Räder (5', 6') befinden. Zudem ist ein unteres Verbindungsstück (105) vorgesehen, an dem die Hebel (106) angelenkt sind, deren andere Enden wiederum mit den Hebeln (17') gelenkig verbunden sind. Wird das untere Verbindungsstück (105) durch den Stab (104) von dem oberen Verbindungsstück (18') weggeschoben, werden alle vier angelenkten Hebel (106) zur Mitte zusammengezogen und führen damit auch die Hebel (17') mit den Rädern (5', 6') in der Mitte zusammen. Umgekehrt bewirkt ein Heranziehen des unteren Verbindungsstücks (105) an das obere Verbindungsstück (18'), dass die Hebel (106) und folglich auch die Hebel (17') mit den Rädern (5', 6') auseinandergespreizt werden. Denn auch im Hinblick auf dieses in der K 8 offenbarte Ausführungsbeispiel ist festzustellen, dass das durch das Verbindungsstück (105) und die Hebel (106) gebildete Kreuzgestänge Teil einer Konstruktion ist, die sich in erheblicher Weise von der in der K 7 gelehrten Konstruktion unterscheidet und die Berufung nicht dargetan hat und auch sonst nicht ersichtlich ist, wodurch der Fachmann dazu hätte veranlasst werden können , die K 7 derart fortzuentwickeln, dass diese sowohl das in der Merkmalsgruppe 6.3 geforderte Kreuzgestänge als auch das in der Merkmalsgruppe 4 vorgesehene Verbindungsstück aufweist.
33
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Mühlens Gröning
Grabinski Hoffmann
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 30.03.2011 - 5 Ni 10/10 (EU) -

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(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt wird, und hat er die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat angegeben, in dem er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung verwenden will ("ausgewählter Staat"), so ist das Deutsche Patent- und Markenamt ausgewähltes Amt.

(2) Ist die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland vor Ablauf des 19. Monats seit dem Prioritätsdatum erfolgt, so ist § 4 Absatz 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Artikels 23 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages Artikel 40 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages tritt.

34
Wird eine in einem Ausführungsbeispiel gezeigte vorteilhafte Ausgestaltung zu einer Beschränkung des Gegenstands des Patentanspruchs herangezogen , ist der Anmelder nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht gezwungen, sämtliche Merkmale dieses Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch zu übernehmen. Er kann sich vielmehr, wenn mehrere Merkmale des Ausführungsbeispiels gemeinsam, aber auch je für sich dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, darauf beschränken, einzelne dieser Merkmale in den Patentanspruch aufzunehmen. Es darf sich hieraus lediglich kein Gegenstand ergeben, den der Fachmann den Ursprungsunterlagen nicht als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 unter II 3 b cc - Drehmomentübertragungseinrichtung ).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 18/00
vom
11. September 2001
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das deutsche Patent 34 47 925
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Drehmomentenübertragungseinrichtung
Werden in den Patentanspruch nur einzelne Merkmale eines Ausführungsbeispiels
der Erfindung aufgenommen, geht die sich daraus ergebende Merkmalskombination
dann über den Inhalt der Anmeldung hinaus, wenn sie in ihrer Gesamtheit
eine technische Lehre umschreibt, die der Fachmann den ursprünglichen
Unterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen
kann.
BGH, Beschl. v. 11. September 2001 - X ZB 18/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2001
durch den Vorsitzenden Richter Rogge und die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Dr. Melullis, Scharen und Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 13. Juli 2000 verkündeten Beschluß des 6. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 34 47 925 (Streitpatent), das eine Drehmomentübertragungseinrichtung betrifft. Das Streitpatent beruht auf der Anmeldung 34 40 927.0 vom 9. November 1984, zu der die Patentinhaberin mit Eingabe vom 17. Januar 1985 zwei Teilungserklärungen abgegeben hat. Auf eine der beiden Trennanmeldungen ist das Streitpatent am 26. Januar 1995 mit folgenden Ansprüchen 1, 3 und 12 veröffentlicht worden:
"1. Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer Vorkehrung zum Aufnehmen bzw. Ausgleichen von Drehstößen, insbesondere von Drehmomentschwankungen einer Brennkraftmaschine mit mindestens zwei, koaxial angeordneten, entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung zueinander verdrehbaren Schwungmassen, von denen die eine, erste, mit der Brennkraftmaschine und die andere, zweite, über eine Reibungskupplung mit dem Eingangsteil eines Getriebes verbindbar ist, wobei die Reibungskupplung über ein Ausrücksystem betätigbar ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die Schwungmassen (3, 4) durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind derart, daß die die Kupplung tragende Schwungmasse in einer Richtung belastet wird, die der beim Ausrücken der Kupplung wirksamen Kraftrichtung entgegengesetzt ist.
3. Drehmomentübertragungseinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t daß die Schwungmassen in Abhängigkeit von der Betätigung der Reibungskupplung (7, 107) zueinander begrenzt axial verlagerbar sind.
12. Drehmomentübertragungseinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 11, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,
daû die Schwungmassen (3, 4) über wenigstens zwei Reiboder Gleitflächen miteinander in Reib- oder Gleitverbindung stehen bzw. bringbar sind, wobei in Abhängigkeit der Betätigung der Reibungskupplung (7, 107) die Dämpfungswirkung dieser Verbindung veränderbar ist."
Gegen das Streitpatent ist Einspruch erhoben worden, der damit begründet worden ist, daû der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nicht patentfähig sei. Nach Rücknahme des Einspruchs hat die Patentinhaberin mit Erklärung vom 29. Oktober 1996 eine Teilung des Streitpatents erklärt, die zur Trennanmeldung 34 48 593.7 geführt hat. Nach einem Zwischenbescheid der Patentabteilung hat die Patentinhaberin den Widerruf der Teilungserklärung vom 29. Oktober 1996 erklärt und zugleich eine erneute Teilungserklärung abgegeben. Das Streitpatent hat die Patentinhaberin mit 24 Ansprüchen verteidigt , von denen Anspruch 1 lautet (Änderungen gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 kursiv):
"Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer Vorkehrung zum Aufnehmen bzw. Ausgleichen von Drehstöûen, insbesondere von Drehmomentschwankungen einer Brennkraftmaschine mit mindestens zwei über eine Lagerung koaxial angeordneten, entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbaren Schwungmassen, von denen die eine, erste, mit der Brennkraftmaschine und die andere, zweite, über eine Reibungskupplung mit dem Eingangsteil eines Getriebes verbindbar ist, wobei die Reibungskupplung über ein Ausrücksystem betätigbar ist,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daû die Schwungmassen (3, 4) durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind derart, daû die die Kupplung tragende Schwungmasse in einer Richtung belastet wird, die der beim Ausrücken der Kupplung wirksamen Kraftrichtung entgegengesetzt ist."
Die Patentabteilung hat das Streitpatent widerrufen, weil die Einfügung der Worte "über eine Lagerung" eine unzulässige Erweiterung gegenüber dem Inhalt der Anmeldung darstelle.
Die Patentinhaberin hat gegen den Beschluû der Patentabteilung Beschwerde eingelegt und beantragt,
1. den angefochtenen Beschluû aufzuheben und das Streitpatent mit den verteidigten Patentansprüchen aufrechtzuerhalten.
2. die Rückzahlung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen.
Mit Beschluû vom 13. Juli 2000 hat das Bundespatentgericht die Beschwerde und den Antrag zurückgewiesen, die Rückzahlung der Gebühren für die Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen.
Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin , mit der diese beantragt,
den Beschluû des Bundespatentgerichts aufzuheben und die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft; das Rechtsmittel bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. Das Bundespatentgericht hat die Teilungserklärung, die zu der dem Streitpatent zugrundeliegenden Trennanmeldung geführt hat, als wirksam angesehen , da zumindest der Gegenstand, der sich aus den mit der Teilungserklärung eingereichten Ansprüchen 1 und 6 oder 7, 10, 11 und 20 ergebe und den Ausführungen nach den ursprünglichen Figuren 4 und 5 entspreche, zum Zeitpunkt der Teilung Inhalt der Stammanmeldung 34 40 927.0 gewesen sei und in der Stammanmeldung jedenfalls die Ausführung nach der ursprünglichen Figur 1 verblieben sei. Das läût keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Das Bundespatentgericht hat sich für befugt gehalten, den Anspruch, mit dem die Patentinhaberin das Streitpatent verteidigt, umfassend daraufhin zu überprüfen, ob er gegenüber dem Inhalt der Patentanmeldung 34 40 927.0 unzulässig erweitert ist. Zwar sei das Bundespatentgericht nicht befugt, von Amts wegen erstmalig neue Widerrufsgründe in das Verfahren einzuführen, die nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt gewesen seien. Dies hindere das Bundespatentgericht aber grundsätzlich nicht daran, unter Wahrung des rechtlichen Gehörs innerhalb ein und desselben Widerrufsgrundes neue Tatsachen heranzuziehen und neue rechtliche Überlegungen anzustellen. Ebenso wie es bei der Prüfung der Patentfähigkeit den gesamten ihm bekannten Stand der Technik berücksichtigen könne
und nicht auf das den Beschluû der Patentabteilung tragende Material beschränkt sei, könne es im Einspruchsbeschwerdeverfahren im Rahmen des von der Patentabteilung festgestellten Widerrufsgrundes nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG weitere nicht ausdrücklich gerügte unzulässig erweiterte Merkmale zum Gegenstand seiner Entscheidung machen.
Die Rechtsbeschwerde meint demgegenüber, das Bundespatentgericht habe übersehen, daû die Patentabteilung nicht den gesetzlichen Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG angewendet habe, auch wenn diese Vorschrift unzutreffend als Grundlage der Entscheidung genannt sei. Die Patentabteilung habe gerade nicht festgestellt, daû der Gegenstand des erteilten Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Der Widerruf sei vielmehr darauf gestützt, daû das im Einspruchsverfahren neu eingefügte Merkmal "über eine Lagerung" in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart sei. Damit habe das Patentamt von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, bei einer Verteidigung des Patents in veränderter Fassung die Zulässigkeit der Änderungen zu überprüfen; der von ihm behandelte Widerrufsgrund habe sich daher auf eine Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents bezogen.
Diese Rüge hat keinen Erfolg.
Allerdings ist das Beschwerdegericht nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 128, 280, 292 f. - Aluminium-Trihydroxid; Beschl. v. 3.2.1998 - X ZB 6/97, GRUR 1998, 901, 902 - Polymermasse) im Einspruchsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht befugt, vom Einsprechenden innerhalb der Frist des § 59 Abs. 1 PatG nicht geltend gemachte und vom Patentamt nicht in
das Verfahren eingeführte Widerrufsgründe von Amts wegen aufzugreifen und den Widerruf des Patents hierauf zu stützen. Das stand der Entscheidung des Bundespatentgerichts jedoch nicht entgegen.
Die Beschränkung des Gegenstandes der gerichtlichen Prüfung auf die vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geltend gemachten Widerrufsgründe ergibt sich aus der Funktion des Beschwerdegerichts im Rechtszug und seiner Bindung an den Streitgegenstand. Das Bundespatentgericht ist im Beschwerdeverfahren zur Nachprüfung und Änderung von Entscheidungen nur in dem Umfang befugt, in dem eine Nachprüfung beantragt wird (Sen.Beschl. v. 2.3.1993 - X ZB 14/92, GRUR 1993, 655, 656 - Rohrausformer). Im Streitfall hat die Patentabteilung das Patent widerrufen, da der "geltende Patentanspruch" , als den die Patentabteilung den von der Patentinhaberin verteidigten Anspruch angesehen hat, i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG auf einen über den Inhalt der Anmeldung hinausgehenden Gegenstand gerichtet sei. Die Patentabteilung hat dies damit begründet, daû die Einfügung der Worte "über eine Lagerung" in den erteilten Anspruch über den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Unterlagen hinausgehe, denen der Fachmann nicht allgemein ein Lager, sondern ausschlieûlich ein Wälzlager zwischen den Schwungmassen entnehme. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Entscheidung der Patentabteilung hiernach nicht auf eine Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents durch den verteidigten Anspruch gestützt. Es kann dahinstehen , ob die Patentabteilung zunächst die Zulässigkeit der Änderung des Anspruchs hätte prüfen und in Anbetracht der - nach ihrem Standpunkt - unzulässigen Änderung die erteilte Fassung zum Gegenstand ihrer weiteren Untersuchung hätte machen müssen (in diesem Sinne Busse, Patentgesetz, 5. Aufl., § 21 Rdn. 107, § 83 Rdn. 42, 45; BPatGE 20, 133, 138; 29, 223, 226 für das
Gebrauchsmusterlöschungsverfahren; a.A. Hövelmann, GRUR 1997, 109, 110 f., und - für das Nichtigkeitsverfahren - wohl auch Schulte, PatG, 5. Aufl., § 81 Rdn. 62b). Nachdem die Patentabteilung so nicht verfahren ist, sondern den verteidigten Anspruch daraufhin untersucht hat, ob dieser Anspruch auf einen über den Inhalt der Anmeldung hinausgehenden Gegenstand gerichtet ist (der als erteilter Anspruch nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG zum Widerruf des Streitpatents führen müûte und mit dem das Patent daher nicht aufrechterhalten werden kann), hatte das Beschwerdegericht diese Entscheidung nachzuprüfen. Im Rahmen dieser Prüfung war das Bundespatentgericht nicht auf dasjenige Merkmal beschränkt, das die Patentabteilung als unzulässige Erweiterung angesehen hat, denn die Erweiterung bezieht sich stets auf den Anspruch als Ganzen.
3. Das Beschwerdegericht hat angenommen, der Durchschnittsfachmann habe den ursprünglichen Unterlagen die Lehre nach dem geltenden Patentanspruch 1 nicht entnehmen können. Denn in den ursprünglichen Unterlagen sei zum einen das Merkmal im Oberbegriff des Anspruchs 1, wonach die Relativverdrehung der Schwungmassen entgegen der Wirkung einer beliebigen Dämpfungseinrichtung erfolgen solle, sachlich nicht offenbart, zum anderen erlaubten sie nicht das Weglassen von zwingend zum Gegenstand der ursprünglichen Stammanmeldung gehörigen lösungswesentlichen Merkmalen im geltenden und auch schon erteilten Patentanspruch 1. Aus der Anmeldung ergebe sich für den Fachmann eine Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer bestimmten baulichen Konzeption und einer speziellen Steuerung zur Veränderung bzw. Verringerung der Dämpfung, wenn die Reibungskupplung gelöst werde. Für diese Steuerung sei in den ursprünglichen Unterlagen ein Mechanismus offenbart, der nicht nur die Merkmale des kennzeichnenden Teils
des geltenden Patentanspruchs 1, sondern zugleich auch die axiale Verschiebbarkeit der die Reibungskupplung tragenden Schwungmasse (erteilter Anspruch 3) und die Reib- und Gleitverbindung (etwa erteilter Anspruch 12) in untrennbarer Weise umfasse.
Das beanstandet die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Das Bundespatentgericht hält das Merkmal, wonach die Schwungmassen entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbar sind, für in den ursprünglichen Unterlagen in dieser allgemeinen Weise nicht offenbart. Aus der ursprünglichen Beschreibung in Verbindung mit den Figuren gehe wie auch aus dem ursprünglichen Anspruch 31 hervor, daû die Dämpfungseinrichtung aus in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern bestehe und damit das Nominaldrehmoment übertragen werde. Die im ursprünglichen Anspruch 31 enthaltene Alternative, die statt der in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeicher Reib- oder Gleitmittel vorsehe, bilde nach dem Verständnis des Fachmanns zumindest beim abgetrennten Gegenstand keinen Ersatz für in Umfangsrichtung wirkende Kraftspeicher. Andere Ausführungsmöglichkeiten hinsichtlich der Übertragung des Nominaldrehmoments seien vom Fachmann nicht erkennbar.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Merkmal findet sich - abgesehen von der bereits von der Patentabteilung für unbedenklich angesehenen Einfügung des Wortes "relativ" - bereits in Anspruch 1 der zugrundeliegenden Anmeldung. Das Bundespatentgericht, das das nicht verkennt, meint, der ursprüngliche Patentanspruch 1 weise vorwiegend allgemeine dämpfungstechnische Wirkangaben auf und sei so weit gefaût, daû ein Bezug zu
der sich aus der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen ergebenden konkreten Lehre nicht ersichtlich sei und Anspruch 1 deshalb nicht als prinzipielle Verkörperung des Anmeldungsgegenstands verstanden werde. Dies gelte schon deswegen, weil im ursprünglichen Anspruch 1 die Reibungskupplung und das zugehörige Ausrücksystem nicht erwähnt würden, die aber für den im Streitpatent weiterzubildenden Gegenstand die entscheidende Grundlage bildeten.
Diese Erwägungen begründen die vom Bundespatentgericht angenommene unzulässige Erweiterung nicht. Das Bundespatentgericht zieht nicht in Zweifel, daû in den ursprünglichen Unterlagen eine Dämpfungseinrichtung aus in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern offenbart ist. Es zieht auch nicht in Zweifel, daû der Fachmann, als den das Bundespatentgericht rechtsfehlerfrei einen Hochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Dämpfungsvorrichtungen insbesondere in Verbindung mit Kraftfahrzeugkupplungen ansieht, hierin ein Mittel sieht, kraft dessen die Schwungmassen - in den Worten des verteidigten Anspruchs - entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbar sind. Unter diesen - dem Rechtsbeschwerdeverfahren zugrundezulegenden - Voraussetzungen kann aber das sachlich unverändert aus Anspruch 1 der Anmeldung in Patentanspruch 1 übernommene Merkmal keine unzulässige Erweiterung darstellen, weil es nichts enthält, was nicht bereits Inhalt der Anmeldung gewesen wäre. Der Umstand, daû die Anmeldung nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts nur eine Ausführungsform "einer ganz bestimmten Baukonzeption" mit in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern (ausführbar) offenbart, steht dem nicht entgegen. Denn offenbart ist alles das, was in der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen schriftlich niedergelegt
ist und sich dem Fachmann ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt der Unterlagen am Anmeldetag erschlieût (Sen., BGHZ 111, 21, 26 - Crackkatalysator I). Ein "breit" formulierter Anspruch ist unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung deshalb jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörig entnehmbar war.

b) Das Bundespatentgericht hat weiter festgestellt, der Fachmann entnehme den ursprünglichen Unterlagen eine Steuerung zur Veränderung bzw. Verringerung der Dämpfung, die nicht nur die Merkmale des kennzeichnenden Teils des geltenden Patentanspruchs 1, sondern zugleich auch die axiale Verschiebbarkeit der die Reibungskupplung tragenden Schwungmasse in untrennbarer Weise umfasse.
aa) Im einzelnen hat das Bundespatentgericht hierzu ausgeführt: In der Anmeldung werde die ferdernde Verspannung der Schwungmassen im Zusammenhang mit der Tellerfeder 34, dem Reibring 22 und der axialen Verlagerbarkeit der Schwungmasse 4 gegenüber der Schwungmasse 3 beschrieben. Im weiteren werde dort zur Funktionsweise ausgeführt, daû das durch den Reibring 22 erzeugte Reibmoment abnehme, wenn mit zunehmender Ausrückkraft die Vorspannung der Tellerfeder 34 allmählich kompensiert werde, und daû bei Überwindung der Vorspannung der Tellerfeder 34 diese verschwenkt und die Schwungmasse 4 um den Betrag X in Richtung der Schwungmasse 3 mit der
Folge verlagert werde, daû der Reibring 22 abhebe und keine Reibungsdämpfung mehr erzeugt werde. Die axial federnde Verspannung der Schwungmassen mit der entgegen der Betätigungskraft der Reibungskupplung wirkenden Vorspannkraft und die axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen sowie die Reib- und Gleitverbindung stellten eine Funktions- und Steuereinheit dar, die das allgemeine Lösungsprinzip verkörpere. In den ursprünglichen Unterlagen werde es bei der als Stand der Technik erörterten Drehmomentübertragungseinrichtung nach der deutschen Offenlegungsschrift 28 26 274 als nachteilig angesehen, daû der radiale Flansch der Flanschhülse, die die drehbare Lagerung der Schwungmassen zueinander ermögliche, beim Betätigen der Reibungskupplung zwischen den Schwungmassen mit groûer Kraft verspannt werde, wodurch ein hohes Reibmoment zwischen den Schwungmassen auftrete und die Dämpfung beeinträchtige. Mit dem Patentgegenstand solle eine derart hohe Reib- und Dämpfungswirkung vermieden werden, wofür die axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen und die Reib- und Gleitverbindung unverzichtbare Bestandteile der offenbarten Steuerung seien.
bb) Das trägt die angefochtene Entscheidung.
Bis zum Beschluû über die Erteilung des Patents sind nach § 38 PatG Änderungen der in der Anmeldung enthaltenen Angaben zulässig, die den Gegenstand der Anmeldung nicht erweitern. Der Gegenstand der Anmeldung darf bei der Aufstellung des Patentanspruchs anders formuliert werden, und er darf beschränkt werden. Eine solche Änderung darf aber nicht zu einer Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung führen, und sie darf nicht dazu führen, daû an die Stelle der angemeldeten Erfindung eine andere gesetzt wird (Sen., BGHZ 66, 17, 29 - Alkylendiamine I; BGHZ 110, 123, 125 - Spleiûkammer). Der
Patentanspruch darf mithin nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, von dem der Durchschnittsfachmann aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen kann, daû er von vornherein von dem Schutzbegehren umfaût sein soll (Sen.Urt. v. 21.9.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn; Sen.Beschl. v. 20.6.2000 - X ZB 5/99, GRUR 2000, 1015, 1016 - Verglasungsdichtung; v. 5.10.2000 - X ZR 184/98, GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm).
Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daû der Fachmann den in dem verteidigten - wie in dem erteilten - Patentanspruch bezeichneten Gegenstand den ursprünglichen Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörig entnehmen kann.
cc) Die Rechtsbeschwerde verweist allerdings zu Recht darauf, daû der Anmelder oder der Patentinhaber, wenn er nur noch für eine bestimmte Ausführungsform der angemeldeten Erfindung Schutz begehrt, nicht genötigt ist, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Anspruch aufzunehmen. Die Aufnahme eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in den Patentanspruch ist zulässig, wenn dadurch die zunächst weiter gefaûte Lehre auf eine engere Lehre eingeschränkt wird und wenn das weitere Merkmal in der Beschreibung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend zu erkennen war (Sen., BGHZ 111, 21, 25 - Crackkatalysator I; Beschl. v. 30.10.1990 - X ZB 18/88, GRUR 1991, 307, 308 - Bodenwalze; Urt. v. 7.12.1999 - X ZR 40/95, GRUR 2000, 591, 592 - Inkrustierungsinhibitoren). Dienen mehrere in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, die je für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, hat es
der Patentinhaber in der Hand, ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale beschränkt; in dieser Hinsicht können dem Patentinhaber keine Vorschriften gemacht werden (Sen., BGHZ 110, 123, 126 - Spleiûkammer).
Das bedeutet jedoch nicht, daû der Patentinhaber nach Belieben einzelne Elemente eines Ausführungsbeispiels im Patentanspruch kombinieren dürfte. Die Kombination muû vielmehr in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann; andernfalls wird etwas beansprucht , von dem der Durchschnittsfachmann aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen kann, daû es von vornherein von dem Schutzbegehren umfaût sein soll, und das daher gegenüber der angemeldeten Erfindung ein aliud darstellt (Sen.Beschl. v. 23.1.1990 - X ZB 9/89, GRUR 1990, 432, 434 - Spleiûkammer [insoweit nicht in BGHZ]).
dd) Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Bundespatentgerichts umfaût die Angabe im verteidigten Patentanspruch , daû die Schwungmassen durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind, aus der Sicht des Fachmanns nicht notwendigerweise eine axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen als ungeschriebenen Bestandteil der technischen Lehre des Anspruchs. Vom Anspruch umfaût ist daher auch eine Ausführungsform, bei der die Schwungmassen axial federnd verspannt sind, ohne axial verlagerbar zu sein. Nach den weiteren Ausführungen des Beschwerdegerichts konnte der Fachmann der Anmeldung axial federnd verspannte Schwungmassen jedoch nur im Zusammenhang mit einer gleichzeitigen axialen Verschiebbarkeit dieser Schwungmassen entnehmen. Das
Bundespatentgericht hat insoweit auf die dem Fachmann in der Beschreibung erläuterte Funktion der axial federnde Verspannung der Schwungmassen für deren axiale Verlagerung und die Bedeutung dieser Verlagerung für die Lösung des der Anmeldung zugrundeliegenden Problems abgestellt. Diese Ausführungen , die das Bundespatentgericht noch zusätzlich darauf hätte stützen können, daû die axiale Verspannung der Schwungmassen auch im allgemeinen Teil der Beschreibung und in den in der Anmeldung formulierten Ansprüchen nur als Ausführungsform axial verlagerbarer Schwungmassen angesprochen ist, sind als tatrichterliche Feststellungen, gegen die durchgreifende Rechtsbeschwerdegründe nicht erhoben sind, für das Rechtsbeschwerdeverfahren bindend (§ 107 Abs. 2 PatG).
ee) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, diesen Feststellungen lägen unzutreffende Maûstäbe zugrunde.
Zu Unrecht sieht sie solche in der Bemerkung des Bundespatentgerichts , für den Fachmann seien aus der Anmeldung auch keine anderen Ausführungsformen erkennbar, die die Offenbarung der im geltenden Anspruch 1 angegebenen Lösung rechtfertigen könnten. Damit hat das Bundespatentgericht nicht zum Ausdruck gebracht, nur bei einem solchen (weiteren) Ausführungsbeispiel könne die beanspruchte Lösung als offenbart gelten.
Unbegründet ist auch die Rüge, das Bundespatentgericht habe angenommen , Rechte aus dem Streitpatent könnten "(selbstverständlich) nur im Sinne des in der Beschreibung offenbarten Ausführungsbeispiels geltend gemacht werden". An der angegebenen Stelle hat das Bundespatentgericht vielmehr - zutreffend - ausgeführt, Mängel im geltenden Anspruch 1 hinsichtlich
der ursprünglichen Offenbarung könnten nicht, wie von der Patentinhaberin eingeworfen worden sei, dadurch kompensiert werden, daû das Streitpatent (selbstverständlich) nur im Sinne des in der Beschreibung offenbarten Ausführungsbeispiels gegenüber Dritten geltend gemacht werden könne; dafür biete das Patentrecht keine Handhabe.
Nicht unbedenklich sind hingegen zwar die Ausführungen des Beschwerdegerichts , die Abstraktion des konkreten Gegenstandes dürfe nicht zu einer unbestimmten und diffusen Aussage oder Anweisung führen, die eine klare Vorstellung vom Wesen des ursprünglich offenbarten Anmeldungsgegenstandes nicht mehr vermittele und über die ursprüngliche Offenbarung in unzulässiger Weise hinausgehe, was im Streitfall ersichtlich der Fall sei, da wesentliche Elemente der Steuerung nicht im Hauptanspruch angegeben würden und für das Lösungsprinzip die steuernden und zu steuernden Mittel oder Vorrichtungen unverzichtbar seien. Es ist jedoch weder von der Rechtsbeschwerde dargelegt noch sonst erkennbar, inwiefern die Feststellungen zum Verständnis des Fachmanns vom Inhalt der Anmeldung hierdurch beeinfluût sein könnten.
ff) Wenn das Bundespatentgericht aus den zu dd) genannten Feststellungen abgeleitet hat, ein Anspruch, der nur die axial federnde Verspannung der Schwungmassen und den der Ausrückkraft der Reibkupplung entgegenwirkenden Kraftspeicher zur Kennzeichnung der Lösung anführe, sei "aus Offenbarungsgründen nicht statthaft" und führe zu einer sich dem Fachmann aus den ursprünglichen Unterlagen nicht erschlieûenden und deshalb unzulässigen Teil- oder Unterkombination, hat es nach alledem entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht unzulässig Fragen zum Anspruch auf Erteilung des Patents mit solchen aus dem Recht der Patentverletzung vermengt. Es hat
vielmehr zutreffend darauf abgestellt, daû der verteidigte Anspruch auf eine Kombination von Merkmalen gerichtet sei, die dem Fachmann nach seinen Feststellungen in der dem Streitpatent zugrundeliegenden Anmeldung nicht als zur Erfindung gehörende Kombination offenbart wird.

c) Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, ob das Bundespatentgericht auch rechtsfehlerfrei festgestellt hat, nach der Ursprungsoffenbarung gehöre ebenso die Reib- und Gleitverbindung, wie sie etwa im erteilten Anspruch 12 angegeben sei, zu dem erfindungsgemäûen Steuerungsmechanismus, wogegen sprechen könnte, daû eine solche Verbindung in der Beschreibung (S. 17) lediglich als vorteilhaft bezeichnet ist.
4. Das Bundespatentgericht hat den Antrag zurückgewiesen, die Rückzahlung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen. Insoweit ist die Rechtsbeschwerde ohne Begründung geblieben und deswegen als unzulässig zu verwerfen (§§ 102, 104 PatG).
III. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG).
Rogge Jestaedt Melullis
Scharen Meier-Beck
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erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Der Inhalt der Patentanmeldung ist der Gesamtheit der Unterlagen zu entnehmen. Der Patentanspruch darf nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, den die ursprüngliche Offenbarung aus Sicht des Fachmanns nicht zur Erfindung gehörend erkennen lässt (Senat, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 30/02, GRUR 2005, 1023, 1024 - Einkaufswagen II; Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 28/06, Rn. 29, GRUR 2010, 513 - Hubgliedertor II). Dies ist jedoch hier der Fall. Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags I unterscheidet sich

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)