Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juli 2006 - X ZR 182/05

bei uns veröffentlicht am25.07.2006
vorgehend
Amtsgericht Wuppertal, 36 C 454/04, 04.02.2005
Landgericht Wuppertal, 8 S 15/05, 06.07.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 182/05 Verkündet am
25. Juli 2006
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 651a; BGB-InfoV § 6 Abs. 2 lit. i
Der Reiseveranstalter oder in besonderen Fällen das vermittelnde Reisebüro
sind nur zum Hinweis auf eine Reiserücktrittskosten- und eine Rücktransportkostenversicherung
, nicht aber auf eine Reiseabbruchversicherung verpflichtet.
BGH, Urt. v. 25. Juli 2006 - X ZR 182/05 - LG Wuppertal
AG Wuppertal
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und den
Richter Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das am 6. Juli 2005 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, der ein Reisebüro betreibt, Schadensersatz wegen unterlassener Empfehlung einer Reiseabbruchversicherung.
2
Die Klägerin buchte bei dem Beklagten für eine Reise durch die USA, die vom 1. April bis 24. Juni 2004 dauern sollte, verschiedene Reisebestandteile für zwei Personen zum Gesamtpreis von 7.301 €. Laut "Bestätigung und Rechnung" vom 1. Dezember 2003 berechnete der Beklagte Flüge am 1. April 2004 von Düsseldorf über München nach Los Angeles, am 29. April 2004 von Los Angeles nach Seattle und am 25. Juni 2004 von Anchorage über Chicago nach Frankfurt für insgesamt 2.044 €, einen Mietwagen vom 2. bis 23. Juni 2004 ab/bis Anchorage für 2.072 € sowie eine Reiserücktrittsversicherung zum Preise von 129 €, welche die Klägerin auf Anraten des Beklagten abgeschlossen hatte. Laut weiterer "Bestätigung und Rechnung" vom 17. März 2004 stellte der Beklagte der Klägerin - diesmal "gemäß … -Prospekt und -Bedingungen" - sechs Hotelübernachtungen für insgesamt 962 €, einen Mietwagen vom 1. bis 29. April 2004 ab/bis Los Angeles Airport für 2.072 € sowie die "Differenzreiserücktrittskostenversicherung" in Höhe von 22 € in Rechnung. Die Storno- bzw. Umbuchungsgebühren sollten bis 29 Tage vor Abreise 20 %, ab 28 Tage vor Abreise 60 % und ab 2 Tage vor Abreise 100 % des Reisepreises betragen.
3
Der Beklagte händigte der Klägerin bei Abschluss der Reiserücktrittskostenversicherung einen Versicherungsschein und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Versicherers "E. aus, AG" in denen es, soweit hier von Interesse, hieß: "A. Reiserücktrittskosten-Versicherung § 1 Rücktritt vor Reiseantritt... (Stornierung) 1. Versicherte Rücktrittsgründe Tritt die versicherte Person vor Antritt der Reise ... zurück, erstattet die E. die vertraglich geschuldeten Stornogebühren, wenn entweder die Reiseunfähigkeit der versicherten Person nach allgemeiner Lebenserfahrung zu erwarten ist oder ihr der Antritt der Reise ... oder die planmäßige Beendigung nicht zugemutet werden kann und wenn die Stornierung aus den nachstehenden Gründen erfolgt ist:
a) Tod, schwerer Unfall, unerwartete schwere Erkrankung, Schwangerschaft oder Impfunverträglichkeit der versicherten Person oder einer Risikoperson; ... 2. Risikopersonen Risikopersonen sind
a) die Angehörigen der versicherten Person;
b) diejenigen, die gemeinsam mit der versicherten Person eine Reise gebucht und versichert haben und deren Angehörige; ... § 3 Reiseabbruch/Verspätete Rückreise (Mehrkosten-Versicherung) Soweit im Versicherungsschein gesondert vereinbart, erstattet die

E.


a) die Mehrkosten der Rückreise, wenn die versicherte Reise aus den in § 1 Nr. 1 genannten Gründen nicht planmäßig beendet wird; ... § 4 Nicht in Anspruch genommene Reiseleistungen (ErsatzreiseVersicherung

)

Soweit im Versicherungsschein gesondert vereinbart, erstattet die E. den anteiligen Reisepreis für die nicht in Anspruch genommenen Reiseleistungen, wenn die versicherte Reise aus den in § 1 Nr. 1 genannten Gründen abgebrochen wird."
4
Die von der Beklagten abgeschlossene Versicherung erfasste nur den Rücktritt vor Reiseantritt nach § 1. Auf die Möglichkeit einer zusätzlichen Reiseabbruchversicherung gemäß §§ 3 und/oder 4 hatte der Beklagte die Klägerin nicht hingewiesen. Neben der Reiserücktrittskosten-Versicherung wurden in den Versicherungsbedingungen als weitere Versicherungsarten die Versicherung von Beistandsleistungen auf Reisen und Rücktransportkosten (SoforthilfeVersicherung ), die Reise-Krankenversicherung, die Reisegepäck-Versicherung, die Reise-Unfallversicherung, die Luftfahrt-Unfallversicherung, die ReiseHaftpflichtversicherung und die Versicherung von Beistandsleistungen und Mehrkosten bei Pannen, Unfällen und Diebstählen von Kraftfahrzeugen (Autoreise -Schutz) erläutert.
5
Als die Klägerin und ihre Mitreisende die Reise am 1. April 2004 antraten , litt die Mitreisende an einer Nasennebenhöhlen- und Mittelohrentzündung. Während des Fluges von Düsseldorf nach München traten bei ihr erhebliche Beschwerden auf, die dazu führten, dass ihr in München der Flughafenarzt die Weiterreise untersagte. Beide Reisenden brachen daraufhin die Reise ab. Die Klägerin erlitt dadurch einen Schaden in Gestalt derjenigen Reisekosten, die ihr nicht aufgrund von noch möglichen Stornierungen erstattet wurden. Der Versicherer lehnte jegliche Leistung ab, weil es sich nicht um einen Reiserücktritt, sondern um einen Reiseabbruch gehandelt habe. Die Klägerin nahm daraufhin den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 3.927 € nebst Zinsen in Anspruch mit der Begründung, dass er sie nicht über die Möglichkeit einer Reiseabbruchversicherung (Ersatzreise-Versicherung) zum Mehrpreis von 30 € informiert habe, obwohl er dazu angesichts der außerordentlich langen Dauer der geplanten Reise verpflichtet gewesen sei. Der Beklagte stellt eine derartige Beratungspflicht in Abrede.
6
Amtsgericht und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision hat keinen Erfolg.
8
I. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin mit folgender Begründung verneint: Die Beratungspflicht eines Reisebüros beschränke sich darauf, den Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung zu empfehlen. Es könne dahinstehen, ob hier das Reisebüro wegen der mehrmonatigen Reisedauer verpflichtet gewesen sei, zusätzlich auf die Möglichkeit einer Reiseabbruchversicherung hinzuweisen, welche die Mehrkosten einer vorzeitigen Rückreise abgedeckt hätte. Jedenfalls habe das Reisebüro nicht ungefragt auf eine spezielle Ersatzreiseversicherung (§ 4 der Versicherungsbedingungen) hinzuweisen brauchen. Eine so weitreichende Hinweispflicht bestehe nicht, weil das Reisebüro Reiseversicherungen als untergeordnete Nebenleistung nur nebenbei vermittele. Hinzukomme, dass die Klägerin den ihr ausgehändigten Versicherungsunterlagen selbst hätte entnehmen können, dass der Reisepreis für nicht in Anspruch genommene Reiseleistungen bei Abbruch der Reise nur im Falle gesonderter Vereinbarung erstattet werde.
9
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
10
1. Zwar ist zwischen dem beklagten Reisebüroinhaber und der Klägerin ein Vertrag zustande gekommen, der den Beklagten unter anderem dazu verpflichtete , die Klägerin auf die Möglichkeit zum Abschluss einer Reiseversicherung hinzuweisen.

11
In diesem Zusammenhang kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben , ob der Beklagte aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin (BGH, Urt. v. 18.10.1973 - VII ZR 247/72, BGHZ 61, 275, 278) als Vermittler der von verschiedenen Leistungsträgern zu erbringenden einzelnen Reiseleistungen wie Flüge, Mietwagen und Hotelzimmer auftrat, so dass die Klägerin selbst mit diesen Leistungsträgern Beförderungs-, Miet- und Beherbergungsverträge abschloss , oder ob der Beklagte den Eindruck erweckte, diese Reiseleistungen in eigener Verantwortung zu erbringen (§ 651a Abs. 2 BGB). In letzterem Fall wäre er als Reiseveranstalter im Sinne des § 651a Abs. 1 Satz 1 BGB aufgetreten , weil er mehrere touristische Dienstleistungen zu einem Gesamtpreis verkaufte (BGH, Urt. v. 24.11.1999 - I ZR 171/97, NJW 2000, 1639; vgl. Palandt/ Sprau, BGB, 65. Aufl., Vor § 651a Rdn. 1, 3 a). Das Berufungsgericht hat keine Feststellung dazu getroffen, ob der Beklagte Vermittler oder Veranstalter war; auch aus dem Vortrag der Parteien und aus den vorgelegten beiden Auftragsbestätigungen des Beklagten wird dies nicht klar. Die Bestätigung vom 1. Dezember 2003 bezieht sich nicht nur auf einzelne Flüge - solche werden von einem Reisebüro erkennbar nur vermittelt (BGHZ 61, 275, 278) -, sondern auch auf einen Mietwagen ohne Angabe des vermietenden Unternehmens, so dass es sich um eine aus zwei Bausteinen zusammengesetzte, vom Beklagten angebotene Pauschalreise gehandelt haben kann, zumal der Beklagte eine anscheinend von ihm selbst stammende Regelung der Stornokosten angefügt hatte. Die Bestätigung vom 17. März 2004, betreffend sechs Hotelübernachtungen und einen weiteren Mietwagen des Unternehmens A. , nimmt zwar auf einem Prospekt des Reiseveranstalters … Bezug, was für eine bloße Vermittlung des Beklagten spricht, jedoch soll der Beklagte andererseits laut Schreiben des Anwalts der Klägerin vom 16. April 2004 "überhöhte Preise weitergeleitet haben". Eine eigene Preisgestaltung könnte für die Übernahme eigener Verantwortung für die Reiseleistungen und somit für die Veranstalterrolle des Beklagten sprechen.
12
Letztlich kann dies aber offen bleiben, obwohl der Vertrag des Reisenden mit einem Reisebüro, das nur Vermittler ist, das Reisebüro grundsätzlich nur zur Beratung bei der Auswahl einer den Wünschen und Möglichkeiten des Reisenden entsprechenden Pauschalreise oder geeigneter Einzelreiseleistungen verpflichtet, nicht aber zum Hinweis auf die Möglichkeit einer Reiseversicherung. Eine Versicherung wird erst nötig, wenn der Kunde sich tatsächlich für eine bestimmte Reise oder Reiseleistung entschieden hat. Mit dieser Auswahlentscheidung wird aber die eigenständige Beratungspflicht des Reisebüros von der des Reiseveranstalters oder sonstigen Anbieters der ausgewählten Reiseleistungen abgelöst und wird das vermittelnde Reisebüro nur noch als dessen Erfüllungsgehilfe tätig (Sen.Urt. v. 25.04.2006 - X ZR 198/04, zur Veröffentlichung vorgesehen). Der vorliegende Fall weist indessen die Besonderheit auf, dass der Beklagte die Klägerin bei der Planung einer Reise beriet, die nach dem Baukastenprinzip aus Einzelleistungen verschiedener Anbieter zusammengesetzt war und eine Pauschalreise im Sinne des § 651a Abs. 1 Satz 1 BGB dargestellt hätte, wenn die Einzelleistungen aus einer Hand gekommen wären. Der Beklagte war der Einzige, der die Reiseleistungen in ihrer Gesamtheit überschauen konnte. Deshalb schuldete der Beklagte, auch falls er nur Vermittler der einzelnen Reiseleistungen war, der Klägerin eine Versicherungsberatung wie sonst ein Reiseveranstalter.
13
2. Der Beklagte hat seine Pflichten zur Versicherungsberatung teils nicht verletzt, teils sich jedenfalls nicht schadensersatzpflichtig gemacht.

14
a) Der Reiseveranstalter muss nur eine Reiserücktrittskostenversicherung und eine Versicherung zur Deckung der Rückführungskosten bei Krankheit oder Unfall ansprechen. Über weitere mögliche Arten des Versicherungsschutzes wie z.B. die Reisekranken-, Reisehaftpflicht-, Reisegepäck- und auch die hier streitige Reiseabbruchversicherung braucht er den Kunden, wenn der danach nicht fragt, nicht zu belehren.
15
aa) Diese Beschränkung seiner Informationspflicht ergibt sich aus dem Willen des Gesetzgebers, wie er in § 6 Abs. 2 lit. i BGB-InfoV zum Ausdruck gekommen ist, mit dem die gleichlautende Vorschrift der Pauschalrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt worden ist (Art. 4 Abs. 1 b IV der Richtlinie 90/314/EWG des Rates v. 13.06.1990 über Pauschalreisen). Danach hat die vom Reiseveranstalter auszuhändigende Reisebestätigung Angaben über den möglichen Abschluss einer Reiserücktrittskostenversicherung oder einer Versicherung zur Deckung der Rückführungskosten bei Unfall oder Krankheit zu enthalten.
16
Der Begriff "Reiserücktrittskostenversicherung" bezieht sich allein auf den Rücktritt vor Reisebeginn. Dies entspricht dem Sprachgebrauch des deutschen Wortes "Reiserücktritt", der den Abbruch einer bereits angetretenen Reise nicht erfasst, und auch der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung dieses Begriffs. Aus den zur Interpretation der Pauschalreiserichtlinie heranzuziehenden fremdsprachigen Fassungen, zum Beispiel der englischen, französischen , niederländischen, schwedischen, spanischen und italienischen Fassung , wonach diese Versicherung Deckung gewähren soll für "the cost of cancellation by the customer", "les frais d'annullation par le consommateur", "de kosten in verband met annuleering door de consument", "kostnaden för konsumentens avbeställning", "los gastos de cancelatión por el consumidor" und "le spese di annullamento da parte del consumatore", ergibt sich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber eine Versicherung für den Fall gemeint hat, dass der Kunde schon vor Antritt der Reise absagen muss. Die Erklärung dafür, dass der Gesetzgeber keinen Hinweis auf eine Abbruchversicherung vorgeschrieben hat, mag darin zu finden sein, dass das Risiko eines Rücktritts vor Reisebeginn in der Regel deutlich größer ist als das Risiko eines Abbruchs der bereits angetretenen Reise. Im Vergleich zum Rücktrittsrisiko, das bei längerfristiger Buchung mehrere Monate andauern kann, ist das Abbruchsrisiko normalerweise erheblicher geringer, da die Reisedauer selten mehr als drei Wochen und oft nur zwei Wochen oder eine Woche beträgt und somit der Zeitraum , in dem sich das Risiko verwirklichen kann, kleiner ist.
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bb) Der deutsche Gesetzgeber wäre nicht gehindert gewesen, strengere Vorschriften zum Schutz der Reisenden zu erlassen, als in der Richtlinie vorgesehen (Art. 8 der Richtlinie); er hat aber darauf verzichtet. Damit hat er zu erkennen gegeben, dass er eine weitergehende Informationspflicht des Reiseveranstalters über Versicherungen jedenfalls im Regelfall für unnötig hielt. Wäre der Gesetzgeber nämlich der Ansicht gewesen, dass der Reiseveranstalter, obwohl von Gesetzes wegen nur zum Hinweis auf eine Reiserücktrittskostenund eine Rücktransportkostenversicherung verpflichtet, aufgrund einer reisevertraglichen Nebenpflicht gleichwohl grundsätzlich auch noch auf andere Versicherungsprodukte hinweisen müsse, so hätte der Gesetzgeber dies ausdrücklich klarstellen müssen, um die Reiseveranstalter nicht in falsche Sicherheit bezüglich des Umfangs ihrer Informationspflicht über Versicherungen zu wiegen und sie auf diese Weise Schadensersatzansprüchen ihrer Kunden wegen unzulänglicher Versicherungsberatung auszusetzen. Da der Gesetzgeber indessen nichts dergleichen zum Ausdruck gebracht hat, ist davon auszugehen , dass die Reiseveranstalter jedenfalls im Normalfall mit der Befolgung der gesetzlichen Vorschrift des § 6 Abs. 2 lit. i BGB-InfoV gleichzeitig ihrer vertraglichen Pflicht zur Information über Versicherungsmöglichkeiten genügt haben.
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Dann kann aber für das Reisebüro als Vermittler nichts anderes gelten. Denn es ist kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, den Reisevermittler , sofern ihn eine eigenständige Pflicht zur Information des Kunden über Reiseversicherungen trifft, strenger haften zu lassen als den Reiseveranstalter. Vielmehr muss die vertragliche Pflicht, den Reisekunden über Versicherungsmöglichkeiten zu belehren, wegen ihres bei Vermittler und Veranstalter gleichen Schutzzwecks, den Kunden vor Schaden zu bewahren, für beide auch den gleichen Inhalt und Umfang haben. Dies hat übrigens auch der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht anders gesehen, der in der Richtlinie alle Informationspflichten ohne inhaltliche Differenzierung "dem Veranstalter und/oder dem Vermittler" auferlegt hat (Art. 3, 4 der Richtlinie).
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b) Die Pflicht zur Information über eine Reiserücktrittskostenversicherung hat der Beklagte nicht verletzt. Er hat die Klägerin unstreitig auf die Möglichkeit einer Reiserücktrittskostenversicherung hingewiesen.
20
Nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Revision, der vom Beklagten erteilte Hinweis sei unvollständig gewesen, weil nach den Versicherungsbedingungen der E. AG auch die Reiseabbruchversicherung ein Bestandteil der Reiserücktrittskostenversicherung sei. Es trifft zwar zu, dass dieser Versicherer unter der Überschrift "ReiserücktrittskostenVersicherung" den "Rücktritt vor Reiseantritt (Stornierung)" (§ 1), den "Reiseabbruch /verspätete Rückreise (Mehrkosten-Versicherung)" (§ 2) und "Nicht in Anspruch genommene Reiseleistungen (Ersatzreise-Versicherung)" (§ 3) zusammenfasst. Auf den Sprachgebrauch des Versicherers kommt es indessen für die Hinweispflicht des Beklagten nicht an, sondern allein auf § 6 Abs. 2 lit. i BGB-InfoV, der indessen, wie dargelegt, keinen Hinweis auf eine Abbruchversicherung vorschreibt.
21
c) Ob der Beklagte die Klägerin auch auf eine Versicherung zur Deckung der Rückführungskosten bei Unfall oder Krankheit hinwies, kann offenbleiben, da eine diesbezügliche Unterlassung des Beklagten der Klage nicht zum Erfolg verhelfen würde. Nach der Lehre vom Schutzzweck der Norm besteht eine Schadensersatzpflicht nur, wenn der geltend gemachte Schaden aus dem Bereich der Gefahren stammt, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist (st. Rspr. BGH, vgl. nur Sen.Urt. v. 14.03.2006 - X ZR 46/04, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Klägerin macht keine Rückführungskosten geltend.
22
d) Der vorliegende Fall weist auch keine Besonderheiten auf, aufgrund derer der Beklagte ausnahmsweise doch zum Hinweis auf eine Abbruchversicherung verpflichtet gewesen wäre (vgl. OLG Koblenz OLG-Rep. 2001, 373, wonach das Reisebüro (nur) bei Vorliegen besonderer Umstände verpflichtet ist, über die Möglichkeit einer Reiseabbruchversicherung aufzuklären). Insbesondere vermögen eine überdurchschnittlich lange Dauer der Reise und/oder ein hoher Reisepreis keine über das Maß des § 6 Abs. 2 lit. i BGB-InfoV hinausgehende Versicherungsberatungspflicht zu rechtfertigen. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Versicherungsinformation nicht den Schwerpunkt der Reiseberatung bildet, weil die Versicherung gegen Reiserisiken in erster Linie in die Eigenverantwortung des Kunden fällt, und dass deshalb der Sorgfaltsmaßstab nicht zu hoch angelegt werden darf. Es hieße aber die Sorgfaltspflicht überspannen, wenn man vom Reiseveranstalter oder -vermittler eine Befassung mit dem individuellen Rücktritts- und Abbruchrisiko des Kunden und ein Nachdenken darüber verlangen wollte, ob für den betreffenden Kunden eine Reiseabbruchversicherung sinnvoll ist. Speziell gegen ein Abstellen auf die Reisedauer und/oder den Reisepreis sprechen außerdem die Abgrenzungsschwierigkeiten im Einzelfall.
Melullis Keukenschrijver Ambrosius
Kirchhoff Mühlens
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 04.02.2005 - 36 C 454/04 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 06.07.2005 - 8 S 15/05 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 651a Vertragstypische Pflichten beim Pauschalreisevertrag


(1) Durch den Pauschalreisevertrag wird der Unternehmer (Reiseveranstalter) verpflichtet, dem Reisenden eine Pauschalreise zu verschaffen. Der Reisende ist verpflichtet, dem Reiseveranstalter den vereinbarten Reisepreis zu zahlen. (2) Eine Pausch

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2006 - X ZR 46/04

bei uns veröffentlicht am 14.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 46/04 Verkündet am: 14. März 2006 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2006 - X ZR 198/04

bei uns veröffentlicht am 25.04.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 198/04 Verkündet am: 25. April 2006 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Referenzen

(1) Durch den Pauschalreisevertrag wird der Unternehmer (Reiseveranstalter) verpflichtet, dem Reisenden eine Pauschalreise zu verschaffen. Der Reisende ist verpflichtet, dem Reiseveranstalter den vereinbarten Reisepreis zu zahlen.

(2) Eine Pauschalreise ist eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise. Eine Pauschalreise liegt auch dann vor, wenn

1.
die von dem Vertrag umfassten Reiseleistungen auf Wunsch des Reisenden oder entsprechend seiner Auswahl zusammengestellt wurden oder
2.
der Reiseveranstalter dem Reisenden in dem Vertrag das Recht einräumt, die Auswahl der Reiseleistungen aus seinem Angebot nach Vertragsschluss zu treffen.

(3) Reiseleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Beförderung von Personen,
2.
die Beherbergung, außer wenn sie Wohnzwecken dient,
3.
die Vermietung
a)
von vierrädrigen Kraftfahrzeugen gemäß § 3 Absatz 1 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung vom 3. Februar 2011 (BGBl. I S. 126), die zuletzt durch Artikel 7 der Verordnung vom 23. März 2017 (BGBl. I S. 522) geändert worden ist, und
b)
von Krafträdern der Fahrerlaubnisklasse A gemäß § 6 Absatz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 13. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1980), die zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 18. Mai 2017 (BGBl. I S. 1282) geändert worden ist,
4.
jede touristische Leistung, die nicht Reiseleistung im Sinne der Nummern 1 bis 3 ist.
Nicht als Reiseleistungen nach Satz 1 gelten Reiseleistungen, die wesensmäßig Bestandteil einer anderen Reiseleistung sind.

(4) Keine Pauschalreise liegt vor, wenn nur eine Art von Reiseleistung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 mit einer oder mehreren touristischen Leistungen im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 4 zusammengestellt wird und die touristischen Leistungen

1.
keinen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Zusammenstellung ausmachen und weder ein wesentliches Merkmal der Zusammenstellung darstellen noch als solches beworben werden oder
2.
erst nach Beginn der Erbringung einer Reiseleistung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ausgewählt und vereinbart werden.
Touristische Leistungen machen im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 keinen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Zusammenstellung aus, wenn auf sie weniger als 25 Prozent des Gesamtwertes entfallen.

(5) Die Vorschriften über Pauschalreiseverträge gelten nicht für Verträge über Reisen, die

1.
nur gelegentlich, nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung und nur einem begrenzten Personenkreis angeboten werden,
2.
weniger als 24 Stunden dauern und keine Übernachtung umfassen (Tagesreisen) und deren Reisepreis 500 Euro nicht übersteigt oder
3.
auf der Grundlage eines Rahmenvertrags für die Organisation von Geschäftsreisen mit einem Reisenden, der Unternehmer ist, für dessen unternehmerische Zwecke geschlossen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 198/04 Verkündet am:
25. April 2006
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB-InfoV §§ 4 Abs. 1 Nr. 6, 5 Nr. 1

a) Es bleibt offen, ob zwischen einem Reisebüro, das Agenturverträge mit verschiedenen
Reiseveranstaltern geschlossen hat, und dem Beratung bei der Auswahl
einer Pauschalreise wünschenden Reisekunden ein eigenes Vertragsverhältnis
mit Haftungsfolgen für das Reisebüro zustandekommt.

b) Nach getroffener Auswahlentscheidung des Reisekunden wird das Reisebüro bei
den Informationen über die Durchführung der konkreten gewählten Reise jedenfalls
nur noch als Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters tätig.

c) Insbesondere die Information über die Pass- und Visumerfordernisse gehört in der
Regel nicht zu der möglicherweise vom Reisebüro geschuldeten Auswahlberatung
, sondern ist allein Pflicht des Reiseveranstalters bei den Verhandlungen über
den gewählten Reisevertrag (§§ 4 Abs. 1 Nr. 6, 5 Nr. 1 BGB-InfoV). Sofern sich
der Reiseveranstalter zur Erfüllung dieser Pflicht des Reisebüros bedient, haftet er
für dessen Verschulden (§ 278 BGB).
BGH, Urt. v. 25. April 2006 - X ZR 198/04 - LG Bremen
AG Bremen
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Scharen, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und den Richter Prof.
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 5. August 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Reisebüro, das ihr eine Pauschalreise vermittelte, Schadensersatz wegen unterlassener Aufklärung über die Einreisebestimmungen.
2
Die Klägerin ließ sich bei dem Beklagten, der Pauschalreisen mehrerer Reiseveranstalter vertreibt, beraten und buchte dann für sich und ihre Familie eine Pauschalreise nach Bulgarien. Für die Einreise in diesen Staat ist ein Reisepass erforderlich. Der 16jährige Sohn der Klägerin besaß keinen solchen. Er wurde deshalb am geplanten Abreisetag am Schalter des Reiseveranstalters im Flughafen Hannover zurückgewiesen. Die Klägerin buchte daraufhin den Flug auf den nächsten Tag ab Rostock um, und die Familie fuhr mit einem Mietwagen zunächst zurück nach Bremen, wo sie den fehlenden Reisepass beschaffte , und von dort am nächsten Tag nach Rostock. Durch die Umbuchungsgebühr und die Mietwagen- und Benzinkosten entstand ein Aufwand von insgesamt 678,75 €, welchen die Klägerin zuzüglich einer Entschädigung von 221,71 € für einen verlorenen Reisetag vom Beklagten ersetzt verlangt.
3
Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils hat die Klägerin ihre Behauptung, die sie beratende Mitarbeiterin des Beklagten habe ihr auf Nachfrage erklärt, für die Einreise genüge ein Personalausweis, nicht beweisen können, hat aber andererseits auch der Beklagte nicht bewiesen, dass seine Angestellte der Klägerin einen Reiseprospekt aushändigte, aus dessen Preisteil sich das Erfordernis des Reisepasses ergab. Unstreitig ist, dass die Mitarbeiterin des Beklagten die Klägerin über diese Einreisevoraussetzung nicht von sich aus mündlich aufklärte.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist nicht begründet. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der klagenden Reisekundin gegen das beklagte Reisebüro verneint. Nicht das Reisebüro, sondern allein der Reiseveranstalter war verpflichtet, die Kundin über das Passerfordernis zu informieren.
6
I. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Ein Reisebüro brauche den Reisekunden nicht über die Notwendigkeit eines Reisepasses aufzuklären. Anders als der Reiseveranstalter, den weitergehende Hinweispflichten träfen, weil er die Reise selbst durchführe und für den Erfolg einzustehen habe, sei das Reisebüro nur Vermittler und schulde dem Kunden nur Beratung bei der Auswahl derjenigen Reise, die den Erwartungen und Bedürfnissen des Kunden am Besten entspreche. Die Beratungspflicht des Reisebüros beziehe sich deshalb nur auf die für die Auswahl der Reise entscheidenden Umstände, also z.B. Lage , Klima und touristische Angebote des Urlaubsorts, Abflug- und Ankunftsflughafen , Fluggesellschaft, Größe und Lage des Hotels, nicht aber auf die für die Auswahl in der Regel nicht bedeutsame Frage, ob ein Reisepass erforderlich sei. Unabhängig davon dürfe das Reisebüro davon ausgehen, es sei dem Kunden bekannt, dass der Reisepass das klassische Legitimationspapier für das Ausland darstelle und deshalb grundsätzlich für jeden Auslandsaufenthalt ein Reisepass erforderlich sei. Ausnahmen von diesem Grundsatz gälten zwar in den Ländern der Europäischen Union, für die ein Personalausweis genüge, jedoch habe der Beklagte die Klägerin nicht über die Selbstverständlichkeit aufklären müssen, dass Bulgarien nicht Mitglied der Europäischen Union sei.
7
II. Zumindest die Hauptbegründung des Berufungsurteils hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
8
1. Das Berufungsgericht ist mit der ganz herrschenden Meinung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur davon ausgegangen, dass zwischen einem Reisebüro, das mehrere Reiseveranstalter vertritt, und einem Kunden, den es bei der Auswahl einer Pauschalreise berät, stillschweigend ein selbständiger Vertrag mit Haftungsfolgen zustandekommt, der zumeist als Reisevermittlungsvertrag bezeichnet wird (s. nur LG Frankfurt a.M. RRa 1999, 55; LG Kleve RRa 2000, 210; LG Frankfurt a.M. RRa 2002, 26; AG Kronach RRa 2002, 83; LG Baden-Baden RRa 2003, 82; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 84 Rdn. 49; Dewenter, Die rechtliche Stellung des Reisebüros, S. 42 f.; Führich, Reiserecht, 5. Aufl., Rdn. 701; MünchKomm/Tonner, BGB, 4. Aufl., § 651a Rdn. 44; Neuner, ACP 1993, S. 1, 23; Nies, Reisebüro, 2. Aufl., Rdn. 10; Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., vor § 651 a Rdn. 4). Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bisher offengelassen (Urt. v. 19.11.1981 - VII ZR 238/80, BGHZ 82, 219, 223 f.; v. 10.12.2002 - X ZR 193/99, NJW 2003, 743). Auch der vorliegende Fall nötigt den erkennenden Senat insoweit nicht zu einer Entscheidung.
9
2. Denn zu Recht hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der von ihm grundsätzlich für möglich erachteten eigenen vertraglichen Haftung des Reisebüros weiter entschieden, dass im konkreten Fall der Klägerin gleichwohl kein Schadensersatzanspruch zusteht (§ 280 Abs. 1 BGB), weil der Beklagte nicht gegen seine eigenen Beratungspflichten verstoßen hat, als er die Klägerin nicht über das Passerfordernis für die empfohlene Reise nach Bulgarien informierte.
10
a) Sollte zwischen dem Reisebüro und dem Kunden ein eigener Vertrag zustandegekommen sein, so hat das Berufungsgericht für diesen Fall zutreffend ausgeführt, dass das Reisebüro dem Kunden Beratung nur bei der Auswahl der Reise schuldet, während die davon zu trennende Durchführung der gewählten Reise mitsamt den dabei anfallenden weiteren Aufklärungs- und Hinweispflichten Sache des Reiseveranstalters ist, und dass - zumindest im Regelfall - die Unterrichtung über ein Pass- oder Visumerfordernis nicht zur Beratung bei der Auswahl, sondern zur Durchführung der Reise gehört (so auch schon LG Frankfurt aaO; LG Kleve aaO; AG Kronach aaO; LG Baden-Baden aaO; im Ergebnis gegen eine Pflicht des Reisebüros zur ungefragten Belehrung auch MünchKomm/Tonner, aaO Rdn. 38; Niehuus, ZAP 2003, Fach 6, S. 753, 757; a.A. Tempel, RRa 1999, 56, 57). "Durchführung" ist dabei in dem Sinne zu verstehen , dass auch schon die Buchung der ausgewählten Reise dazugehört.
11
aa) Falls das Reisebüro eigene vertragliche Beratungspflichten gegenüber dem Reisekunden hat, so enden diese im Allgemeinen in dem Zeitpunkt, in dem die Auswahlberatung abgeschlossen ist und der Kunde sich für eine bestimmte Reise - oder zunächst nur für einen bestimmten Veranstalter - entscheidet. Nach dieser Auswahlentscheidung beginnen die Verhandlungen über den konkreten Reisevertrag des Kunden mit einem bestimmten Reiseveranstalter und setzt damit die vorvertragliche Haftung dieses Reiseveranstalters für ein Verhandlungsverschulden des Reisebüros als seines Erfüllungsgehilfen ein (Dewenter, S. 68). Somit entsteht keine Schutzlücke für den Reisekunden, wenn die Haftung des Reisebüros mit der Auswahlentscheidung endet. Neben der Haftung des Reiseveranstalters fortbestehende eigene Vertragspflichten des Reisebüros würden zu einer konkurrierenden Haftung und Gesamtschuldnerschaft von Reisebüro und Veranstalter führen (so Dewenter, S. 70; Führich, Rdn. 704; konkludent auch LG Frankfurt a.M. RRa 2002, 26), die indessen nicht erforderlich ist, weil der Reisekunde keinen doppelten Schutz benötigt. Insbesondere die für die Durchführung der von ihm ausgewählten Reise erforderlichen Informationen braucht der Kunde weder in doppelter Ausführung noch braucht er für den Fall der unterlassenen oder unrichtigen Information einen zweiten Haftungsgegner. Es besteht mithin keine Notwendigkeit, auch das Reisebüro mit diesen schon den Veranstalter treffenden Informationspflichten zu belasten.

12
Deshalb ist auch kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, vom Grundsatz der fehlenden Vertragsbeziehungen zwischen Handelsvertreter und Kunden abzuweichen. Ein Reisebüro, das sich durch einen Agenturvertrag einem Reiseveranstalter verpflichtet, dessen Reisen zu vertreiben, und von diesem dafür Provision erhält, ist dessen Handelsvertreter (§ 84 Abs. 1 Satz 1 HGB; st. Rspr. d. BGH, zuletzt SenUrt., NJW 2003, 743; vgl. auch Urt. v. 25.03.1987 - IVa ZR 224/85, NJW 1988, 60 für den Versicherungsvertreter). Zwischen dem Handelsvertreter und den Kunden des von ihm vertretenen Unternehmers kommt in der Regel kein eigener Vertrag zustande (Baumbach /Hopt, aaO). Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens des Handelsvertreters bei seinen Verhandlungen mit dem Kunden über den zwischen diesem und dem Unternehmer abzuschließenden Hauptvertrag richten sich deshalb grundsätzlich allein gegen den Unternehmer, der für den Handelsvertreter als seinen Erfüllungsgehilfen einstehen muss (§ 278 BGB). Nur ausnahmsweise kann der Vertreter persönlich neben dem Unternehmer haften, wenn er entweder gegenüber dem Vertragspartner in besonderem Maße Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Verhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat (§§ 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB) oder wenn er am Vertragsschluss ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse hat (st. Rspr. d. BGH; vgl. nur Urt. v. 03.04.1990 - XI ZR 206/88, NJW 1990, 753). Beide Voraussetzungen sind bei einem Reisebüro normalerweise nicht gegeben. Dass das Reisebüro mit seiner Sachkunde wirbt, bedeutet keine Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens. Diese liegt nicht schon dann vor, wenn der Vertreter über die für seine Tätigkeit erforderliche besondere Sachkunde verfügt und darauf hinweist. Erforderlich ist vielmehr, dass er dem Kunden zusätzlich in zurechenbarer Weise den Eindruck vermittelt, er werde persönlich mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, wenn der Kunde dem Geschäftsherrn nicht oder nur wenig vertraut (BGH, aaO). Das ist bei einem Reisebüro nicht der Fall (LG Frankfurt a.M. RRa 1999, 55; LG Kleve NJW-RR 2002, 558; AG Kronach aaO; a.A. Neuner, S. 20; offengelassen von Tempel, S. 58). Das Reisebüro hat an der Buchung der Pauschalreise auch kein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse. Der Provisionsanspruch eines Handelsvertreters reicht dafür nicht aus, weil dieser lediglich ein mittelbares wirtschaftliches Interesse begründet (BGH, Urt. v. 17.10.1989 - XI ZR 173/88, NJW 1990, 506).
13
Somit trifft die Pflicht, dem Kunden diejenigen Informationen zu erteilen, die nur für die von ihm ausgewählte konkrete Reise eines bestimmten Veranstalters von Bedeutung sind, allein den Reiseveranstalter.
14
bb) Zu diesen allein vom Reiseveranstalter geschuldeten Informationen gehört die Belehrung darüber, dass ein Reisepass erforderlich ist. Sie ist bei der vom Reisebüro geschuldeten Auswahlberatung im Allgemeinen ohne Bedeutung und wird erst erforderlich, wenn der Kunde sich für eine bestimmte Reise entschieden hat.
15
Im Rahmen der Auswahlberatung muss das Reisebüro mit der Sorgfalt eines ordentlichen Reisebürokaufmanns die Wünsche des Kunden erforschen, eine Produktauswahl vorlegen, die seinen Wünschen und Möglichkeiten entspricht (Nies, Rdn. 105), und ungefragt diejenigen Umstände offenlegen, von denen die Kunden erfahrungsgemäß ihre Entscheidung abhängig machen. Dazu gehören alle wesentlichen Merkmale der Reise, unter anderem die vom Berufungsgericht beispielhaft genannten Faktoren Lage, Klima und touristische Angebote des Urlaubsorts, Größe und Lage des Hotels, Abflug- und Ankunftsflughafen und Fluggesellschaft, sowie der Reisepreis. Hingegen spielt die Fra- ge, ob für die Einreise in das Urlaubsland der Personalausweis genügt oder aber ein Reisepass bzw. ein Visum erforderlich ist, in der Regel bei der Auswahl der Reise keine nennenswerte Rolle. Die verhältnismäßig geringen zusätzlichen Mühen und Kosten, die mit der Beschaffung eines Reisepasses oder Visums verbunden sind, schrecken den Reiseinteressenten von einer ansonsten seinen Wünschen entsprechenden Reise nicht ab.
16
Im Fall der Klägerin liegen auch keine Besonderheiten vor, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würden. Zwar muss das Reisebüro, das seine Beratung an den persönlichen Wünschen und Bedürfnisses des einzelnen Kunden auszurichten hat, im Einzelfall außer den Faktoren, die erfahrungsgemäß für die meisten Reisekunden von Bedeutung sind, auch noch weitere Umstände unaufgefordert darlegen, wenn es erkennen kann, dass es dem betreffenden Kunden aufgrund seiner speziellen persönlichen Situation auf diese Umstände ankommt. Zutreffend ist deshalb in der Rechtsprechung die Pflicht des Reisebüros , ungefragt auf Einreisebedingungen hinzuweisen, für den Fall bejaht worden , dass deren Relevanz für die vom Kunden beabsichtigte Reise naheliegt (LG Frankfurt a.M. RRa 2002, 26). Die Klägerin hat indessen nicht vorgetragen, dass für ihre Auswahlentscheidung das von ihr angenommene Fehlen des Passzwangs ausnahmsweise von Bedeutung war, sondern sie hat im Gegenteil erklärt, dass die rechtzeitige Beschaffung des Passes ihr keine Schwierigkeiten bereitet hätte.
17
cc) Das Reisebüro braucht den Interessenten auch nicht etwa deshalb unaufgefordert über das Pass- oder Visumerfordernis zu belehren, weil der Interessent ansonsten möglicherweise Gefahr laufen würde, eine Reise zu buchen, für die er das notwendige Einreisepapier nicht oder nicht rechtzeitig beschaffen kann. Denn nach §§ 4 Abs. 1 Nr. 6, 5 Nr. 1 BGB-InfoV ist der Veranstalter der Reise verpflichtet, den Kunden schon vor der Buchung über etwaige Pass- oder Visumerfordernisse und die Fristen zur Erlangung dieser Dokumente zu unterrichten. Im faktischen Geschehensablauf wird diese Unterrichtung zwar oft vom Reisebüro vorgenommen - das zum Beispiel einen Prospekt übergibt, der die Belehrung vor der Buchung entbehrlich macht (§ 5 letzter Halbsatz BGB-InfoV) -, jedoch handelt das Reisebüro dann als Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters (Dewenter, S. 72).
18
dd) Die durch §§ 4, 5 BGB-InfoV konkretisierten Informationspflichten des Reiseveranstalters bestimmen nicht etwa gleichzeitig den Umfang der Hinweispflichten des Vermittlers. Vielmehr spricht die Unterrichtungspflicht des Reiseveranstalters nach §§ 4, 5 BGB-InfoV eher gegen eine konkurrierende inhaltsgleiche Pflicht des Reisebüros (so schon LG Kleve NJW-RR 2002, 558). Die Richtlinie 90/314/EWG, deren Umsetzung die deutsche BGB-Informationspflichten -Verordnung dient, hat es dem nationalen Gesetzgeber ausdrücklich freigestellt, ob "der Veranstalter und/oder der Vermittler" den Verbraucher vor Vertragsschluss schriftlich oder in einer anderen geeigneten Form über die Pass- und Visumerfordernisse unterrichtet (Art. 4 Abs. 1 lit. a der Richtlinie). Da der deutsche Gesetzgeber sich angesichts dieser Wahlmöglichkeit bewusst dafür entschieden hat, nur den Veranstalter zu verpflichten, bestehen Bedenken, ob die Gerichte überhaupt befugt wären, im Wege der Auslegung des Reisevermittlungsvertrages dieselbe Pflicht auch dem Vermittler aufzuerlegen. Auf jeden Fall hat der Gesetzgeber ihnen eine derartige Auslegung nicht vorgegeben.
19
b) Da nach alledem das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat, dass das Reisebüro dem Kunden schon deshalb keine unaufgeforderte Belehrung über ein Pass- oder Visumerfordernis schuldet, weil diese Pflicht allein den Reiseveranstalter trifft, kann dahinstehen, ob auch die weitere Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Informationspflicht des Reisebüros wegen fehlender Belehrungsbedürftigkeit der Klägerin verneint hat, der rechtlichen Nachprüfung standhalten würde.
Melullis Scharen Ambrosius
Meier-Beck Mühlens
Vorinstanzen:
AG Bremen, Entscheidung vom 30.01.2004 - 2 C 416/03 -
LG Bremen, Entscheidung vom 05.08.2004 - 2 S 122/04 -

(1) Durch den Pauschalreisevertrag wird der Unternehmer (Reiseveranstalter) verpflichtet, dem Reisenden eine Pauschalreise zu verschaffen. Der Reisende ist verpflichtet, dem Reiseveranstalter den vereinbarten Reisepreis zu zahlen.

(2) Eine Pauschalreise ist eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise. Eine Pauschalreise liegt auch dann vor, wenn

1.
die von dem Vertrag umfassten Reiseleistungen auf Wunsch des Reisenden oder entsprechend seiner Auswahl zusammengestellt wurden oder
2.
der Reiseveranstalter dem Reisenden in dem Vertrag das Recht einräumt, die Auswahl der Reiseleistungen aus seinem Angebot nach Vertragsschluss zu treffen.

(3) Reiseleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Beförderung von Personen,
2.
die Beherbergung, außer wenn sie Wohnzwecken dient,
3.
die Vermietung
a)
von vierrädrigen Kraftfahrzeugen gemäß § 3 Absatz 1 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung vom 3. Februar 2011 (BGBl. I S. 126), die zuletzt durch Artikel 7 der Verordnung vom 23. März 2017 (BGBl. I S. 522) geändert worden ist, und
b)
von Krafträdern der Fahrerlaubnisklasse A gemäß § 6 Absatz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 13. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1980), die zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 18. Mai 2017 (BGBl. I S. 1282) geändert worden ist,
4.
jede touristische Leistung, die nicht Reiseleistung im Sinne der Nummern 1 bis 3 ist.
Nicht als Reiseleistungen nach Satz 1 gelten Reiseleistungen, die wesensmäßig Bestandteil einer anderen Reiseleistung sind.

(4) Keine Pauschalreise liegt vor, wenn nur eine Art von Reiseleistung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 mit einer oder mehreren touristischen Leistungen im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 4 zusammengestellt wird und die touristischen Leistungen

1.
keinen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Zusammenstellung ausmachen und weder ein wesentliches Merkmal der Zusammenstellung darstellen noch als solches beworben werden oder
2.
erst nach Beginn der Erbringung einer Reiseleistung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ausgewählt und vereinbart werden.
Touristische Leistungen machen im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 keinen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Zusammenstellung aus, wenn auf sie weniger als 25 Prozent des Gesamtwertes entfallen.

(5) Die Vorschriften über Pauschalreiseverträge gelten nicht für Verträge über Reisen, die

1.
nur gelegentlich, nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung und nur einem begrenzten Personenkreis angeboten werden,
2.
weniger als 24 Stunden dauern und keine Übernachtung umfassen (Tagesreisen) und deren Reisepreis 500 Euro nicht übersteigt oder
3.
auf der Grundlage eines Rahmenvertrags für die Organisation von Geschäftsreisen mit einem Reisenden, der Unternehmer ist, für dessen unternehmerische Zwecke geschlossen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 46/04 Verkündet am:
14. März 2006
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Ambrosius und die Richter Asendorf und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 1. März 2004 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst: Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 4. August 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 105.681,48 Euro nebst 6,65 % Zinsen aus 104.292,16 Euro seit dem 06.12.1999 und aus weiteren 1.389,32 Euro seit dem 31.05.2001 verurteilt worden ist. Hinsichtlich der Mehrforderung wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen der Kläger 31 % und die Beklagte 69 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens und die bis zum 13. März 2006 entstandenen Kosten des Revisionsverfahrens werden dem Kläger zu 15 % und der Beklagten zu 85 % auferlegt. Die danach entstandenen Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger verlangt von der im Telekommunikationsbereich tätigen Beklagten Ersatz für einen in seiner Aalaufzuchtanlage eingetretenen Schaden, der darauf zurückzuführen ist, dass das von der Beklagten hergestellte und reparierte Telefonwahlgerät einen ausgelösten Alarm nicht über das Telefonnetz absetzen konnte.
2
Der Kläger betreibt die Aufzucht von Speiseaalen und von Aalsetzlingen für Naturgewässer. Um sicherzustellen, dass bei Störungen der computergestützten Steuerung der Wasserbelüftung und -reinigung in den verschiedenen Becken außerhalb der Arbeitszeit automatisch eine telefonische Meldung an den zuständigen Mitarbeiter erfolgen würde, erwarb er 1997 bei einem Fachhändler das von der Beklagten hergestellte Fernwirkmodem FWM 1 (im Folgenden : FWM). Am 31. Mai 1999 leuchtete an dem FWM die als "CPU-Fehler" bezeichnete Warnlampe auf, zu der es in der Bedienungsanleitung heißt: "Durch ein Aufleuchten dieser LED wird ein Hardwarefehler an dem Gerät angezeigt." Der zuständige Mitarbeiter des Klägers fragte daraufhin beim Geschäftsführer der Beklagten an, ob ein Blitzschlag bei einem vorangegangenen Gewitter eine Hardwarestörung verursacht haben könne. Der Geschäftsführer der Beklagten antwortete, grundsätzlich könne ein Blitzschlag ein Aufleuchten der Warnlampe verursachen; er müsse sich das Gerät aber ansehen. Der Kläger ließ das Gerät daraufhin bei der Beklagten reparieren. Bei dieser Reparatur baute die Beklagte ein Blitzschutzmodul ein, ohne dies dem Kläger mitzuteilen. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, die das Berufungsgericht übernommen hat, erfüllt dieses Blitzschutzmodul seine Aufgabe , indem es im Falle einer Überspannung zerstört wird. Dadurch wird das FWM vor einer Beschädigung geschützt; seine CPU-Leuchte zeigt in diesem Zusammenhang keinen Hardwarefehler an. Da die Beklagte das Blitzschutzmodul in die vom FWM ausgehende Telefonleitung eingebaut hatte, wurde im Falle seiner Zerstörung auch die Telefonverbindung unterbrochen, so dass eine Alarmmeldung nicht telefonisch weitergegeben werden konnte. Für diesen Umstand war keine Anzeige vorgesehen.
3
Nach den Feststellungen von Landgericht und Berufungsgericht kam es in der Nacht vom 4. auf den 5. Juli 1999 zu einem erneuten Vorfall, bei dem das Blitzschutzmodul infolge eines Blitzschlags zerstört und dadurch die Telefonverbindung des FWM unterbrochen wurde. Kurz danach, in der Nacht vom 11. auf den 12. Juli 1999, ereignete sich in der Aalfarm ein Störfall. Infolge der Unterbrechung der Leitung gab das FWM den von der Computerüberwachungsanlage ausgelösten Alarm nicht über das Telefonnetz an den zuständigen Mitarbeiter des Klägers weiter. Die Störung wurde daher erst bei Betriebsbeginn am darauf folgenden Morgen entdeckt, als der mit der Klage geltend gemachte Schaden schon entstanden war.
4
Das Landgericht hat der Klage wegen Schlechterfüllung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrags über die Reparatur im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 124.977,29 Euro nebst Zinsen verurteilt. Die Beklagte habe es versäumt, den Kläger auf den Einbau des Blitzschutzmoduls und die Gefahr hinzuweisen, dass dieses durch eine Überspannung zerstört und dadurch die Telefonverbindung unterbrochen werden könne. Diese Pflichtverletzung sei für den Schaden des Klägers kausal gewesen. Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat dem Kläger nur 52.840,74 Euro zugesprochen. Es hat den Schaden niedriger angesetzt als das Landgericht und außerdem, anders als dieses, ein 50 %iges Mitverschulden des Klägers angenommen. Gegen letzte- ren Punkt richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers; seine weitergehende Revision hat der Kläger vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Die Beklagte hat Anschlussrevision eingelegt und beantragt, die Klage ganz abzuweisen.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat Erfolg. Die Anschlussrevision ist hingegen unbegründet.
6
A. Die Revision, mit der der Kläger den vom Berufungsgericht wegen Mitverschuldens abgewiesenen Teil seines Schadensersatzanspruchs weiterverfolgt , ist begründet und führt insoweit zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Dem Kläger kann kein Mitverschulden angelastet werden.
7
I. Das Berufungsgericht hat seine gegenteilige Ansicht wie folgt begründet : Der Kläger habe nicht die ihm zur Schadensvermeidung obliegende Sorgfalt beachtet. Seine Mitarbeiter hätten lediglich morgens und abends geprüft, ob die CPU-Anzeige leuchte. Er hätte aber zum einen wegen der extremen Störungsempfindlichkeit seiner Anlage und zum anderen wegen der Funktionsweise des FWM weitere Funktionskontrollen vornehmen müssen. Die CPU-FehlerLeuchte zeige nur einen Hardwarefehler an. Für jeden Nutzer sei jedoch erkennbar , dass das Gerät außer Hardwaredefekten auch andere Defekte haben könne. Der sich aufdrängende Fall sei ein Defekt der Leuchtiode in der CPU-Leuchte. Außerdem könnten Störungen im Leitungs- und Verteilernetz der Deutschen Telekom AG nicht außer Betracht gelassen werden, da solche Störungen nicht, wie vom Kläger behauptet, völlig unwahrscheinlich seien. Zum anderen dränge sich das Erfordernis laufender Tests auch deshalb auf, weil das Gerät gerade zu diesem Zweck einen Testschalter besitze, mit dem ein Selbsttest des FWM ausgelöst werden könne. Deshalb hätten die Mitarbeiter zu jedem Feierabend einen Testalarm auslösen müssen.
8
II. Die Ansicht des Berufungsgerichts hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht die in ständiger Rechtsprechung vom BGH anerkannte Lehre von der Haftungsbeschränkung durch den Zurechnungszusammenhang und hier insbesondere durch den Schutzzweck der Norm nicht beachtet hat.
9
1. Diese Lehre besagt, dass die adäquate Zurechnung eines Schadens unter dem Vorbehalt eines haftungserweiternden oder -begrenzenden besonderen Zwecks der Haftungsnorm oder des der Haftung zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses steht (Staudinger/Schiemann, BGB (2005), § 249 Rdn. 27). Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn der geltend gemachte Schaden aus dem Bereich der Gefahren stammt, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist (BGHZ 27, 137, 140 f.; 59, 175, 176; 85, 110, 113 ff.; 96, 98, 101; 107, 359, 364; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., vor § 249 Rdn. 62). Die Schadensersatzpflicht hängt zum einen davon ab, ob das übertretene Gesetz überhaupt den Schutz Einzelner bezweckt und der Verletzte gegebenenfalls zu dem geschützten Personenkreis gehört. Zum anderen muss geprüft werden, ob die Verbotsnorm das verletzte Rechtsgut schützen soll. Schließlich muß die Verbotsnorm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken; der geltend gemachte Schaden muss also auch nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen (MünchKomm./Oetker, BGB, 4. Aufl., § 249 Rdn. 117; Palandt/ Heinrichs, aaO). Diese Grundsätze zum Schutzzweck der Norm sind auch bei der Prüfung eines Mitverschuldens nach § 254 BGB zu beachten (BGH, Urt. v.
21.05.1987 - III ZR 25/86, NJW 1988, 129; Beschl. v. 07.11.1989 - VI ZR 22/89, VersR 1990, 99; Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 158/99, BGHZ 149, 337, 353; MünchKomm./Oetker, § 254 Rdn. 33; Palandt/Heinrichs, § 254 Rdn. 13; Staudinger /Schiemann, § 254 Rdn. 35 f.). Sie gelten daher auch bei Verletzung einer bloßen Obliegenheit.
10
2. Im vorliegenden Fall zielt die vom Berufungsgericht angenommene Sorgfaltsanforderung, allabendlich einen Testalarm vorzunehmen, nur insoweit darauf ab, einen Schaden wie den eingetretenen zu verhindern, als es um die Art des verletzten Rechtsguts geht, nicht dagegen auch hinsichtlich der Art und Weise der Schadensentstehung. Ginge es nur um das verletzte Rechtsgut bzw. um den Schadenserfolg, so wäre ein Mitverschulden zu bejahen, da die vom Berufungsgericht postulierte Obliegenheit, gerade einen solchen Schadenserfolg - Tod bzw. Gewichtsverlust der Aale - verhindern sollte, wie er im vorliegenden Fall eingetreten ist. Dieser Schaden fällt aber deshalb nicht unter den Schutzzweck der Obliegenheit des Klägers zum Testalarm, weil die Art und Weise der Schadensentstehung eine andere war als bei denjenigen Schadensabläufen , denen der geforderte Testalarm vorbeugen sollte.
11
Das Berufungsgericht hat die Notwendigkeit eines allabendlichen Testalarms mit der Feststellung begründet, dass das FWM aus zwei Gründen die Weitergabe eines nächtlichen Störungsalarms ersichtlich nicht ausreichend sichergestellt habe. Zum einen sei nicht gewährleistet gewesen, dass eine Beschädigung des FWM durch die Warnlampe angezeigt wurde, weil die Leuchtdiode der Warnlampe defekt werden könne, und zum anderen zeige die Warnlampe keine Störungen im Leitungsnetz der Deutschen Telekom AG an. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht die nötige Sachkunde für die Feststellung besaß, dass ein Defekt der Leuchtdiode möglich und vorhersehbar sei, und auch, ob es mit seiner Forderung, dass der Kläger allein wegen der Gefahr einer defekten Leuchtdiode oder eines Verbindungsausfalls bei der Deutschen Telekom AG - der schon bei Feierabend hätte eingetreten sein und der bis zum hypothetischen späteren Störungsalarm im Betrieb des Klägers hätte fortdauern müssen - die Sorgfaltsobliegenheit des Klägers nicht überspannt hat. Denn selbst wenn man den Feststellungen des Berufungsgerichts folgt, beschränkte sich der Schutzzweck der dem Kläger auferlegten Obliegenheit auf die Abwendung von Schäden, die auf die vom Berufungsgericht befürchtete Weise hervorgerufen wurden. Bei dem vorliegenden Schadensfall spielten aber weder Schäden an der Hardware des FWM noch Störungen bei der Deutschen Telekom AG mit. Der vom Kläger geltend gemachte Schaden stammt somit nicht aus dem Bereich derjenigen Gefahren, die der allabendliche Testalarm nach Ansicht des Berufungsgerichts abwenden sollte.
12
3. Den Kläger traf auch keine Obliegenheit, den tatsächlich eingetretenen Fall, dass das Blitzschutzmodul durch einen Blitzschlag zerstört und dadurch die Verbindung zwischen dem FWM und der Telefonleitung unterbrochen werden würde, durch die Anordnung eines abendlichen Testalarms zu verhindern. Denn diesen Geschehensablauf konnte er nicht vorhersehen. Zweck eines Testalarms konnte nur sein, solchen Gefahren vorzubeugen, die vorhersehbar waren. Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Charakter der Obliegenheit als eines Gebotes der eigenen Interessenwahrnehmung, die es erfordert, diejenige Sorgfalt zu beachten, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren (BGHZ 135, 235, 240). Es geht also um ein "Verschulden gegen sich selbst". Im vorliegenden Fall kommt nur Fahrlässigkeit in Betracht (§ 276 Abs. 2 BGB). Fahrlässigkeit setzt indessen Vorhersehbarkeit der Gefahr voraus, gegen die der Geschädigte Vorkehrungen treffen sollte (MünchKomm./Grundmann, § 278 Rdn. 68; Palandt/Heinrichs, § 276 Rdn. 20). Dies hat auch das Berufungsgericht nicht verkannt, das auf die Erkennbarkeit der Gefahr für den Kläger und darauf, dass diese Gefahr sich ihm hätte auf- drängen müssen, abgestellt hat. Von dem Vorhandensein des Blitzschutzmoduls , über dessen Einbau die Beklagte ihn nicht aufgeklärt hatte, wusste der Kläger indessen ohne sein Verschulden nichts. Deshalb traf ihn auch keine Sorgfaltsobliegenheit zur Vermeidung eines durch die Zerstörung des Blitzschutzmoduls hervorgerufenen Schadens.
13
Ein Mitverschulden der Kläger ist daher zu verneinen.
14
B. Die Anschlussrevision der Beklagten ist nicht begründet.
15
I. Die Beklagte meint, der Einbau des Blitzschutzmoduls sei nicht kausal für den Schaden des Klägers. Nach ihrer Behauptung wäre es zu dem Schaden auch dann gekommen, wenn der Kläger dem Einbau des Blitzschutzmoduls widersprochen bzw. dieses wieder hätte entfernen lassen. Denn dann hätte die durch den Blitz erzeugte Überspannung das FWM ungeschützt getroffen und es beschädigt. Dieser Schaden wäre wahrscheinlich nicht durch ein Aufleuchten der CPU-Fehler-Diode angezeigt worden, da die zentrale Steuerungseinheit (CPU) lediglich ein Bauteil des Geräts sei und daher über 80 % der möglichen Schäden nicht über die CPU-Warnlampe angezeigt würden.
16
Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei um neuen Tatsachenvortrag handelt, der im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann (§ 559 Abs. 1 ZPO). Denn der Kausalitätsbeurteilung der Beklagten kann aus Gründen der Beweislast nicht gefolgt werden. Mit ihrer Behauptung, dass der Schaden auch dann entstanden wäre, wenn sie den Kläger ordnungsgemäß über den von ihr vorgenommenen Einbau des Blitzschutzmoduls informiert hätte, macht die Beklagte einen hypothetischen Kausalverlauf im Falle des rechtmäßigen Alternativverhaltens geltend. Ein solcher Einwand ist grundsätzlich beachtlich. Der Schädiger trägt jedoch die Beweislast dafür, dass der Schaden auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wäre (st. Rspr. des BGH, vgl. nur Urt. v. 15.03.2005 - VI ZR 313/03, NJW 2005, 1718).
17
Die Beklagte hat aber nicht einmal Beweis angetreten, und zwar weder dafür, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung seitens der Beklagten auf das Blitzschutzmodul verzichtet hätte, ohne anderweitige Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, noch dafür, dass der Blitzschlag in der Nacht vom 4. auf den 5. Juli 1999, wenn kein Blitzschutzmodul vorhanden gewesen wäre, das FWM beschädigt hätte, noch dafür, dass eine Beschädigung des FWM nicht von der CPU-Fehler-Diode angezeigt worden wäre. Hierfür spricht auch kein Beweis des ersten Anscheins.
18
Darüber hinaus darf dem Kläger auch nicht unterstellt werden, dass er bei Kenntnis von dem eingebauten Blitzschutzmodul und seiner Funktionsweise gleichwohl auf den allabendlichen Testalarm verzichtet und damit eine auf Vermeidung der tatsächlich eingetretenen Schadensentstehung abzielende Obliegenheit verletzt hätte. Unterstellt man mit dem Berufungsgericht, dass der Kläger Schäden, die durch einen nicht angezeigten Hardwarefehler oder durch Störungen bei der Deutschen Telekom AG entstehen, vorhersehen konnte, hätte er zwar solche Schäden wegen Nichterfüllung seiner Obliegenheit zum Testalarm zumindest teilweise selbst tragen müssen. Selbst wenn man annimmt, dass er zur Übernahme eines derartigen Risikos bereit war, rechtfertigt dies jedoch nicht die Schlussfolgerung, dass er auch Schäden in Kauf genommen hätte, deren Entstehungsweise er nicht vorhersehen konnte, wie insbesondere die durch Zerstörung des Blitzschutzmoduls hervorgerufene Unterbrechung der Telefonverbindung. Denn insoweit hat er die ihm als Geschäftsherrn zustehende wirtschaftliche Risikoentscheidung gerade nicht getroffen. Ohne konkrete Anhaltspunkte - die nicht vorhanden sind - darf ihm nicht unterstellt werden, dass er diese Entscheidung, wäre er vor die Wahl gestellt worden, im Sinne einer Risikoübernahme getroffen hätte. Es braucht nicht entschieden zu werden , ob der Kläger mit Hilfe der Vermutung, dass ein durch die Verletzung einer Aufklärungspflicht Betroffener sich "aufklärungsrichtig" verhalten hätte (st. Rspr. des BGH, vgl. nur Urt. v. 16.11.1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 152, 159), sogar den Gegenbeweis erbracht hat. Hätte die Beklagte ihn pflichtgemäß auf das Risiko hingewiesen, dass das eingebaute Blitzschutzmodul bei Überspannung zerstört und die dadurch hervorgerufene Unterbrechung der Telefonverbindung nicht angezeigt werde, so hätte der Kläger bei aufklärungsrichtigem Verhalten zunächst gefragt, ob ein Blitzschutzmodul überhaupt nötig sei. Daraufhin hätte die Beklagte ihn darüber aufklären müssen, dass ohne Blitzschutzmodul nicht nur die Gefahr einer Beschädigung des FWM, sondern - folgt man den Feststellungen des Berufungsgerichts - auch die weitere Gefahr bestehe, dass diese Beschädigung nicht durch die Warnleuchte angezeigt werde. Für diesen Fall aber kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger, gleichgültig, ob er das Blitzschutzmodul behalten hätte oder es hätte wieder ausbauen lassen, bei aufklärungsrichtigem Verhalten den allabendlichen Testalarm eingeführt hätte.
19
Auch für die weiteren Behauptungen der Beklagten, ohne das Blitzschutzmodul wäre das FWM durch Blitzschlag beschädigt und wäre der Schaden nicht angezeigt worden, spricht kein Anscheinsbeweis. Der Kläger weist zutreffend darauf hin, dass das ungeschützte FWM in der Zeit von 1997 bis zum 30. Mai 1999 alle Gewitter unbeschadet überstanden hatte und dass nach seiner Beschädigung durch Blitzschlag am 31. Mai 1999 die Warnleuchte aufgeleuchtet hatte.
20
II. Die Beklagte meint weiter, der Kläger habe einen Schaden durch Gewichtszunahmeausfall bei den überlebenden Aalen nicht schlüssig dargelegt, weil er nicht behauptet habe, dass er die Aale aufgrund der "Fresspause" zu einem geringeren Preis habe veräußern können. Es sei davon auszugehen, dass die Aale drei Wochen später ihr geplantes Verkaufsgewicht erreicht hätten. Einen Verzögerungsschaden habe der Kläger aber nicht geltend gemacht.
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1. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Anschlussrevision der Beklagten auch hinsichtlich dieser zweiten Rüge zulässig. Sie bezieht sich zwar, da sie eine Herabsetzung der vom Berufungsgericht festgestellten Schadenshöhe anstrebt, auf den Teil des Streitstoffs, für den die Revision nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussrevision bedarf aber keiner Zulassung. Dies ergibt sich daraus, dass der Revisionsbeklagte selbst dann, wenn seine selbständige Revision nicht zugelassen worden ist, noch Anschlussrevision einlegen kann (§ 554 Abs. 2 ZPO; BRDrs. 536/00 S. 273 f.; BGH, Beschl. v. 23.02.2005 - II ZR 147/03, NJW-RR 2005, 651). Die Anschlussrevision ist daher auch dann zulässig, wenn die Zulassung der Revision auf Teile des Streitstoffs beschränkt worden ist (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl. § 554 Rdn. 3a). Auch die vom Kläger aufgeworfene weitere Frage, ob eine Anschlussrevision unzulässig ist, die einen anderen Lebenssachverhalt betrifft als denjenigen der Revision und die mit dem von dieser erfassten Streitgegenstand auch nicht in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (so BGH, Urt. v. 21.06.2001 - IX ZR 73/00, BGHZ 148, 156 zu § 556 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung), kann im vorliegenden Fall, in dem Revision und Anschlussrevision denselben Lebenssachverhalt betreffen, offenbleiben (so auch BGH NJW-RR 2005, 651).
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2. Die Rüge ist indessen nicht begründet. Aale werden nach Gewicht veräußert. Wann auch immer der Kläger die überlebenden Aale verkauft hat, war der erzielte Verkaufspreis geringer als ohne das Schadensereignis, weil die Aale weniger wogen. Dass die Aale bei drei Wochen späterem Verkauf denselben Preis erzielten, den sie ohne das Schadensereignis drei Wochen früher erbracht hätten, gleicht den Schaden des Klägers nicht aus, weil er in diesen drei Wochen neue Setzlinge hätte mästen können, die ein zusätzliches Aalgewicht erbracht hätten.
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Melullis Keukenschrijver Ambrosius
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 04.08.2003 - 4 O 3317/99 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 01.03.2004 - 11 U 78/03 -