vorgehend
Amtsgericht Traunstein, 312 C 825/09, 17.09.2010
Landgericht Traunstein, 7 S 3821/10, 26.05.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 205/11 Verkündet am:
22. Februar 2012
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 307 Bb, Cl, 535
Auch wenn der Mieter die Wohnung bei Mietbeginn mit einem neuen weißen Anstrich
übernommen hat, benachteiligt ihn eine Farbwahlklausel nur dann nicht unangemessen
, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht
und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt (Bestätigung der Senatsurteile
vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07, NZM 2008, 605 Rn. 18; vom 22. Oktober 2008
- VIII ZR 283/07, NJW 2009, 62 Rn. 17 f.).
BGH, Urteil vom 22. Februar 2012 - VIII ZR 205/11 - LG Traunstein
AG Traunstein
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Traunstein - 7. Zivilkammer - vom 26. Mai 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin war vom 1. Juli 2005 bis zum 30. September 2008 Mieterin einer Wohnung des Beklagten in T. . Im Mietvertrag sind die Schönheitsreparaturen formularmäßig auf die Klägerin abgewälzt; außerdem ist eine Quotenabgeltungsklausel vereinbart. Zur Ausführung der Schönheitsreparaturen heißt es in § 13 Ziffer 3 des Mietvertrags: "Die Arbeiten müssen in fachmännischer Qualitätsarbeit - handwerksgerecht - ausgeführt werden. Der Mieter darf ohne Zustimmung des Vermieters bei der Ausführung der Schönheitsreparaturen bei Vertragsende nicht von der ursprünglichen Ausführungsart abweichen. Das Holzwerk darf nur weiß gestrichen werden, Naturholz nur transparent oder lasiert. Heizkörper und Heizrohre sind weiß zu streichen. Der An- strich an Decken und Wänden hat in weiß, waschfest nach TAKT, zu erfolgen. Die Verwendung anderer Farben bedarf der Genehmigung des Vermieters, ebenso die Anbringung besonderer Wanddekorationen und schwerer Tapeten."
2
Die Klägerin führte am Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen an den Decken und Wänden der Wohnräume durch. Im Hinblick auf die vereinbarte Quotenabgeltungsklausel behielt der Beklagte für anteilige Kosten der Schönheitsreparaturen hinsichtlich der Heizkörper, Innentüren, Keller sowie des Loggiabodens aus der Kaution einen Betrag in Höhe von 650 € ein. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Schönheitsreparaturklauseln wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam seien und ihr die Kaution deshalb ungekürzt auszuzahlen sei; für die von ihr durchgeführten Schönheitsreparaturen schulde der Beklagte Wertersatz in Höhe von 1.036,95 €.
3
Die Klägerin hat Zahlung von 1.686,95 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 163,29 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung dahin abgeändert, dass der Beklagte zur Zahlung von insgesamt 261,24 €nebst Zinsen verurteilt ist. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Wertersatz der von ihr durchgeführten Schönheitsreparaturen nicht zu, weil die in § 13 des Mietvertrags vorgesehene Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf die Mieterin wirksam sei und die Klägerin diese Leistungen deshalb mit Rechtsgrund erbracht habe. Die formularmäßige Vorgabe, dass die Wohnung bei Rückgabe weiß gestrichen sein müsse, benachteilige die Klägerin nicht unangemessen, weil sie die Wohnung in diesem Zustand übernommen habe. Entscheidend sei, dass der Beklagte der Klägerin die Wohnung bei Beginn des Mietverhältnisses mit einem weißen Neuanstrich übergeben und damit zu erkennen gegeben habe, welchen Wohnungszustand er bei der Neuvermietung für angemessen halte und welchen Zustand er bei der Rückgabe vorzufinden wünsche. Das Interesse des Mieters an einer dezent farblichen Gestaltung sei dadurch ausreichend gewahrt, dass er sie verwirklichen könne, wenn der Vermieter zustimme.
7
Der Klägerin stehe aber ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 261,24 € aus der Kaution zu, weil der Beklagte die Kaution in dieser Höhe zu Unrecht einbehalten habe. Für die Abnutzung der Dekoration an Türen, Türzargen , Heizkörpern und Kellerraum könne der Beklagte aufgrund der Quotenabgeltungsklausel nur einen Betrag von 388,69 € verlangen. Denn das Renovierungsintervall , das der Berechnung des Abgeltungsbetrages zu Grunde zu le- gen sei, betrage wegen der geringen Abnutzung während der Mietzeit der Klägerin 14 Jahre.

II.

8
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die Schönheitsreparaturen sind im Hinblick auf die vom Beklagten verwendete (unzulässige) Farbwahlklausel nicht wirksam auf die Klägerin übertragen, so dass dem Beklagten anteilige Schönheitsreparaturkosten nicht zustehen und ein Anspruch der Klägerin auf Wertersatz für die am Vertragsende teilweise ausgeführten Schönheitsreparaturen nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden kann.
9
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats benachteiligt eine Farbwahlklausel den Mieter (nur) dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt (Senatsurteile vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07, NZM 2008, 605 Rn. 18; vom 22. Oktober 2008 - VIII ZR 283/07, NJW 2009, 62 Rn. 17 f.; Senatsbeschlüsse vom 14. Dezember 2010 - VIII ZR 198/10, WuM 2011, 96 Rn. 1 sowie VIII ZR 218/10, WuM 2011, 212 Rn. 1).
10
2. Die hier vereinbarte Farbwahlklausel wird diesen Voraussetzungen nicht gerecht. Sie gibt dem Mieter - auch für Schönheitsreparaturen während der Mietzeit - einen weißen Anstrich von Decken und Wänden vor und schränkt die Gestaltungsfreiheit des Mieters dadurch in einer Weise ein, die nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters gerechtfertigt ist und den Mieter deshalb unangemessen benachteiligt.
11
a) Es kann dahinstehen, ob die Regelung in § 13 Ziffer 3 Satz 2, der für die bei Vertragsende auszuführenden Arbeiten die ursprüngliche Ausführungsart vorgibt, so ausgelegt werden kann, dass auch die in § 13 Ziffer 3 Satz 5 des Mietvertrags enthaltene Verpflichtung, den Anstrich von Decken und Wänden weiß auszuführen, nur für bei Vertragsende durchzuführende Dekorationsarbeiten gilt. Denn eine Auslegung der Klausel dahin, dass die Farbvorgabe "weiß" - ebenso wie die in § 13 Ziffer 3 Satz 1 geregelte Vorgabe einer handwerksgerechten Qualität der auszuführenden Arbeit - auch für die während der Mietzeit erforderlichen Schönheitsreparaturen gilt, ist zumindest möglich und deshalb nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung (§ 305c Abs. 2 BGB) zugrunde zu legen.
12
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spielt es für die Beurteilung der Farbwahlklausel keine Rolle, dass die Klägerin die Wohnung zu Beginn des Mietverhältnisses mit einem neuen weißen Anstrich übernommen hatte. Denn der Vermieter hat grundsätzlich kein berechtigtes Interesse daran, dem Mieter während der Mietzeit eine bestimmte Dekorationsweise vorzuschreiben oder den Gestaltungsspielraum des Mieters auch nur einzuengen. Das berechtigte Interesse des Vermieters beschränkt sich vielmehr darauf, die Wohnung am Ende der Mietzeit in einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Interessenten akzeptiert wird und somit einer baldigen Weitervermietung nicht entgegensteht (Senatsbeschlüsse vom 14. Dezember 2010 - VIII ZR 218/10, aaO Rn. 3 sowie VIII ZR 198/10, aaO Rn. 3). Diesem Interesse kann der Vermieter jedoch - wie ausgeführt - mit einer Klausel Rechnung tragen, die nur für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt.
13
Schließlich rechtfertigt auch die in der Klausel vorgesehene Möglichkeit, im Einzelfall die Erlaubnis des Vermieters zu einer Dekoration in abweichender Farbe einzuholen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine andere Bewertung; mangels eines sachlich gerechtfertigten Interesses des Vermieters , auf die Dekorationsweise während der laufenden Mietzeit Einfluss zu nehmen, braucht sich der Mieter hierauf von vornherein nicht verweisen zu lassen (vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007 - VIII ZR 199/06, NJW 2007, 1743 Rn. 10).
14
c) Rechtsfolge der unangemessenen Einengung des Mieters in der Art der Ausführung von Schönheitsreparaturen ist die Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin (Senatsurteil vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07, aaO Rn. 20).

III.

15
Das Urteil des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Klägerin entschieden hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen zum Wert der von der Klägerin ohne Rechtsgrund erbrachten Schönheitsreparaturen getroffen hat. Die Sache ist daher im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger

Vorinstanzen:
AG Traunstein, Entscheidung vom 17.09.2010 - 312 C 825/09 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 26.05.2011 - 7 S 3821/10 -

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Mietrecht: Zur Wirksamkeit einer Farbwahlklausel im Rahmen von Schönheitsreparaturen

03.04.2012

benachteiligt Mieter nur dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht-BGH vom 22.02.12-Az:VIII ZR 205/11

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2012 - VIII ZR 205/11 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

18
aa) Dem Vermieter ist zwar vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Weitervermietung ein Interesse daran nicht abzusprechen, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses mit einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur wird deshalb überwiegend angenommen, dass der Mieter nach Treu und Glauben verpflichtet ist, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses nicht mit einer ungewöhnlichen Dekoration zurückzugeben (LG Hamburg, NZM 1999, 838 – grellgrüne Küche; LG Berlin, GE 1995, 115 und 249 – blau lackierte Türrahmen bzw. farbig gestrichene Heizkörper; LG Aachen , WuM 1998, 596 – farbig lackierte Naturholzrahmen; LG Frankfurt am Main, NZM 2007, 922 – Anstrich mit "rotem Vollton"; Emmerich, NZM 2000, 1165, 1161; Kraemer, NZM 2003, 417, 421; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 535 Rdnr. 270; zum Gesichtspunkt der Vertragsverletzung vgl. Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 3. Aufl., S. 137 f.). In diese Richtung zielt auch die hier verwendete Farbwahlklausel. Sie setzt dem Mieter zwar mit der Beschränkung auf helle, neutrale und deckende Farben vielleicht einen etwas engeren Rahmen, legt ihn aber nicht auf eine spezielle Deko- rationsweise fest. Sie stellt auf eine Bandbreite ab, die zu den unterschiedlichsten Einrichtungsstilen passt und deshalb für weite Mieterkreise annehmbar ist. Bezöge sie sich nur auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung, läge eine unangemessene Benachteiligung des Mieters nicht vor. Denn dieser könnte während der Mietzeit nach Belieben dekorieren und selbst entscheiden, ob er beispielsweise mit einem farbigen Anstrich in Kauf nehmen will, dass er am Ende des Mietverhältnisses einen Neuanstrich in neutralen Farben anbringen muss, obwohl die Dekoration noch nicht abgenutzt ist, oder ob er es vorzieht, die Schönheitsreparaturen schon während des Mietverhältnisses entsprechend der Farbwahlklausel in "hellen, neutralen, deckenden Farben" auszuführen, womit ihm auch in gewissem Rahmen unterschiedliche Dekorationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
17
(1) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils bereits bei der Beurteilung einer Farbwahlklausel für die laufenden Schönheitsreparaturen entschieden hat, ist dem Vermieter vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Weitervermietung ein Interesse daran nicht abzusprechen, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses mit einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird (Senatsurteil vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07, NJW 2008, 2499, Tz. 18 m.w.N. aus der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur). Der Senat hat daher bereits ausgesprochen, dass eine nur auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung bezogene Farbwahlklausel , die den Mieter nicht auf eine spezielle Dekorationsweise festlegt, sondern ihm eine Bandbreite ("neutrale, helle, deckende Farben und Tapeten") vorgibt, die zu den unterschiedlichsten Einrichtungsstilen passt und deshalb für weite Mieterkreise annehmbar ist, den Mieter nicht unangemessen benachteiligt (Senatsurteil aaO).
1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Formularklausel zur Abwälzung der Schönheitsreparaturen, die dem Mieter bezüglich der Farbwahl Vorgaben macht, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält, ist durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. Danach benachteiligt eine Farbwahlklausel den Mieter (nur) dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt (Senatsurteile vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07, NZM 2008, 605 Rn. 18; vom 22. Oktober 2008 - VIII ZR 283/07, NJW 2009, 62 Rn. 17 f.).
1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Formularklausel zur Abwälzung der Schönheitsreparaturen, die dem Mieter bezüglich der Farbwahl Vorgaben macht, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält, ist durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. Danach benachteiligt eine Farbwahlklausel den Mieter (nur) dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt (Senatsurteile vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07, NZM 2008, 605 Rn. 18; vom 22. Oktober 2008 - VIII ZR 283/07, NJW 2009, 62 Rn. 17 f.).

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Formularklausel zur Abwälzung der Schönheitsreparaturen, die dem Mieter bezüglich der Farbwahl Vorgaben macht, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält, ist durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. Danach benachteiligt eine Farbwahlklausel den Mieter (nur) dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt (Senatsurteile vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07, NZM 2008, 605 Rn. 18; vom 22. Oktober 2008 - VIII ZR 283/07, NJW 2009, 62 Rn. 17 f.).
1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Formularklausel zur Abwälzung der Schönheitsreparaturen, die dem Mieter bezüglich der Farbwahl Vorgaben macht, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält, ist durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. Danach benachteiligt eine Farbwahlklausel den Mieter (nur) dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt (Senatsurteile vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07, NZM 2008, 605 Rn. 18; vom 22. Oktober 2008 - VIII ZR 283/07, NJW 2009, 62 Rn. 17 f.).
10
Ein Zustimmungsvorbehalt für jegliche Abweichung von der bisherigen "Ausführungsart" - beispielsweise die Wahl eines abweichenden Farbtons des Wand- oder Deckenanstrichs oder einer anderen Tapetenart (vgl. Langenberg aaO) - würde den Mieter unangemessen in der Möglichkeit beschränken, sich in der Mietwohnung nach seinem Geschmack einzurichten, ohne dass für eine so weitgehende Beschränkung ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters zu erkennen ist (ebenso Langenberg, aaO, Rdnr. 77). Da die Klausel schon aus diesem Grund der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhält , bedarf keiner Entscheidung, ob sie sich darüber hinaus wie eine unzulässige Endrenovierungsklausel auswirkt (so das Berufungsgericht unter Berufung auf Langenberg, aaO, Rdnr. 75) und auch deswegen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.
18
aa) Dem Vermieter ist zwar vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Weitervermietung ein Interesse daran nicht abzusprechen, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses mit einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur wird deshalb überwiegend angenommen, dass der Mieter nach Treu und Glauben verpflichtet ist, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses nicht mit einer ungewöhnlichen Dekoration zurückzugeben (LG Hamburg, NZM 1999, 838 – grellgrüne Küche; LG Berlin, GE 1995, 115 und 249 – blau lackierte Türrahmen bzw. farbig gestrichene Heizkörper; LG Aachen , WuM 1998, 596 – farbig lackierte Naturholzrahmen; LG Frankfurt am Main, NZM 2007, 922 – Anstrich mit "rotem Vollton"; Emmerich, NZM 2000, 1165, 1161; Kraemer, NZM 2003, 417, 421; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 535 Rdnr. 270; zum Gesichtspunkt der Vertragsverletzung vgl. Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 3. Aufl., S. 137 f.). In diese Richtung zielt auch die hier verwendete Farbwahlklausel. Sie setzt dem Mieter zwar mit der Beschränkung auf helle, neutrale und deckende Farben vielleicht einen etwas engeren Rahmen, legt ihn aber nicht auf eine spezielle Deko- rationsweise fest. Sie stellt auf eine Bandbreite ab, die zu den unterschiedlichsten Einrichtungsstilen passt und deshalb für weite Mieterkreise annehmbar ist. Bezöge sie sich nur auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung, läge eine unangemessene Benachteiligung des Mieters nicht vor. Denn dieser könnte während der Mietzeit nach Belieben dekorieren und selbst entscheiden, ob er beispielsweise mit einem farbigen Anstrich in Kauf nehmen will, dass er am Ende des Mietverhältnisses einen Neuanstrich in neutralen Farben anbringen muss, obwohl die Dekoration noch nicht abgenutzt ist, oder ob er es vorzieht, die Schönheitsreparaturen schon während des Mietverhältnisses entsprechend der Farbwahlklausel in "hellen, neutralen, deckenden Farben" auszuführen, womit ihm auch in gewissem Rahmen unterschiedliche Dekorationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.