Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2004 - VII ZR 91/03

published on 17/06/2004 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2004 - VII ZR 91/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 91/03 Verkündet am:
17. Juni 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Prof. Dr. Thode, Hausmann, Dr. Wiebel und Dr. Kuffer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz vom 19. Februar 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt Werklohn in Höhe von 1.835,06 €. Dieser Rest aus der nach Abnahme erstellten Schlußrechnung ist unstreitig. Der Beklagte verweigerte trotzdem die Zahlung; er machte ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln geltend. Daraufhin forderte die Klägerin unter Fristsetzung eine Sicherheit gemäß § 648 a BGB. Nach erfolglosem Fristablauf setzte die Klägerin eine Nachfrist mit Kündigungsandrohung. Der Beklagte hat die Sicherheiten auch dann nicht erbracht. In beiden Vorinstanzen hat er angestrebt, daß er lediglich Zug um Zug gegen Beseitigung bestimmter Mängel verurteilt werde.
Das Amtsgericht hat der Klägerin den geltend gemachten Restwerklohn uneingeschränkt zugesprochen. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich seine Revision, die vom Landgericht zugelassen worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts kommt eine Zug-um-Zug-Verurteilung nicht in Betracht, nachdem der Beklagte dem berechtigten Verlangen, Sicherheit zu leisten, nicht nachgekommen ist. Wenn der Besteller eine verlangte Sicherheit trotz Nachfrist nicht erbringe, dann gelte der Vertrag als aufgehoben. Der Unternehmer könne die Mängelbeseitigung verweigern und die Vergütung der erbrachten Leistungen verlangen. Der Werklohnanspruch sei nicht nur, soweit er die Nachbesserungskosten übersteige, sondern insgesamt als einredefrei zu behandeln. Sonst müßte im Streitfall zunächst über die Mängel und deren Beseitigungskosten Beweis erhoben werden, bevor entschieden werden könne, in welcher Höhe die Werklohnforderung als einredefrei zu behandeln sei. Das könne nach dem vom Gesetzgeber gewollten Schutz des Unternehmers nicht richtig sein.
Nicht tragfähig sei das Argument, der Unternehmer erhalte dann für eine noch nicht vertragsgemäß erbrachte Leistung die volle Vergütung, während der Besteller das Insolvenz- und Realisierungsrisiko seines Nachbesserungsanspruchs trage. Der Besteller habe es ohne Risiko in der Hand, die Nachbesserung zu erzwingen, indem er die Sicherheit beibringe, welche der Unternehmer ohne Abzüge für Kosten der Mängelbeseitigung verlangen könne.

II.

Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Die Klägerin hat lediglich einen Werklohnanspruch, der um den Minderwert zu kürzen ist, welcher sich aus etwa vorhandenen Mängeln ergibt. 1. Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, daß die Klägerin auch nach Abnahme des Werks eine Sicherheit gemäß § 648 a Abs. 1 BGB verlangen konnte, nachdem der Beklagte mit seinem Wunsch nach Mängelbeseitigung noch die Erfüllung des Vertrages forderte. Richtig ist ferner, daß die Klägerin die Beseitigung der behaupteten Mängel verweigern durfte, weil der Beklagte dem berechtigten Sicherungsverlangen der Klägerin nicht nachgekommen ist (dazu im einzelnen BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - VII ZR 183/02, BauR 2004, 826 = ZfBR 2004, 365; zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). 2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe nach ihrem berechtigten jedoch vergeblichen Sicherungsverlangen der uneingeschränkte Restwerklohn zu. Nach dem fruchtlosen Ablauf der Nachfrist für die Sicherheitsleistung hat der Unternehmer in sinngemäßer Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 und des § 648 a Abs. 5 Satz 2 BGB lediglich Anspruch auf Vergütung, soweit er den Leistungsanspruch erfüllt hat, das
heißt die Leistung mangelfrei erbracht hat. Daneben besteht gegebenenfalls ein Anspruch auf Ersatz eines Vertrauensschadens nach Maßgabe des § 648 a Abs. 5 Satz 2 BGB. Das bedeutet, daß der Vergütungsanspruch des Unternehmers um den infolge eines Mangels entstandenen Minderwert zu kürzen ist. Sofern die Mängelbeseitigung möglich ist und nicht wegen unverhältnismäßig hoher Kosten verweigert werden kann, ist die Vergütung regelmäßig um die Kosten zu kürzen, die notwendig sind, um den Mangel beseitigen zu lassen, sonst um den Minderwert des Bauwerks (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2003 – VII ZR 181/00, BGHZ 153, 279). Im Ergebnis erhält der Unternehmer damit die Möglichkeit, selbst eine Minderung herbeizuführen (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 aaO m.w.N.).

III.

Danach hat das Berufungsurteil insoweit keinen Bestand, als das Berufungsgericht der Klägerin den geltend gemachten Restwerklohn ungeachtet eines sich aus den Mängelrügen des Beklagten etwa sich ergebenen Minderwertes zugesprochen hat. Das Berufungsgericht wird aufzuklären haben, ob die behaupteten Mängel vorliegen. Ist das nicht der Fall, so kann die Klägerin den
vollen Rest des Werklohns verlangen. Stellen sich Mängel heraus, so kann die Klägerin nur den entsprechend geminderten Restwerklohn beanspruchen.
Dressler Thode Hausmann Wiebel Kuffer
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published on 22/01/2004 00:00

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