Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juli 2004 - V ZR 33/04

bei uns veröffentlicht am02.07.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 33/04 Verkündet am:
2. Juli 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 254 Da, 823 Abs. 1 Ac, Dc, Ef, 923

a) Ein Baum ist ein Grenzbaum im Sinne von § 923 BGB, wenn sein Stamm dort, wo
er aus dem Boden heraustritt, von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird.

b) Jedem Grundstückseigentümer gehört der Teil des Grenzbaumes, der sich auf
seinem Grundstück befindet (vertikal geteiltes Eigentum).

c) Jeder Grundstückseigentümer ist für den ihm gehörenden Teil eines Grenzbaumes
in demselben Umfang verkehrssicherungspflichtig wie für einen vollständig
auf seinem Grundstück stehenden Baum.

d) Verletzt jeder Eigentümer die ihm hinsichtlich des ihm gehörenden Teils eines
Grenzbaumes obliegende Verkehrssicherungspflicht, ist für den ihnen daraus entstandenen
Schaden eine Haftungsverteilung nach § 254 BGB vorzunehmen.
BGH, Urt. v. 2. Juli 2004 - V ZR 33/04 - OLG Düsseldorf
LG Krefeld
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juli 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Januar 2004 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 3. Juni 2003 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 48.639,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 26. April 2002 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind (Mit-) Eigentümer benachbarter Grundstücke. Zumindest teilweise auf der Grundstücksgrenze stand eine alte Steineiche, die seit mehreren Jahren eine verringerte Belaubung sowie totes Holz in der Krone zeigte; außerdem hatte sich rings um den Stamm der Fruchtkörper eines Pilzes (Riesenporling) gebildet. Im Jahr 1996 ließ der (inzwischen verstorbene ) Ehemann der Beklagten in dem Teil der Baumkrone, der sich über ihrem Grundstück befand, das tote Holz durch ein Fachunternehmen (Streithelferin der Beklagten) entfernen. Weitere Baumpflegemaßnahmen erfolgten weder auf der Grundstücksseite der Klägerin noch auf der der Beklagten. Im Dezember 2001 stürzte die Eiche ohne Sturmeinwirkung um und beschädigte das Wohnhaus der Klägerin erheblich. Diese verlangt aus eigenem und von ihrem Ehemann abgetretenem Recht von der Beklagten Schadensersatz , weil sie meint, die Beklagte sei zumindest anteilig für den Baum verkehrssicherungspflichtig gewesen.
Das Landgericht hat die auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 97.278,08 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung, mit der die Klägerin nur noch die Hälfte der Klageforderung geltend gemacht hat, ist zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die in dem Berufungsurteil zugelassene Revision der Klägerin. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klägerin habe keinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch. Die umgestürzte Eiche sei ein Grenzbaum gewesen. Die Klägerin habe von der Beklagten jederzeit seine Beseitigung verlangen können und sei deshalb keinem Duldungszwang ausgesetzt gewesen. Auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bestehe nicht. Die Beklagte sei zwar aufgrund ihres Miteigentums an der Eiche verpflichtet gewesen, den Baum auf Krankheitsbefall und Gefahr durch Windbruch und –wurf zu überwachen sowie bei Anzeichen für eine Erkrankung dessen Standfestigkeit untersuchen zu lassen. Diese Pflicht bestünde auch zugunsten der Eigentümer von Anliegergrundstücken. Obwohl die Beklagte dieser Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen sei, scheide ihre Haftung aus, weil die Klägerin und ihr Ehemann in gleichem Maße verkehrssicherungspflichtig gewesen und dieser Pflicht ebenfalls nicht nachgekommen seien. Denn die Verkehrssicherungspflicht bestehe nur gegenüber Dritten, zu denen der Verpflichtete selbst nicht gehöre, und nicht zwischen gleichrangig Verkehrssicherungspflichtigen. Daß die Beklagte bzw. ihr Ehemann durch die 1996 vorgenommene Auslichtung der Baumkrone eine Seitenlastigkeit herbeigeführt und damit die Fallrichtung des Baumes auf das Grundstück der Klägerin vorgegeben haben, wirke sich nicht zugunsten der Klägerin aus. Die Maßnahme sei zwar ursächlich für den Schaden geworden, der aber weder voraussehbar noch vermeidbar gewesen sei; vielmehr habe es sich um eine gewöhnliche Baumpflegemaßnahme gehandelt. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Streithelferin sei der Baum zudem fachgerecht beschnitten worden; er habe damals keinerlei äußerlich erkenn-
bare Anzeichen für einen Pilzbefall aufgewiesen. Demgegenüber sei nicht hinreichend ersichtlich oder dargelegt, daß die einseitige Beschneidung des Baumes das Haus der Klägerin gefährdet habe.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand .

II.


1. Ob das Berufungsgericht zu Recht einen verschuldensunabh ängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog verneint hat, kann dahingestellt bleiben; denn der Klägerin steht gegen die Beklagte ein dem vorgehender (Senat, BGHZ 120, 239, 249) deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch zu.
2. Die Beklagte und ihr Ehemann haben die ihnen hin sichtlich des umgestürzten Baumes obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt; die Beklagte ist deshalb nach § 823 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zum Ersatz des der Klägerin dadurch entstandenen Schadens verpflichtet. Daß auch die Klägerin und ihr Ehemann hinsichtlich des Baumes verkehrssicherungspflichtig waren, läßt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - die Haftung der Beklagten nicht entfallen.

a) Der Eigentümer eines Grundstücks hat im Rahmen des Mö glichen dafür zu sorgen, daß von dort stehenden Bäumen keine Gefahr für andere ausgeht , der Baumbestand vielmehr so angelegt ist, daß er im Rahmen des nach forstwissenschaftlichen Erkenntnissen Möglichen gegen Windbruch und Wind-
wurf, insbesondere aber auch gegen Umstürzen aufgrund fehlender Standfestigkeit gesichert ist (Senat, Urt. v. 21. März 2003, V ZR 319/02, NJW 2003, 1732, 1733). Diese Verkehrssicherungspflicht haben die Beklagte und ihr Ehemann verletzt.
aa) Zweifelhaft ist bereits der Ansatz des Berufungsgeri chts, daß bei bestehendem Miteigentum eine Haftung der Eigentümer untereinander für Schäden, die auf die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zurückzuführen sind, ausscheide. Das berücksichtigt nicht, daß sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis (§§ 741 ff. BGB) etwas anderes ergeben kann. Aber darauf kommt es hier nicht an, weil die Parteien nicht Miteigentümer, sondern Teileigentümer des später umgestürzten Baumes waren.
bb) Die Beklagte und ihr Ehemann waren Eigentümer d es Grundstücks, auf dem der Baum bis zum Umstürzen teilweise stand. Damit waren sie auch Eigentümer des auf ihrem Grundstück stehenden Teils des Baumes.
(1) Die umgestürzte Eiche war ein Grenzbaum im Sinne d es § 923 BGB, weil sie mit ihrem Stamm auf der Grundstücksgrenze stand. Das gilt unabhängig davon, ob diese Situation bereits im Zeitpunkt des Anpflanzens oder natürlichen Aufwuchses vorhanden war; unerheblich ist auch, auf welchem der beiden Grundstücke sich das Wurzelwerk befand. Entscheidend ist allein, daß der Stamm des Baumes - und zwar dort, wo er aus dem Boden heraustrat - von der Grenze durchschnitten wurde (OLG München, NJW-RR 1992, 1369; MünchKomm -BGB/Säcker, 4. Aufl., § 923 Rdn. 2; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 923 Rdn. 1; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 923 Rdn. 2; ebenso für die einzelnen Pflanzen einer Hecke als Grenzeinrichtung: Senat, BGHZ 143, 1, 4).

(2) Die Eigentumsverhältnisse an einem Grenzbaum, der n och nicht gefällt ist, werden unterschiedlich beurteilt. Nach einer Auffassung - der das Berufungsgericht ohne weiteres folgt - steht der Baum im Miteigentum der beiden Grundstückseigentümer zu gleichen Teilen (LG München II, NJW 1976, 973; MünchKomm-BGB/Säcker, aaO, Rdn. 1; Meisner/Stern/Hodes, Nachbarrecht im Bundesgebiet [ohne Bayern], 5. Aufl., § 12; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 2 II, § 12; Laibling, AgrarR 1994, 28). Nach anderer Auffassung besteht vertikal geteiltes Eigentum in dem Sinn, daß jedem Grundstückseigentümer der Teil des Baumes gehört, der sich auf seinem Grundstück befindet (OLG München , OLGR 1994, 197; BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 923 Rdn. 3; Palandt /Bassenge, aaO; Soergel/J. F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 923 Rdn. 1; Staudinger /Roth, aaO, Rdn. 4; für die einzelnen Pflanzen einer Hecke als Grenzeinrichtung : ebenso OLG Düsseldorf, OLGZ 1978, 190, 191; offen gelassen von Senat, BGHZ 143, 1, 8). Dem schließt sich der Senat an. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gebührt erst der gefällte Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen (§ 923 Abs. 1 BGB). Diese Regelung wäre überflüssig, wenn dieselbe Rechtslage bereits vorher bestünde. Das wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Der Gesetzgeber ging davon aus, daß vor dem Fällen des Baumes kein Miteigentum besteht (Mot. III, 278), sondern der Grundsatz der vertikalen Eigentumsteilung gilt (Staudinger/Roth, aaO, § 923 Rdn. 1). Diese Sicht steht nicht im Wertungswiderspruch zu § 93 BGB (so aber MünchKommBGB /Säcker, aaO), sondern räumt dem § 94 Abs. 1 BGB insoweit Vorrang ein und dient damit der Herstellung klarer Rechtsverhältnisse (vgl. Senat, Urt. v. 27. September 1978, V ZR 36/77, NJW 1979, 712). Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß von dem gesamten Baum - z.B. infolge mangelnder Standfestigkeit - Gefährdungen ausgehen können, die einer der beiden
Eigentümer allein nicht beseitigen kann. In diesem Fall hat jeder Eigentümer die Möglichkeit, von dem anderen das Fällen des Baumes zu verlangen (§ 923 Abs. 2 Satz 1 BGB).
cc) Als Eigentümer eines Teils des Grenzbaumes waren die B eklagte und ihr Ehemann für diesen Teil in demselben Umfang verkehrssicherungspflichtig wie für einen vollständig auf ihrem Grundstück stehenden Baum. Sie mußten deshalb die nach dem jeweiligen Stand der Erfahrungen und Technik als geeignet und genügend erscheinenden Sicherungen treffen, also den Gefahren vorbeugend Rechnung tragen, die nach der Einsicht eines besonnenen, verständigen und gewissenhaften Menschen erkennbar sind, und diejenigen Maßnahmen ergreifen, die zur Gefahrbeseitigung objektiv erforderlich und nach objektiven Maßstäben zumutbar sind (BGH, Urt. v. 21. Januar 1965, III ZR 217/63, NJW 1965, 815). Danach waren sie u.a. verpflichtet, den Grenzbaum in angemessenen Abständen auf Krankheitsbefall zu überwachen (BGH, Urt. v. 30. Oktober 1973, VI ZR 115/72, VersR 1974, 88, 89). Wie oft und in welcher Intensität solche Baumkontrollen durchzuführen sind, läßt sich nicht generell beantworten. Ihre Häufigkeit und ihr Umfang sind von dem Alter und Zustand des Baumes sowie seinem Standort abhängig (Breloer, Wertermittlungsforum 2004, 3, 8). Werden dabei Anzeichen erkannt, die nach der Erfahrung auf eine besondere Gefahr durch den Baum hinweisen, ist eine eingehende Untersuchung vorzunehmen; solche Anzeichen können trockenes Laub, dürre Äste oder verdorrte Teile, Pilzbefall, äußere Ve rletzungen oder Beschädigungen , hohes Alter des Baumes, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung und sein statischer Aufbau sein (BGH, Urt. v. 21. Januar 1965, aaO). Das haben die Beklagte und ihr Ehemann nicht beachtet, obwohl die Eiche nach den Feststellungen des Berufungsgerichts seit mehreren Jahren eine
Fruchtkörperbildung des Riesenporlings rings um den Stamm, verringerte Belaubung sowie Totholz in der Krone zeigte. Damit war für die Beklagte und ihren Ehemann eine Erkrankung des Baumes erkennbar. Da die Krankheitszeichen auch an dem ihnen gehörenden Baumteil vorhanden waren, hätten sie eine fachmännische Untersuchung veranlassen müssen. Dabei wäre die mangelnde Standfestigkeit erkannt worden, so daß rechtzeitig geeignete Maßnahmen gegen ein plötzliches Umstürzen hätten ergriffen werden können. Davor haben die Beklagte und ihr Ehemann die Augen verschlossen, indem sie lediglich im Jahr 1996 Totholz aus der Baumkrone haben entfernen lassen, ohne später den Zustand des Baumes zu kontrollieren und untersuchen zu lassen. Damit haben sie die Beschädigung des Nachbargrundstücks in Kauf genommen. Das gilt auch für den Fall, daß der die Grundstücke der Parteien trennende Zaun den von der Beklagten behaupteten Verlauf gehabt hat, so daß der Baum nach dem äußeren Erscheinungsbild auf dem Grundstück der Klägerin stand. Denn die Beklagte hat sich lediglich darauf berufen, wegen des Zaunverlaufs habe sie nicht um den Baum herumgehen und sein Wurzelwerk untersuchen können; daß der Baum auf der Grundstücksgrenze stand, hat sie bereits in ihrer Klageerwiderung eingeräumt.

b) Somit ist die Beklagte der Klägerin zum Schadensersat z verpflichtet. Sie muß allerdings nicht den gesamten Schaden ersetzen, sondern nur die Hälfte.
aa) Die Klägerin und ihr Ehemann waren zwar als Eige ntümer des auf ihrem Grundstück befindlichen Teils des Baumes für diesen ebenfalls verkehrssicherungspflichtig. Darauf kommt es hier aber für die Haftungsverteilung nicht an, weil der umgestürzte Baum nicht im gemeinschaftlichen Eigentum der
Grundstückseigentümer stand. Die von dem Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob sich derjenige, dem die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich einer Sache obliegt, auf die Verletzung der Sicherungspflicht durch den hinsichtlich derselben Sache (gleichrangig) Verkehrssicherungspflichtigen berufen kann (grundsätzlich verneinend OLG Hamm, VersR 2002, 1299), stellt sich deshalb nicht; denn wegen des Alleineigentums jedes Grundstückseigentümers an einem Teil des Baumes sind beide Eigentümer wie jeder Dritte in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht einbezogen, die dem jeweils anderen Eigentümer hinsichtlich des ihm gehörenden Teils des Baumes obliegt.
bb) Indem die Klägerin und ihr Ehemann den für sie ebenfalls erkennbaren Krankheitsanzeichen an dem ihnen gehörenden Baumteil keine Beachtung geschenkt und damit letztlich die Beschädigung ihres Hauses in Kauf genommen haben, trifft sie eine Mitverantwortung für den eingetretenen Schaden. In welchem Umfang sich das auf ihren Ersatzanspruch gegen die Beklagte auswirkt , ist nach § 254 BGB zu beurteilen. Da die Rechtsprechung eine Selbstgefährdung und Selbstbeschädigung nicht verbietet, geht es im Rahmen dieser Vorschrift nicht um eine rechtswidrige Verletzung einer gegenüber einem anderen oder gegenüber der Allgemeinheit bestehenden Rechtspflicht, sondern nur um einen Verstoß gegen Gebote der eigenen Interessenwahrnehmung, der Verletzung einer sich selbst gegenüber bestehenden "Obliegenheit"; sie beruht auf der Überlegung, daß jemand, der diejenige Sorgfalt außer acht läßt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, auch den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muß, weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint , daß jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (Senat, BGHZ 135, 235, 240 m.w.N.).

cc) Da hinsichtlich des Maßes der Verursachung, in welchem d ie Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben, und des beiderseitigen Verschuldens weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind, kann der Senat die nach § 254 Abs. 1 BGB erforderliche Abwägung selbst vornehmen. Das führt zu einer Schadensteilung.
(1) Die Klägerin und ihr Ehemann haben das Umstürzen der Eiche durch die unterbliebenen Kontrollen und Untersuchungen in demselben Maß verursacht wie die Beklagte und ihr Ehemann. Das Auslichten der Baumkrone im Jahr 1996 wirkt sich - entgegen der Auffassung der Revision - nicht zu Lasten der Beklagten aus. Zwar war damit die spätere Fallrichtung des Baumes vorgegeben ; aber das allein hat, worauf es für die Haftungsverteilung entscheidend ankommt, den Eintritt des Schadens nicht in wesentlich höherem Maß wahrscheinlich gemacht (vgl. BGH, Urt. v. 20. Januar 1998, VI ZR 59/97, NJW 1998, 1137, 1138). Denn dem steht zum einen gegenüber, daß die Klägerin und ihr Ehemann jegliche Baumpflegemaßnahmen wie das Auslichten der Krone auf ihrer Grundstücksseite unterlassen haben; erst dadurch ist es zu der einseitigen Lastigkeit des Baumes gekommen. Zum anderen hat das Auslichten unstreitig keinen Einfluß auf die fehlende Standfestigkeit und damit auf das Umstürzen des Baumes gehabt.
(2) Der Verschuldensanteil der Beteiligten ist ebenfal ls gleich hoch zu bewerten. Beide Grundstückseigentümer konnten die jeweils auf der ihnen gehörenden Baumseite vorhandenen Krankheitszeichen erkennen; beide haben die deshalb notwendigen Überwachungs- und Untersuchungsmaßnahmen nicht durchgeführt. Ein Fällen des Baumes wurde nicht verlangt (§ 923 Abs. 2
Satz 1 BGB). Das Auslichten der Baumkrone im Bereich des Grundstücks der Beklagten war nicht pflichtwidrig, sondern eine ordnungsgemäßer Bewirtschaftung
entsprechende Pflegemaßnahme. Die mangelnde Standfestigkeit des Baumes war für keinen der Eigentümer, sondern nur für einen Fachmann erkennbar.
Wenzel Tropf Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

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(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen.

(2) Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den Nachbarn zu gleichen Teilen zur Last. Der Nachbar, der die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten allein zu tragen, wenn der andere auf sein Recht an dem Baume verzichtet; er erwirbt in diesem Falle mit der Trennung das Alleineigentum. Der Anspruch auf die Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann.

(3) Diese Vorschriften gelten auch für einen auf der Grenze stehenden Strauch.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 319/02 Verkündet am:
21. März 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterhält der Eigentümer auf seinem Grundstück einen Baum, der allein infolge seines
Alters auf das Nachbargrundstück stürzen kann, so ist er Störer im Sinne des
BGH, Urt. v. 21. März 2003 - V ZR 319/02 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. August 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Das Grundstück der Klägerin ist mit einem Wohnhaus bebaut und parkähnlich angelegt; auf dem waldähnlichen Grundstück der Beklagten hat ihr Vater, der Voreigentümer, vor 1974 u.a. Pappeln in der Nähe der Grenze zu dem Grundstück der Kläger gepflanzt. Das Grundstück liegt in einem Bruchbereich nahe einem Bach, in dem alte Pappeln umstürzen, wenn sie nicht vorher gefällt werden.
Zwischen August 1985 und August 1999 stürzten zwei Bäume, darunter eine Pappel, von dem Grundstück der Beklagten auf das Grundstück der Kläger. Einen weiteren Baum ließ die Beklagte fällen, nachdem die Kläger sie darauf hingewiesen hatten, daß er umzustürzen drohte.

Am 3. Dezember 1999 stürzten während eines Sturmes wiederum zwei Pappeln von dem Grundstück der Beklagten auf das Grundstück der Kläger. Sie beschädigten einen Zaun und ein Metallgartenhaus. Weitere Beschädigungen sind zwischen den Parteien streitig.
Die Kläger haben behauptet, die Pappeln auf dem Grundstück der Beklagten hätten aufgrund ihres Alters bereits vor dem Monat Dezember 1999 gefällt werden müssen. Die Beklagte sei von den Klägern im Jahr 1997 eindringlich auf die Gefahr hingewiesen worden, daß insbesondere die Pappeln umstürzen und nicht nur Gerätehäuser auf dem klägerischen Grundstück, sondern auch Personen zu Schaden kommen könnten. Auch sei die Beklagte von den Klägern mehrfach aufgefordert worden, die Pappeln rechtzeitig fällen zu lassen. Darüber hinaus meinen die Kläger, die Beklagte hätte ihre Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Pappeln verletzt. Die Beklagte hat geltend gemacht , es sei nicht erkennbar gewesen, daß die Pappeln umstürzen könnten.
Der auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 21.873,84 DM nebst Zinsen gerichteten Klage hat das Landgericht in Höhe von 197,16 DM nebst Zinsen und im übrigen dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist nur hinsichtlich der Zinsforderung teilweise erfolgreich gewesen. Mit ihrer - von dem Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Schadenersatzanspruch der Kläger nach § 823 Abs. 1 BGB, weil der Beklagten eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch fehlende Überprüfung ihres Baumbestandes oder rechtzeitiges Fällen offensichtlich standunsicherer Bäume nicht vorzuwerfen sei. Den Klägern steht nach Auffassung des Berufungsgerichts jedoch ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu. Ihnen sei vor dem 3. Dezember 1999 die Durchsetzung eines auf das Entfernen der Pappeln gerichteten Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB nicht möglich gewesen, weil sich die von den Bäumen ausgehende Gefahr erst bei dem Sturm am 3. Dezember 1999 offenbart habe. Die Beklagte sei Störerin im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB, weil von den Bäumen ein objektiv pflichtwidriger Zustand ausgegangen sei, auf den sie habe Einfluß nehmen können. Denn das Umstürzen der Pappeln sei nicht ausschließlich eine Folge des Einwirkens von Naturkräften, sondern gehe auch auf eine fehlende Standsicherheit zurück.
Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung lediglich im Ergebnis stand.

II.

Den Klägern steht gegen die Beklagte kein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch, wohl aber ein verschuldensabhängiger deliktsrechtlicher Schadenersatzanspruch zu.
1. Zu Unrecht bejaht das Berufungsgericht einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog. Folgt man nämlich dem Vortrag der Kläger, entfällt dieser Anspruch, weil sie den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB hätten geltend machen können.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, insbesondere des Senats, ist ein solcher auf einen angemessenen Ausgleich in Geld gerichteter Anspruch gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen, sofern der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden (s. nur Senat, BGHZ 142, 66, 67 f. m.w.N.). Danach kommt hier, was das Berufungsgericht auch zutreffend erkennt, ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer rechtswidrigen Beeinträchtigung in Betracht, die infolge faktischen Duldungszwangs nicht rechtzeitig verhindert werden konnte. Ein solcher Zwang kann sich u.a. daraus ergeben, daß der Betroffene die abzuwehrende Gefahr nicht rechtzeitig erkannt hat und auch nicht erkennen konnte (Senat, BGHZ 111, 158, 163). So liegt es hier jedoch nicht.

b) Der Auffassung des Berufungsgerichts, den Klägern sei es vor dem 3. Dezember 1999 nicht möglich gewesen, gegen die Beklagte einen auf die
Entfernung der Pappeln gerichteten Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB durchzusetzen , steht das Vorbringen der Kläger in den Tatsacheninstanzen entgegen. Sie haben nämlich sowohl in der Klageschrift als auch in der Berufungserwiderung vorgetragen, daß die Pappeln auf dem Grundstück der Beklagten bereits viele Jahre vor Dezember 1999 wegen ihres Alters umsturzgefährdet gewesen seien. Sie hätten gefällt werden müssen, weil alte Pappeln, wie sie auf dem Grundstück der Beklagten gestanden hätten, spätestens nach 30 Jahren geschlagen werden müßten. Hierauf hätten sie die Beklagte schon im Jahr 1997 hingewiesen und sie auch mehrere Male vor dem Monat Dezember 1999 zum Fällen der Pappeln aufgefordert. Danach haben sich die Gefahren für die Kläger nicht erst bei dem Sturm am 3. Dezember 1999 offenbart, sondern es bestand bereits lange Zeit vor dem Schadensereignis genügend Anlaß, gegen die von den Pappeln auf dem Grundstück der Beklagten auf ihr Grundstück ausgehenden Gefahren vorzugehen. Zwar hat der Senat in dem Wiebke-Fall entschieden, daß das bloße Anpflanzen und Aufziehen widerstandsfähiger Bäume regelmäßig noch keine für die Zurechnung einer Beeinträchtigung notwendige konkrete Gefahrenlage für das Nachbargrundstück begründet (Senat, BGHZ 122, 283, 285). Aber so liegen die Dinge hier schon nach dem Klagevorbringen nicht. Die umgestürzten Pappeln waren vielmehr aufgrund ihres Alters nicht mehr standsicher und deswegen gegenüber normalen Einwirkungen der Naturkräfte nicht mehr hinreichend widerstandsfähig. Somit hätten die Kläger gegen die Beklagte erfolgreich nach § 1004 Abs. 1 BGB vorgehen können. Daß sie daran aus irgendwelchen Gründen gehindert waren, haben sie nicht vorgetragen; solche Gründe sind auch nicht ersichtlich. Damit scheidet ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch schon nach dem Klagevorbringen aus.
2. Die Kläger haben jedoch gegen die Beklagte einen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB). Zu seiner gegenteiligen Auffassung gelangt das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft , wie die Kläger in ihrer Revisionserwiderung mit Recht rügen. Es hat seiner Entscheidung nur einen Teil der Aussage des Zeugen F. zugrunde gelegt, nämlich den, daß der Zeuge im August/September 1999 keine von den Pappeln ausgehenden akuten Gefahren erkannt habe. Es hat nicht die weitere Bekundung des Zeugen gewürdigt, daß die Pappeln in einem Alter waren, in welchem sie normalerweise gefällt werden müßten, und daß er der Beklagten geraten habe, die Pappeln deshalb in der nächsten Schlagzeit zwischen dem 1. Oktober und dem 31. März zu fällen. Danach sind der Beklagten die von den Bäumen ausgehenden Gefahren, die sie aufgrund des Alters der Bäume und der Erfahrung mit der bereits umgestürzten Pappel ohnehin kannte, jedenfalls aber kennen mußte, nochmals eindrücklich vor Augen geführt worden. Dann aber war sie unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht verpflichtet , die Pappeln zum frühestmöglichen Zeitpunkt fällen zu lassen.

a) Derjenige, der die Verfügungsgewalt über ein Grundstück ausübt, hat im Rahmen des Möglichen dafür zu sorgen, daß von den dort stehenden Bäumen keine Gefahr für andere ausgeht, der Baumbestand vielmehr so angelegt ist, daß er im Rahmen des nach forstwissenschaftlichen Erkenntnissen Möglichen gegen Windbruch und Windwurf, insbesondere aber auch gegen Umstürzen aufgrund fehlender Standfestigkeit gesichert ist (BGH, Beschl. v. 27. Oktober 1988, III ZR 23/88, BGHR § 823 Abs. 1 BGB Verkehrssicherungspflicht 16). Diese Verkehrssicherungspflicht hat die Beklagte verletzt. Ihr war zum einen bekannt, daß alte Pappeln in der Gegend umstürzen und bereits in der Vergangenheit eine Pappel auf ihrem Grundstück ohne besondere Einwir-
kungen umgestürzt war; zum anderen hat der Zeuge F. sie auf die Notwendigkeit des altersbedingten Fällens der Pappeln hingewiesen. Damit war es für die Beklagte vorhersehbar, daß weitere alte Pappeln jederzeit - auch auf das Nachbargrundstück - umstürzen konnten. Davor hat sie die Augen verschlossen , indem sie die Bäume nicht zu Beginn der Schlagzeit hat fällen lassen , und damit die Beschädigung des Nachbargrundstücks in Kauf genommen.

b) Somit ist die Beklagte den Klägern zum Schadenersatz verpflichtet. Allerdings reicht es zur Erfüllung dieser Verpflichtung nicht aus, daß sie die auf das Nachbargrundstück gefallenen Pappeln hat entfernen und den beschädigten Zaun hat ausbessern lassen. Vielmehr umfaßt die Schadenersatzpflicht sämtliche durch das Umstürzen der Bäume verursachten Schäden, also auch die, welche an den Gartenhäusern entstanden sind. Ein Ausschluß der Ersatzpflicht unter den von der Beklagten hervorgehobenen Gesichtspunkten, die Kläger hätten die beiden Gartenhäuser baurechtswidrig und bewußt in einer Gefahrenzone errichtet, kommt nicht in Betracht. Zum einen wäre das Fehlen der Baugenehmigungen - ihre Erforderlichkeit unterstellt - nicht kausal für den eingetretenen Schaden geworden; zum anderen übersieht die Beklagte, daß der Eigentümer sein Grundstück nach Belieben nutzen kann und sich keine Einschränkungen auferlegen muß, um dem Grundstücksnachbarn die Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht ohne Schadensfolgen zu ermöglichen.
3. Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, daß ein Grundurteil nicht hätte ergehen dürfen, weil der Streit über den Anspruchsgrund nicht entscheidungsreif sei. Für den Erlaß eines solchen Urteils genügt es nämlich, daß die Klageforderung mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGHZ 126, 217, 219; BGH, Urt. v. 2. Oktober 2000, II ZR 54/99, NJW 2001,
224, 225). Das ist hier der Fall, weil die Beschädigung des Metallgartenhauses unstreitig ist. Selbst wenn, wofür es bisher allerdings keine Anhaltspunkte gibt, den Klägern ein an der Entstehung des Schadens mitwirkendes Verschulden vorzuwerfen wäre (§ 254 BGB), dürfte dessen Prüfung dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben, da es nach dem gesamten Streitstoff nicht zu einer völligen Beseitigung des Schadens führen kann (vgl. BGHZ 110, 196, 202).
4. Schließlich wendet sich die Revision auch ohne Erfolg dagegen, daß das Berufungsgericht den Klägern einen Betrag von 197,16 DM für die Anschaffung eines neuen Kugelgrills zugesprochen hat, ohne einen Abzug "neu für alt" vorzunehmen. Die Beklagte hat nämlich die Neuwertigkeit des Grills nicht erheblich bestritten, so daß ein solcher Abzug nicht in Betracht kommt. Ihre Klageerwiderung enthält hierzu zwar ein allgemeines Bestreiten; aber nachdem die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht den beschädigten Grill präsentiert haben, hätte die Beklagte konkrete Umstände, die gegen die Neuwertigkeit sprechen, vortragen müssen. Das hat sie nicht getan.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Lemke Schmidt-Räntsch

(1) Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen.

(2) Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den Nachbarn zu gleichen Teilen zur Last. Der Nachbar, der die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten allein zu tragen, wenn der andere auf sein Recht an dem Baume verzichtet; er erwirbt in diesem Falle mit der Trennung das Alleineigentum. Der Anspruch auf die Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann.

(3) Diese Vorschriften gelten auch für einen auf der Grenze stehenden Strauch.

Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

(1) Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen.

(2) Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den Nachbarn zu gleichen Teilen zur Last. Der Nachbar, der die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten allein zu tragen, wenn der andere auf sein Recht an dem Baume verzichtet; er erwirbt in diesem Falle mit der Trennung das Alleineigentum. Der Anspruch auf die Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann.

(3) Diese Vorschriften gelten auch für einen auf der Grenze stehenden Strauch.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.