Bundesgerichtshof Urteil, 17. Feb. 2010 - IV ZR 259/08

bei uns veröffentlicht am17.02.2010
vorgehend
Landgericht Köln, 23 O 418/04, 09.08.2006
Oberlandesgericht Köln, 5 U 173/06, 12.12.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 259/08 Verkündetam:
17.Februar2010
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
MBKT 94 § 15a
Wird in einer Krankentagegeldversicherung die Versicherungsfähigkeit von einer
selbständigen Berufsausübung und der Erzielung regelmäßiger Einkünfte abhängig
gemacht, fallen diese Voraussetzungen nicht schon dann weg, wenn der Versicherte
sein berufliches Tätigkeitsfeld wechselt und dafür eine Übergangszeit benötigt und
noch keine regelmäßigen Einkünfte erzielt.
Insoweit reicht es aus, dass seine weitere Tätigkeit ernsthaft auf die Erzielung nachhaltiger
und in diesem Sinne regelmäßiger Einkünfte gerichtet und nicht ohne nachvollziehbare
Aussicht auf Erfolg ist.
BGH, Urteil vom 17. Februar 2010 - IV ZR 259/08 - OLG Köln
LG Köln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin HarsdorfGebhardt
und den Richter Dr. Karczewski auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Februar 2010

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 20. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass zwei Krankentagegeldversicherungen bei der Beklagten fortbestehen, ferner die Zahlung von Krankentagegeld. Dem Versicherungsverhältnis liegt ein Gruppenversicherungsvertrag mit einem Anwaltsverein am Sitz des Landgerichts zugrunde, in dessen Bezirk der Kläger wohnt. Nach § 1 (1) dieses Gruppenversicherungsvertrages sind die Mitglieder des Anwaltsvereins versicherbar , sofern sie ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben. Gemäß § 2 (1) Buchst. a des Gruppenversicherungsvertrages sind Vertragsgrundlage unter anderem die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Krankentagegeldversicherung (im Folgenden: AVB-G) sowie der Tarif GT2 (Rechtsanwälte). § 3 AVB-G lautet auszugsweise: (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen , soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er gewährt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vereinbartem Umfang. …. (3) Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn der Versicherte seine berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.
2
Über das Ende der Versicherung trifft § 14 AVG-G u.a. folgende Bestimmung: (1) Die Krankentagegeldversicherung endet bzw. wird aufgelöst
a) bei Wegfall einer im Tarif oder im Gruppenversicherungsvertrag bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit zum Ende des Monats, in dem die Voraussetzung weggefallen ist. …
3
In Nr. 4 des Tarifs GT2 ist vorgesehen: Versicherungsfähigkeit Nach diesem Tarif ist versicherungsfähig, wer seinen Beruf selbständig ausübt und aus dieser Tätigkeit regelmäßige Einkünfte hat.
4
Der Kläger hat am 20. August 2002 die Zulassung als Rechtsanwalt verloren, blieb aber Mitglied des Anwaltsvereins. Bis 31. März 2003 arbeitete er mit dem Abwickler seiner Kanzlei zusammen und erzielte weiterhin Einnahmen. Ab 1. April 2003 wurde ein anderer Abwickler eingesetzt. Der Kläger wurde ab 4. September 2003 fortlaufend arbeitsunfähig krank geschrieben. Er ist seit 1. Juli 2006 wieder gesund und betreibt eine Praxis als selbständiger Mediator.
5
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen und der Widerklage auf Rückzahlung bereits geleisteten Krankentagegelds stattgegeben. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


6
Rechtsmittel Das hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
Das I. Berufungsgericht hat angenommen, die Krankentagegeldversicherung sei gemäß § 14 (1) Buchst. a AVB-G beendet worden, weil die in Nr. 4 GT2 näher umschriebene Versicherungsfähigkeit des Klägers schon ab 1. April 2003 nicht mehr vorgelegen habe. Er habe bei seiner Anhörung vor dem Landgericht erklärt, nach dem 31. März 2003 habe er in seiner Kanzlei nur noch eine Art Notdienst verrichtet; er sei zwar durchschnittlich einmal pro Woche anwesend gewesen, habe aber keine Schriftsätze mehr gefertigt. Soweit der Kläger im Widerspruch dazu später vorgetragen habe, dass er auch nach dem 31. März 2003 noch Mandate weiter bearbeitet und Schriftsätze vorbereitet habe, sei dies nicht plausibel und lasse insbesondere nicht erkennen, dass der Kläger noch regelmäßige Einkünfte erzielt habe. Soweit der Kläger vorbringe, ab April 2003 neue Mediationsmandate angebahnt zu haben, sei dieser Vortrag ohne Substanz und lasse nicht erkennen, welche selbständige Tätigkeit er entfaltet habe.
8
Die vertragliche Regelung über das Ende des Versicherungsverhältnisses sei nicht zu beanstanden. Der Versicherungsnehmer könne redlicherweise nicht erwarten, dass der Versicherer entgegen dem Zweck der Versicherung, Schutz gegen Verdienstausfall zu gewähren, Leistungen auch dann noch erbringe, wenn der Versicherungsnehmer seine selbständige Tätigkeit aufgegeben habe und keine regelmäßigen Einkünfte mehr erziele. Dabei sei nicht vorausgesetzt, dass die Aufgabe der selbständigen Tätigkeit freiwillig erfolgt sei. Anderes könne gelten, wenn ein Selbständiger erst während der Erkrankung seine Tätigkeit aufgibt. Hier habe der Kläger aber, auch wenn er schon in ärztlicher Behandlung gewesen sei, nach seiner eigenen Darstellung seine Tätigkeit ab 1. April 2003 aus anderen als gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt.
9
II. Diese Würdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. Nach Nr. 4 GT2 hängt die Versicherungsfähigkeit von zwei Voraussetzungen ab, nämlich einer selbständigen Berufsausübung und der Erzielung regelmäßiger Einkünfte. Hinzukommen müssen gemäß § 1 (1) des Gruppenversicherungsvertrages die Mitgliedschaft im Anwaltsverein sowie ein Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. Diese zusätzlichen , im Gruppenversicherungsvertrag geforderten Voraussetzungen sind hier nicht streitig. Allein daraus ergibt sich die Versicherungsfähigkeit indessen entgegen der Auffassung der Revision noch nicht. Vielmehr geht aus § 2 (1) Buchst. a des Gruppenversicherungsvertrages klar hervor , dass es weitere Vertragsgrundlagen gibt, nämlich u.a. den Tarif GT2 und damit auch die dort in Nr. 4 beschriebenen Voraussetzungen der Versicherungsfähigkeit.
11
a) Diese stellen indessen - wie die Auslegung aus der Sicht des verständigen Versicherungsnehmers (st. Rspr., vgl. BGHZ 123, 83, 85) ergibt - nicht darauf ab, in welcher Weise der Versicherungsnehmer seinen Beruf als Selbständiger ausübt. Der Versicherungsschutz besteht vielmehr auch dann, wenn der Versicherungsnehmer nicht als Rechtsanwalt tätig ist, solange er Mitglied des Anwaltsvereins bleibt. Die selbständige Berufstätigkeit kann mithin sowohl in einer Zusammenarbeit mit dem Praxisabwickler als auch in einer anderen Tätigkeit etwa als Mediator bestehen. Dem Versicherungsnehmer steht es danach frei, im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Anwaltsverein die konkrete Art seiner selbständigen Berufsausübung zu ändern, ohne dass die Versicherungsfähigkeit deshalb in Frage stünde. Der Bundesgerichtshof hat bereits für Klauseln in anderen Krankentagegeldversicherungen, nach denen eine selbständige Berufs- bzw. Erwerbstätigkeit Voraussetzung der Versicherungsfähigkeit war, entschieden, dass die Aufgabe einer bestimmten Tätigkeit etwa aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht das Ende einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen bedeuten muss (Senatsurteil vom 15. Mai 2002 - IV ZR 100/01 - VersR 2002, 881 unter II 1).
12
b) Im Hinblick auf derartige Änderungen des beruflichen Tätigkeitsfeldes eines Selbständigen kann die Klausel nicht dahin verstanden werden , dass ein Wegfall der Versicherungsfähigkeit bereits dann eintreten soll, wenn der Wechsel in ein anderes berufliches Tätigkeitsfeld nicht ohne eine Unterbrechung der Berufstätigkeit vorgenommen werden kann.
13
Der Senat hat in anderem Zusammenhang mit Blick auf eine Klausel , die die Versicherungsfähigkeit vom Bestehen eines ständigen festen Arbeitsverhältnisses gegen Entgelt abhängig machte, ausgesprochen, dass dem Versicherten auch in Zeiten der Arbeitssuche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Schutz gegen Verdienstausfall infolge Krankheit durch das Tagegeld verbleiben muss. Die Interessen des Versicherers bleiben gleichwohl gewahrt, wenn die Versicherungsfähigkeit jedenfalls dann endet, wenn sich der Versicherungsnehmer nicht ausreichend um die Aufnahme einer neuen Tätigkeit bemüht oder sich seine Bemühungen aus anderen Gründen als aussichtslos darstellen (BGHZ 175, 322, 329 f.).
14
entsprechendes Ein Verständnis liegt für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer auch in einem Fall nahe, in dem die Versicherungsfähigkeit - wie hier - allein an die selbständige Berufsausübung und die damit verbundene Erzielung von Einkommen anknüpft. In einem solchen Fall entspricht es dem erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel, dem Versicherungsnehmer bei einem Wechsel des Tätigkeitsfelds eine Übergangszeit zuzubilligen, in der er die Voraussetzungen zur Ausübung der neuen Erwerbstätigkeit schaffen, also hier etwa die Fähigkeit und Bereitschaft zur Mediation bekannt geben und bei Parteien oder Gerichten die Beauftragung mit einer Streitschlichtung anregen kann. Auch solche Tätigkeiten gehören - wie dargelegt - zur versicherten selbständigen Berufsausübung. Tritt dann während einer derartigen Übergangszeit Arbeitsunfähigkeit ein, ist davon auszugehen, dass der Versicherte ohne die Erkrankung alsbald wieder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausge- übt hätte und dass er daran nur durch die Krankheit gehindert worden ist. Das Gegenteil kann nur angenommen werden, wenn der Versicherer konkrete Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls beweist, aus denen sich ergibt, dass der Versicherte nicht mehr gewillt war, nach Wiederherstellung seiner Gesundheit eine selbständige Erwerbstätigkeit auszuüben, oder dass ihm dieses nicht möglich gewesen wäre (Senatsurteile vom 15. Mai 2002 aaO und vom 9. Juli 1997 - IV ZR 253/96 - VersR 1997, 1133 zu II 2 a).
15
c) Weiter ist nach dem Wortlaut der Nr. 4 GT2 erforderlich, dass aus der selbständigen Berufsausübung regelmäßig Einkünfte erzielt werden. Dass damit aber keine monatlich in etwa gleich bleibenden Bezüge wie bei einem abhängigen Arbeitnehmer gemeint sind, erschließt sich aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers , der hier ein selbständig Berufstätiger ist, ohne weiteres aus dem Zusammenhang. Auch die Beklagte weist darauf hin, dass Freiberufler gelegentlich Verluste erwirtschaften. Insbesondere wenn sich der Versicherungsnehmer aus solchen oder anderen Gründen beruflich neu orientiert und sich einer bisher nicht ausgeübten selbständigen Berufstätigkeit zuwendet, ist damit zu rechnen, dass in einer Übergangszeit Überschüsse , die die laufenden Aufwendungen übersteigen, ausbleiben. In einer solchen Situation kann der Versicherungsnehmer sogar auf einen Überbrückungskredit angewiesen sein. Auch unabhängig von einem derartigen Wechsel der selbständigen Berufstätigkeit können die Einnahmen eines Selbständigen größeren Schwankungen unterliegen, so dass er z.B. von den Gewinnen eines Vierteljahres seinen Unterhalt und seine Kosten auch im darauf folgenden Halbjahr bestreiten muss. Danach hängt die Versicherungsfähigkeit in Auslegung von Nr. 4 GT2 nicht davon ab, ob der Versicherungsnehmer tatsächlich stets innerhalb eines bestimmten Zeitraums Einkünfte erzielt, sondern nur davon, dass seine Tätigkeit ernsthaft auf die Erzielung nachhaltiger und in diesem Sinne regelmäßiger Einkünfte gerichtet ist, solange seine Bemühungen nicht ohne nachvollziehbare Aussicht auf Erfolg sind. Ein solches Verständnis der Klausel hat sich die Beklagte ausdrücklich zu Eigen gemacht. In dieser Auslegung hält die Klausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB stand.
16
2. Danach bedarf die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe die Versicherungsfähigkeit schon vor der ab 4. September 2003 fortlaufend ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit, nämlich bereits seit 1. April 2003 verloren, weil er nicht mehr mit dem Abwickler seiner Anwaltspraxis habe zusammenarbeiten können, schon aus Gründen des materiellen Rechts der Überprüfung. Die Feststellungen des Berufungsgerichts sind überdies nicht frei von Verfahrensfehlern:
17
Der a) Kläger hat vorgetragen, er habe auch nach dem 1. April 2003 zunächst noch alte Mandate weiter bearbeitet, bis es zu einem Zerwürfnis mit dem neuen Abwickler seiner Kanzlei gekommen sei; ab Juni 2003 habe er die Wiederbestellung des früheren Abwicklers betrieben. Die dafür vom Kläger benannten Zeugen hat das Berufungsgericht nicht vernommen. Dass der Vortrag des Klägers mit seinen Angaben bei der Anhörung vor dem Landgericht in Widerspruch stehen mag, rechtfertigt die Ablehnung seiner Beweisanträge nicht. Vielmehr liegt darin eine vorweggenommene Beweiswürdigung, die im Prozessrecht keine Stütze findet, sondern § 286 ZPO und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 137/02 - WM 2004, 2365 unter II 1; BVerfG NJW-RR 2001, 1006 f.). Eine Partei ist nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere auch zu berichtigen; dies kann nur im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - X ZR 141/00 - NJW 2002, 1276 unter I).
18
b) Ferner hat sich der Kläger darauf berufen, schon ab April 2003 neue Mediationsmandate angebahnt zu haben. Eine derartige außergerichtliche Streitschlichtung kann nicht nur vom Gericht vorgeschlagen (§ 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO), sondern auch vom Mediator angeboten werden. Es liegt nahe, dass sich dazu für den Kläger aus seiner Kenntnis von Akten, die er für den früheren Abwickler bearbeitet hatte oder wegen des Zerwürfnisses mit dem neuen Abwickler nicht weiter bearbeiten konnte, Gelegenheiten ergaben. Der Kläger übt seit seiner Genesung unbestritten eine Mediationstätigkeit aus. Weshalb das Berufungsgericht dem Vortrag des Klägers über die Zeit seit 1. April 2003 bis zum Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit Anfang September 2003 auch nicht ansatzweise die Entfaltung einer selbständigen Tätigkeit hat entnehmen können, ist nicht nachvollziehbar. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt , die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen; genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung , so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04 - NJW-RR 2007, 1409 unter II A 1 b).
19
Im c) Übrigen ist nicht der Kläger, sondern die Beklagte darlegungs - und beweispflichtig dafür, dass das Versicherungsverhältnis gemäß § 14 (1) Buchst. a AVB-G i.V. mit Nr. 4 GT2 infolge Wegfalls der Versicherungsfähigkeit seit 1. April 2003 beendet worden ist (vgl. Se- natsurteil vom 15. Mai 2002 aaO; BGHZ 175, 322, 332). Dies gilt auch dann, wenn die Versicherungsfähigkeit wie nach Meinung des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall schon vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit weggefallen sein soll (a.A. Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 15 MBKT 94 Rdn. 16). Diese Verteilung der Beweislast hat das Berufungsgericht im Grundsatz auch nicht verkannt. Der Kläger ist gleichwohl verpflichtet, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die negative Tatsache eines Wegfalls seiner Versicherungsfähigkeit substantiiert zu bestreiten (BGHZ 175, aaO 333).
20
Hinsichtlich 3. der Zurückverweisung hat der Senat von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht. Für die weitere Verhandlung gibt der Senat folgende Hinweise:
21
a) Das Berufungsgericht wird beiden Parteien Gelegenheit zu gewähren haben, mit Blick auf die maßgebliche materielle Rechtslage (s.o. unter II 1) ergänzend vorzutragen und Stellung zu nehmen.
22
Soweit b) sich der Kläger auf ein Schreiben der Beklagten vom 15. April 2004 beruft, ist die Würdigung des Tatrichters rechtsfehlerfrei, dass die Beklagte darin den Fortbestand der Versicherungen nicht etwa uneingeschränkt anerkannt habe, sondern lediglich von ihrer Auffassung abgerückt sei, die Verträge seien wegen Fehlens einer Mitgliedschaft im Anwaltsverein beendet worden. Es steht nicht fest, dass die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von Tatsachen gehabt hat, die den Wegfall der Versicherungsfähigkeit begründeten.
23
c) Auf die Frage, ob einem Versicherten bei Wegfall seiner Versicherungsfähigkeit eine Anwartschafts- oder Ruhensversicherung ange- boten werden muss, kommt es für die hier zur Entscheidung stehenden Klageanträge nicht an. Das Gleiche gilt für die Rügen des Klägers hinsichtlich des § 16 AVB-G.
24
d) Die Auslauffrist des § 14 (1) Buchst. a Satz 2 AVB-G könnte im vorliegenden Fall nur Bedeutung gewinnen, wenn sich nach Beweisaufnahme herausstellen sollte, dass die Versicherungsfähigkeit während bestehender Arbeitsunfähigkeit weggefallen ist. Dafür genügt das Ausbleiben "regelmäßiger" Einkünfte (im Sinne der oben unter II 1 c gegebenen Auslegung) in einer Zeit der beruflichen Neuorientierung, die durch Arbeitsunfähigkeit behindert oder unterbrochen wird, jedoch nicht, solange der Versicherer nicht beweist, dass der Versicherte nicht mehr gewillt war, nach Wiederherstellung seiner Gesundheit eine selbständige Erwerbstätigkeit auf andere Weise auszuüben oder dass ihm dieses nicht möglich gewesen wäre (Senatsurteil vom 15. Mai 2002 aaO).
Terno Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.08.2006 - 23 O 418/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 12.12.2007 - 5 U 173/06 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 278 Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich


(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. (2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlun

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 141/00 Verkündet am: 12. Dezember 2001 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 216/09 vom 21. Juli 2011 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und d

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 100/01 Verkündet am:
15. Mai 2002
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
MB/KT 94 § 15 lit. a
Sind nach den Bedingungen einer Krankentagegeldversicherung nur erwerbstätige
Personen versicherungsfähig, so erlischt die Versicherungsfähigkeit eines in
abhängiger Stellung tätigen Versicherten nicht schon mit der (Eigen- oder Fremd
)
Kündigung seines Arbeitsverhältnisses (Fortführung von BGH, Urteile vom
19. Dezember 1975 - IV ZR 107/74 - VersR 1976, 431 und vom 9. Juli 1997 - IV
ZR 253/96 - VersR 1997, 1133).
BGH, Urteil vom 15. Mai 2002 - IV ZR 100/01 - KG Berlin
LG Berlin
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Richter
Seiffert als Vorsitzenden, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin Ambrosius
und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Mai 2002

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. März 2001 aufgehoben.
II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin vom 1. August 2000 wie folgt abgeändert: 1. Es wird festgestellt, daß die Krankentagegeldversicherung Nr. 31 (0) 244 23875 über den 31. Dezember 1999 hinaus unverändert fortbesteht und nicht in eine Anwartschaftsversicherung umgewandelt ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Juli 2000 80.940 DM Krankentagegeld nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs -Gesetzes seit dem 1. August 2000 sowie für den Zeitraum vom 1. August 2000 bis zum 28. Februar 2001 weitere 80.560 DM Krankentagegeld nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 1. März 2001 zu zahlen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht Ansprüche aus einer Krankentagegeldversicherung geltend.
Der Versicherungsvertrag sieht bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit die Leistung von 380 DM pro Kalendertag vor. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (RB/KT 94) zugrunde. Deren § 19 (1) a, der inhaltsgleich mit § 15 lit. a MB/KT 94 ist, lautet:
"(1) Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen
a) bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit (insbesondere Aufgabe der Erwerbstätigkeit ) zum Ende des Monats, in dem die Voraussetzung weggefallen ist. "

In dem vom Kläger gewählten Tarif TN heißt es unter "1. Versicherungsfähigkeit" :
"Versicherungsfähig nach Tarif TN sind erwerbstätige Personen."
Der Kläger war seit Juni 1996 als Leiter der B. Geschäftsstelle eines Versicherungsdienstes angestellt. Seit dem 28. Mai 1997 ist er u.a. wegen Hüftgelenkserkrankungen, chronischer Bronchitis, therapieresistenter Gastritis und reaktiver Depression arbeitsunfähig krank; ein Ende der Arbeitsunfähigkeit ist derzeit nicht abzusehen. Mitte 1998 wurde der Kläger als schwerbehindert anerkannt. Im Dezember 1998 stellte er bei der BfA einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente, der bestandskräftig abgewiesen wurde. Im August 1999 beantragte die Arbeitgeberin des Klägers bei der zuständigen Hauptfürsorgestelle für Schwerbehinderte deren Zustimmung zur Kündigung wegen der Erkrankung und wegen der zum 30. September 1999 geplanten Schließung des Geschäftsbetriebes. Gleichzeitig bot die Arbeitgeberin dem Kläger vergleichsweise eine Einigung dahin an, ihm bei freiwilliger Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung entsprechend dem anläßlich der Geschäftsaufgabe aufgestellten Sozialplan zu zahlen, aus dem der Kläger im Falle einer wirksamen krankheitsbedingten Kündigung der Arbeitgeberin keinen Anspruch gehabt hätte. Der Kläger sprach daraufhin mit Schreiben vom 12. August 1999 selbst die Kündigung seines Anstellungsvertrages zum 30. September 1999 aus und machte seinen Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan geltend.

Die Beklagte zahlte dem Kläger das vereinbarte Krankentagegeld bis zum Ende des Jahres 1999. Weitere Leistungen lehnte sie ab, weil die Versicherungsfähigkeit des Klägers weggefallen sei. Sie führt die Versicherung seit dem 1. Januar 2000 als Anwartschaftsversicherung weiter.
Der Kläger begehrt die Feststellung, daû seine bei der Beklagten unterhaltene Krankentagegeldversicherung über den 31. Dezember 1999 hinaus fortbesteht und nicht in eine Anwartschaftsversicherung umgewandelt ist, sowie die Zahlung rückständigen Krankentagegeldes für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 28. Februar 2001.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, daû eine Krankentagegeldversicherung für Erwerbstätige durch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne weiteres beendet wird, sondern daû dies nur unter zusätzlichen Voraussetzungen der Fall ist, an denen es hier fehlt.

I. Das Berufungsgericht meint, durch die Kündigung des Klägers sei seine Versicherungsfähigkeit weggefallen; denn versicherungsfähig seien nach den Versicherungsbedingungen nur erwerbstätige Personen. Ob die Kündigung des Klägers als "Aufgabe" seiner Erwerbstätigkeit anzusehen sei, habe keine rechtliche Bedeutung, weil in der Bedingungsklausel diese Wendung nur beispielhaft gebraucht werde. Die Regelung, wonach mit der Erwerbstätigkeit zugleich die Versicherungsfähigkeit ende , sei auch nicht unwirksam; sie sei weder überraschend im Sinne des § 3 AGBG noch führe sie zu einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne des § 9 AGBG. Schwerpunktmäûig hat das Berufungsgericht dann weiter ausgeführt, daû und weshalb der Kläger sich auch nicht darauf berufen könne, er habe lediglich gekündigt, um einer berechtigten Kündigung seiner Arbeitgeberin wegen Krankheit zuvorzukommen.
II. Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, das Versicherungsverhältnis - bis auf die Anwartschaftsversicherung - sei durch die eigene Kündigung des Klägers beendet worden, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Klausel des § 19 (1) a RB/KT 94 i.V. mit Ziff. 1 des Tarifs TN kann nicht dahin ausgelegt werden, daû eine Kündigung ohne weiteres die Erwerbstätigkeit des Versicherten beendet und damit den Wegfall seiner Versicherungsfähigkeit herbeiführt.
1. Für Bedingungsklauseln in der Krankentagegeldversicherung, nach denen eine selbständige Berufs- bzw. Erwerbstätigkeit Voraussetzung der Versicherungsfähigkeit war, hat der Bundesgerichtshof bereits

entschieden, wenn ein Versicherter aus irgendwelchen wirtschaftlichen Erwägungen eine bestimmte gewerbliche Tätigkeit aufgegeben habe, so bedeute dies noch nicht das Ende seiner selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen. In einem solchen Fall muû vielmehr, wenn nicht besondere Umstände auf das Gegenteil hindeuten, davon ausgegangen werden, daû der Versicherte ohne die Erkrankung alsbald wieder auf andere Weise eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte und daû er daran nur durch seine Krankheit gehindert worden ist. Das Gegenteil kann nur angenommen werden, wenn der Versicherer konkrete Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls beweist, aus denen sich ergibt, daû der Versicherte nicht mehr gewillt war, nach Wiederherstellung seiner Gesundheit eine selbständige Erwerbstätigkeit auf eine andere Weise auszuüben, oder daû ihm dieses nicht möglich gewesen wäre (Urteile vom 19.12.1975 - IV ZR 107/74 - VersR 1976, 431 unter III und vom 9. Juli 1997 - IV ZR 253/96 - VersR 1997, 1133 unter II 2 a; so auch Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. MB/KT 94 § 15 Rdn. 9 ff.).
2. Für unselbständig Beschäftigte kann nichts anderes gelten. Ebenso wie die Versicherungsfähigkeit eines Selbständigen nicht allein durch die Aufgabe seiner bisherigen Tätigkeit erlischt, endet bei einem Arbeitnehmer die Versicherungsfähigkeit nicht schon durch die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, sei sie nun vom Arbeitgeber oder vom Versicherungsnehmer ausgesprochen worden, sondern erst in dem Zeitpunkt , in dem der Versicherungsnehmer auch bei einer Gesundung von einer neuen Tätigkeit Abstand genommen hätte oder seine Bemühungen um die Aufnahme einer solchen Tätigkeit gescheitert wären.

3. Auf die vom Berufungsgericht schwerpunktmäûig behandelten Rechtsfragen, ob eine krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitgebers die Erwerbstätigkeit des Versicherten und damit das Versicherungsverhältnis nicht beendet (so OLG Hamm VersR 1985, 1131; OLG Hamburg VersR 1990, 36; OLG Hamm VersR 1992, 225) und ob gegebenenfalls das Gleiche gilt, wenn der Versicherte einer solchen Kündigung durch Eigenkündigung zuvorkommt, kam es nach alledem nicht an. Der Grundsatz , daû eine Kündigung nicht ohne weiteres die Erwerbstätigkeit des Versicherten beendet, gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Kündigung des Arbeitgebers oder um eine Eigenkündigung des Versicherten handelt.
III. Da die Überlegungen des Berufungsgerichts die Abweisung der Klage nicht zu tragen vermögen, war das Berufungsurteil aufzuheben. Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache aufgrund des festgestellten Sachverhalts zur Endentscheidung reif war (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.; BGHZ 122, 308, 316). Es ist nämlich unstreitig , daû die oben genannten zusätzlichen Voraussetzungen, unter denen eine Kündigung im Einzelfall die Beendigung des Versicherungsverhältnisses herbeiführt, beim Kläger nicht vorliegen. Dieser hat in der Klageschrift den zutreffenden Rechtsstandpunkt eingenommen, daû seine Kündigung seine Erwerbstätigkeit nicht beendet habe, und hierzu vorgetragen, daû er den dringenden Wunsch nach Genesung und Wiedereinstieg in das Arbeitsleben hege, arbeitswillig sei und auf dem Arbeitsmarkt nur aufgrund seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit derzeit nicht zur Verfügung stehe. Nach seinem Vortrag fehlt dem Kläger

demnach weder der Arbeitswille, noch gibt es für seine Aufnahme einer neuen Arbeit ein anderes Hindernis als seine Krankheit. Diesen Vortrag des Klägers hat die Beklagte in Kenntnis der Rechtsauffassung des Klägers und seiner Anträge auf Berufsunfähigkeitsrenten nicht bestritten, so daû er als zugestanden anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).
Der Klage war somit den Klageanträgen entsprechend stattzugeben. Da die Versicherungsfähigkeit des Klägers nicht beendet ist, besteht seine Krankentagegeldversicherung unverändert fort und muû die Beklagte ihm auch das rückständige Tagegeld nachzahlen. Dessen Höhe ist unstreitig. Die Zinsansprüche des Klägers sind nach §§ 284 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. begründet. Die Klage ist der Beklagten am 23. März 2000, die Klageerweiterung ist ihr am 12. Januar 2001 zugestellt worden.
Seiffert Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 137/02 Verkündet am:
13. September 2004
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Ablehnung der Vernehmung eines Zeugen als unzulässige vorweggenommene
Beweiswürdigung.
BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 137/02 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 13. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und
Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. März 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Juni 1999 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der E. F. GmbH. Die Gemeinschuldnerin wurde durch notariellen Vertrag vom 27. November 1977 von dem Beklagten und seiner Mutter mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM gegründet. Die Gesellschafter - der Beklagte ist zwischenzeitlich Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Mutter - übernahmen eine Stammeinlage von jeweils 25.000,00 DM.

Das Landgericht hat die von dem Kläger wegen vermeintlich rückständiger Stammeinlagen von 50.000,00 DM erhobene Teilklage auf Zahlung von 15.000,00 DM abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Beklagte im Wege der Anschlußberufung die Feststellung begehrt, daß dem Kläger über den mit der Klage geltend gemachten Teilbetrag auch kein weitergehender Anspruch gegen den Beklagten zusteht. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 15.000,00 DM verurteilt und seine Feststellungswiderklage abgewiesen. Mit seiner von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seine im Berufungsrechtszug erfolglosen Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Durch die Vorlage der auf den 31. Dezember 1980 und 31. Dezember 1981 erstellten, die Zahlung des Stammkapitals ausweisenden Bilanzen habe der Beklagte nicht den ihm obliegenden Beweis der Begleichung der Stammeinlagen geführt. Es sei nicht ersichtlich , ob und in welcher Weise sich der mit der Errichtung der Bilanzen betraute Steuerberater von der tatsächlichen Erbringung der Einlagen überzeugt habe. Der in den Bilanzen enthaltene Vermerk "aufgestellt anhand der vorgelegten Buch- und Inventurunterlagen" spreche jedenfalls nicht für die Überprüfung der den Buchungen zugrundeliegenden Belege. Einer Vernehmung des von dem Beklagten zum Nachweis der Einzahlung der Stammeinlagen benannten Steuerberaters bedürfe es nicht, weil der Steuerberater lediglich angeben könne, die Bilanzen nach den ihm vorgelegten Unterlagen richtig er-
stellt zu haben. Ein Beweiswert für die Frage der Einzahlung der Stammeinlagen komme der Aussage nicht zu.
II. Die Revision ist begründet, weil das Berufungsgericht den entscheidungserheblichen Beweisantrag des Beklagten auf Vernehmung des Zeugen K. - wie die Revision zutreffend rügt - verfahrensfehlerhaft unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG übergangen hat.
1. Die Ablehnung der Vernehmung des Zeugen K. findet als unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung (BGHZ 53, 245, 260; Sen.Urt. v. v. 19. Juni 2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3720; vgl. auch BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschl. v. 22. Januar 2001 - 1 BvR 2075/98, NJW-RR 2001, 1006 f.) im Prozeßrecht keine Stütze.
Der Beklagte hat den Steuerberater K. zum Beweis dafür benannt, die Bilanzen erst nach Prüfung der "Voraussetzungen" gefertigt zu haben, "die erfüllt sein müssen, um die konkreten Bilanzpositionen aufzunehmen und mit konkreten Zahlen zu versehen". Im Licht der von dem Kläger gegen die Verwertbarkeit der Bilanzen erhobenen Einwände ist dieses - als Prozeßerklärung einer uneingeschränkten Auslegung durch das Revisionsgericht zugängliche (BGHZ 115, 286, 290; BGH, Urt. v. 9. Mai 1990 - VIII ZR 237/89, NJW 1990, 2683 f. jew. m.w.N.) - Vorbringen des Beklagten ersichtlich dahin zu verstehen, daß der Zeuge die ihm unterbreiteten Belege vor Erstellung der Bilanz einer Kontrolle auf Richtigkeit und Vollständigkeit unterzogen hat.
2. Die Beachtlichkeit dieses Beweisangebots ist - anders als das Berufungsgericht meint - nicht dadurch entfallen, daß sich der Beklagte zur Bekräftigung seines Vorbringens auf den Prüfervermerk seines Steuerberaters "aufge-
stellt anhand der vorgelegten Buch- und Inventurunterlagen" berufen hat. Nach Ansicht des Beklagten hat sein Steuerberater mit dem Prüfervermerk schon bei Aufstellung der Bilanz die inhaltliche Prüfung der Belege bestätigt. Ob dem Prüfervermerk dieser Sinngehalt zukommt oder ob der Steuerberater damit lediglich die der Bilanz zugrundeliegenden Unterlagen konkretisiert hat, kann dahinstehen. Zumindest kann dem Prüfervermerk nicht entnommen werden, daß keine inhaltliche Kontrolle der Belege stattgefunden und der Steuerberater die Unterlagen unbesehen zu einer lediglich rechnerisch stimmigen Bilanz zusammengefügt hat. Dies hat auch das Berufungsgericht nicht verkannt, weil es in dem Prüfervermerk einen Anhalt dafür vermißt hat, ob auch eine Prüfung der den Buchungen zugrundeliegenden Belege stattgefunden hat. Gestattet der Prüfervermerk danach keinen Rückschluß auf eine tatsächlich unterbliebene inhaltliche Kontrolle, mußte der von dem Beklagten für die behauptete Prüfung angetretene Zeugenbeweis erhoben werden. In der Wertung des Berufungsgerichts , der Zeuge könne nur angeben, die Bilanzen nach den ihm vorgelegten Unterlagen richtig aufgestellt zu haben, ist eine (typische) Vorwegnahme der Beweiswürdigung zu erkennen, weil das Gericht - ohne den Zeugen zu hören - seiner Aussage von vornherein einen bestimmten Inhalt unterlegt.
3. Das angefochtene Urteil beruht auf dem Verfahrensverstoß, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Berufungsgericht nach Vernehmung
des Zeugen den dem Beklagten obliegenden Beweis als erbracht angesehen hätte.
Röhricht Goette Röhricht für den durch Urlaub an der Unterzeichnung gehinderten Dr. Kurzwelly Münke Gehrlein

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 141/00 Verkündet am:
12. Dezember 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Durchstanzanker
Daß eine Partei ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits modifiziert, macht
das neue Vorbringen nicht unerheblich. Die Tatsache der Änderung kann jedoch
im Rahmen der richterlichen Tatsachenwürdigung berücksichtigt und bewertet
werden.
BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 -X ZR 141/00 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
die Richter Scharen und Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den
Richter Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das am 18. Mai 2000 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben , soweit dadurch die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 11. Mai 1999 zurückgewiesen worden ist.
Insoweit wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verlangt die Zustimmung der Beklagten zur Umschreibung von Gebrauchsmustern und Patentanmeldungen auf sich als den alleinigen Inhaber und nimmt die Beklagten darüber hinaus auf Schadensersatz wegen
Verzögerungen bei diesen Umschreibungen in Anspruch. Die Parteien streiten darüber, ob Rechte an diesen Erfindungen in eine und gegebenenfalls welche von den Parteien gegründeten Gesellschaft eingebracht worden sind.
Die Parteien sind gemeinsam Anmelder der deutschen Gebrauchsmuster G 296 12 053.7 ("verschieblicher Durchstanzanker"), G 296 15 017.7 ("Zugstoß"), G 296 15 018.5 ("Druck-Querkraftkombination"), G 296 15 016.9 ("Fugenträger") sowie G 296 15 019.3 ("Lochplattenverankerung"). Die Parteien haben diese Erfindungen unter den Nr. 97 110 613.3, 97 114 443.1, 97 114 441.5, 97 114 442.3 und 97 114 472.0 ebenfalls gemeinsam als europäische Patente angemeldet. Die Patentanmeldung 97 116 013.3 gilt inzwischen gemäß Art. 96 Abs. 3 EPÜ als zurückgenommen.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 25. November 1994 hatten die Parteien sich zu der Ingenieurgesellschaft bürgerlichen Rechts "T. R. + P. (TRP)" zusammengeschlossen. Die Parteien vereinbarten die Auseinandersetzung dieser Gesellschaft mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 24.00 Uhr, und zwar in der Weise, daß die Beklagten aus der Gesellschaft ausschieden und alle Aktiva und Passiva auf den Kläger übergingen.
Streit besteht, ob daneben zwischen den Parteien mündlich eine BGBGesellschaft "F. + E. R. + P. (F + E)" gegründet wurde sowie eine weitere "Erfindergesellschaft". Der Kläger hat durch Anwaltsschreiben vom 26. Januar 1998 die F + E kündigen lassen und durch Anwaltsschreiben vom 16. Dezember 1997 die "Erfindergesellschaft".
Am 16. März 1998 unterzeichneten die Parteien ein Schriftstück, in dem sich die Beklagten damit einverstanden erklärten, daû der Kläger bei den Gebrauchsmustern und Patentanmeldungen "Zugstoû", "Druck-Querkraftkombination" , "Fugenträger" und "Lochplattenverankerung" als Alleinerfinder benannt werde bzw. sich als Alleinerfinder benenne. Es wird dort weiter ausgeführt, daû durch diese Erklärung nicht berührt werden sollten die bereits im Rahmen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts F + E eingegangenen Verpflichtungen sowie die materielle Verfügungsbefugnis im Rahmen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts F + E und die durch die Benennung als Anmelder erworbene Rechtsstellung der Beklagten im Hinblick auf diese Gebrauchsmuster/Patente.
Der Kläger verlangt mit seiner Klage von den Beklagten die Übertragung aller Rechte an den Gebrauchsmustern und europäischen Patentanmeldungen und die Zustimmung zur Umschreibung auf den Kläger allein sowie die Feststellung , daû die Beklagten dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet sind im Hinblick auf die nicht bereits zum 19. Dezember 1997 erfolgte Umschreibung der Gebrauchsmuster und Patentanmeldungen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat in der Berufungsinstanz vorgetragen, es habe auûer der TRP keine wirksam begründete weitere Gesellschaft gegeben. Die Mitbenennung der Beklagten als Erfinder sei in der Erwartung einer Einigung der Parteien über den Abschluû eines Gesellschaftsvertrages erfolgt. Hierüber sei auch in der Folgezeit verhandelt worden, jedoch ohne daû es zum Abschluû eines Gesellschaftsvertrages gekommen sei. Die Kündigungen der F + E und der "Erfindergesellschaft" seien nur vorsorglich ausgesprochen worden.

Demgegenüber haben die Beklagten vorgetragen, die Parteien hätten mündlich die Gesellschaft bürgerlichen Rechts F + E gegründet. In diese Gesellschaft seien die streitgegenständlichen Schutzrechte eingebracht worden. Eine Auseinandersetzung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts F + E sei noch nicht erfolgt. Eine dritte Gesellschaft, eine "Erfindergesellschaft", habe es hingegen nie gegeben.
Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.
Mit seiner Revision strebt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils an, soweit dadurch die Berufung gegen das landgerichtliche Urteil zurückgewiesen worden ist, und verfolgt in diesem Umfang sein Klagebegehren weiter.
Hinsichtlich der europäischen Patentanmeldung 97 110 613.3 - das Berufungsgericht hat insoweit die in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageerweiterung nach §§ 263, 264 Nr. 2 ZPO für unzulässig gehalten - verfolgt der Kläger die Klage nicht weiter, weil inzwischen die europäische Patentanmeldung gemäû Art. 96 Abs. 3 EPÜ als zurückgenommen gilt.
Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt in dem beantragten Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, nicht die Beklagten müûten darlegen und beweisen, wann und wodurch sie Schutzrechte des Klägers erworben hätten, vielmehr sei der Kläger darlegungs- und beweispflichtig.
Das Berufungsgericht hat sodann einen "Lebenssachverhalt" festgestellt , den es seiner Bewertung zugrunde gelegt hat. Es ist von wirksamem Abschluû dreier Gesellschaftsverträge ausgegangen. Auûerhalb der TRP sei im Januar 1996 ein weiterer gesellschaftsrechtlicher Zusammenschluû der Parteien mit dem verabredeten Ziel erfolgt, neuartige Tragelemente zu erfinden und Schutzrechte daran zu erwerben. Jeder Partner dieser Vereinbarung sei verpflichtet gewesen, Erfindungen in die Gesellschaft einzubringen. Dementsprechend habe der Kläger, zunächst die Erfindung "Durchstanzanker" und dann die weiteren als Gebrauchsmuster angemeldeten Erfindungen in die Gesellschaft eingebracht. Am 15. Januar 1997 hätten die Parteien sodann auf Empfehlung eines zugezogenen Rechtsanwalts beschlossen, für die Vergabe von Lizenzen eine weitere Gesellschaft zu gründen. Diese Gesellschaft, die als GmbH habe errichtet werden sollen, sei zunächst als Gesellschaft bürgerlichen Rechts etabliert worden und als "F. + E. R. + P. (F + E)" bezeichnet worden. Zwischen der Erfindergesellschaft und der geplanten F + E GmbH hätten Lizenzverträge über die von der Erfindergesellschaft erwirkten Schutzrechte geschlossen werden sollen, die von der F + E GmbH wiederum durch Vergabe von Lizenzen an Dritte hätten vermarktet werden sollen. Danach habe es eine
Gesellschaft gegeben, die die streitigen Schutzrechte innegehabt habe, und eine Verwertungsgesellschaft, die nur Auswertungsrechte bekommen und Lizenzen an den Schutzrechten habe vergeben sollen.
Abschlieûend hat das Berufungsgericht festgestellt, daû eine Rechtsübertragung auf eine im Januar 1996 gegründete Gesellschaft stattgefunden habe, deren Name belanglos sei. Die Vorgänge um die weitere Gesellschaftsgründung von Ende 1996 bzw. Anfang 1997 seien nicht streitentscheidend. Die Schutzrechte seien im Jahre 1996 in die damals neben der TRP bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht worden.
Das Berufungsgericht hat sich insofern auf das Vorbringen des Klägers in der ersten Instanz gestützt. Es hat den Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz , neben der TRP hätten die Parteien keine weitere Gesellschaft gegründet, unberücksichtigt gelassen, da der Kläger erstinstanzlich anderes vorgetragen habe. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, es sei nicht zulässig , ohne überzeugende Begründung im Laufe des Verfahrens vom früheren eigenen Vortrag abzuweichen.
Dies greift die Revision mit Erfolg an. Bindungen an Prozeûvortrag, wie das Berufungsgericht diese angenommen hat, bestehen nicht. Das Berufungsgericht hätte den Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz nicht unbeachtet lassen dürfen. Eine Partei ist nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere auch zu berichtigen. Sie ist auch in der Berufungsinstanz nicht an ihr erstinstanzliches Vorbringen gebunden (§ 525 ZPO). Lediglich ein gerichtliches Geständnis nach § 288 ZPO entfaltet eine Bindungswirkung. Ein solches liegt hier jedoch nicht vor. Ein Geständnis im
Sinne von § 288 ZPO ist die Erklärung, daû eine von der Gegenseite behauptete Tatsache wahr ist. Eine solche Erklärung hat der Kläger nicht abgegeben. Allerdings kann der Umstand, daû eine Partei im Laufe des Prozesses ihr Vorbringen modifiziert, im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden (BGH, Urt. v. 05.07.1995 - KZR 15/94, GRUR 1995, 700, 701 - SesamstraûeAufnäher ; vgl. BGH, Urt. v. 24.02.2000 - I ZR 141/97, GRUR 2000, 866 - Programmfehlerbeseitigung). Das Berufungsgericht hat sein Ergebnis jedoch nicht allein aufgrund einer solchen freien Beweiswürdigung gefunden, sondern hat dieses rechtsfehlerhaft in erster Linie auf eine Bindung des Klägers an sein früheres Vorbringen gestützt.
II. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht danach auf der fehlerhaften Annahme, der Kläger sei an sein erstinstanzliches Vorbringen gebunden gewesen. Ist somit für das Revisionsverfahren von dem zweitinstanzlichen Vortrag des Klägers auszugehen, so greift auch die von der Revision erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast verkannt.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, daû die streitigen Rechte vom Kläger in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht worden seien. Damit ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daû der Kläger Alleinerfinder war. Dann aber stehen ihm grundsätzlich die Rechte an der Erfindung zu; einem darauf gestützten Herausgabeverlangen können die Beklagten allenfalls Gegenrechte entgegensetzen. Für deren Bestand tragen sie die Darlegungs - und Beweislast. Auf der Grundlage der vorausgegangenen Feststellung des Berufungsgerichts muûten deshalb sie - unabhängig von der rechtlichen Einordnung des Anspruchs aus § 8 PatG, § 13 Abs. 3 GebrMG - darlegen und
beweisen, daû sie Rechtsnachfolger des Klägers geworden, oder sonst dem Kläger gegenüber zur Innehabung des Patents oder Gebrauchsmusters berechtigt sind (BGHZ 82, 13, 16 ff - pneumatische Einrichtung).
Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast greift allerdings dann nicht, wenn der Klagevortrag selbst Tatsachen enthält, aus denen sich ein Übergang der Rechte auf die in Anspruch Genommenen ergibt. Enthält der Klagevortrag solche Tatsachen, so können diese ihm die Grundlage, d.h. die Schlüssigkeit im Hinblick auf das Klagebegehren entziehen (BGHZ, aaO, 18 - pneumatische Einrichtung).
Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht deshalb weiter zu berücksichtigen haben, daû, wenn der Kläger Alleinerfinder ist, die Beklagten darlegen und beweisen müssen, daû und wodurch sie Rechtsnachfolger des Klägers oder auf andere Weise Berechtigte geworden sind, sofern sich nicht bereits aus dem maûgeblichen Klägervortrag Tatsachen ergeben, die dem Klagebegehren die Schlüssigkeit entziehen. Bei der dazu erforderlichen Beurteilung des Klägervortrages wird das Berufungsgericht davon auszugehen haben, daû der erstinstanzliche Prozeûvortrag des Klägers keine Bindungswirkung erzeugt hat. Es wird vielmehr den geänderten Prozeûvortrag des Klägers zu würdigen haben. Es wird sodann, wenn von der Schlüssigkeit des Klagevortrags auszugehen ist, den Vortrag der Beklagten zu der von ihnen darzulegenden Rechtsübertragung zu würdigen haben. Bei dieser Gelegenheit
wird das Berufungsgericht auch die von ihm herangezogenen Indizien unter Berücksichtigung des Klägervortrages in der Revisionsinstanz neu zu bewerten haben.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Asendorf

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 266/04
vom
21. Mai 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn der Tatrichter
sich der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Anforderungen
an die Substantiierung des Klägervortrags verschließt.

b) Streiten die Parteien eines aktienrechtlichen Anfechtungsrechtsstreits unter
Vorlage einander in wesentlichen Punkten widersprechender Privatgutachten
über komplexe fachspezifische Fragen der Unternehmensbewertung, so
darf der Tatrichter, wenn er - wie im Regelfall - über keine eigene Sachkunde
verfügt bzw. eine solche nicht dargelegt hat, nicht ohne Einholung eines
gerichtlichen Sachverständigengutachtens dem Vortrag einer Partei zu Lasten
der anderen den Vorzug geben.

c) Ist bei einer Verschmelzung mit Kapitalerhöhung (hier: § 69 UmwG) durch
deren Eintragung in das Register aufgrund einer Freigabeentscheidung gemäß
§ 16 Abs. 3 UmwG nicht nur die Verschmelzung selbst, sondern auch
der notwendige "Annex" der Kapitalerhöhung unumkehrbar wirksam geworden
, so ist die Weiterführung der Anfechtungsklage des Hauptprozesses im
Hinblick auf die in § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG normierte Schadensersatzpflicht
auch in Bezug auf den "Annexbeschluss" zur Kapitalerhöhung zulässig.

d) Zur Wahrung der schriftlichen Form des Verschmelzungsberichts gemäß § 8
Abs. 1 UmwG bei dessen Unterzeichnung durch Organmitglieder (nur) in
vertretungsberechtigter Zahl und zur Relevanz eines etwaigen diesbezüglichen
Formmangels.
BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04 - Kammergericht
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. Mai 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Dr. Strohn und Dr. Reichart

beschlossen:
I. Auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerinnen zu 1 und 4 wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 25. Oktober 2004 im Kostenpunkt - jedoch mit Ausnahme der Entscheidung über die Nebeninterventionskosten - und insoweit aufgehoben, als deren Anfechtungsklagen gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 6. Februar 2003 zu TOP 1 (Zustimmung zum Abschluss eines Verschmelzungsvertrages) und zu TOP 2 (Kapitalerhöhung im Rahmen der Verschmelzung) abgewiesen worden sind. II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zu 5 wird zurückgewiesen. III. Der Kläger zu 5 trägt die im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtsgebühren und seine darin entstandenen eigenen notwendigen Auslagen. Ferner hat er 1/3 der gerichtlichen Auslagen und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu tragen. IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die weitergehenden, nicht durch die vorstehende Kostenentscheidung (III) erfassten Kos- ten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. V. Gegenstandswert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens: 110.000,00 € (Fortgesetzte Anfechtungsklagen der Kläger zu 1, 4 und 5 gem. § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG gegen die Zustimmung zur Verschmelzung: 100.000,00 €; fortgesetzte Anfechtungsklagen der Klägerinnen zu 1 und 4 gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss : 10.000,00 €)

Gründe:

1
I. Die am Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beteiligten Kläger zu 1, 4 und 5 sind Minderheitsaktionäre der beklagten börsennotierten V. AG, die im Jahre 2002 durch Zusammenführung der H. AG und der VE. AG B. entstanden ist. Mehrheitsaktionärin ist - über mehrere Beteiligungsgesellschaften - mit ca. 96,8 % der Aktien die - im Alleinbesitz des Königreichs Schweden stehende - V. AB mit Sitz in Schweden.
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Die Beklagte und die B. Aktiengesellschaft (nachfolgend: B. ), an der die Beklagte zu 89,52 % beteiligt war, beabsichtigten eine Verschmelzung beider Unternehmen unter Übertragung des Vermögens der B. auf die Beklagte gegen Gewährung von Aktien an die Aktionäre der B. - mit Ausnahme der Beklagten selbst - zu einem Umtauschverhältnis von einer B. -Aktie zu 0,5976 Aktien der Beklagten; dabei sollte zur Durchführung der Verschmelzung das Grundkapital der Beklagten gemäß § 69 UmwG erhöht werden. Die außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten vom 6. Februar 2003 stimmte mit 99,96 % der abgegebenen Stimmen und des vertretenen Grundkapitals dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages (TOP 1) sowie der Kapitalerhöhung um 18 Mio. € im Zuge der Verschmelzung (TOP 2) zu. Die Kläger, die gegen die Beschlüsse stimmten und Widerspruch zur Niederschrift erklärten, haben sämtlich Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss , die Klägerinnen zu 1 und 4 außerdem auch gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss erhoben; die Klägerin zu 1 hat ferner Feststellungsanträge gestellt.
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Das Landgericht hat den Anfechtungsklagen stattgegeben, die Feststellungsklage der Klägerin zu 1 hingegen abgewiesen. Das Kammergericht hat auf die Berufung der Beklagten - während des zweitinstanzlichen Verfahrens sind die angefochtenen Beschlüsse auf Grund einer Freigabeentscheidung (§ 16 Abs. 3 UmwG) in das Handelsregister eingetragen worden - die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen wenden sich die Klägerinnen zu 1 und 4 sowie der Kläger zu 5 mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerinnen zu 1 und 4 sind sowohl hinsichtlich ihrer Klagen gegen die Verschmelzung (A) als auch bezüglich ihrer Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses (B) begründet und führen gemäß §§ 544 Abs. 7, 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts. Demgegenüber hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zu 5 keinen Erfolg (C).
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A. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerinnen zu 1 und 4 auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hinsichtlich ihrer Anfechtungsklagen gegen die Zustimmung zur Verschmelzung (TOP 1) in entscheidungserhebli- cher Weise verletzt. Es hat umfangreichen, dezidierten und unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Klägerinnen zu 1 und 4 zu dem - von ihnen als Aktionären des übernehmenden Rechtsträgers in zulässiger Weise erhobenen (vgl. arg. e contrario § 14 Abs. 2 UmwG; vgl. BGHZ 112, 9, 19 - zu § 352 c AktG a.F.) - Kernvorwurf, dem Verschmelzungsbeschluss liege infolge schwerwiegender Bewertungsmängel eine deutliche Unterbewertung des Unternehmens der Beklagten und damit ein für deren Aktionäre nachteiliges, fehlerhaftes Umtauschverhältnis zugrunde, verfahrensfehlerhaft als unsubstantiiert abqualifiziert bzw. - ohne nähere Begründung und insbesondere ohne Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens - als durch den gegenteiligen Parteivortrag der Beklagten widerlegt angesehen. Diese sich auf die Verwendung von Leerformeln beschränkende, nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Berufungsgerichts dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen; sie ist deswegen nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Klägervortrags.
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1. Die Klägerin zu 1 hat unter Berufung auf ein von ihr vorgelegtes Privatgutachten des Prof. Dr. K. - Inhaber des Lehrstuhls für Finanzmanagement und Kapitalmärkte der TU M. - vom 10. Juni 2003 und dessen Ergänzungsgutachten vom 30. August 2004 u.a. behauptet, die Finanzierungsprämissen bei der Unternehmensbewertung der Beklagten führten zu einer deutlichen Unterbewertung dieser Gesellschaft von mindestens 16 %; dabei sei insbesondere die Annahme des Bewertungsgutachtens der BDO unvertretbar, die Finanzierungskosten für den Erwerb der B. -Beteiligung seien auf Dauer nicht steuerlich absetzbar, obwohl dieser zur Reduzierung des Unternehmenswerts führende Nachteil durch eine - unternehmerisch gebotene - Eigenkapitalzuführung sofort beseitigt werden könne. Ferner sei der zur Berechnung des Zinsaufwandes angesetzte langfristige Basiszinssatz von 5,5 % p.a. - schon angesichts der geringeren Rendite einer Anleihe der Konzernmutter V. AB von lediglich 4,43 % zum Bewertungsstichtag - erheblich überhöht; hinzu kämen Ungereimtheiten bei der Anwendung des sog. Stand-alone-Prinzips, das zudem im Rahmen der durchgeführten Unternehmensbewertung nicht konsequent durchgehalten worden sei. Schließlich berücksichtige die von der Beklagten vorgelegte Bewertung zu Unrecht nicht, dass sich der Gesamtenergiemarkt von einem Verteilermarkt in einen Erzeugermarkt wandeln werde und angesichts einer kontinuierlichen Nachfragesteigerung mit einer nicht unerheblichen Preissteigerung gegen Ende dieses Jahrzehnts zu rechnen sei. Ferner hat die Klägerin zu 1 auch zu den gegenteiligen Ausführungen der Beklagten in einer detaillierten, zwei Seiten umfassenden Aufstellung der einzelnen Streitpunkte im Schriftsatz v. 27. Februar 2004 nochmals Stellung genommen.
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a) Dazu hat das Berufungsgericht lediglich ausgeführt: Die Beklagte habe in der Berufungsbegründung nachvollziehbar dargelegt, dass die von der Klägerin zu 1 erhobenen Rügen unbegründet seien. Mit diesem Vorbringen setze sich die Klägerin zu 1 ganz überwiegend nicht einmal ansatzweise auseinander , was vorliegend zu ihren Lasten zu gehen habe. Ergänzend sei anzumerken , dass es Sache der Klägerin zu 1 sei, etwaige Fehler bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses substantiiert darzulegen und sich zu den gegnerischen Einwänden gegen das von ihr vorgelegte Privatgutachten zu äußern. Diesen Anforderungen genüge ihr Vortrag nicht.
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b) Damit hat sich das Berufungsgericht der Erkenntnis verschlossen, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. nur: Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 m.w.Nachw.). Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, dabei ggf. Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder - sofern es, wie hier bei der Unternehmensbewertung, auf spezifische Fachkunde ankommt - einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.
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c) Diesen Anforderungen an die Substantiierungslast genügte das Vorbringen der Klägerin zu 1 - zumal es sogar, ohne eine dahingehende prozessuale Verpflichtung, durch ein Privatgutachten nebst Ergänzung untermauert war - angesichts der Komplexität der Bewertungsvorgänge zweifelsfrei (vgl. nur BGH, Urt. v. 19. Februar 2003 - IV ZR 321/02, NJW 2003, 1400), so dass das Berufungsgericht , wenn es den Parteivortrag inhaltlich zur Kenntnis genommen hätte , spätestens nach Vorliegen der klägerischen Replik auf die Klageerwiderung in die beantragte Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte eintreten müssen. Hatten hier beide Parteien zu den fachspezifischen Fragen des Unternehmensbewertungsrechts jeweils Privatgutachten kompetenter Sachverständiger vorgelegt, die einander in wesentlichen Punkten widersprachen, so durfte das Berufungsgericht - das über keine eigene Sachkunde verfügte bzw. eine solche nicht dargelegt hat - nicht ohne Erhebung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens dem einen Privatgutachten zu Lasten des anderen den Vorzug geben (BGH, Urt. v. 11. Mai 1993 - VI ZR 243/92, NJW 1993, 2382). Vollends unzulänglich war hier die pauschale Begründung, mit der sich das Berufungsgericht einfach das Beklagtenvorbringen nur leerformelhaft zu Eigen gemacht hat, ohne auch nur im Ansatz die zumindest gebotene ausgewogene Auseinandersetzung mit dem schlüssigen Klägervortrag erkennen zu lassen.
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2. Entsprechendes gilt auch für das Vorbringen der Klägerin zu 4.
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a) Diese hat schwerpunktmäßig behauptet, das Stand-alone-Prinzip anlässlich der Bewertung der Beklagten sei durch eine "Mischmaschrechnung" im Wertgutachten der BDO verletzt worden - eine Betrachtungsweise, die möglicherweise in dieser Verallgemeinerung unzutreffend sein könnte, weil die Beklagte schon vor der Verschmelzung über eine substantielle Beteiligung an der B. verfügte und diese Beteiligung einen Teil ihres Wertes ausmachte. Ob mit Rücksicht darauf die Annahme des Berufungsgerichts, der Rüge einer fehlerhaften aggregierten Bewertung fehle bereits die ausreichende Darlegung, als verfahrensfehlerfrei getroffen gelten kann oder ob auch insoweit die vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich war, kann offen bleiben.
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b) Denn jedenfalls hat das Berufungsgericht bezüglich dieser Klägerin unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG übersehen, dass sich deren Vorbringen nicht auf diesen einen Umstand beschränkte. Vielmehr hat die Klägerin zu 4 - worauf sie sich in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde mit noch ausreichender Deutlichkeit zur Begründung ihrer Rüge aus Art. 103 GG berufen hat - sich in den Vorinstanzen zusätzlich den Sachvortrag der Klägerin zu 1, insbesondere das von dieser vorgelegte Privatgutachten des Prof. Dr. K. , in Bezug auf weitergehende Bewertungsmängel - namentlich hinsichtlich der Berücksichtigung steuerlich nicht abzugsfähiger "ewiger" Zinsen und hinsichtlich des Zinssatzes - zu Eigen gemacht.
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B. Von der vorstehend dargelegten Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerinnen zu 1 und 4 hinsichtlich ihrer Anfechtung des Beschlusses zur Verschmelzung werden zugleich auch ihre Anfechtungsanträge gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss erfasst. Der Kapitalerhöhungsbeschluss stellt im Rahmen der hier vorliegenden "Verschmelzung mit Kapitalerhöhung" (§ 69 UmwG) schon seinem Wortlaut, aber auch seinem Inhalt nach lediglich einen "Annex" zum Verschmelzungsbeschluss dar, weil die Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Verschmelzung im Hinblick auf die Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers benötigt wurde. Nachdem das Landgericht die Freigabeentscheidung auf die Eintragung sowohl der Verschmelzung als auch des Kapitalerhöhungsbeschlusses erstreckt hat, ist - schon nach der seinerzeit maßgeblichen "alten" Rechtslage vor Inkrafttreten des § 246 a AktG n.F. (vgl. Art. 1 Nr. 23 UMAG v. 22. September 2005, BGBl. I, 2802) - mit deren Eintragung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG nicht nur die Verschmelzung selbst, sondern in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auch der notwendige "Annex" der Kapitalerhöhung unumkehrbar wirksam geworden (h.M.: vgl. nur OLG Hamm, Konzern 2005, 374, 376; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG 3. Aufl. § 16 Rdn. 55; Grunewald in Lutter, UmwG 3. Aufl. § 69 Rdn. 22). Das schließt in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG die Zulässigkeit der Weiterführung der Anfechtungsklage des Hauptprozesses auch in Bezug auf den "Annexbeschluss" zur Kapitalerhöhung nach erfolgter Eintragung in das Handelsregister im Hinblick auf die dort zugleich normierte Schadensersatzpflicht ein (vgl. nunmehr auch § 246 a Abs. 4 AktG n.F.).
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C. Die Beschwerde des Klägers zu 5 ist zurückzuweisen, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat insoweit weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
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1. Das Berufungsgericht hat die Anfechtungsklage dieses Klägers wegen Rechtsmissbrauchs als unbegründet abgewiesen. Zu den Voraussetzungen des Einwands des individuellen Rechtsmissbrauchs gegenüber der aktienrechtlichen Anfechtungsklage i.S. des § 246 AktG hat der Senat bereits grundsätzli- che Leitlinien aufgestellt (BGHZ 107, 296). Diese bedürfen unter dem Blickwinkel des § 543 Abs. 2 ZPO aus Anlass des vorliegenden Einzelfalls keiner Ergänzung.
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2. Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) liegt in Bezug auf den Kläger zu 5 - anders als dieser meint - nicht vor.
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a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Abweisung der Anfechtungsklage des Klägers zu 5 ausgeführt: Die Beklagte habe in der Berufungsbegründung substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen die Erhebung der Anfechtungsklage in Bezug auf den Kläger zu 5 rechtsmissbräuchlich sei; diese Ausführungen mache sich der Senat zu Eigen; eine irgendwie geartete Auseinandersetzung mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs sei seitens des Klägers in dem Berufungsverfahren nicht erfolgt.
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b) Es mag im Ansatz zweifelhaft sein, ob eine derartige pauschale Bezugnahme auf das schriftsätzliche Vorbringen des Beklagten zur Begründung der Entscheidung verfahrensrechtlich bedenkenfrei ist. Grundsätzlich muss das Urteil für die Prozessbeteiligten, insbesondere die unterlegene Partei, klar erkennen lassen, auf welchen Erwägungen es beruht. Es muss in wenn auch knappen, so doch eigenen Worten die Gründe für seine Entscheidung verdeutlichen , weil nur so eine Überprüfung durch die höhere Instanz ermöglicht wird. Ob die vom Berufungsgericht gegebene knappe Begründung diesen Anforderungen noch entspricht, kann letztlich dahinstehen, weil sich ein etwaiger derartiger formaler Mangel jedenfalls im Endergebnis nicht ausgewirkt hat.
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c) Denn der Kläger zu 5 handelte auf der Grundlage des als unstreitig festgestellten Vortrags der Beklagten - wie er sich aus deren vom Berufungsge- richt konkret in Bezug genommenen Berufungsbegründungsschriftsatz eindeutig ergibt - rechtsmissbräuchlich.
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Er hat die Anfechtungsklage mit dem Ziel erhoben, die verklagte Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung zu veranlassen, auf die er keinen Anspruch hatte und billigerweise auch nicht erheben konnte (BGHZ 107, 296, 311). Der Kläger zu 5 hat bereits seit Juli 2002 in wenigstens zehn Schreiben mit seinem Briefkopf als Rechtsanwalt, die überwiegend direkt an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten gerichtet waren, unaufgefordert seine Rechtsansicht mitgeteilt, die ehemaligen DDR-Kombinatsbetriebe, welche die Beklagte zu ihrer Unternehmensgruppe zähle, seien dieser in Wirklichkeit nicht zuzuordnen. In seinem Schreiben vom 29. August 2002 führt er aus: "Ich wäre deshalb schon in erster Linie daran interessiert, mit Ihrem Unternehmen die Dinge zu bereinigen, und ich möchte dies auch gerne tun zu einem Zeitpunkt, bevor sie an anderer Stelle sichtbar werden."
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In folgenden Briefen bemühte er sich - weiterhin - um ein Beratungsmandat , worauf sich die Beklagte aber nicht einließ. Kurz vor der Hauptversammlung vom 6. Februar 2003 erwarb er sodann 20 Aktien der Beklagten, was er wiederum dem Vorstandsvorsitzenden - verbunden mit dem Hinweis, an der Hauptversammlung teilnehmen und dort Fragen zur Bilanz und zur Geschäftsführung stellen zu wollen - mitteilte. Nach der Hauptversammlung ließ er die Beklagte wissen, dass er ein Spruchverfahren beabsichtige und dass in diesem Fall alle weiteren Antragsteller sowie der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre Einblick in sämtliche Akten erhalten würden. In seinem Schreiben vom 18. März 2003 kündigte er ferner an, sich am Spruchverfahren der B. zu beteiligen. Seine Anfechtungsklage hat der Kläger zu 5 im Wesentlichen auf die bereits zuvor von ihm behaupteten angeblichen Umwandlungsmängel im Zusammenhang mit den zur Unternehmensgruppe der Beklag- ten (namentlich der B. ) gehörenden ehemaligen DDR-Betrieben und eine daraus vermeintlich resultierende Beeinflussung des Umtauschverhältnisses gestützt. Noch während des Prozesses legte der Kläger zu 5 der Beklagten nahe , es entspreche einer "zielführenden Konfliktstrategie und Problemstrategie", wenn sein Vorbringen den anderen Anfechtungsklägern nicht zur Kenntnis gebracht werde.
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Ersichtlich wollte der Kläger zu 5 sich durch die von ihm durchgängig erstrebte Übertragung eines anwaltlichen Beratungsmandats von der Beklagten sein Schweigen zu der von ihm behaupteten Problematik der Umwandlung der ehemaligen DDR-Betriebe durch die ihn dann treffende anwaltliche Schweigepflicht abkaufen lassen. Dabei waren nicht zuletzt der Erwerb von Aktien der Beklagten kurz vor der Hauptversammlung sowie die anschließende Klageerhebung selbst Bestandteile der Strategie des Klägers zu 5, ein Droh- und Druckpotential gegenüber der Beklagten aufzubauen bzw. aufrechtzuerhalten, um diese zu der erstrebten Leistung zu veranlassen, auf die er keinen Anspruch hatte. Eine derartige grob eigennützige Handlungsweise rechtfertigt bei der gebotenen Gesamtbetrachtung des Verhaltens zweifelsfrei den Einwand des individuellen Rechtsmissbrauchs gegenüber der von diesem Kläger erhobenen Anfechtungsklage.
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III. Für das auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerin zu 1 und 4 gemäß § 544 Abs. 7 ZPO neu eröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Die weitergehenden Anfechtungsgründe, die die Klägerinnen zu 1 und 4 ihren Nichtzulassungsbeschwerden zugrunde gelegt haben, hat der Senat geprüft, aber für nicht zulassungsrelevant i.S. des § 543 Abs. 2 ZPO erachtet.
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a) Der Verschmelzungsbericht gemäß § 8 Abs. 1 UmwG weist keine entscheidungserheblichen , die Zulassung erforderlich machenden Mängel auf.
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Allerdings ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden worden, ob - wie die Kläger meinen - aus der gesetzlichen Anordnung der Schriftlichkeit in § 8 UmwG abzuleiten ist, dass eine eigenhändige Unterschrift jedes einzelnen Mitglieds des Vertretungsorgans erforderlich ist (so die h.M.: vgl. Lutter/Drygala in Lutter aaO § 8 Rdn. 8; Kallmeyer/Marsch-Barner aaO § 8 Rdn. 3; Stratz in Schmidt/Hörtnagel/Stratz, UmwG/UmwStG 4. Aufl. § 8 Rdn. 6; Gehling in Semler/Stengel, UmwG § 8 Rdn. 7; Grunewald in Geßler/Hefermehl/ Eckhardt/Kropff, AktG § 340 a Rdn. 18) oder ob eine Unterzeichnung durch Organmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl - wie sie hier in Gestalt der Unterschriften von nur zwei Vorstandsmitgliedern der Beklagten vorliegt - ausreicht (so Klaus J. Müller, NJW 2000, 2001).
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Für die zuletzt genannte Mindermeinung sprechen nachhaltig Sinn und Zweck der Regelung. Dem Verschmelzungsbericht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwG kommt vor allem eine umfassende Informationsfunktion zu: Er soll die Verschmelzung und den Verschmelzungsvertrag im Einzelnen, insbesondere das Umtauschverhältnis der Anteile, rechtlich und wirtschaftlich erläutern und begründen. Weil dem geschriebenen Wort eine größere Präzision, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit zukommt, soll der Bericht schriftlich vorliegen und nicht lediglich mündlich vorgetragen werden. Dass bei Unterzeichnung des Berichts durch Organmitglieder nur in vertretungsberechtigter Zahl etwa die Gefahr bestünde, der Bericht entspreche nicht dem Willen der Mehrheit des Organs , erscheint lebensfremd: Eine solche Manipulation könnte nicht verborgen bleiben, weil der Verschmelzungsbericht in der Hauptversammlung - zumeist, so auch hier, in Anwesenheit aller Vorstandsmitglieder - mündlich erläutert und erörtert wird.
28
Der Senat braucht diese Frage aber nicht abschließend zu entscheiden, weil es hier - selbst wenn man der bisher h.M. folgen wollte - im Falle der Nichteinhaltung der Schriftform an der Relevanz des Formmangels für die Informations - und Mitwirkungsrechte der Aktionäre im Sinne der Senatsrechtsprechung fehlen würde (vgl. BGHZ 153, 32; 160, 385). Der Sinn eines etwaigen Erfordernisses der Unterzeichnung durch alle Organmitglieder könnte - wie dargelegt - nur darin bestehen, den Aktionären zu verlautbaren, dass der Vorstand mehrheitlich "hinter dem Bericht steht". Jedem vernünftig denkenden Aktionär ist aber klar, dass es der Lebenserfahrung widerspricht, dass ein Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl einen Verschmelzungsbericht herausgibt, mit dem die Mehrheit des Vorstandes nicht einverstanden ist. Ein solcher Aktionär würde sich in seiner Entscheidung über die Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte von einer fehlenden - unterstellt: erforderlichen - Unterzeichnung des Berichts durch sämtliche Vorstandsmitglieder nicht beeinflussen lassen.
29
b) Entgegen der Ansicht der Klägerin zu 1, die auch in diesem Zusammenhang die anderwärts vielfältig von ihr und anderen öfter als Anfechtungsklägern in Erscheinung tretenden Aktionären vorgebrachten Standardrügen erhebt , wirft weder der Umstand, dass das Gericht den Verschmelzungsprüfer auf Vorschlag der Beklagten bestellt hat, noch die Tatsache der sog. Parallelprüfung entscheidungsbedürftige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Beide Fragen hat der Senat - anders als die Klägerin zu 1 für richtig hält - entschieden (vgl. Sen.Urt. v. 18. September 2006 - II ZR 225/04, ZIP 2006, 2080, 2082, sowie schon BGHZ 135, 260).
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2. In Bezug auf die diversen sonstigen Rügen der Beschwerden sieht der Senat von einer näheren Begründung gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO ab, weil insoweit offensichtlich Zulassungsgründe nicht gegeben sind.
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3. Das Berufungsgericht wird nunmehr im Hinblick auf die schlüssigen Bewertungsrügen der Kläger zu 1 und 4, denen die Beklagte mit erheblichem Sachvortrag entgegengetreten ist, in die Beweisaufnahme einzutreten und das von beiden Seiten hierzu beantragte Sachverständigengutachten einzuholen haben.
Goette Kurzwelly Kraemer Strohn Reichart
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 08.09.2003 - 93 O 47/03 -
KG Berlin, Entscheidung vom 25.10.2004 - 23 U 234/03 -

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.