Bundesgerichtshof Urteil, 11. März 2004 - VII ZR 351/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Werklohn. Im Streit ist noch der Nachtrag N 11 in Höhe von 554.141,94 DM. Die Klägerin war von der Beklagten mit den Bauleistungen für eine Bundesstraße beauftragt. Im Verlauf des Vorhabens kam es zu mehreren Nachträgen. Nach Abnahme erstellte die Klägerin am 25. September 1996 die Schlußrechnung und übersandte diese an das Hessische Straßenbauamt in B. Dieses lehnte am 30. Dezember 1997 die Begleichung des Nachtrages N 11 ab. Die von der Klägerin dagegen angerufene vorgesetzte Dienststelle, das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen, lehnte die Anerkennung des Nachtrags erstmals am 18. Mai 1998 ab und nach weiteren Widersprüchen erneut am 27. Oktober 1998 und am 7. Dezember 1998.Am 24. Dezember 1998 beantragte die Klägerin gegen die Beklagte, vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr, dieses vertreten durch die Straßenbauverwaltung des Landes Hessen, endvertreten durch das Amt für Straßen- und Verkehrswesen B., den Erlaß eines Mahnbescheids. Der Mahnbescheid vom 7. Januar 1999 wurde dem Amt für Straßen- und Verkehrswesen B. am 11. Januar 1999 zugestellt. Dieses legte am 18. Januar 1999 Widerspruch ein und teilte unter Angabe der Anschrift mit Schreiben vom gleichen Tage mit, daß das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen in W. endvertretende Behörde sei. Dieses Schreiben wurde auf Anforderung der Klägerin ihrem Prozeßbevollmächtigten am 5. Februar 1999 übersandt, der es am 10. Februar 1999 erhielt. Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2000 hat die Klägerin unter erneuter Bezeichnung des Hessischen Amtes für Straßen- und Verkehrswesen B. als endvertretende Behörde den Anspruch begründet. Nach gerichtlichem Hinweis hat die Klägerin das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen W. als endvertretende Behörde benannt, der die Anspruchsbegründung am 17. November 2000 zugestellt wurde. Nach Verweisung an das Landgericht W. hat dieses die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung der Klägerin war ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. Die rechtliche Beurteilung richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen. Der Senat ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO an die Zulassung der Revision gebunden, obwohl ein Zulassungsgrund nicht genannt und auch nicht erkennbar ist.I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagte habe zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben. Die Schlußrechnung vom 25. September 1996 sei unstreitig einige Tage später zugegangen. Daher sei die Klageforderung zwei Monate später, jedenfalls Anfang Dezember 1996 fällig geworden. Daß die Beklagte erst unter dem 30. November 1998 den Prüfvermerk auf die Schlußrechnung angebracht habe, ändere am Eintritt der Fälligkeit nichts. Objektive Gründe für ein Hinausschieben der Fälligkeit lägen nicht vor. Das Amt B. habe seit 13. Mai 1996 die Möglichkeit der Prüfung des Nachtrags N 11 gehabt. Auch wenn über die Genehmigung einzelner Nachträge noch nicht entschieden gewesen sei, sei von einer einheitlichen Fälligkeit auszugehen. Die am 1. Januar 1997 beginnende Verjährungsfrist sei nicht durch die Beantragung des Mahnbescheids am 24. Dezember 1998 unterbrochen worden. Der Mahnbescheid sei an die falsche endvertretende Behörde zugestellt worden. Die Zustellung an die vertretungsberechtigte Behörde, das HessischeLandesamt für Straßen- und Verkehrswesen, am 17. November 2000 könne nicht mehr als "demnächst" im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO angesehen werden (gemeint im Sinne von § 693 Abs. 2 ZPO). Bei der Verzögerung der Zustellung habe ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin mitgewirkt. Ihr sei seit Mitteilung des Schreibens vom 18. Januar 1999 im Februar 1999 bekannt gewesen, daß das Amt in B. nicht endvertretende Behörde sei. Ohne Erfolg mache die Klägerin geltend, Adressat des Schreibens vom 18. Januar 1999 sei das Gericht gewesen. Daß eine Heilung durch Weiterleitung des Mahnbescheids gemäß § 187 ZPO eingetreten sei, sei nicht dargetan. Selbst wenn man wegen der Korrespondenz hinsichtlich des Nachtrags N 11 den Zeitraum vom 19. Januar bis zum 27. Oktober 1998 als Hemmungszeitraum einrechne, sei die Verjährung am 17. November 2000 abgelaufen gewesen.
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand. 1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, daß die Parteien stillschweigend eine Verlängerung der in § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 VOB/B vorgesehenen Prüfungsfrist vereinbart hätten. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Werklohnforderung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B zwei Monate nach Zugang der prüffähigen Schlußrechnung vom 25. September 1996 fällig geworden ist. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22. April 1982 - VII ZR 191/81, BGHZ 83, 382 m.w.N.), daß spätestens zu diesem Zeitpunkt die Fälligkeit eintritt.Die Parteien haben keine davon abweichende Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen. Aus dem Verhalten der Parteien läßt sich weder ein stillschweigender Antrag auf einvernehmliche Änderung der Fälligkeit noch die Annahme eines derartigen Antrags entnehmen. Die Parteien haben lediglich über die Berechtigung der in der Schlußrechnung geltend gemachten Nachtragsforderungen verhandelt. Die Beklagte hat die Nachtragsforderungen geprüft und, soweit sie diese für berechtigt gehalten hat, jeweils ausbezahlt. Darin liegt keine stillschweigende Vereinbarung, die Fälligkeit der Werklohnforderung hinauszuschieben. Soweit die Revision einen übereinstimmenden Willen daraus herleiten will, daß keine Verzugszinsen gezahlt oder verlangt worden seien, ist das unrichtig. Die Klägerin hat im Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids Zinsen von 6,5 % seit 26. November 1996 und in erster Instanz 6,5 % Zinsen seit dem 30. Dezember 1997 verlangt. In der Klagebegründung hat sie dazu ausgeführt, die Forderung sei zwei Monate nach Zugang der Schlußrechnung zu leisten gewesen und die Beklagte sei seit ihrer endgültigen Zahlungsverweigerung am 30. Dezember 1997 in Verzug. 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, daß das Berufungsgericht bei der Beurteilung, ob die Verjährung durch den Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids vom 24. Dezember 1998 unterbrochen worden ist, davon ausgegangen ist, daß die Anspruchsbegründung nicht "demnächst" im Sinne des § 693 Abs. 2 ZPO zugestellt worden ist. Gemäß § 693 Abs. 2 ZPO wäre die verjährungsunterbrechende Wirkung des Mahnbescheids bereits mit dem Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids am 24. Dezember 1998 eingetreten, wenn dessen Zustellung "demnächst" erfolgt wäre. Nachdem der Mahnbescheid nicht der zuständigen Behörde zugestellt
worden ist, hätte die Verjährung allenfalls durch die der zuständigen Behörde am 17. November 2000 zugestellte Anspruchsbegründung unterbrochen werden können. Diese Zustellung ist nicht mehr als "demnächst" im Sinne des § 693 Abs. 2 ZPO anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 21. März 2002 - VII ZR 230/01, BGHZ 150, 221) schadet eine geringfügige Verzögerung selbst dann nicht, wenn sie auf Nachlässigkeit einer Partei beruht. Die Klägerin hat eine erhebliche Verzögerung der Zustellung schuldhaft verursacht. Dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin war seit der am 10. Februar 1999 zugegangenen Mitteilung des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen B. vom 11. Januar 1999 bekannt, daß dieses nicht die endvertretende Behörde war. Die Klägerin konnte ab diesem Zeitpunkt die Zustellung an die zuständige Behörde veranlassen. Dies ist nicht unverzüglich erfolgt. Ohne Erfolg macht die Revision unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17. März 1983 - III ZR 154/81, MDR 1983, 1002) geltend, ein für die Verzögerung mitursächliches Verhalten des Zustellungsempfängers liege vor, so daß das der Klägerin zurechenbare Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) unschädlich sei. Die Beklagte
hat zu der Verzögerung nicht beigetragen. Das Amt für Straßen- und Verkehrswesen B. hat die zuständige endvertretende Behörde angegeben, so daß es der Klägerin möglich gewesen wäre, eine wirksame Zustellung alsbald zu veranlassen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Dressler Wiebel Kuffer Kniffka Bauner
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Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
Mit Ausnahme der Klageschrift und solcher Schriftsätze, die Sachanträge enthalten, sind Schriftsätze und sonstige Erklärungen der Parteien, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet, ohne besondere Form mitzuteilen. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.
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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)