Bundesgerichtshof Urteil, 11. März 2004 - VII ZR 351/02

bei uns veröffentlicht am11.03.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 351/02 Verkündet am:
11. März 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Zustellung an eine nicht vertretungsberechtigte Behörde unterbricht nicht die
Verjährung.
BGH, Urteil vom 11. März 2004 - VII ZR 351/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Dr. Wiebel, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. August 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Werklohn. Im Streit ist noch der Nachtrag N 11 in Höhe von 554.141,94 DM. Die Klägerin war von der Beklagten mit den Bauleistungen für eine Bundesstraße beauftragt. Im Verlauf des Vorhabens kam es zu mehreren Nachträgen. Nach Abnahme erstellte die Klägerin am 25. September 1996 die Schlußrechnung und übersandte diese an das Hessische Straßenbauamt in B. Dieses lehnte am 30. Dezember 1997 die Begleichung des Nachtrages N 11 ab. Die von der Klägerin dagegen angerufene vorgesetzte Dienststelle, das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen, lehnte die Anerkennung des Nachtrags erstmals am 18. Mai 1998 ab und nach weiteren Widersprüchen erneut am 27. Oktober 1998 und am 7. Dezember 1998.
Am 24. Dezember 1998 beantragte die Klägerin gegen die Beklagte, vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr, dieses vertreten durch die Straßenbauverwaltung des Landes Hessen, endvertreten durch das Amt für Straßen- und Verkehrswesen B., den Erlaß eines Mahnbescheids. Der Mahnbescheid vom 7. Januar 1999 wurde dem Amt für Straßen- und Verkehrswesen B. am 11. Januar 1999 zugestellt. Dieses legte am 18. Januar 1999 Widerspruch ein und teilte unter Angabe der Anschrift mit Schreiben vom gleichen Tage mit, daß das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen in W. endvertretende Behörde sei. Dieses Schreiben wurde auf Anforderung der Klägerin ihrem Prozeßbevollmächtigten am 5. Februar 1999 übersandt, der es am 10. Februar 1999 erhielt. Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2000 hat die Klägerin unter erneuter Bezeichnung des Hessischen Amtes für Straßen- und Verkehrswesen B. als endvertretende Behörde den Anspruch begründet. Nach gerichtlichem Hinweis hat die Klägerin das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen W. als endvertretende Behörde benannt, der die Anspruchsbegründung am 17. November 2000 zugestellt wurde. Nach Verweisung an das Landgericht W. hat dieses die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung der Klägerin war ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. Die rechtliche Beurteilung richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen. Der Senat ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO an die Zulassung der Revision gebunden, obwohl ein Zulassungsgrund nicht genannt und auch nicht erkennbar ist.

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagte habe zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben. Die Schlußrechnung vom 25. September 1996 sei unstreitig einige Tage später zugegangen. Daher sei die Klageforderung zwei Monate später, jedenfalls Anfang Dezember 1996 fällig geworden. Daß die Beklagte erst unter dem 30. November 1998 den Prüfvermerk auf die Schlußrechnung angebracht habe, ändere am Eintritt der Fälligkeit nichts. Objektive Gründe für ein Hinausschieben der Fälligkeit lägen nicht vor. Das Amt B. habe seit 13. Mai 1996 die Möglichkeit der Prüfung des Nachtrags N 11 gehabt. Auch wenn über die Genehmigung einzelner Nachträge noch nicht entschieden gewesen sei, sei von einer einheitlichen Fälligkeit auszugehen. Die am 1. Januar 1997 beginnende Verjährungsfrist sei nicht durch die Beantragung des Mahnbescheids am 24. Dezember 1998 unterbrochen worden. Der Mahnbescheid sei an die falsche endvertretende Behörde zugestellt worden. Die Zustellung an die vertretungsberechtigte Behörde, das Hessische
Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen, am 17. November 2000 könne nicht mehr als "demnächst" im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO angesehen werden (gemeint im Sinne von § 693 Abs. 2 ZPO). Bei der Verzögerung der Zustellung habe ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin mitgewirkt. Ihr sei seit Mitteilung des Schreibens vom 18. Januar 1999 im Februar 1999 bekannt gewesen, daß das Amt in B. nicht endvertretende Behörde sei. Ohne Erfolg mache die Klägerin geltend, Adressat des Schreibens vom 18. Januar 1999 sei das Gericht gewesen. Daß eine Heilung durch Weiterleitung des Mahnbescheids gemäß § 187 ZPO eingetreten sei, sei nicht dargetan. Selbst wenn man wegen der Korrespondenz hinsichtlich des Nachtrags N 11 den Zeitraum vom 19. Januar bis zum 27. Oktober 1998 als Hemmungszeitraum einrechne, sei die Verjährung am 17. November 2000 abgelaufen gewesen.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand. 1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, daß die Parteien stillschweigend eine Verlängerung der in § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 VOB/B vorgesehenen Prüfungsfrist vereinbart hätten. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Werklohnforderung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B zwei Monate nach Zugang der prüffähigen Schlußrechnung vom 25. September 1996 fällig geworden ist. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22. April 1982 - VII ZR 191/81, BGHZ 83, 382 m.w.N.), daß spätestens zu diesem Zeitpunkt die Fälligkeit eintritt.
Die Parteien haben keine davon abweichende Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen. Aus dem Verhalten der Parteien läßt sich weder ein stillschweigender Antrag auf einvernehmliche Änderung der Fälligkeit noch die Annahme eines derartigen Antrags entnehmen. Die Parteien haben lediglich über die Berechtigung der in der Schlußrechnung geltend gemachten Nachtragsforderungen verhandelt. Die Beklagte hat die Nachtragsforderungen geprüft und, soweit sie diese für berechtigt gehalten hat, jeweils ausbezahlt. Darin liegt keine stillschweigende Vereinbarung, die Fälligkeit der Werklohnforderung hinauszuschieben. Soweit die Revision einen übereinstimmenden Willen daraus herleiten will, daß keine Verzugszinsen gezahlt oder verlangt worden seien, ist das unrichtig. Die Klägerin hat im Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids Zinsen von 6,5 % seit 26. November 1996 und in erster Instanz 6,5 % Zinsen seit dem 30. Dezember 1997 verlangt. In der Klagebegründung hat sie dazu ausgeführt, die Forderung sei zwei Monate nach Zugang der Schlußrechnung zu leisten gewesen und die Beklagte sei seit ihrer endgültigen Zahlungsverweigerung am 30. Dezember 1997 in Verzug. 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, daß das Berufungsgericht bei der Beurteilung, ob die Verjährung durch den Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids vom 24. Dezember 1998 unterbrochen worden ist, davon ausgegangen ist, daß die Anspruchsbegründung nicht "demnächst" im Sinne des § 693 Abs. 2 ZPO zugestellt worden ist. Gemäß § 693 Abs. 2 ZPO wäre die verjährungsunterbrechende Wirkung des Mahnbescheids bereits mit dem Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids am 24. Dezember 1998 eingetreten, wenn dessen Zustellung "demnächst" erfolgt wäre. Nachdem der Mahnbescheid nicht der zuständigen Behörde zugestellt
worden ist, hätte die Verjährung allenfalls durch die der zuständigen Behörde am 17. November 2000 zugestellte Anspruchsbegründung unterbrochen werden können. Diese Zustellung ist nicht mehr als "demnächst" im Sinne des § 693 Abs. 2 ZPO anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 21. März 2002 - VII ZR 230/01, BGHZ 150, 221) schadet eine geringfügige Verzögerung selbst dann nicht, wenn sie auf Nachlässigkeit einer Partei beruht. Die Klägerin hat eine erhebliche Verzögerung der Zustellung schuldhaft verursacht. Dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin war seit der am 10. Februar 1999 zugegangenen Mitteilung des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen B. vom 11. Januar 1999 bekannt, daß dieses nicht die endvertretende Behörde war. Die Klägerin konnte ab diesem Zeitpunkt die Zustellung an die zuständige Behörde veranlassen. Dies ist nicht unverzüglich erfolgt. Ohne Erfolg macht die Revision unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17. März 1983 - III ZR 154/81, MDR 1983, 1002) geltend, ein für die Verzögerung mitursächliches Verhalten des Zustellungsempfängers liege vor, so daß das der Klägerin zurechenbare Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) unschädlich sei. Die Beklagte
hat zu der Verzögerung nicht beigetragen. Das Amt für Straßen- und Verkehrswesen B. hat die zuständige endvertretende Behörde angegeben, so daß es der Klägerin möglich gewesen wäre, eine wirksame Zustellung alsbald zu veranlassen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Dressler Wiebel Kuffer Kniffka Bauner

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. März 2004 - VII ZR 351/02 zitiert 8 §§.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 209 Wirkung der Hemmung


Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 187 Veröffentlichung der Benachrichtigung


Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 270 Zustellung; formlose Mitteilung


Mit Ausnahme der Klageschrift und solcher Schriftsätze, die Sachanträge enthalten, sind Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzuteilen. Bei Übersendung durch die P

Zivilprozessordnung - ZPO | § 693 Zustellung des Mahnbescheids


(1) Der Mahnbescheid wird dem Antragsgegner zugestellt. (2) Die Geschäftsstelle setzt den Antragsteller von der Zustellung des Mahnbescheids in Kenntnis.

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. März 2002 - VII ZR 230/01

bei uns veröffentlicht am 21.03.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 230/01 Verkündet am: 21. März 2002 Seelinger-Schardt Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja Z
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2015 - 8 BV 12.2488

bei uns veröffentlicht am 21.04.2015

Tenor I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2012 wird abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.332.744,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen

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Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Mit Ausnahme der Klageschrift und solcher Schriftsätze, die Sachanträge enthalten, sind Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzuteilen. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

(1) Der Mahnbescheid wird dem Antragsgegner zugestellt.

(2) Die Geschäftsstelle setzt den Antragsteller von der Zustellung des Mahnbescheids in Kenntnis.

Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.

(1) Der Mahnbescheid wird dem Antragsgegner zugestellt.

(2) Die Geschäftsstelle setzt den Antragsteller von der Zustellung des Mahnbescheids in Kenntnis.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 230/01 Verkündet am:
21. März 2002
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Ein Mahnbescheid, dessen Zustellung aufgrund einer unzutreffenden Postanschrift
des Antragsgegners nicht zugestellt werden kann, ist gemäß § 693 Abs. 2 ZPO demnächst
zugestellt, wenn er nach Zugang der Mitteilung der Unzustellbarkeit beim Antragsteller
innerhalb eines Monats zugestellt wird.
BGH, Urteil vom 21. März 2002 - VII ZR 230/01 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Grundurteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 25. Mai 2001 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Der Kläger verlangt als Konkursverwalter von dem Beklagten restlichen Werklohn für Bauleistungen, die die Gemeinschuldnerin für den Bau des Einfamilienhauses des Beklagten erbracht hat.

II.

Im Jahre 1994 beauftragte der Beklagte die Gemeinschuldnerin mit Erd-, Rohbauarbeiten und in einem gesonderten Vertrag mit der Verklinkerung des Hauses. Die Gemeinschuldnerin führte die Arbeiten aus. Mit der Klage macht
der Kläger den Restwerklohn aus den beiden Schlußrechnungen in Höhe von insgesamt 51.969,72 DM geltend.

III.

Den vom Kläger beantragten Mahnbescheid betreffend die beiden Forderungen hat das Amtsgericht am 12. Dezember 1997 erlassen und ausweislich der Kanzleiverfügung vom 23. Dezember 1997 gefertigt und abgesandt. Als Anschrift des Beklagten hatte der Kläger den T.-Weg in Helmstedt angegeben, der in den beiden Schlußrechnungen der Gemeinschuldnerin genannt war. Unter dieser Anschrift konnte der Mahnbescheid nicht zugestellt werden, er kam mit dem Postvermerk vom 30. Dezember 1997 "Empfänger unbekannt" zurück. Die am 6. Januar 1998 vom Amtsgericht verfügte Nachricht über die Unzustellbarkeit ging beim Kläger am 13. Januar 1998 ein. Der Kläger teilte dem Amtsgericht mit Schreiben vom 16. Januar 1998, das am 19. Januar 1998 beim Amtsgericht einging, die geänderte Anschrift des Beklagten mit. Es handelt sich um die Adresse des Einfamilienhauses, das der Beklagte hatte errichten lassen. Am 22. Januar 1998 verfügte das Amtsgericht die erneute Zustellung des Mahnbescheids mit der berichtigten Anschrift. Die Verfügung wurde am 22. Januar 1998 ausgeführt. Nach einem ersten vergeblichen Zustellungsversuch am 24. Januar 1998 wurde der Mahnbescheid am 26. Januar 1998 in der Postfiliale H. niedergelegt. Der Widerspruch des Beklagten gegen den Mahnbescheid vom 26. Januar 1998 ging am 29. Januar 1998 beim Amtsgericht ein. Auf Antrag des Klägers wurde die Sache an das Landgericht B. abgegeben.

IV.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Werklohnansprüche seien verjährt, weil die Zustellung am 26. Januar 1998 nicht mehr demnächst erfolgt sei. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen , ob im Hinblick auf die Neufassung des § 691 Abs. 2 ZPO eine Zustellung des Mahnbescheids gemäû § 693 Abs. 2 ZPO abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann als demnächst zugestellt gilt, wenn die vom Antragsteller verschuldete Verzögerung der Zustellung mehr als 14 Tage beträgt.

Entscheidungsgründe:


I.

Die Revision hat keinen Erfolg. Es finden die Verfahrensvorschriften in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (§ 26 Nr. 7 EGZPO, Art. 9 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 Nr. 3 SchuldRModG).

II.

1. Das Berufungsgericht hat den Eintritt der Verjährung mit folgenden Erwägungen verneint: Die Verjährungsfrist, die am 31. Dezember 1997 endete, sei durch den vom Kläger am 9. Dezember 1997 beantragten und am 11. Dezember 1997 erlassenen Mahnbescheid gemäû § 209 Abs. 2 BGB wirksam unterbrochen worden, weil die Zustellung des Mahnbescheids am 26. Januar 1998 noch demnächst erfolgt sei. Die Zustellung des Mahnbescheids sei zwar durch leicht fahrlässiges Verhalten des Klägers um 24 Tage verzögert worden. Der Kläger hätte sich die richtige Anschrift des Beklagten bereits im Dezember 1997 beschaffen können. Nach der Neufassung des § 691 Abs. 2 ZPO sei aber abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Zustellung noch als demnächst anzusehen. Weise der Mahnantrag einen Mangel auf, der seine Zurückweisung zur Folge haben könne, sei dem Antragsteller vor der Zurückweisung Gelegenheit zum rechtlichen Gehör zu geben, damit er diese durch ergänzende Angaben vermeiden könne. Würde der Mahnbescheid nach der Berichtigung der Mängel zugestellt, sei die Rückwirkung der Zustellung nur gemäû § 693 Abs. 2 ZPO möglich. Nach der bisherigen Rechtsprechung würde die Rückwirkung davon abhängen, daû der Zeitraum zwischen dem Erlaû der Zwischenverfügung und dem Erlaû des berichtigten Mahnbescheids zwei Wochen nicht übersteigt. Der Antragsteller, der den Mahnbescheid berichtige, sei hinsichtlich des unerheblichen Verzögerungszeitraums gegenüber dem Antragsteller benachteiligt, der den Mahnbescheid nicht berichtige und ihn zurückweisen lasse. Denn dieser
habe die Möglichkeit, binnen einer Frist von einem Monat Klage zu erheben. Diese unterschiedlichen Zeiträume seien nicht gerechtfertigt, so daû die Monatsfrist des § 691 Abs. 2 ZPO auch für die Beurteilung der Zustellung als "demnächst" maûgeblich sein müsse. Das gelte erst recht für den Fall, in dem eine falsche Anschrift angegeben sei, was die Zurückweisung des Mahnantrages nicht rechtfertigen würde. Die Rechtssicherheit erfordere es nicht, daû nur eine verschuldete Verzögerung von 14 Tagen unerheblich sei. Infolge der Neuregelung des § 691 Abs. 2 ZPO könnten Verzögerungen von weitaus mehr als zwei Wochen entstehen, bevor der Schuldner erfahre, daû der Gläubiger den Anspruch geltend mache. 2. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Die Zustellung des Mahnbescheids ist demnächst erfolgt, so daû die Verjährung unterbrochen worden ist.
a) Nach der bisherigen Rechtsprechung ist die Zustellung in den Fällen als demnächst erfolgt im Sinne des § 693 Abs. 2 ZPO anzusehen, wenn die von der Partei verschuldete Verzögerung der Zustellung geringfügig ist. Eine Verzögerung der Zustellung ist in der Regel geringfügig, wenn sie nicht mehr als 14 Tage beträgt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1999 - VII ZR 24/98, BauR 1999, 1216 = ZfBR 1999, 322 = NJW 1999, 3125 m.w.N.).
b) Der Senat hat es bereits in der Entscheidung vom 27. Mai 1999 für möglich gehalten, daû aufgrund des mit Wirkung vom 1. Januar 1992 neu gefaûten § 691 Abs. 2 ZPO eine andere Beurteilung der Frage geboten ist, welcher Zeitraum einer von einer Partei zu vertretenden Verzögerung als geringfügig anzusehen ist. Der Fall gibt Gelegenheit, hierzu abschlieûend Stellung zu nehmen. Eine im Vergleich zu der Monatsfrist des § 691 Abs. 2 ZPO kürzere Frist für die durch § 693 Abs. 2 ZPO geregelte Fallkonstellation ist nicht ge-
rechtfertigt. Sie benachteiligt den Antragsteller in bestimmten Situationen, ohne daû diese Benachteiligung durch das Interesse des Antragsgegners an Rechtssicherheit begründet wäre. Die Ungleichbehandlung hätte zur Folge, daû der Antragsteller in den Fällen, in denen er durch die Behebung des Mangels des Mahnantrags Gefahr läuft, daû die Zustellung des berichtigten Mahnbescheids nicht innerhalb der zwei Wochen erfolgen wird, von der Berichtigung des Mahnantrags absieht und Klage erhebt. Diese Konsequenz widerspricht der Funktion des Mahnverfahrens , das dem Gläubiger einer Geldforderung einen einfacheren und billigeren Weg zu einem Vollstreckungsbescheid eröffnen will. Die Ungleichbehandlung und deren Folgen lassen sich nur dadurch vermeiden , daû die für die Beurteilung der rechtzeitigen Zustellung gemäû § 693 Abs. 2 ZPO ausreichende Frist an die Monatsfrist des § 691 Abs. 2 ZPO angeglichen wird. Das berechtigte Interesse des Auftraggebers, nach Ablauf der Verjährungsfrist in angemessener Zeit zu erfahren, ob der Gläubiger durch die Einleitung eines Klage- oder Mahnverfahrens die Verjährung unterbrochen hat, wird durch die Erweiterung des Zeitraums für die Zustellung nach § 693 Abs. 2 ZPO auf einen Monat nicht beeinträchtigt. Die Neuregelung des § 691 Abs. 2 ZPO kann dazu führen, daû der Antragsgegner aufgrund des Verfahrens nach § 691 Abs. 2 Satz 1 ZPO erst nach einem Zeitraum, der die Monatsfrist deutlich übersteigen kann, erfährt, daû der Gläubiger die Unterbrechung der Verjährung gerügt hat. Die Erweiterung des Zeitraums auf einen Monat für die Rechtzeitigkeit der Zustellung gemäû § 693 Abs. 2 ZPO ist auch für die Fälle gerechtfertigt, in denen ein Mahnantrag einen Mangel aufweist, der in § 691 Abs. 1 ZPO nicht
genannt ist. Eine unterschiedliche Bemessung des Zeitraums, in dem eine Zustellung rechtzeitig erfolgen kann, für Mängel, die in § 691 Abs. 1 ZPO bezeichnet werden (z.B. fehlende Angaben zur Partei) und für andere Mängel (z.B. unzutreffende Postanschrift), ist nicht gerechtfertigt. Eine andere Beurteilung würde dazu führen, daû bei vergleichbaren Mängeln des Mahnbescheids unterschiedliche Zeiträume gelten würden. Hierfür gibt es keinen sachlichen Grund.
Ullmann Thode Kuffer Kniffka Bauner

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)