Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2005 - X ZR 17/03

bei uns veröffentlicht am21.12.2005
vorgehend
Landgericht Mannheim, 7 O 164/00, 17.11.2000
Oberlandesgericht Karlsruhe, 6 U 5/01, 08.01.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 17/03 Verkündet am:
21. Dezember 2005
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
berichtigter Leitsatz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Detektionseinrichtung I

a) Das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage besteht nach
Erhebung einer Leistungsklage umgekehrten Rubrums jedenfalls nicht mehr
weiter, wenn im Verfahren über die Leistungsklage eine Sachentscheidung
ergangen ist.

b) Das Verfahren über eine negative Feststellungsklage, in dem in der Instanz
bereits ein die begehrte Feststellung aussprechendes Versäumnisurteil ergangen
ist, gegen das ein zulässiger Einspruch eingelegt wurde, wird infolge
Wegfalls des Feststellungsinteresses unzulässig, sofern vor einer Entscheidung
nach § 343 ZPO eine Entscheidung über die anhängige parallele Leistungsklage
des Beklagten, und sei es auch nur eine Entscheidung dem
Grunde nach, ergeht.

c) Die auf einen Mindestbetrag gerichtete Klage steht von dem Zeitpunkt an, zu
dem sie nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann, grundsätzlich
auch der negativen Feststellungsklage entgegen, soweit mit dieser eine über
den Mindestbetrag hinausgehende Feststellung dahin begehrt wird, dass die
Forderung nicht besteht.
BGH, Urt. v. 21. Dezember 2005 - X ZR 17/03 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2005 durch die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens, die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 8. Januar 2003 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Kostenausspruch teilweise aufgehoben und im Übrigen abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Der Rechtsstreit ist, soweit die Beklagte das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Januar 2003 mit dem Einspruch angegriffen hat, wegen des Feststellungsbegehrens in Höhe von 599.847,12 EUR (entsprechend 1.173.199 DM) in der Hauptsache erledigt. Wegen des Feststellungsbegehrens in Höhe von weiteren 64.832,33 EUR (entsprechend 126.801 DM) wird die Klage als unzulässig abgewiesen.
Bei der Entscheidung über die durch die Säumnis der Beklagten im Berufungsrechtszug veranlassten Kosten verbleibt es. Im Übrigen tragen die Klägerin 83/200 und die Beklagte 117/200 der Kosten erster und zweiter Instanz; von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin 11/20 und die Beklagte 9/20.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte lieferte im Jahr 1996 in C. gefertigte, über die E. … Ltd., (nachfolgend: ESL) nach Deutschland importierte Funkwanduhren an Unternehmen der Handelsgruppe L. . Die Klägerin hat darin eine Verletzung des deutschen Patents 35 10 861 (Streitpatent) gesehen, das eine Anzeigen-Detektionseinrichtung zur vollautomatischen Erkennung und Korrektur der Anzeige analog anzeigender Funkuhren mittels Lichtschranken betrifft und dessen Inhaberin ein Schwesterunternehmen der Beklagten, die G. GmbH (nachfolgend: Patentinhaberin) war. ESL hat Klage auf Nichtigerklärung des Streitpatents erhoben, die zunächst zur Teilnichtigerklärung durch das Bundespatentgericht führte; Patentanspruch 2 blieb dabei bestehen. Daraufhin verwarnte die Klägerin, die befugt ist, Rechte am Streitpatent geltend zu machen, zwei Unternehmen der L. -Gruppe (Antragsgegnerinnen ) als Abnehmer und Anbieter patentverletzender Uhren und erwirkte am 13. Dezember 1996 im Beschlussweg ergangene einstweilige Verfügungen des Landgerichts Düsseldorf. Die Antragsgegnerinnen legten dagegen keinen Widerspruch ein, sondern gaben eine Abschlusserklärung ab und schlossen zusammen mit anderen Unternehmen der L. -Gruppe mit der Klägerin am 21. Februar 1997 eine Vereinbarung, mit der sie sich den Ansprüchen der Beklagten aus dem Streitpatent unterwarfen.
2
Nach Einreichung der Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichts erwirkte die Klägerin am 3. Juni 1997 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf gegen die Beklagte (abgedruckt in Entscheidungen der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf 1997, 58) und erhob auch in der Hauptsache Klage. Im Verfügungs-Berufungsverfahren nahm die Klägerin den Antrag auf Erlass der Verfügung zurück; auch die Hauptsacheklage wurde zurückgenommen. Das Nichtigkeitsberufungsverfahren führte zur weitergehenden Teilnichtigerklärung des Streitpatents im Umfang seines vom Bundespatentgericht noch als schutzfähig angesehenen nebengeordneten Patentanspruchs 2 (Sen.Urt. v. 23.09.1999 - X ZR 50/97, abgedruckt bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen Bd. 3, 129). Alsbald darauf teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr auf Grund des unberechtigten Vorgehens der Klägerin ein vorläufig mit 1.718.965 DM bezifferter Schaden entstanden sei. Daraufhin erhob die Klägerin vor dem Landgericht Mannheim negative Feststellungsklage mit dem Antrag zu erkennen, dass der Beklagten ein Schadensersatzanspruch über diesen Betrag nicht zustehe. Insbesondere leugnete sie ein Verschulden ihrerseits. Das Landgericht hat dem Klagebegehren entsprochen, weil der Klägerin ein Verschulden hinsichtlich der Beurteilung der Schutzrechtslage nicht zur Last falle. Die Beklagte hat daraufhin beim Landgericht Düsseldorf Leistungsklage auf angemessenen Schadensersatz, mindestens 1.173.199 DM, anhängig gemacht (Az. 4a O 344/01). Hierüber ist am 20. Dezember 2001 erstmals mündlich verhandelt worden. Das Berufungsverfahren über die negative Feststellungsklage verzögerte sich, weil die Beklagte zunächst ein Versäumnisurteil über sich ergehen ließ, das sie, soweit es die gerichtliche Feststellung das Nichtbestehen eines Anspruchs über mehr als 1.300.000 DM betraf , nicht angegriffen hat, und weil die Beklagte in der Folgezeit die Richter des Oberlandesgerichts Karlsruhe erfolglos ablehnte.
3
Das Landgericht Düsseldorf hat am 17. September 2002, d.h. vor Erlass des angefochtenen, am 8. Januar 2003 verkündeten Berufungsurteils in der vorliegenden Sache, ein der Leistungsklage dem Grunde nach stattgebendes Grundurteil erlassen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Leistungsklage abgewiesen. Über die Revision der Klägerin in jenem Verfahren hat der erkennende Senat ebenfalls am 18. Oktober 2005 mündlich verhandelt; er hat die Sache mit gleichzeitig mit dem Urteil in der vorliegenden Sache verkündetem Urteil im Hinblick auf den Beschluss des Großen Senats in Zivilsachen des Bundesgerichtshofs vom 15. Juli 2005 (GSZ 1/04, ZIP 2005, 1690 = GRUR 2005, 882) an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Sen.Urt. v. 21.12.2005 - X ZR 72/04 - Detektionseinrichtung II, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Berufung der Beklagten im vorliegenden Verfahren ist, soweit die Beklagte das Versäumnisurteil angegriffen hat, erfolglos geblieben (Berufungsurteil veröffentlicht in GRUR-RR 2003, 330). Die Klägerin hat im Berufungsverfahren hilfsweise die Erledigung der Hauptsache in Höhe eines Betrags von 1.173.199 DM erklärt, der sich die Beklagte hilfsweise angeschlossen hat. Mit ihrer vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren im Berufungsverfahren gestellten Antrag weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel unter Wiederholung der im Berufungsverfahren zuletzt gestellten Anträge entgegen.

Entscheidungsgründe:


4
I. Das Berufungsgericht hat die Klage auch nach der Erhebung der Leistungsklage durch die hiesige Beklagte vor dem Landgericht Düsseldorf, der bereits erfolgten mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren sowie dem dort bereits ergangenen Grundurteil in vollem Umfang weiter als zulässig angesehen. Es hat dazu ausgeführt, dass das zunächst vorliegende Rechtsschutzbedürfnis (Feststellungsinteresse) für die negative Feststellungsklage zwar nur so lange fortbestehe, bis über die Leistungsklage zweiseitig verhandelt worden sei. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Düsseldorf sei jedoch die negative Feststellungsklage im Berufungsverfahren seit geraumer Zeit entscheidungsreif gewesen, während im Verfahren über die Leistungsklage Haupttermin erst auf den 8. August 2002 bestimmt worden sei. Ausnahmsweise bestehe deshalb entsprechend den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs herausgearbeiteten Grundsätzen ein schutzwürdiges Inte- resse an der parallelen Weiterverfolgung der Feststellungsklage fort. Hinsichtlich des vor dem Landgericht Düsseldorf nicht geltend gemachten Differenzbetrags bestehe das Feststellungsinteresse zudem uneingeschränkt fort.
5
II. 1. Die Revision setzt dem entgegen, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehe die Leistungsklage der negativen Feststellungsklage jedenfalls dann vor, wenn im Verfahren über die Feststellungsklage keine Unterbrechung der Verjährung der Leistungsklage erreicht werden könne. Auch wegen der Änderung der Regeln zum Recht der Verjährung könne der negativen Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage kein Vorrang mehr zukommen. Am 18. Dezember 2002, dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über die Feststellungsklage, habe bereits ein Grundurteil über die Leistungsklage vorgelegen. Ob bei der ersten mündlichen Verhandlung über die Feststellungsklage, dem 13. März 2002, bereits Entscheidungsreife für die Feststellungsklage vorgelegen habe, entziehe sich der objektiven Beurteilung, weil auf diese Verhandlung eine Entscheidung nicht ergangen sei. Soweit überhaupt auf Entscheidungsreife abzustellen sei, könne es nur auf Entscheidungsreife im Verfahren vor dem letztinstanzlichen Gericht ankommen. Werde in jenem Verfahren die Entscheidung über die negative Feststellungsklage nicht abschließend getroffen, könne die Leistungsklage die Feststellungsklage noch einholen.
6
Verkannt habe das Berufungsgericht zudem, dass in Höhe von 126.801 DM das Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage entfallen sei. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Streitgegenstand der negativen Feststellungsklage teilbar sei. Ergebe aber die Prüfung auf Grund der erhobenen Feststellungsklage, dass die Forderung tatsächlich nur in geringerer Höhe bestehe, sei die negative Feststellungsklage in der Höhe abzuweisen, in der die Forderung bestehe. Die Konkretisierung des Streitgegenstands sei durch den Vortrag der Beklagten erfolgt, sie berühme sich nur noch eines Betrags von 1.173.199 DM und der durch diesen Betrag repräsentierten Schadensposition. Damit sei aber in Höhe des Differenzbetrags zu den 1,3 Millionen DM, die nach Erlass des Versäumnisurteils auf Grund des eingeschränkten Einspruchs noch im Streit gewesen seien, das Rechtsschutzbedürfnis entfallen; die Klage sei insoweit infolge des Fehlens einer Erledigungserklärung durch die Klägerin abzuweisen.
7
Die Revision greift weiter die Erwägungen des Berufungsgerichts zum fehlenden Verschulden der Klägerin an.
8
2. Die Klägerin setzt dem entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wie auch nach einhelliger Auffassung in der Literatur das Feststellungsinteresse weiterbestehe, wenn die Feststellungsklage in dem Zeitpunkt entscheidungsreif sei, zu dem die Leistungsklage nicht mehr einseitig zurückgenommen werden könne. Die Rechtshängigkeit der negativen Feststellungsklage stehe einer Leistungsklage nicht entgegen. Entscheidungsreife der negativen Feststellungsklage habe bereits zum Zeitpunkt der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Düsseldorf vorgelegen. Das Feststellungsinteresse sei nicht durch das Grundurteil über die Leistungsklage entfallen. Die Beklagte habe ihre Berühmung auch nicht teilweise aufgegeben.
9
Die Klägerin verteidigt die Auffassung des Berufungsgerichts, dass ihr ein Verschulden nicht zur Last falle.
10
III. Der Angriff der Revision hat im Ergebnis Erfolg. Er führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils im Umfang der hier zulässigen und beachtlichen (einseitigen) hilfsweisen Erledigungserklärung im Hilfsantrag der Klägerin zur Feststellung der Erledigung der Hauptsache, nachdem die Klage jedenfalls spätestens durch das Grundurteil des Landgerichts Düsseldorf wegen Wegfalls des Feststellungsinteresses unzulässig geworden ist (vgl. BGH, Urt. v. 19.03.1998 - I ZR 264/95, GRUR 1998, 1045 - Brennwertkessel, in Abgrenzung zu BGHZ 106, 359, 368 f.; Melullis, Hdb. des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl. 2000 Rdn. 1166), und, soweit eine hilfsweise Erledigungserklärung nicht erfolgt ist, zur Abweisung der Klage als unzulässig. Das nachträgliche Unzulässigwerden der Klage - hier infolge des Wegfalls des Feststellungsinteresses - ist dabei nicht anders zu behandeln als das nachträgliche Unbegründetwerden (Sen.Beschl. v. 12.07.1983 - X ZR 62/81, GRUR 1983, 560 - Brückenlegepanzer

II).


11
1. Wie der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs in Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung kürzlich entschieden hat (Beschl. v. 15.07.2005 - GSZ 1/04, ZIP 2005, 1690 = GRUR 2005, 882), kann die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten. Insoweit ist auf das zwischen den Streitparteien gleichzeitig ergangene Senatsurteil X ZR 72/04 - Detektionseinrichtung II zu verweisen.
12
2. a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzugehen kein Anlass besteht, genießt die Leistungsklage gegenüber der negativen Feststellungsklage grundsätzlich Vorrang (vgl. nur BGHZ 99, 340, 342 f. - Parallelverfahren I; BGH, Urt. v. 09.06.1983 - III ZR 74/82, NJW 1984, 1118 m.w.N.; v. 04.12.1986 - III ZR 205/85, NVwZ 1987, 733; v. 21.12.1989 - IX ZR 234/88, WM 1990, 695; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl. Kap. 52 Rdn. 20 ff.). Sinn des grundsätzlichen Vorrangs der Leistungsklage ist es, widerstreitende Entscheidungen der Gerichte wie auch mehrere parallele Verfahren über denselben Streitgegenstand zu vermeiden (BGHZ aaO - Parallelverfahren I; BGH aaO WM 1990, 695). Die Leistungsklage lässt, soweit sich die Streitgegenstände decken (BGH aaO WM 1990, 695), die Sachurteilsvoraussetzung des Feststellungsinteresses (§ 256 ZPO) grundsätzlich entfallen, sobald die Leistungsklage nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann (vgl. BGHZ 91, 37, 41; BGHZ 99, 340, 341 f. - Parallelverfahren I; BGH, Urt. v. 20.06.1984 - I ZR 61/82, GRUR 1985, 41, 44 - REHAB; v. 13.05.1987 - I ZR 75/85, GRUR 1987, 938 - Videorechte; BGH aaO WM 1990, 695; Urt. v. 07.07.1994 - I ZR 30/92, GRUR 1994, 846, 847 - Parallelverfahren II). Das war mit der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Düsseldorf am 20. Dezember 2001 der Fall. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann, wenn der Feststellungsrechtsstreit entscheidungsreif oder im Wesentlichen zur Entscheidungsreife fortgeschritten und die Leistungsklage noch nicht entscheidungsreif ist (BGHZ aaO - Parallelverfahren I; BGHZ 134, 201, 209; zuvor schon BGHZ 18, 22, 41 f. m.w.N. in einem Fall, bei dem bereits eine umfangreiche Beweisaufnahme stattgefunden hatte, und öfter; BGH aaO WM 1990, 695). Hierauf hat sich das Berufungsgericht zu Unrecht gestützt. Das Feststellungsinteresse kann nämlich nach dem der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Gedanken vom grundsätzlichen Vorrang der Leistungsklage jedenfalls dann nicht mehr bestehen, wenn eine Entscheidung über die Leistungsklage bereits ergangen ist, eine Entscheidung der Instanz über die negative Feststellungsklage aber noch aussteht. Insoweit ist eine Ausnahme von der Regel, dass die Leistungsklage gegenüber der negativen Feststellungsklage grundsätzlich vorrangig ist, nicht veranlasst. So hat auch der Bundesgerichtshof die von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme dann nicht greifen lassen, wenn Klage und Widerklage gleichzeitig entscheidungsreif sind (Urt. v. 25.03.1999 - IX ZR 223/97, ZIP 1999, 621, 624). Dabei kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob das Feststellungsinteresse bereits grundsätzlich mit Entscheidungsreife im Verfahren über die Leistungsklage entfällt, wenn zu diesem Zeitpunkt über die negati- ve Feststellungsklage in der Instanz noch nicht entschieden ist. Dass die Beklagte hier durch "Flucht in die Säumnis" und weitere Verfahrensverzögerungen Vorteile zu erringen gesucht hat, wirkt sich auf dieses Ergebnis nicht aus. Von einem prozessual arglistigen Verhalten der Beklagten kann angesichts der Ausgangssituation nicht ausgegangen werden.
13
b) Ohne Belang ist auch, dass über die Feststellungsklage bereits erstinstanzlich sowie zweitinstanzlich durch Versäumnisurteil entschieden worden ist, weil gegen dieses Einspruch eingelegt war. Denn mit dem Einspruch können die Wirkungen der Säumnis und bei Erfolg des Einspruchs im Wesentlichen auch die des Versäumnisurteils, soweit dieses aufgehoben wird, beseitigt werden (§§ 342, 343 ZPO). Auch das Verfahren über eine negative Feststellungsklage , in dem bereits ein Versäumnisurteil ergangen ist, gegen das ein zulässiger Einspruch eingelegt wurde, wird daher infolge Wegfalls des Feststellungsinteresses unzulässig, sofern vor einer Entscheidung nach § 343 ZPO eine Entscheidung über die Leistungsklage, und sei es auch nur dem Grunde nach, wie im vorliegenden Fall, ergeht.
14
c) Dass das Grundurteil durch das nicht rechtskräftig gewordene Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben worden ist, hat nicht zu einem Wiederaufleben des Feststellungsinteresses geführt (vgl. BGHZ 99, 340, 343 f. - Parallelverfahren I). Der Bundesgerichtshof hat dort in einer vergleichbaren Situation sinngemäß ausgeführt, es reiche für das Fortbestehen des Feststellungsinteresses nicht aus, dass das Feststellungsverfahren einen Zeitvorsprung behalte. Der Zweck der Vermeidung paralleler Prozessführungen wäre in diesem Fall nicht erreichbar. Dies muss auch dann gelten, wenn sich aus dem weiteren Verfahrensfortgang in den beiden parallel geführten Verfahren wiederum ein Vorsprung für das Feststellungsverfahren ergibt.
15
3. Die negative Feststellungsklage ist demnach mit dem Grundurteil im Verfahren über die Leistungsklage unzulässig geworden, soweit die Leistungsklage der Feststellungsklage entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 25.03.1999 - IX ZR 223/97, ZIP 1999, 621, 624 m.w.N., insoweit nicht in BGHZ 141, 173).
16
a) Das ist zunächst jedenfalls in Höhe des mit der Leistungsklage geltend gemachten Mindestbetrags von 599.847,12 EUR (1.173.199 DM) der Fall.
17
b) Jedoch ergibt sich dasselbe Ergebnis auch für den Betrag, der den Mindestbetrag der Klageforderung übersteigt und der noch bis zur Höhe des Gegenwerts in Euro von 1.300.000 DM im Streit ist (64.832,33 EUR), nachdem die Beklagte das Versäumnisurteil in übersteigender Höhe nicht angegriffen hat. Bei einer unbezifferten Leistungsklage, die zugleich auf die Zuerkennung eines Mindestbetrags gerichtet ist, wird nicht nur der Mindestbetrag rechtshängig, sondern der streitige Anspruch insgesamt. Dies wird auch daran deutlich, dass mehr als der Mindestbetrag zuerkannt werden kann (für den Fall der Festsetzung des für angemessen erachteten Schmerzensgeldbetrags BGHZ 132, 341, 351 f.; allgemein für die unbezifferte Leistungsklage BGHZ 101, 369, 372). Ergeht eine Entscheidung in der Sache, erfasst sie deshalb den gesamten Anspruch. Mit der Zuerkennung des Mindestbetrags oder eines übersteigenden Betrags steht dann zugleich fest, dass der Kläger keinen weitergehenden Anspruch hat. Dies hat zur Folge, dass die unter Angabe eines Mindestbetrags auf Zahlung angemessenen Schadensersatzes gerichtete Klage von dem Zeitpunkt an, zu dem sie nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann (vgl. oben unter III 2 a), grundsätzlich auch der negativen Feststellungsklage entgegen steht, soweit mit dieser eine über den Mindestbetrag hinausgehende Feststellung dahin begehrt wird, dass die Forderung nicht besteht.
18
4. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob das Feststellungsinteresse durch den Vortrag der hiesigen Beklagten in Höhe eines Betrags von 126.801 DM weggefallen ist, kommt es auf dieser Grundlage nicht an.
19
IV. Die Kostenentscheidung, beruht - soweit nicht die Beklagte nach den Entscheidungen der Vorinstanz die Kosten ihrer Säumnis zu tragen hat, wobei es verbleibt - auf §§ 91, 92 ZPO.
Scharen Keukenschrijver Mühlens
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 17.11.2000 - 7 O 164/00 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.01.2003 - 6 U 5/01 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 343 Entscheidung nach Einspruch


Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung ni

Zivilprozessordnung - ZPO | § 342 Wirkung des zulässigen Einspruchs


Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 72/04 Verkündet am:
21. Dezember 2005
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
DetektionseinrichtungII
BGB § 823 Ai; PatG (1981) vor § 139; ZPO § 945

a) Der Lieferant kann den Schaden, der ihm durch Inanspruchnahme seines
Abnehmers aus einem später für nichtig erklärten Patent entstanden ist, unter
dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eigenen eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb von demjenigen ersetzt verlangen, der in schuldhafter
Weise unberechtigt aus dem Patent vorgegangen ist (Fortführung des
Beschlusses des Großen Senats für Zivilsachen vom 15.07.2005 - GSZ 1/04,
ZIP 2005, 1690 = GRUR 2005, 882, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen
).

b) Die nachträgliche Nichtigerklärung eines Patents kann, soweit aus diesem
einstweiliger Rechtsschutz erwirkt worden ist, einen Schadensersatzanspruch
nach § 945 ZPO begründen (Fortführung von BGHZ 75, 116, 120
- Oberarmschwimmringe).
BGH, Urt. v. 21.12.2005 - X ZR 72/04 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2005 durch die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 25. März 2004 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin lieferte über die E. Ltd., … (nachfolgend : ESL) im Jahr 1996 in C. gefertigte Funkwanduhren an Unternehmen der Handelsgruppe L. . Die Beklagte hat darin eine Verletzung des deutschen Patents 35 10 861 (Streitpatent) gesehen, das eine Anzeigen-Detektionsvorrichtung zur vollautomatischen Erkennung und Korrektur der Anzeige analog anzeigender Funkuhren mittels Lichtschranken betrifft und dessen Inhaberin ein Schwesterunternehmen der Beklagten, die G. (nach- GmbH folgend: Patentinhaberin) war.

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ESL hat gegen die Patentinhaberin Nichtigkeitsklage erhoben, die zunächst zu einer Teilnichtigerklärung des Streitpatents durch das Bundespatentgericht führte; Patentanspruch 2 blieb dabei bestehen. Daraufhin verwarnte die Beklagte, die befugt ist, Rechte am Streitpatent geltend zu machen, mit Anwaltsschreiben vom 22. November 1996 zwei Unternehmen der L. -Gruppe (nachfolgend: Antragsgegnerinnen) als Abnehmer und Anbieter patentverletzender Uhren. Da diese Abmahnungen keinen Erfolg hatten, erwirkte die Beklagte am 13. Dezember 1996 im Beschlussweg gegen die Antragsgegnerinnen einstweilige Verfügungen des Landgerichts Düsseldorf. Die Antragsgegnerinnen legten dagegen keinen Widerspruch ein, sondern gaben eine Abschlusserklärung ab und schlossen zusammen mit anderen Unternehmen der L. - Gruppe mit der Beklagten am 21. Februar 1997 eine Vereinbarung, mit der sie sich den Ansprüchen der Beklagten aus dem Streitpatent unterwarfen. Wegen des näheren Inhalts wird auf das Berufungsurteil verwiesen. Am 19. März 1997 verwarnte die Beklagte die Klägerin aus dem Streitpatent. Kurz zuvor war der Beklagten eine Kopie der japanischen Offenlegungsschrift 50-147 772 mit dem Hinweis übersandt worden, dass diese das Streitpatent neuheitsschädlich treffe. Nach Einreichung der Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichts im Nichtigkeitsverfahren erwirkte die Beklagte am 3. Juni 1997 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf gegen die Klägerin (abgedruckt in Entscheidungen der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf 1997, 58) und erhob auch in der Hauptsache Klage. Im Verfügungs-Berufungsverfahren nahm die Beklagte den Antrag auf Erlass der Verfügung zurück; auch die Hauptsacheklage wurde zurückgenommen. Das Nichtigkeitsberufungsverfahren führte zur weitergehenden Teilnichtigerklärung im Umfang des nebengeordneten Patentanspruchs 2 des Streitpatents, den das Bundespatentgericht noch als schutzfähig angesehen hatte (Sen.Urt. v. 23.09.1999 - X ZR 50/97, abgedruckt bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen Bd. 3, 129).

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Die Klägerin, die entsprechende Umsatzeinbußen behauptet hat, hat gegen die Beklagte im vorliegenden Verfahren wegen unberechtigter Abnehmerverwarnung (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) Schadensersatzansprüche in angemessener Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 1.173.199 DM, geltend gemacht. Die Beklagte hat ein Verschulden in Abrede gestellt. Das Landgericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Verschulden der Beklagten hat das Landgericht darin gesehen, dass diese sich nach der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen die einstweilige Verfügung , die gegenüber der Klägerin ergangen war, in Hinblick auf die japanische Offenlegungsschrift 50-147 772 nicht in ausreichendem Maß sorgfältig verhalten habe; sie habe nämlich der Rechtsbeständigkeit des Patentanspruchs 2 des Streitpatents von da an mit Misstrauen begegnen und die L. -Gruppe aus den getroffenen Vereinbarungen entlassen müssen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageforderung weiter. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat das Klagebegehren schon dem Grunde nach als nicht gerechtfertigt angesehen. Zwar begegne der unbezifferte Klageantrag der Klägerin keinen durchgreifenden Bedenken, weil von der Angabe des begehrten Betrags Ausnahmen zugelassen seien, wenn die Klägerin die Rechnungs - und Schätzungsgrundlagen umfassend darlege und - wie hier geschehen - einen Mindestbetrag angebe. Die geltend gemachten Ansprüche fänden jedoch in § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des rechtswidrigen Ein- griffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb keine Grundlage. Voraussetzung für einen solchen Anspruch sei ein rechtswidriger und schuldhafter , betriebsbezogener Eingriff. Einen solchen Eingriff stellten die Abnehmerverwarnungen , die Verwarnung der Klägerin und die erwirkten einstweiligen Verfügungen aus dem Patentanspruch 2 des Streitpatents nicht dar. Eine Abnehmerverwarnung sei nicht allein deshalb rechtswidrig, weil eine Schutzrechtsverletzung nicht vorliege. Das gelte auch für die Klageerhebung und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Inhabers eines auf seine materiellen Schutzvoraussetzungen geprüften Schutzrechts. Das Berufungsgericht ist dabei unter Übernahme einer in der Literatur wie auch teilweise in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung von Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen, wonach Schutzrechtsverwarnungen als rechtswidrige Eingriffe in den nach § 823 Abs. 1 BGB als sonstiges Recht geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Verwarnten oder dessen Lieferanten schon dann zu beanstanden sind, wenn sie lediglich der Sache nach unberechtigt sind. Es sei, so das Berufungsgericht, vielmehr das gute Recht des Patentinhabers, Dritte, und zwar auch potenzielle Abnehmer von Mitbewerbern , vor der Begehung von Verletzungshandlungen zu warnen. Dem Inhaber eines geprüften Patents könne es zudem grundsätzlich nicht verwehrt sein, über die Warnung hinaus die zur Abwehr von Eingriffen in sein Recht notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und die hierzu von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Mittel einzusetzen. Die Rechtsordnung sehe ausdrücklich die Möglichkeit vor, einen Streit über das Bestehen und Nichtbestehen von Rechtsansprüchen durch die Gerichte entscheiden zu lassen. Die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens diene der Wahrung des Rechts. Sie dürfe bei Erfolglosigkeit nicht in einer ex-post-Betrachtung als rechtswidriges Vorgehen beurteilt werden, weil dies die Rechtsschutzgarantie des Art. 20 Abs. 3 GG auf den Kopf stellen würde. Es sei daher mit Stimmen in der Literatur davon auszugehen, dass Klage und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht per se rechtswidrig sein könnten, nur weil sie objektiv unberechtigt seien, insbesondere , wenn sich die mangelnde Berechtigung erst aus einer späteren Nichtigerklärung des Schutzrechts ergebe. Rechtswidrigkeit der Klageerhebung wie der Einreichung des Antrags auf einstweilige Verfügung könnten nur angenommen werden, wenn Umstände vorlägen, die das Verhalten des Klägers oder Antragstellers als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erscheinen ließen, was der Fall sein möge, wenn dem Kläger bereits bei Klageerhebung positiv bekannt sei, dass der geltend gemachte Anspruch nicht bestehe, und der Beklagte mit der Erhebung der Klage in dem Sinn eingeschüchtert werden solle, dass er befürchte, die Klage könne Erfolg haben, um ihn so zu einem rechtlich nicht gebotenen Nachgeben zu veranlassen.
5
Hierfür sei indessen nichts ersichtlich. Die Beklagte sei aus dem Streitpatent erst vorgegangen, als dieses vom Bundespatentgericht im Nichtigkeitsverfahren aufrechterhalten worden sei. Es spreche nichts dafür, dass der Beklagten bereits positiv bekannt gewesen sei, der geltend gemachte Anspruch werde später keinen Bestand haben. Infolge der Marktstärke von L. könne es der Beklagten nicht um eine Einschüchterung dieser Unternehmensgruppe gegangen sein. Auch bei der Erwirkung der einstweiligen Verfügung gegen die Klägerin könne von einem rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Vorgehen keine Rede sein. Die japanische Offenlegungsschrift habe den Rechtsbestand des Patentanspruchs 2 des Streitpatents nicht so zweifelhaft erscheinen lassen, dass sich das Landgericht hierdurch am Erlass der einstweiligen Verfügung gehindert gesehen hätte.
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Bei einer nur objektiv unbegründeten Schutzrechtsverwarnung oder einem gerichtlichen Vorgehen liege ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht vor. Den berechtigten Interessen des Lieferanten sei dadurch hinreichend genügt, dass Schutzrechtsverwarnungen, die bezüglich ihrer Form oder ihres Inhalts Mängel aufwiesen, als wettbewerbswidrig beanstandet werden könnten, und solche, bei denen der Mangel dem Verwarnenden im Zeitpunkt der Verwarnung positiv bekannt sei, als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung oder als rechtsmissbräuchlich abgewehrt werden könnten. Zudem könne der Hersteller oder Lieferant gegenüber dem Verwarner im Weg der negativen Feststellungsklage vorgehen; des Auffangtatbestands des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bedürfe es daher nicht. Bei im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung erwirkten Titeln böten die §§ 945, 717 Abs. 2 ZPO eine ausreichende Haftungsgrundlage.
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Auf die Frage eines Verschuldens der Beklagten komme es nicht an, da ein rechtswidriger Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin ausscheide. Jedoch werde auch ein Verschulden zu verneinen sein, denn solange das Patent nicht rechtskräftig vernichtet sei, könne ein auf den Bestand des Patents gestütztes Verhalten weder besondere Verhaltenspflichten begründen noch schuldhaft sein. Dass die Nichtigerklärung des Patents rückwirkend erfolge, könne nicht rückwirkend besondere Verhaltenspflichten oder ein Verschulden begründen. Im Zeitpunkt der beanstandeten Handlungen sei die Beklagte Inhaberin eines nicht nur von der zuständigen Verwaltungsbehörde, sondern auch vom Bundespatentgericht überprüften Patents gewesen. Weiter seien Ansprüche aus § 826 BGB, aus Wettbewerbsrecht oder aus § 824 BGB wie auch aus § 945 ZPO nicht gegeben.
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II. Diese Auffassung greift die Revision an. Der Bundesgerichtshof habe daran festgehalten, dass die unberechtigte Verwarnung aus einem gewerblichen Schutzrecht und damit auch die Unterlassungsklage einen Eingriff in den Gewerbebetrieb des Verwarnten darstelle. Der in der Literatur vertretenen Gegenansicht sei nicht zu folgen. Sie leugne im Kern die Sozialbindung des Schutzrechtsinhabers, auf die schon das Reichsgericht hingewiesen habe. Bei der Beurteilung, ob die Rechtsordnung Schadensersatzansprüche zur Verfügung stelle, sei auf das verletzte Rechtsgut und die Intensität eines Eingriffs, nicht aber darauf abzustellen, ob andere Eingriffe in andere Rechtsgüter Ansprüche auslösten. Folge der in der Literatur vertretenen Auffassung sei im Fall der Abnehmerverwarnung, dass dem Hersteller keine Unterlassungsansprüche zuständen. Der Abnehmer werde typischerweise die entsprechenden Waren nicht mehr vertreiben, wodurch die Wettbewerbsmechanismen außer Kraft gesetzt würden. Der Anspruch wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verstoße auch im Fall einer unberechtigten Verwarnung aus einem gewerblichen Schutzrecht nicht gegen Art. 5 GG; da er Verschulden voraussetze, treffe den sorgfältigen Schutzrechtsinhaber keine Haftung. Der Irrtum, in dem sich die Beklagte befunden habe, sei, nachdem ihr das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. C. im Nichtigkeitsberufungsverfahren vorgelegen habe, nicht mehr zu entschuldigen gewesen. Die Rechtsprechung fordere als Korrelat zum Wissensvorsprung des Schutzrechtsinhabers gegenüber dem Beklagten lediglich, dass sich der Verwarnende vor der Verwarnung über die Schwere seines Eingriffs in die Rechtssphäre des Verwarnten bewusst werde und dass von der Verwarnung nur dann Gebrauch gemacht werde, wenn zuvor mit der gebotenen Sorgfalt geprüft worden sei, ob die eigene Rechtsposition die Verwarnung rechtfertige. Fehl gehe zudem die Auffassung des Berufungsgerichts , solange das Patent nicht für nichtig erklärt sei, könne ein auf den Bestand des Patents gestütztes Verhalten nicht schuldhaft sein oder besondere Verhaltenspflichten begründen. Dabei werde nämlich übersehen, dass dem Patentinhaber weiterer Stand der Technik durchaus bekannt sein könne, der Patentanmelder im Erteilungsverfahren aber darauf baue, dass er unerkannt bleibe.
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III. Die Beklagte hat im Revisionsverfahren zwar einen Antrag gestellt, sich aber nicht weiter geäußert.

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IV. Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
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1. Der Senat tritt der Auffassung des Berufungsgerichts bei, dass die auf einen Mindestbetrag und im Übrigen auf einen angemessenen Betrag gerichtete Klage im vorliegenden Fall zulässig ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.1981 - VI ZR 162/80, NJW 1982, 340).
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2. Die Frage, ob die unberechtigte Verwarnung aus einem Schutzrecht einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB darstellt und damit auch einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung nach der genannten Bestimmung auslösen kann, wurde von den Gerichten und in der Literatur in jüngerer Zeit unterschiedlich beurteilt. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sie dem Großen Senat für Zivilsachen unterbreitet, weil er sie entgegen der bisherigen Rechtsprechung verneinen wollte (Beschluss vom 12.08.2004 - I ZR 98/02, u.a. in GRUR 2004, 958 = WRP 2004, 1366 = Mitt. 2005, 40).
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3. Der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 15. Juli 2005 - GSZ 1/04 (ZIP 2005, 1690 = GRUR 2005, 882) die Vorlagefrage, soweit hier von Interesse, dahin beantwortet, dass die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten kann. Zur Begründung hat der Große Senat für Zivilsachen u.a. ausgeführt, es entspreche ständiger, auf das Reichsgericht zurückgehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in eine nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Rechtsposition des Verwarnten als auch desjenigen Gewerbetreibenden darstellen könne, dessen Kundenbeziehungen durch die unberechtigte Geltendmachung eines Ausschließlichkeitsrechts gegenüber dem verwarnten Abnehmer schwerwiegend beeinträchtigt werden. Seit Beginn der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung werde auf den entscheidenden Gesichtspunkt hingewiesen, dem nach wie vor Rechnung zu tragen sei: Das dem Schutzrechtsinhaber verliehene Ausschließlichkeitsrecht schließe jeden Wettbewerber von der Benutzung des Schutzgegenstands aus. Diese einschneidende, die Freiheit des Wettbewerbs begrenzende Wirkung des Ausschließlichkeitsrechts verlange nach einem Korrelat, das sicherstelle, dass der Wettbewerb nicht über die objektiven Grenzen hinaus eingeschränkt werde, durch die das Gesetz den für schutzfähig erachteten Gegenstand und seinen Schutzbereich bestimme. Dieser notwendige Ausgleich zwischen dem verfassungsrechtlich geschützten Interesse des Schutzrechtsinhabers, sein Recht geltend machen zu können, und dem gleichfalls durch das Grundgesetz geschützten Interesse des Wettbewerbs , sich außerhalb des Schutzbereichs bestehender Rechte unter Beachtung des Gesetzes frei entfalten zu können, wäre nicht mehr wirksam gewährleistet , wenn es dem Schutzrechtsinhaber gestattet wäre, aus einem Schutzrecht Schutz in einem Umfang zu beanspruchen, der ihm nicht zustehe, und wenn der Schutzrechtsinhaber den wirtschaftlichen Nutzen aus einer schuldhaften Verkennung des Umfangs des ihm zustehenden Schutzes ziehen dürfte, ohne für einen hierdurch verursachten Schaden seiner Mitbewerber einstehen zu müssen. Das werde bei einer Verwarnung von Abnehmern besonders deutlich. Bei dieser mache der Schutzrechtsinhaber sein vermeintlich verletztes Recht nicht gegenüber dem unmittelbaren Mitbewerber, sondern - was ihm grundsätzlich freistehe - gegenüber dessen Abnehmern geltend. Das Interesse der Abnehmer, sich sachlich mit dem Schutzrechtsinhaber auseinanderzusetzen , sei typischerweise erheblich geringer als das Interesse des mit dem Schutzrechtsinhaber konkurrierenden Herstellers. Bei dem einzelnen Abnehmer könnten die Umsätze mit dem vermeintlich verletzenden Erzeugnis nur geringe Bedeutung haben, außerdem stehe ihm häufig die Alternative zu Gebote, ohne erhebliche Nachteile auf ein entsprechendes Produkt des Schutzrechtsinhabers auszuweichen. Einschneidend getroffen werde in dieser Situation nicht der verwarnte Abnehmer, sondern der ihn beliefernde Hersteller. Ohne das von der Rechtsprechung entwickelte Institut der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung ergäbe sich keine wirksame Handhabe, um einem möglicherweise existenzgefährdenden Eingriff in die Kundenbeziehungen des Herstellers durch die unberechtigte Geltendmachung von Ausschließlichkeitsrechten gegenüber seinen Abnehmern entgegenzutreten. Durch die andernfalls nur verbleibende Klage auf Feststellung, dass dem aus dem Schutzrecht Verwarnenden die vermeintlichen Ansprüche nicht zustehen, sei in aller Regel ein wirksamer Rechtsschutz nicht zu erreichen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe stets daran festgehalten, dass die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung untersagt sei und der schuldhafte Verstoß gegen dieses Verbot zum Schadensersatz verpflichte. Die im Vorlagebeschluss des I. Zivilsenats angeführten Gründe , mit denen sich der Große Senat für Zivilsachen im Einzelnen auseinandergesetzt hat, gäben keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Zutreffend sei, dass bei subjektiver Redlichkeit nicht rechtswidrig in ein geschütztes Rechtsgut seines Verfahrensgegners eingreife, wer ein insbesondere gerichtliches Verfahren einleite und betreibe, auch wenn sein Begehren sachlich nicht gerechtfertigt sei. Für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage hafte der ein solches Verfahren betreibende Schutzrechtsinhaber grundsätzlich nicht nach dem Recht der unerlaubten Handlung, da der Schutz des Prozessgegners regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren gewährleistet werde. Wo dies allerdings nicht der Fall sei, müsse es beim uneingeschränkten Rechtsgüterschutz verbleiben, den § 823 Abs. 1 BGB und § 826 BGB gewährten. Aus der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Rechtfertigungswirkung des gerichtlichen Verfahrens gegenüber dem Verfahrensgegner ergebe sich daher nichts für einen grundsätzlichen Ausschluss der Haftung für die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung, namentlich die Abnehmerverwarnung, wenn der geschädigte Gewerbetreibende seine Rechte nicht in einem gerichtlichen Verfahren wahrnehmen könne. Allerdings könne die gerichtliche Prüfung eines auch nur vermeintlich bestehenden Anspruchs nicht unterbunden werden. Das sei aber ein rein prozessuales Privileg, das den Eingriff in das Recht eines Mitbewerbers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht rechtmäßig mache. Diese Privilegierung sei nicht auf die außer- oder vorgerichtliche Abmahnung zu erstrecken. Die Gleichbehandlung von Klage und Abmahnung sei nicht logisch zwingend vorgegeben. Die Abmahnung sei keine Prozessvoraussetzung für die Klage oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der gleichwohl verbleibende, für eine Privilegierung von Klage und Abmahnung im gleichen Umfang sprechende Nachteil für den Schutzrechtsinhaber wiege gering gegenüber den Gründen, die gegen eine Privilegierung der Abmahnung sprächen. Stünde die Abmahnung der Klage gleich, bliebe eine fahrlässige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung praktisch folgenlos, obgleich das Bedürfnis einer Sanktion in Fällen der Verwarnung ungleich größer sei als in Klagefällen. Die außergerichtliche Abmahnung auch einer Vielzahl von Abnehmern bedeute nur einen verhältnismäßig geringen Aufwand. Die in der Vergangenheit in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen außergerichtliche Abnehmerverwarnungen ausgesprochenen Verbote hätten nicht dazu geführt, dass Abnehmer stattdessen in erheblichem Umfang unmittelbar gerichtlich in Anspruch genommen worden seien. Dem Betroffenen den deliksrechtlichen Schutz zu entziehen, wäre dem im Interesse der Allgemeinheit liegenden Ziel eines angemessenen und praktisch wirksamen Ausgleichs zwischen dem Schutz der geistigen Leistung einerseits und dem Schutz des freien Wettbewerbs außer- halb des Schutzbereichs bestehender Ausschließlichkeitsrechte andererseits abträglich.
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4. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an. Sie hat nicht nur zur Folge, dass die Regelung des § 823 Abs. 1 BGB weiterhin auf alle außergerichtlichen Verwarnungen aus einem technischen Schutzrecht gegenüber einem Hersteller, einem Lieferanten, einem Importeur oder einem Abnehmer des streitigen Erzeugnisses anwendbar ist. Auch im Fall der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens kann § 823 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Ersatz dadurch verursachter Schäden begründen, nämlich zugunsten dessen, der nicht als Partei an dem betreffenden Verfahren beteiligt ist. Denn im Verhältnis zu dem Nichtbeteiligten greift die Regel nicht, dass nicht rechtswidrig in ein geschütztes Rechtsgut seines Verfahrensgegners eingreift, wer ein staatliches, gesetzlich eingerichtetes und geregeltes Verfahren einleitet oder betreibt (BGH ZIP 2005, 1692). Dem etwa durch einen gegen seinen Abnehmer gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beeinträchtigten Hersteller oder Lieferanten kann daher Ersatz sowohl der Schäden zuzusprechen sein, die ihm durch eine vorherige Abnehmerverwarnung entstanden sind, als auch der Schäden, die ihm der anschließende Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung oder ein klageweises Vorgehen gegen den Abnehmer verursacht hat. Letzteres findet seinen Sinn auch darin, dass der Hersteller oder Lieferant die Einleitung eines gegen seinen Abnehmer gerichteten gerichtlichen Verfahrens zur Durchsetzung eines unberechtigten Unterlassungsanspruchs nicht seinerseits durch Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs verhindern kann, weil insoweit das prozessuale Privileg zu beachten ist, das Bestehen eines behaupteten Anspruchs aus einem Schutzrecht gerichtlich klären zu lassen (BGH ZIP 2005, 1690, 1693). Auch im Streitfall kommt deshalb ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Schäden in Betracht, die ihr durch die Verwarnung der beiden Unternehmen der L. -Gruppe und/oder deren gerichtliche Inanspruchnahme entstanden sind, ferner für die Schäden, die der Klägerin dadurch entstanden sind, dass sie ihrerseits von der Beklagten außergerichtlich verwarnt worden ist.
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Damit weicht der Senat nicht von dem Urteil des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 29. Juni 1977 (I ZR 186/75, GRUR 1977, 805 - Klarsichtverpackung) ab. Der I. Zivilsenat hat in dieser Entscheidung die Auffassung vertreten, in der unberechtigten Verwarnung eines Mitbewerbers wegen vermeintlicher Verletzung eines Ausstattungsschutzrechts (heute § 4 Nr. 2 MarkenG) sei nicht zugleich ein zum Schadensersatz verpflichtender unmittelbarer Eingriff in den Gewerbebetrieb des Lieferanten der angegriffenen Ausstattung zu sehen. Er hat dies damit begründet, dass sich die Schutzrechtsverwarnung ausschließlich gegen dasjenige Unternehmen gerichtet habe, das die von der damaligen Klägerin hergestellte Klarsichtverpackung als Ausstattung für Süßwaren verwendet habe, und dass nur dieses Unternehmen als Verletzer in Betracht gekommen sei, weil es eben diese Waren mit der angegriffenen Ausstattung versehen und in den Verkehr gebracht habe (§ 25 WZG). Demgegenüber folgt aus § 9 Nr. 1 PatG, dass auch derjenige, der ein patentgeschütztes Erzeugnis in den Verkehr bringt, das Patent verletzt. Das ist schon dann der Fall, wenn die vermeintlich patentverletzende Ware wie hier an einen gewerblichen Abnehmer geliefert wird. Dies genügt zur Bejahung der Unmittelbarkeit (Betriebsbezogenheit) des Eingriffs in den Gewerbebetrieb der Klägerin.
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5. Was Schäden anbelangt, die durch die gerichtliche Inanspruchnahme der Klägerin selbst entstanden sind, kann der Auffassung des Berufungsgerichts nicht beigetreten werden, bei Nichtigerklärung eines Patents kämen Ansprüche nach § 945 ZPO nicht in Betracht (so auch Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 945 Rdn. 8; Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl,. § 945 Rdn. 19a; Schwerdtner, GRUR 1968, 17; Kroitzsch, GRUR 1976, 512; Pietzcker, GRUR 1980, 442; offen gelassen in BGHZ 75, 116, 120 - Oberarmschwimmringe). Vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des Patents wirken gegenüber jedermann auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Erfindung zum Patent zurück (ex tunc; vgl. Busse/Schwendy, PatG, 6. Aufl., § 21 PatG Rdn. 135, 136 mit Nachw. zur entsprechenden Rechtsprechung vor Inkrafttreten des IntPatÜG; Benkard/Rogge, PatG u. GebrMG, 9. Aufl., § 22 PatG Rdn. 63 m.w.N.). Sie haben zur Folge, dass Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche in dem Umfang , in dem das Patent widerrufen oder für nichtig erklärt worden ist, von Anfang an nicht bestehen. Daraus ergibt sich, dass die Rechtsstellung, die durch ein Patent erlangt wird, das in dem für nichtig erklärten Umfang nicht hätte erteilt werden dürfen, dem Patentinhaber von Gesetzes wegen bereits anfänglich nicht zusteht. Dem Patentinhaber erwächst durch den Bestand eines zu Unrecht erteilten Patents auch keine geschützte Rechtsstellung (Senat, Versäumnisurt. v. 05.07.2005 - X ZR 167/03 - Vergleichsempfehlung II). Im Ergebnis ist die Rechtslage daher nicht anders als in dem Fall, dass sich die einstweilige Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist. Das ist aber gerade einer der in § 945 ZPO geregelten Fälle.
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6. Die Verneinung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb insgesamt sowie eines Anspruchs aus § 945 ZPO durch das Berufungsgericht kann auf dieser Grundlage keinen Bestand haben.
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V. Dem Senat ist allerdings eine abschließende Entscheidung in der Sache verwehrt. Ob die Beklagte ein Verschulden trifft, kann in der Revisionsinstanz nicht geklärt werden. Das Berufungsgericht hat es - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - unterlassen, abschließende tatrichterliche Feststellungen hierzu zu treffen. Es hat lediglich darauf abgestellt, dass nicht angenommen werden könne, das Verhalten des Klägers sei rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig gewesen. Das ist aber jedenfalls, soweit eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB in Betracht kommt, nicht der maßgebliche Maßstab. Die Überlegungen, die das Berufungsgericht hierzu angestellt hat, erweisen sich zudem nicht in vollem Umfang als tragfähig. Dass ein auf den Bestand des Patents gestütztes Verhalten nicht schuldhaft sein könne, wie es das Berufungsgericht annehmen will, trifft, worauf die Revision zutreffend hinweist, in dieser Allgemeinheit nicht zu. Ein dahin gehender Rechtssatz besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Patentinhaber weitergehende Kenntnisse als die Erteilungsbehörden über den Stand der Technik hat, diese Kenntnisse aber entgegen seiner nunmehr in § 34 Abs. 7 PatG normierten Wahrheitspflicht zurückhält, aber auch dann nicht, wenn ihm möglicherweise der Schutzfähigkeit entgegenstehendes Material nachträglich bekannt geworden ist und er wusste, dass dieses Material der Schutzfähigkeit des Streitpatents entgegensteht, oder er sich dieser Erkenntnis in vorwerfbarer Weise verschlossen hat. Ob solches der Fall war, wird das Berufungsgericht nunmehr zu prüfen haben. Dabei wird es nicht allein darauf abstellen können, dass das Streitpatent erteilt worden ist und das Bundespatentgericht eine Nichtigerklärung im Umfang seines Patentanspruchs 2 nicht ausgesprochen hat. Letzteres besagt nämlich nur, dass sich das Bundespatentgericht insoweit nicht in der Lage gesehen hat, das Vorliegen eines geltend gemachten Nichtigkeitsgrunds positiv festzustellen.
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Sofern das Berufungsgericht bei erneuter Befassung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte ein Verschulden trifft, wird es sich weiter mit der Frage zu befassen haben, wieweit ein Schaden der Klägerin auf das gerichtliche Vorgehen der Beklagten zurückzuführen ist, für das diese nur nach den Regeln der Prozessgesetze (etwa nach § 945 ZPO) haftet. Eine sich daraus möglicherweise ergebende Haftungsprivilegierung wird schon dann eingreifen müssen, wenn und soweit das gerichtliche Vorgehen für den Schaden lediglich mitursächlich war.
Scharen Keukenschrijver Mühlens
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 17.09.2002 - 4a O 344/01 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.03.2004 - 2 U 151/02 -

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.

Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.