Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2005 - LwZR 8/04

bei uns veröffentlicht am29.04.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
LwZR 8/04 Verkündet am:
29. April 2005
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Landwirtschaftssache
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche
Verhandlung vom 29. April 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie
die ehrenamtlichen Richter Kreye und Rukwied

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 13. Mai 2004 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Bautzen vom 12. September 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger war Mitglied der LPG (T) "F. " G. . Die Generalversammlung dieser LPG beschloß am 14. Mai 1990 deren Auflösung und die Bildung der Beklagten als Rechtsnachfolgerin unter Einbringung des LPGVermögens. Die Beklagte wurde am 23. Mai 1990 in das LPG-Register und am 29. November 1991 in das Genossenschaftsregister eingetragen.

Am 4. Dezember 1993 trafen die Parteien eine Darleh ensvereinbarung, mit der "die gekündigten Genossenschaftsanteile (Restsumme 2.400 DM) ab 1993 ... in ein Darlehen umgewandelt" wurden. Rechte und Pflichten als Mitglied der Beklagten sollten damit erlöschen, das Darlehen in Raten bis 1997 zurückgezahlt werden.
Die Beklagte zahlte aufgrund der Vereinbarung an den Kläger 1998 700 DM und 1999 400 DM. Der Kläger verlangt mit der Klage die Restsumme des Darlehens in Höhe von 664,68 €, die Beklagte verlangt widerklagend Rückzahlung der geleisteten 1.100 DM (= 562,42 €).
Das Landwirtschaftsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat umgekehrt entschieden. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Landwirtschaftsgerichts. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält die Umwandlung der LPG (T) "F. " G. in die Beklagte für unwirksam mit der Folge, daß der Kläger keine Geschäftsanteile an der Beklagten und somit auch keine Zahlungsansprüche bei einem Ausscheiden aus der Genossenschaft gehabt habe. Daher sei die mit Vertrag vom 4. Dezember 1993 beabsichtigte Schuldumschaffung in ein Ver-
einbarungsdarlehen wirkungslos geblieben. Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch bestehe daher an sich nicht, und die von der Beklagten erbrachten Leistungen entbehrten des Rechtsgrundes. Auf die Unwirksamkeit der Darlehensvereinbarung könne sich die Beklagte jedoch nach § 242 BGB im Hinblick auf die hier vorliegenden besonderen Umstände des Einzelfalls nicht berufen. Der damit als wirksam zu behandelnde Vertrag sei nach den Grundsätzen über das Fehlen der Geschäftsgrundlage sodann dahin anzupassen, daß anstelle des Auseinandersetzungsguthabens an der Beklagten der Anspruch des Klägers auf eine Beteiligung am Liquidationserlös der LPG zum Gegenstand der Vereinbarung gemacht werde. Diesen Anspruch habe er - wie in der mündlichen Verhandlung angeboten - an die Beklagte abzutreten.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung ni cht stand.
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beruf ungsgerichts. Es hat selbst in einem Verfahren mit einem anderen Kläger festgestellt, daß die Beklagte nicht im Wege formwechselnder Umwandlung aus der LPG (T) "F. " G. hervorgegangen ist. Es fehlt dazu an einer identitätswahrenden Umwandlung; beschlossen wurde eine Auflösung der LPG mit Vermögensübergang auf die Beklagte (vgl. OLG Dresden, Urt. v. 20. Dezember 2000, LW 1064/00; rechtskräftig geworden durch Senatsbeschl. v. 9. November 2001, LwZR 5/01). Jene Entscheidung ist zwar für das vorliegende Verfahren nicht bindend, sie ist aber in der Sache richtig (vgl. Senat, BGHZ 132, 353; 138, 372, 375) und wird auch von beiden Parteien der rechtlichen Bewertung zugrunde gelegt.
Rechtsfehlerfrei, und von den Parteien nicht in Frage gestellt, ist ferner die Auslegung des Vertrages vom 4. Dezember 1993 dahin, daß es sich dabei um ein Vereinbarungsdarlehen gehandelt hat, mit dem der zugrunde gelegte Anspruch auf Auszahlung des Geschäftsguthabens (§ 74 GenG) in einen Darlehensrückzahlungsanspruch umgewandelt werden sollte (§ 607 Abs. 2 BGB a.F.). Da der zugrunde gelegte Anspruch indes nicht bestand und auch nicht später zur Entstehung gelangt ist, blieb die Darlehensvereinbarung - wovon das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeht - wirkungslos.
Das führt zu der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts. D er Klageanspruch entbehrt der Grundlage, der mit der Widerklage verfolgte Anspruch ist aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet.
2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht insow eit, als es der Beklagten nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen. Dabei verkennt das Berufungsgericht nicht die Grundsätze, die die Rechtsprechung zu der Frage entwickelt hat, wann es gegen Treu und Glauben verstoßen kann, sich auf die Unwirksamkeit eines Vertrages infolge Nichteinhaltung der Form zu berufen. Es sind hierzu insbesondere zwei Fallgruppen anerkannt worden: Die Fälle der Existenzgefährdung des einen Teils und die Fälle einer besonders schweren Treuepflichtverletzung des anderen Teils, und zwar jeweils mit der Maßgabe, daß hier eine Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrages ein schlechterdings untragbares Ergebnis zur Folge hätte (Senat, BGHZ 48, 396, 398 f.; 85, 315, 318 f., jew. m.w.Nachw.). Auf diese Grundsätze kann im vorliegenden Fall die Anwendung des § 242 BGB indes nicht gestützt werden.

a) Das Berufungsgericht übersieht schon, daß es gar nicht um eine Frage der treuwidrigen Berufung auf die Formnichtigkeit eines Vertrages geht. Der Darlehensvertrag ist nicht deswegen unwirksam, weil er einer Form mangelte, sondern er geht als Vereinbarungsdarlehen mangels Forderung ins Leere. Über diesen Mangel vermögen die Grundsätze über die treuwidrige Berufung auf die Nichteinhaltung der Form nicht hinwegzuhelfen. Das Berufungsgericht gelangt daher zu seiner Lösung auch nur mit Hilfe einer zweiten Anwendung des § 242 BGB, nämlich mit Hilfe der Grundsätze über das Fehlen der Geschäftsgrundlage , die das Unterschieben einer Forderung (Anspruch auf Beteiligung am Liquidationserlös) ermöglichen soll, die dann wiederum in ein Vereinbarungsdarlehen umgewandelt sein soll. Die Grundsätze vom Fehlen der Geschäftsgrundlage setzen aber erst einmal einen Vertrag voraus, sie schaffen ihn nicht. Sie überwinden daher nicht den Umstand, daß das Vereinbarungsdarlehen mangels umzuschaffender Forderung nicht zur Entstehung gelangt war. Zudem erlauben diese Grundsätze nicht das Unterschieben einer (dann in ein Darlehen umzuwandelnden) Forderung, die dem Kläger nicht gegen die Beklagte, sondern gegen die LPG zusteht. Aus einer Forderung gegen die LPG auf anteilmäßige Beteiligung am Liquidationserlös kann kein Darlehen gegenüber der Beklagten vereinbart werden. Erforderlich wäre dazu eine Schuldübernahme seitens der Beklagten. Anhaltspunkte dafür fehlen. Daß der Kläger verpflichtet sein soll, den Erlösanspruch an die Beklagte abzutreten, hilft über diesen Mangel nicht hinweg. Dies schafft keine Forderung gegen die Beklagte, die Grundlage einer Darlehensumschaffung sein könnte.

b) Selbst wenn man aber dem Berufungsgericht im Ansatz folgen wollte, ist die Begründung nicht tragfähig, da die Voraussetzungen für eine treuwidrige Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrages (des Vereinbarungsdarlehens) nicht
vorliegen. Die hier dem Kläger durch die fehlgeschlagene LPG-Umwandlung entstandenen Nachteile gehen nicht über das hinaus, was LPG-Mitglieder stets in solchen Fällen an Nachteilen zu besorgen haben. Sie sind wegen ihrer Ansprüche auf die in Liquidation fortbestehende LPG verwiesen und müssen etwa bereits von der vermeintlichen Rechtsnachfolgerin empfangene Leistungen zurückgewähren (Senat, Beschl. v. 9. November 2001, BLw 10/01, Umdruck S. 5). Dies beruht im konkreten Fall nicht auf einer schwerwiegenden Treupflichtverletzung der Beklagten. Das Berufungsgericht verkennt bei seiner gegenteiligen Auffassung, daß die Beklagte bei der gescheiterten Umwandlung der LPG keine Pflichten verletzt hat. Das Scheitern der Umwandlung beruht auf einem fehlerhaften Beschluß der Vollversammlung der LPG. Daß hierauf Organe der - damals noch gar nicht existenten - Beklagten in unlauterer Weise Einfluß genommen hätten, ist weder festgestellt noch ersichtlich.
Soweit das Berufungsgericht an ein Verhalten der Vorst andsmitglieder der LPG anknüpfen will, fehlt es zum einen an einem Zurechnungsgrund zu Lasten der Beklagten. Daß die Vorstandsmitglieder der LPG teilweise identisch sind mit denen der Beklagten, läßt ihr Handeln nicht zugleich als Handeln für die Beklagte erscheinen. Die LPG und die Beklagte sind gerade nicht identisch. Zudem ist die Annahme, die handelnden LPG-Mitglieder treffe der Vorwurf einer groben Pflichtverletzung, nicht haltbar. Daß bei der Umwandlung von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in der Zeit des Umbruchs Fehler begangen wurden, war nicht die Ausnahme, sondern entsprach nahezu der Regel (vgl. Wenzel, Agrarrecht 1998, 139 m.w.Nachw.). Grund dafür waren in erster Linie Rechtsunsicherheit und Rechtsunkenntnis. Erst seit 1994 bildeten sich in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Grundlagen für die Umwandlung landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften heraus,
die für die Handelnden eine Leitlinie schufen, an der sie sich orientieren konnten. Angesichts dessen ist es fernliegend - sofern nicht besondere Umstände gegeben sind -, in einer fehlerhaften Umwandlung einer LPG im Jahre 1990 eine schwere Treuepflichtverletzung zu erblicken.

c) Soweit das Berufungsgericht einen Treueverstoß darin sieht, daß sich die Beklagte die Vorteile aus der fehlgeschlagenen Umwandlung zu eigen gemacht und bislang nur in geringem Umfang Zahlungen an die Liquidationsgesellschaft geleistet habe, übersieht es, daß insoweit zwar Forderungen der in Liquidation befindlichen LPG weitgehend unerfüllt geblieben sind, daß darin aber nicht zugleich ein Pflichtverstoß gegenüber dem Kläger liegt. Die Revision weist zudem zutreffend darauf hin, daß die Beklagte das Vermögen der LPG nur faktisch zur Verfügung hat und es rechtsgrundlos nutzt. Daraus ergeben sich entsprechende Ansprüche der Liquidationsgesellschaft, die bei der Liquidation zu verwerten sind. Daß diese Forderungen nicht werthaltig sind, ist weder festgestellt noch ersichtlich.

III.

Nach allem kann das angefochtene Urteil mit der gegebe nen Begründung keinen Bestand haben. Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Eine allenfalls in Betracht zu ziehende Bestätigung des nichtigen Vereinbarungsdarlehens nach § 141 BGB kann nicht angenommen werden. Zwar sind an sich Erfüllungshandlungen - die Beklagte hat zwei Raten auf das vermeintliche Darlehen gezahlt - geeignet, einen Bestätigungswillen zum Ausdruck zu bringen (BGH, Urt. v. 2. Dezember 1982, VII ZR 63/82, WM 1983, 231, 232). Eine Bestätigung nach § 141 BGB setzt jedoch voraus, daß die
Eine Bestätigung nach § 141 BGB setzt jedoch voraus, daß die Gründe für die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts im Zeitpunkt der Bestätigung nicht mehr fortwirken (BGHZ 60, 102, 106 ff, 108). Daran fehlt es. Der Unwirksamkeitsgrund, der darin besteht, daß keine Forderung existiert, die in ein Darlehen umgewandelt werden könnte, war im Zeitpunkt der Zahlungen der Beklagten nicht entfallen. Er besteht bis heute fort.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Wenzel Krüger Lemke

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 607 Vertragstypische Pflichten beim Sachdarlehensvertrag


(1) Durch den Sachdarlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer eine vereinbarte vertretbare Sache zu überlassen. Der Darlehensnehmer ist zur Zahlung eines Darlehensentgelts und bei Fälligkeit zur Rückerstattung von Sache

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 141 Bestätigung des nichtigen Rechtsgeschäfts


(1) Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es vorgenommen hat, bestätigt, so ist die Bestätigung als erneute Vornahme zu beurteilen. (2) Wird ein nichtiger Vertrag von den Parteien bestätigt, so sind diese im Zweifel verpflicht

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
LwZR 5/01
vom
9. November 2001
in dem Rechtsstreit
durch die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier sowie die ehrenamtlichen
Richter Andreae und Kreye

beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 20. Dezember 2000 wird nicht angenommen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Auslegung des Generalversammlungsbeschlusses vom 14. Mai 1990 durch das Berufungsgericht nur auf Rechtsfehler überprüfbar (s. nur Wenzel, AgrarR 1998, 137, 141, den die Revision zu Unrecht für ihre Auffassung in Anspruch nimmt). Rechtsfehler läßt die Auslegung nicht erkennen. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Streitwert: 30.000,00 DM Krüger Klein Gaier

(1) Durch den Sachdarlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer eine vereinbarte vertretbare Sache zu überlassen. Der Darlehensnehmer ist zur Zahlung eines Darlehensentgelts und bei Fälligkeit zur Rückerstattung von Sachen gleicher Art, Güte und Menge verpflichtet.

(2) Die Vorschriften dieses Titels finden keine Anwendung auf die Überlassung von Geld.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 10/01
vom
9. November 2001
in der Landwirtschaftssache
betreffend einen Anspruch auf bare Zuzahlung
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 9. November
2001 durch die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier sowie die ehrenamtlichen
Richter Andreae und Kreye

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers sowie die Anschlußrechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. Februar 2001 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller , der der Antragsgegnerin auch die außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 250.978,53 DM.

Gründe:

I.

Der Antragsteller war Mitglied der LPG (T) "E. T." S. (nachfolgend: LPG S.), in die er einen Inventarbeitrag einbrachte. Am 21. Februar 1990 beschloß die Vollversammlung der LPG S., die Produktion durch Zusammenschluß in einer einheitlichen LPG mit Pflanzen- und Tierproduktion fortzuführen. Hierzu kam es aber nicht, da sich zunächst keine Genossenschaft mit Pflanzenpro-
duktion fand, die zu einem Zusammenschluû bereit war. Daher beschloû die Vollversammlung der LPG S. am 18. Juli 1990 die Auflösung der Genossenschaft.
Am 20. September 1990 kamen die Landeinbringer der LPG S. in einer Versammlung zu dem Ergebnis, die Auflösung der LPG zu stoppen und die Pläne des Zusammenschlusses weiterzuverfolgen. Dazu fanden sich schlieûlich zwei weitere Genossenschaften bereit, deren Vollversammlungen einem Zusammenschluû zustimmten. Ein entsprechender Vollversammlungsbeschluû der LPG S. fehlt indes. Am 1. Januar 1991 wurde die LPG Sch. als aus einem Zusammenschluû der drei beteiligten Genossenschaften hervorgegangene LPG in das LPG-Register eingetragen.
Am 21. Mai 1991 beschloû die LPG Sch. eine formwechselnde Umwandlung in die Antragsgegnerin, die am 6. Februar 1992 in das Handelsregister eingetragen wurde. Der Antragsteller erhielt einen Kommanditanteil im Wert von 2.027 DM. Die Antragsgegnerin zahlte in den folgenden Jahren insgesamt 17.082,48 DM als Pflichtinventar nebst Zinsen an den Antragsteller.
Der Antragsteller ist der Auffassung, ihm stehe ein Anspruch auf bare Zuzahlung in Höhe von 234.336,41 DM nebst Zinsen zu. Das Landwirtschaftsgericht hat seinem auf Zahlung dieses Betrages gerichteten Antrag in Höhe von 233.896,05 DM stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat diesen Antrag sowie den in der Beschwerdeinstanz gestellten Feststellungsantrag, daû die Antragsgegnerin Rechtsnachfolgerin der durch Zusammenschluû der LPG S. mit den beiden anderen Genossenschaften entstandenen LPG Sch. ist, abgewiesen. Es hat ferner - auf Antrag der Antragsgegnerin - dem Antragsteller die
Rückzahlung der erhaltenen 17.082,48 DM (Pflichtinventar), ohne die beantragten Zinsen, aufgegeben und - ohne einen dahingehenden Antrag - festgestellt , daû die Antragsgegnerin nicht Rechtsnachfolgerin der durch Zusammenschluû u.a. der LPG S. entstandenen LPG ist.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Zahlungsantrag, soweit ihm das Landwirtschaftsgericht stattgegeben hat, und seinen Feststellungsantrag weiter und begehrt die Abweisung des Gegenantrags der Antragsgegnerin auf Rückzahlung des Pflichtinventarbetrages. Die Antragsgegnerin hat Anschluûrechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie Zinsen auf die Pflichtinventarleistung beansprucht, eine Vervollständigung des negativen Feststellungsanspruchs und eine Abänderung der Kostenentscheidung begehrt.

II.


1. Zur Rechtsbeschwerde
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

a) Der Antragsteller verkennt nicht, daû der Zusammenschluû der LPG S. mit den beiden anderen Genossenschaften zur LPG Sch. unwirksam ist, weil es an einem Vollversammlungsbeschluû der LPG S. fehlt. Er sieht auch, daû die Antragsgegnerin infolgedessen nicht Rechtsnachfolgerin der LPG S. und der beiden anderen Genossenschaften geworden ist. Damit fehlt es jedoch - wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat - an der Passivlegitimati-
on der Antragsgegnerin für den geltend gemachten Anspruch auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG. Der Umstand, daû sich - worauf der Antragsteller hinweist - die Antragsgegnerin immer wie eine Rechtsnachfolgerin verhalten hat, vermag daran nichts zu ändern. Das begründet keine Beteiligung des Antragstellers an der Antragsgegnerin, die für den Anspruch auf Ausgleich eines möglicherweise zu niedrig bemessenen Anteils Voraussetzung ist.
Auch die Befürchtung des Antragstellers, die Antragsgegnerin könnte der LPG S. die wesentlichen Vermögenswerte entzogen und damit Ansprüche der Mitglieder gegen die in Liquidation fortbestehende LPG wertlos gemacht haben, führt zu keinem direkten Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin. Denkbar wäre dies nur unter den - hier nicht ersichtlichen - Voraussetzungen des § 826 BGB.

b) Folge des unwirksamen Zusammenschlusses und - darauf beruhend - der miûglückten Umwandlung in die Antragsgegnerin ist, daû der Antragsteller die erhaltene Zahlung von 17.082,48 DM nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückzuzahlen hat. Denn ihm standen Ansprüche gegen die Antragsgegnerin nicht zu. Die Zahlung erfolgte daher an ihn ohne Rechtsgrund. Ob die Leistung aus dem Vermögen der LPG S. vorgenommen wurde, ist für die Frage der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung unerheblich. Das löst lediglich Rückforderungsansprüche der LPG S. gegen die Antragsgegnerin aus, verhilft dem Antragsteller aber - wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat - nicht zu einem Gegenrecht, das ihn zur Aufrechnung oder zur Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts legitimierte. Anders wäre es nur, wenn die LPG S. die Antragsgegnerin angewiesen hätte, Zahlungen aus ihrem Vermögen an den Antragsteller zu erbringen. Dann fehlte es an einem Bereicherungsverhält-
nis zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens. Dafür gibt es aber keinen Anhaltspunkt, gingen doch alle davon aus, daû die LPG S. in der LPG Sch. aufgegangen und in die Antragsgegnerin umgewandelt worden war.
2. Zur Anschluûrechtsbeschwerde
Die Anschluûrechtsbeschwerde ist unbegründet.

a) Soweit sich die Antragsgegnerin dagegen wendet, daû das Beschwerdegericht den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch ohne Zinsen zugesprochen hat, trifft es zwar zu, daû das Zinseszinsverbot des § 289 Satz 1 BGB nur den Zinsanteil des Rückzahlungsanspruchs betrifft. Das hat das Beschwerdegericht aber auch nicht verkannt. Die Antragsgegnerin hatte indes - wie das Beschwerdegericht festgestellt hat - den Zinsanteil nicht ausgewiesen , so daû eine teilweise Verzinsung wegen fehlender Bestimmbarkeit des verzinsbaren Betrages nicht ausgesprochen werden konnte. In der Rechtsbeschwerdeinstanz kann dieser fehlende Tatsachenvortrag nicht nachgeholt werden.

b) Soweit die Antragsgegnerin rügt, daû der Tenor hinsichtlich der Feststellung der fehlenden Rechtsnachfolge unvollständig sei, bleibt das Rechtsmittel ebenfalls ohne Erfolg. Zum einen ist die Antragsgegnerin durch diesen Feststellungsausspruch nicht beschwert; denn das Beschwerdegericht hat insoweit nicht einen Antrag der Antragsgegnerin unvollständig oder einschränkend beschieden, sondern verfahrensordnungswidrig von sich aus die Feststellung getroffen. Veranlaût war lediglich die Abweisung des Antrags des Antragstellers , der die Rechtsnachfolge festgestellt wissen wollte, nicht die nega-
tive Rechtsfolge, daû keine Rechtsnachfolge eingetreten ist. Zum anderen ergibt sich aus dem Sinnzusammenhang, was gemeint ist.

c) Schlieûlich ist auch die Kostenentscheidung nicht zu beanstanden. Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG muû die Erstattung auûergerichtlicher Kosten nur dann angeordnet werden, wenn ein Beteiligter diese Kosten bei einem anderen Beteiligten durch ein unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlaût hat. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es stand daher im freien Ermessen des Beschwerdegerichts, eine Erstattungspflicht entsprechend dem allgemeinen Grundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit , daû jeder Beteiligte die eigenen auûergerichtlichen Kosten trägt, nicht anzuordnen (vgl. nur Barnstedt/Steffen, LwVG, 6. Aufl., § 45 Rdn. 4, 17 m.w.N.). Ein Ermessensfehler liegt hier ersichtlich nicht vor. Die Antragsgegnerin, die sich zunächst selbst jahrelang als Rechtsnachfolgerin der durch Zusammenschluû gebildeten LPG Sch. begriffen hat, hat zu dem Verfahren in erheblichem Maûe beigetragen. Die Anträge des Antragstellers waren weder offensichtlich unbegründet noch gar mutwillig. Angesichts dessen entspricht die Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts der Rechtslage.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG.
Krüger Klein Gaier

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es vorgenommen hat, bestätigt, so ist die Bestätigung als erneute Vornahme zu beurteilen.

(2) Wird ein nichtiger Vertrag von den Parteien bestätigt, so sind diese im Zweifel verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.