Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2005 - IV ZR 25/04

bei uns veröffentlicht am11.05.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 25/04 Verkündet am:
11. Mai 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2 Cl; AVB Kreditversicherung, hier Arbeitslosigkeitsversicherung
für Kraftfahrzeugfinanzierungskredite
Zur Intransparenz der Klausel einer sogenannten Arbeitslosigkeitsversicherung (Kreditversicherung
für Kraftfahrzeugfinanzierungsverträge für den Versicherungsfall der
Arbeitslosigkeit des versicherten Darlehensnehmers), in welcher die bedingungsgemäße
Arbeitslosigkeit unter anderem davon abhängig gemacht wird, daß der Darlehensnehmer
zum einen nicht gegen Entgelt tätig ist und außerdem Arbeitslosengeld
oder -hilfe bezieht.
BGH, Urteil vom 11. Mai 2005- IV ZR 25/04 - OLG Naumburg
LG Dessau
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch die Richter
Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 8. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger fordert Leistungen aus einer von der Be klagten so bezeichneten "Arbeitslosigkeitsversicherung".
Zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises für ei nen … M. nahm der Kläger im Oktober 2002 bei der V. GmbH ein Darlehen über 31.666,56 € auf, das in der Zeit vom 21. November 2002 bis zum 21. Oktober 2003 in 12 Raten über je 2.638,88 € zurückgezahlt werden sollte.

Die Bank unterhält als Versicherungsnehmerin bei d er Beklagten einen Gruppenversicherungsvertrag, aufgrund dessen alle natürlichen Personen, die bei ihr einen Darlehensvertrag zur Kfz-Finanzierung mit fest vereinbarten Raten abgeschlossen haben, für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert werden können. Hiervon machte die Bank zugunsten des Klägers Gebrauch. Zusammen mit der Darlehensbestätigung übersandte sie ihm namens der Beklagten eine Versicherungsbestätigung, der zufolge ihm in Verbindung mit dem Fahrzeugfinanzierungsdarlehen als versicherter Person Versicherungsschutz im Rahmen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Arbeitslosigkeitsversicherung (im folgenden: AVB-AL) gewährt werde. Diese lauten auszugsweise: § 1 Begriffsbestimmungen … 2. Arbeitnehmer Arbeitnehmer ist ein Versicherter, der … bei Beginn des Versicherungsschutzes mindestens 12 Monate ununterbrochen beim gleichen Arbeitgeber mindestens 15 Stunden pro Woche sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Er darf weder … Kurzarbeiter, Saisonarbeiter noch bei seinem Ehegatten oder einem in direkter Linie Verwandten beschäftigt sein. 3. Arbeitslosigkeit Arbeitslosigkeit liegt vor, wenn der Versicherte als Arbeitnehmer aus einem unbefristeten Arbeitsverhältnis heraus unverschuldet arbeitslos wird und nicht gegen Entgelt tätig ist. Die Arbeitslosigkeit muß Folge einer Kündigung des Arbeitgebers oder einer einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen der vergleichsweisen Erledigung eines Kündigungsschutzprozesses oder zur Abwendung einer betriebsbedingten Kündigung sein. Während der Arbeitslosigkeit muß der Versicherte außerdem Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe erhalten und aktiv Arbeit suchen. Erhält der Versicherte wegen fehlender Bedürftigkeit

keine Arbeitslosenhilfe, hindert dies den Leistungsanspruch nicht. … § 3 Versicherungsleistung Während der Arbeitslosigkeit des Versicherten werden die in dieser Zeit gegenüber dem Versicherungsnehmer fällig werdenden ursprünglich vereinbarten monatlichen Raten des Versicherten unter Berücksichtigung der Karenzzeit bezahlt, wenn die Arbeitslosigkeit während der Dauer des Versicherungsschutzes begonnen hat. … § 4 Einschränkungen und Ausschlüsse der Leistungspflicht Arbeitslosigkeit, die innerhalb von 3 Monaten nach Beginn des Versicherungsschutzes eintritt oder bei Beginn des Versicherungsschutzes bereits bestand, ist nicht versichert (Wartezeit). … Bei Abschluß des Darlehensvertrages war der Kläger als Elektromeister bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) beschäftigt , an der er zu 25% und seine als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin eingesetzte Ehefrau zu 75% beteiligt ist. Mit Schreiben vom 3. Januar 2003 kündigte die GmbH, vertreten durch die Ehefrau des Klägers, das Beschäftigungsverhältnis zum 31. Januar 2003. Der Kläger ist seither arbeitslos gemeldet und erhält gemäß Bescheid des zuständigen Arbeitsamtes vom 17. März 2003 wöchentlich 245,21 € Arbeitslosengeld. Zugleich ist er seit Februar 2003 weiterhin bei der von seiner Ehefrau geführten Gesellschaft für monatlich 160 € beschäftigt.
Der Kläger meint, diese geringfügige Beschäftigung stehe der Annahme , er sei bedingungsgemäß arbeitslos, nicht entgegen, wie sich insbesondere daran zeige, daß ihm Arbeitslosengeld bewilligt sei. Er begehrt von der Beklagten Ersatz für die von ihm in der Zeit von Februar

bis April 2003 an die V. gezahlten drei Darlehensraten in Höhe von insgesamt 7.916,64 €, ferner die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet ist, die ab Mai 2003 bis einschließlich Oktober 2003 fälligen restlichen Darlehensraten zu zahlen, sofern seine Arbeitslosigkeit andauert.
Die Beklagte hält sich für leistungsfrei, weil hie r ein Beschäftigungsverhältnis bei der Ehefrau des Klägers im Sinne von § 1 Nr. 2 AVB-AL zugrunde liege, die Arbeitslosigkeit nicht unverschuldet im Sinne von § 1 Nr. 3 AVB-AL eingetreten und der Kläger weiterhin gegen Entgelt für die frühere Arbeitgeberin tätig sei.
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme des Ers atzes für die noch in die Karenzzeit fallende Darlehensrate für den Monat Februar 2003 stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefocht enen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen Anspr uch auf Versicherungsleistungen versagt, weil er entgegen § 1 Nr. 3 Satz 1 der Versicherungsbedingungen weiterhin gegen Entgelt, nämlich für 160 € monat-

lich, bei seiner früheren Arbeitgeberin tätig ist. Daß er arbeitslos gemeldet sei und Arbeitslosengeld beziehe, besage nur, daß er sozialrechtlich als arbeitslos angesehen werde, sei aber für das privatrechtliche Versicherungsverhältnis , in welchem der Begriff der Arbeitslosigkeit in zulässiger Weise abweichend von den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs definiert sei, ohne Bedeutung. Nach § 1 Nr. 3 Satz 1 AVB-AL setze der Leistungsanspruch voraus, daß der Versicherte überhaupt keine entgeltliche Tätigkeit mehr ausübe; der Empfang von Arbeitslosengeld oder -hilfe sei, wie das Wort "außerdem" zeige, eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung. Die so verstandene Regelung sei interessengerecht und transparent. Der vom Kläger nunmehr noch erzielte Verdienst von monatlich 160 € sei nicht so gering, daß es unbillig erscheine, darin ein Entgelt im Sinne von § 1 Nr. 3 Satz 1 AVB-AL zu sehen.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die in § 1 Nr. 3 Satz 1 der Versicherungsbeding ungen (AVB-AL) getroffene Regelung zur Beschreibung bedingungsgemäßer Arbeitslosigkeit ist intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, soweit sie zur Voraussetzung hat, daß der Versicherte nicht gegen Entgelt tätig ist.

a) Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß § 1 Nr. 3 AVB-AL eine eigenständige vertragliche Beschreibung bedingungsgemäßer Arbeitslosigkeit enthält, die unabhängig ist vom sozialrechtlichen Begriff der Arbeitslosigkeit. Zunächst setzt bedingungsgemäße Arbeitslosigkeit voraus, daß - nach ihrem unverschuldeten Eintritt - der Versicherte nicht gegen Entgelt tätig ist. Damit will sich der Versicherer gegen

Mißbrauch schützen. Er möchte verhindern, daß der Versicherte seinen Lebensunterhalt für die Dauer der Kraftfahrzeugfinanzierung durch Leistungen aus der öffentlichen Arbeitslosigkeitsversicherung und Zusatzeinkünfte in einer Art und Weise bestreitet, die ihm keinen ausreichenden Anreiz für die rasche Beendigung seiner Arbeitslosigkeit gibt.

b) Daß diese Entgeltklausel in der Auslegung des B erufungsgerichts die Versicherungsnehmerin oder die einzelnen Versicherten gemessen an den gesetzlichen Konkretisierungen des § 307 Abs. 2 BGB inhaltlich unangemessen benachteiligt, läßt sich nicht feststellen.
aa) Bei der Beurteilung, ob die Bestimmung von ein em wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung abweicht (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), sind die Bestimmungen des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) über Arbeitsförderung außer Betracht zu lassen. Private Versicherungen sind nach ihren eigenen privatrechtlichen Regelungen und ihrem eigenen Vertragszweck zu beurteilen. Die Gesetze zur Sozialversicherung geben wegen ihrer Andersartigkeit und ihrer anderen Leistungsvoraussetzungen insoweit keinen tauglichen Maßstab für die unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers einer privaten Arbeitslosigkeitsversicherung (vgl. BGHZ 141, 137, 142 f.). Auch im übrigen ist ein gesetzliches Leitbild, von dem mit der Bestimmung des § 1 Nr. 3 AVB-AL abgewichen würde, nicht ersichtlich.
bb) Eine Gefährdung des Vertragszwecks (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) ist mit der Entgeltklausel ebenfalls nicht verbunden. Der Versicherungsvertrag soll die finanzierende Bank als Versicherungsnehmerin davor schützen, daß es infolge von Arbeitslosigkeit ihrer Kreditnehmer zu

Ausfällen bei der Zahlung von Kreditraten kommt. Mit der Voraussetzung , daß der Versicherte während seiner Arbeitslosigkeit Arbeitslosengeld oder - sofern er bedürftig ist - Arbeitslosenhilfe bezieht, gewährleistet § 1 Nr. 3 AVB-AL, daß dem Versicherten Mittel zur Verfügung stehen, um seinen Lebensunterhalt - wenn auch eingeschränkt - während der Arbeitslosigkeit weiterhin zu bestreiten, selbst wenn er keine sonstigen Einkünfte erzielen darf. Zugleich wird der Versicherte durch die Versicherungsleistung in einem Umfang von monatlich wiederkehrenden Verpflichtungen freigestellt, die die nach den §§ 118, 141 f. SGB III zulässigen Nebeneinkünfte häufig übersteigen werden, und ist das schon erwähnte Interesse des Versicherers daran, sich vor einem Mißbrauch zu schützen, anzuerkennen. Will der Versicherer deshalb den Versicherungsschutz auf Fälle der Arbeitslosigkeit beschränken, in denen der Versicherte neben Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe kein sonstiges Entgelt erhält, so ist dies grundsätzlich seiner freien unternehmerischen Entscheidung überlassen (vgl. dazu BGHZ aaO). Er muß die genannte Einschränkung allerdings der Versicherungsnehmerin und den Versicherten klar und unmißverständlich vor Augen führen.

c) Nur daran fehlt es hier mit der Folge, daß die Entgeltklausel in § 1 Nr. 3 Satz 1 AVB-AL die Versicherungsnehmerin und auch die Versicherten wegen Verstoßes gegen das sich aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ergebende Transparenzgebot unangemessen benachteiligt.
aa) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Al lgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Eine Klausel muß nicht nur in

ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Vertragspartner verständlich sein, sondern darüber hinaus wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 136, 394, 401; 141, 137, 143). Diesen Erfordernissen entspricht die Entgeltklausel in § 1 Nr. 3 Satz 1 AVB-AL nicht.
bb) Maßgebend hierfür sind die Verständnismöglichk eiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden (BGHZ 106, 42, 49). Insoweit gilt kein anderer Maßstab als derjenige, der auch bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen zu beachten ist. Diese sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann und muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85). Liegt - wie hier - ein Gruppenversicherungsvertrag zugrunde, so ist auch auf das Verständnis und die Interessen der Gruppe der betroffenen Versicherten abzustellen (BGHZ 103, 370, 383; BGH, Urteile vom 12. März 2003 - IV ZR 58/02 - veröffentlicht in juris, unter 2 b; 14. Mai 2003 - IV ZR 50/02 - veröffentlicht in juris, unter II 1 a).
cc) Sowohl die Überschriften des § 1 AVB-AL ("Begr iffsbestimmungen" ) und seiner Nr. 3 ("Arbeitslosigkeit") als auch die im Satz 1 der Klausel enthaltene Bedingung, daß der Versicherte "nicht gegen Entgelt tätig ist", geben zunächst einen Hinweis darauf, daß eine eigenständige, vom sozialrechtlichen Rechtsbegriff der Arbeitslosigkeit abweichende Definition des Begriffs der bedingungsgemäßen Arbeitslosigkeit aufge-

stellt werden soll. Das legt es nahe, die Klausel so zu verstehen, wie das Berufungsgericht sie ausgelegt hat. In Satz 3 der Klausel wird aber die weitere Bedingung aufgestellt, der Versicherte müsse während der Arbeitslosigkeit außerdem Arbeitslosengeld oder -hilfe erhalten und aktiv Arbeit suchen. Damit wird der Versicherte in die sozialversicherungsrechtliche Begriffswelt der Arbeitslosigkeit geleitet. Selbst wenn er nicht mit allen Einzelheiten dieses Rechtsgebiets bewandert sein mag und noch nie mit der Arbeitsverwaltung zu tun hatte, weiß er darüber doch in den Grundzügen Bescheid, zumal angesichts der seit Jahren hohen Arbeitslosigkeit der Informationsstand in den davon betroffenen oder bedrohten Arbeitnehmerkreisen gewachsen ist. Insoweit ist auch weithin bekannt, daß ein geringer Hinzuverdienst den sozialrechtlichen Leistungsanspruch nicht ausschließt. Der Versicherte kann deshalb dem Irrtum erliegen, Satz 3 der Klausel beinhalte eine Konkretisierung der Voraussetzungen des Satzes 1. Das liegt schon deshalb nicht fern, weil sich bei der Voraussetzung, daß der Versicherte nicht gegen Entgelt tätig ist, die Frage nach einer Erheblichkeits- oder Geringfügigkeitsgrenze aufdrängt. Der Versicherte kann die Regelung des Satzes 3 dahin mißverstehen , daß § 1 Nr. 3 AVB-AL insgesamt gesehen an das Sozialversicherungsrecht anknüpft und im Sinne der Versicherungsbedingungen arbeitslos ist, wer von der Arbeitsverwaltung als arbeitslos behandelt wird und infolgedessen Leistungen erhält. Darin kann er sich auch dadurch bestärkt sehen, daß die Beklagte den Vertrag, der die von der Versicherungsnehmerin vergebenen Kredite sichern soll, als "Arbeitslosigkeitsversicherung" bezeichnet und damit einen Begriff verwendet, der gemeinhin mit der sozialrechtlichen Versicherung assoziiert wird, während private Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit weniger bekannt sind. Durch das Nebeneinander des vertraglich festgelegten und des sozial-

rechtlichen Vorgaben folgenden Begriffs der Arbeitslosigkeit wird dem Versicherten in § 1 Nr. 3 AVB-AL nicht ausreichend deutlich vor Augen geführt, daß - selbst sehr geringe - Nebeneinkünfte dem Anspruch auf Versicherungsleistungen auch dann entgegenstehen, wenn diese Einkünfte für den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe unschädlich sind.

d) Wegen dieser Intransparenz ist die Bestimmung, wonach Arbeitslosigkeit nur vorliegt, wenn der Versicherte "nicht gegen Entgelt tätig ist", nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam und entfällt - bei Fortbestand des Versicherungsvertrages im übrigen - gemäß § 306 Abs. 1 BGB ersatzlos. Danach bleibt bei Unwirksamkeit eines Teils Allgemeiner Geschäftsbedingungen der übrige Teil wirksam. Das entspricht der früheren Rechtslage nach § 6 Abs. 1 AGBG (vgl. dazu BGHZ 106, 19, 25 f.; BGH, Urteil vom 7. Oktober 1981 - VIII ZR 214/80 - NJW 1982, 178 unter II 3 e). Ist eine einzelne Bestimmung der Bedingungen - hier § 1 Nr. 3 AVB-AL - nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll trennbar in einen inhaltlich zulässigen und einen unzulässigen Regelungsteil , hier die intransparente Entgeltklausel, so ist die Aufrechterhaltung des zulässigen Teils rechtlich unbedenklich; allein die sprachliche Verbindung mit den weiteren Regelungen des § 1 Nr. 3 AVB-AL in einem Satz oder unter derselben Nummer steht der Abtrennbarkeit der Entgeltklausel nicht entgegen (vgl. dazu BGH aaO).
2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderem Grunde als im Ergebnis richtig.

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf den Leistu ngsausschluß aus § 1 Nr. 2 Satz 2 AVB-AL, wonach der versicherte Arbeitnehmer nicht bei seinem Ehegatten oder einem in direkter Linie Verwandten beschäftigt sein darf. Die Arbeitgeberin des Klägers ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Anteile die als alleinvertretungsbefugte Geschäftsführerin eingesetzte Ehefrau des Klägers zu 75% und der Kläger zu 25% halten. Diese im Geschäftsleben nicht seltene Form des Betriebs eines Handwerks- oder Handelsunternehmens wird vom Wortlaut der Ehegatten- und Verwandtenklausel nicht erfaßt.
Die Klausel ist als Risikobegrenzungsklausel grund sätzlich eng auszulegen, nämlich nicht weiter, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer - und im vorliegenden Fall einer Gruppenversicherung auch der Versicherte - braucht nicht damit zu rechnen, daß er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne daß ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile vom 17. September 2003 - IV ZR 19/03 - VersR 2003, 1389 unter II 2 b; vom 27. November 2002 - IV ZR 159/01 - VersR 2003, 187 unter III 2 a und vom 19. Februar 2003 - IV ZR 318/02 - VersR 2003, 454 unter II 1, jeweils m.w.N.). Dabei wird der Versicherte zunächst vom Wortlaut der Klausel ausgehen.
Ein allein am Zweck der Klausel orientiertes, ausd ehnendes Verständnis , wonach auch andere Arbeitgeber, insbesondere juristische Personen, oder Beschäftigungsverhältnisse erfaßt sein sollen, ist damit nicht zu vereinbaren. Zwar mag ein verständiger Versicherter bei Lektüre der Klausel erkennen, daß sie einem Mißbrauch vorbeugen und Schein-

kündigungen unter Ehegatten oder Verwandten begegnen will. Auch ist der Beklagten zuzugeben, daß die Kündigungsmöglichkeiten der Ehefrau des Klägers im vorliegenden Fall faktisch nicht hinter denen einer Einzelkauffrau zurückstehen, so daß die Mißbrauchsgefahr hier ähnlich groß ist, wie wenn der Versicherte bei seiner Ehefrau beschäftigt gewesen wäre. Dennoch verlöre die Risikobeschränkung bei einer zweckorientierten erweiternden Auslegung jegliche Kontur. Das liegt daran, daß faktische Einflußmöglichkeiten eines Ehegatten auf die Beschäftigung des anderen in vielfältiger Form denkbar sind. Wollte man die Klausel über ihren Wortlaut hinaus auf vergleichbare Beschäftigungsverhältnisse erstrecken, bliebe letztlich völlig offen, ob allein das Halten von Anteilen an einer GmbH oder aber erst eine alleinige oder schon die zusammen mit Dritten ausgeübte Geschäftsführerstellung des Ehegatten der Arbeitnehmereigenschaft des Versicherten entgegenstünde, ob neben der GmbH auch andere Gesellschaften, etwa die offene Handelsgesellschaft, von der Leistungseinschränkung erfaßt sein sollten und ob jeweils schon eine Mitgesellschafterstellung, eine Mehrheitsbeteiligung oder erst eine Alleingesellschafterstellung des Ehegatten erforderlich wäre, um den Versicherungsschutz entfallen zu lassen. Die genannten Unwägbarkeiten auszuschließen ist aber allein Sache der Beklagten als Verwenderin einer solchen Klausel. Wollte sie sich weitergehend als in der Ehegattenund Verwandtenklausel geregelt vor Mißbrauch schützen, so hätte sie die Möglichkeit gehabt, entsprechende weitere Sachverhalte in die Klausel aufzunehmen.
3. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nich t möglich; die Sache bedarf vielmehr neuer Verhandlung. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - bisher nicht geprüft, ob

eine unverschuldete Arbeitslosigkeit im Sinne von § 1 Nr. 3 Satz 1 AVB-AL eingetreten ist. Die Beklagte hat dazu behauptet, der Kläger habe im Zusammenwirken mit seiner Ehefrau eine "Scheinkündigung" inszeniert , um in den Genuß der Versicherungsleistungen zu kommen. Diese hier nicht fernliegende Behauptung aufzuklären, ist allein Sache des Tatrichters, der dafür die gesamten Umstände des Falles im Rahmen einer umfassenden Würdigung zu prüfen und zu bewerten haben wird. Zu diesen Umständen zählen insbesondere die Gestaltung des KfzFinanzierungsvertrages mit der Beschränkung auf zwölf ungewöhnlich hohe Monatsraten (nach dem Versicherungsvertrag ist die Versicherungsleistung je Versicherungsfall auf zwölf Monatsraten beschränkt), der Umstand, daß der Kläger als angestellter Arbeitnehmer persönlich ein möglicherweise später vorwiegend als Geschäftsfahrzeug der GmbH genutztes Fahrzeug erworben hat (nach dem Versicherungsvertrag können nur natürliche Personen versichert werden), der zeitliche Ablauf des Geschehens, insbesondere der Zeitpunkt der Kündigung unter Berücksichtigung der nach dem Versicherungsvertrag für die Versicherungsleistung maßgeblichen Wartezeit, die besonderen Einflußmöglichkeiten des Klägers und seiner Ehefrau auf die Kündigung, die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft der Eheleute im Zeitpunkt der Kündigung sowie Art und Umfang der Weiterbeschäftigung des Klägers (bei einem auffälligen

Mißverhältnis zwischen den behaupteten, weiterhin ausgeübten Tätigkeiten und einer Entlohnung von nur 160 € pro Monat) und anderer Arbeitnehmer der Gesellschaft nach der Kündigung.
Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf
Felsch Dr. Franke

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2005 - IV ZR 25/04

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2005 - IV ZR 25/04

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2005 - IV ZR 25/04 zitiert 4 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 306 Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit


(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2005 - IV ZR 25/04 zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2005 - IV ZR 25/04 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Nov. 2002 - IV ZR 159/01

bei uns veröffentlicht am 27.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 159/01 Verkündet am: 27. November 2002 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _______________

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2003 - IV ZR 318/02

bei uns veröffentlicht am 19.02.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 318/02 Verkündet am: 19. Februar 2003 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _______________

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2003 - IV ZR 58/02

bei uns veröffentlicht am 12.03.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 58/02 Verkündet am: 12. März 2003 Heinekamp, Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2003 - IV ZR 19/03

bei uns veröffentlicht am 17.09.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 19/03 Verkündet am: 17. September 2003 Heinekamp, Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja A
10 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2005 - IV ZR 25/04.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Mai 2013 - IV ZR 174/12

bei uns veröffentlicht am 08.05.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 174/12 Verkündet am: 8. Mai 2013 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat du

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10

bei uns veröffentlicht am 25.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 201/10 Verkündet am: 25. Juli 2012 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 307 B

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2006 - IV ZR 244/04

bei uns veröffentlicht am 18.01.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 244/04 Verkündetam: 18.Januar2006 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ____

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2014 - IV ZR 295/13

bei uns veröffentlicht am 12.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR295/13 Verkündet am: 12. März 2014 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 16

Referenzen

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 58/02 Verkündet am:
12. März 2003
Heinekamp,
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Ver-
handlung vom 12. März 2003

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 6. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt eine höhere Versorgungsrente von der Beklagten , weil sie § 40 Abs. 2 Buchst. a ee der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (im folgenden: VBLS) für unwirksam hält.

Die Klägerin war seit 1. Januar 1986 über ihren Arbeitgeber bei der Beklagten pflichtversichert. Sie erhält seit dem 23. Februar 2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (gesetzliche Rentenversicherung). Für deren Berechnung sind bei der Klägerin Dienstzeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit vom 20. August 1962 bis zum 31. Mai 1983 berücksichtigt worden, in denen ihre Pflichtbeiträge nicht an die heute verpflichteten Versicherungsträger im Bundesgebiet gezahlt worden sind. Grundlage dafür, daß auch diese Beitragszeiten berücksichtigt werden, ist das Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz (ursprünglich vom 7. August 1953, BGBl. I S. 848, im folgenden: FRG) mit seinen späteren Änderungen, insbesondere zur Gleichstellung der Vertriebenen durch Art. 1 des Fremdrenten- und Auslandsrenten - Neuregelungsgesetzes vom 25. Februar 1960 (BGBl. I S. 93, im folgenden: FANG). Die dadurch eingeführte Gleichstellung mit der einheimischen Bevölkerung wurde zunächst durch Art. 14 Nr. 20 Buchst. a und b des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606, im folgenden: RÜG) geändert , indem für Dienstzeiten, in denen keine Beiträge an die jetzigen Träger der Rentenversicherung bezahlt worden sind, die für die Rentenberechnung maßgeblichen Entgeltpunkte durch Multiplikation mit dem Faktor 0,7 gekürzt wurden. Diese Kürzung betraf die Klägerin allerdings nicht, da sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt schon vor dem 1. Januar 1991 in den alten Bundesländern hatte (Art. 6 § 4 Abs. 5 Buchst. a FANG i. d. F. des Art. 15 Nr. 2 Buchst. e RÜG BGBl. I S. 1697). Insoweit trat auch durch das Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz vom 24. Juni 1993 (BGBl. I S. 1038) noch keine Änderung ein. Erst durch das Wachstums - und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1461, 1471 f., im folgenden: WFG) wurden nicht nur der für

Fremdrentenzeiten anzuwendende Kürzungsfaktor noch weiter auf 0,6 vermindert (Art. 3 Nr. 4 Buchst. b, der § 22 Abs. 4 FRG ändert), sondern auch die bisher (nach Art. 6 § 4 Abs. 5 Buchst. a FANG) bestehende Ausnahme für Berechtigte, die vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern genommen hatten, gestrichen (Art. 4 Nr. 4 WFG, der in Art. 6 FANG einen neuen § 4 c einfügt). Diese die Klägerin belastende Neuregelung trat bereits rückwirkend ab 7. Mai 1996 in Kraft (Art. 12 Abs. 2 WFG).
Daraufhin änderte auch die Beklagte ihre Satzung. In der Fassung der 30. Satzungsänderung vom 26. Juni 1997 lautet § 40 VBLS (mit Wirkung bereits ab 7. Mai 1996, §§ 1 Nr. 6 a und 2 (1) Buchst. e der Änderungssatzung , Bundesanzeiger Nr. 176 vom 19. August 1997):
Höhe der Versorgungsrente für Versicherte (1) Als monatliche Versorgungsrente wird der Betrag gewährt , um den die Summe der in Absatz 2 genannten Bezüge hinter der nach §§ 41 bis 43 b errechneten Gesamtversorgung zurückbleibt. (2) Bezüge im Sinne des Absatzes 1 sind
a) die Rente wegen Alters (§ 33 Abs. 2 SGB VI) oder wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 33 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB VI) aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Höhe, in der sie für den Monat des Beginns der Versorgungsrente (§ 62) geleistet wird oder zu leisten wäre, wenn... ee) sie nicht nach Artikel 6 § 4 Abs. 6 FANG oder nach § 22 Abs. 4 FRG vermindert wäre. .......

Danach zog die Beklagte für die Berechnung ihrer monatlichen Zusatzrente vom gesamtversorgungsfähigen Entgelt nicht die tatsächlich von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ausgezahlte (gekürzte ) gesetzliche Rente ab, sondern eine fiktive Rente in ungekürzter Höhe, wie sie die Klägerin ohne die zum 7. Mai 1996 für sie wirksam gewordenen Änderungen des FANG und des FRG zu erwarten gehabt hätte. Die Beklagte leistet eine monatliche Versorgungsrente von nur 442,72 DM (statt 723, 36 DM).
Demgegenüber beansprucht die Klägerin eine Versorgungsrente, die die volle Differenz zwischen der gekürzten gesetzlichen Rente und dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt ausgleicht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Benachteiligung der Bezieher von Fremdrenten aufgrund der Änderungen des FANG und des FRG gegenüber anderen gesetzlich Versicherten durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt und daher rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte , die sich in § 14 VBLS Änderungen ihrer Satzung vorbehalten hat, sei nicht verpflichtet, die Kürzung der ohne tatsächliche Beitragszahlungen gewährten Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung

durch eine entsprechend höhere Zusatzversorgung auszugleichen. Das sei den öffentlichen Arbeitgebern, die an der Beklagten beteiligt sind und sie finanziell tragen, nicht zuzumuten. Die Leistungen aus der Zusatzversorgung selbst seien durch die Kürzungen der gesetzlichen Rente nicht verringert worden.
Die Beklagte könne sich der Klägerin gegenüber nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) jedoch nicht auf die Neuregelung in ihrer Satzung berufen. Denn die Beklagte habe in § 40 Abs. 1 VBLS nicht eine Zusatzversorgung versprochen, sondern die Aufstockung der gesetzlichen Altersversorgung bis zum Betrag einer nach §§ 41 ff. VBLS errechneten Gesamtversorgung. Im Zeitpunkt der 30. Satzungsänderung sei die Klägerin bereits 10 Jahre bei der Beklagten versichert gewesen und habe das 55. Lebensjahr überschritten gehabt. Sie habe deshalb darauf vertrauen dürfen, daß die Beklagte ihre Zusatzversorgung nicht nachträglich erheblich kürzen werde. Dieses Vertrauen sei noch dadurch bestärkt worden, daß die Beklagte auf die für andere Fremdrentenberechtigte schon vor Erlaß des WFG vom 25. September 1996 eingeführten Kürzungen der gesetzlichen Rente nicht reagiert habe. Die Klägerin sei 1997 zu alt gewesen, um die neu eingeführten Kürzungen durch Eigenvorsorge auszugleichen. Eine differenzierte Übergangsregelung fehle in der Satzung der Beklagten.
2. Diesen auf die Grundsätze von Treu und Glauben gestützten Erwägungen folgt der Senat nicht. Die Beklagte verspricht in § 40 ihrer Satzung nicht generell eine Aufstockung der Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf eine Gesamtversorgung, sondern lediglich eine durch zahlreiche Einzelheiten näher bestimmte Zusatzversorgung.


a) Bei der Satzung der Beklagten handelt es sich um privatrechtli- che Allgemeine Geschäftsbedingungen, die, weil sie Versicherungen regeln , Allgemeine Versicherungsbedingungen sind. Sie finden auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern (als Versicherungsnehmern) mit der Beklagten (als Versicherer ) zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen worden sind (st. Rspr., vgl. BGHZ 142, 103, 106 f.; BVerfG NJW 2000, 3341 unter II 2 a, c).

b) Für die Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen kommt es auf das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers an; für die Satzung der Beklagten als einer Gruppenversicherung zugunsten der betroffenen Versicherten ist nach deren Verständnis zu fragen (BGH, Urteil vom 27. September 2000 - IV ZR 140/99 - VersR 2000, 1530 unter II 2; BGHZ 103, 370, 383). Die Klägerin kann dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 VBLS zunächst entnehmen, daß eine Versorgungsrente versprochen wird, die zusätzlich zur gesetzlichen Rente geleistet werden soll. Für die Höhe dieser Zusatzrente kommt es zwar auf den Betrag an, um den anderweit zu erwartende Bezüge hinter der nach der Satzung der Beklagten zu bestimmenden Gesamtversorgung zurückbleiben. Schon sprachlich richtet sich das Versprechen aber auf die Zusatzrente und nicht auf die - lediglich als Element der Berechnung dienende - Gesamtversorgung. Ebenso wie für die Höhe dieser Gesamtversorgung auf §§ 41 - 43 b der Satzung verwiesen wird, nimmt § 40 Abs. 1 VBLS auch bezüglich der abzuziehenden anderweiten Versorgungsbezüge auf deren nähere Bestimmung in Abs. 2 der Vorschrift Bezug. Dort sind Altersrenten und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ohne weiteres als Abzugsbe-

trag für die Errechnung der Zusatzversorgung bestimmt worden, sondern nur unter Berücksichtigung zahlreicher, unter Doppelbuchstaben im einzelnen aufgelisteter Sonderregelungen. Daß stets der tatsächlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgezahlte Betrag zugrunde gelegt und durch die Versorgungsrente der Beklagten aufgestockt werde, wie die Klägerin meint, läßt sich dem Wortlaut des § 40 VBLS also nicht entnehmen.
Für eine Auslegung der Satzung in diese Richtung fehlen auch sonst hinreichende Anhaltspunkte. Zwar ergab sich für die Klägerin bis zur 30. Satzungsänderung vom 26. Juni 1997 aus der Satzung der Beklagten nicht, daß eine Kürzung ihrer gesetzlichen Rente etwa wegen der Fremdrentenanteile von der Beklagten nicht ausgeglichen werden würde. Für einen derartigen Hinweis gab es auch keinen Anlaß, so lange der Klägerin eine ungekürzte gesetzliche Rente zustand. Umgekehrt fehlte jedoch in der Satzung jeder positive Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte derartige Kürzungen, wenn sie für die gesetzliche Rente eingeführt würden, von sich aus ausgleichen werde. Ein solcher Anhaltspunkt ließ sich insbesondere nicht dem Umstand entnehmen, daß die Beklagte in ihrer Satzung für Personen wie die Klägerin den Ausgleich der vollen Differenz zwischen ihrem Anspruch auf die noch ungekürzte gesetzliche Rente und der Gesamtversorgung versprach.

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, daß für andere, durch das FRG begünstigte Personengruppen schon aufgrund des RÜG vom 25. Juli 1991 Kürzungen der gesetzlichen Rente wirksam geworden waren, ohne daß die Beklagte darauf zunächst reagiert und den Abzug der gesetzlichen Rente in der vor dieser Kürzung

bestehenden Höhe in ihrer Satzung vorgeschrieben hätte. Daraus konnte die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten, weil sie von diesen Kürzungen nicht betroffen war. Dem WFG vom 25. September 1996 hat die Beklagte bereits 9 Monate später Rechnung getragen durch ihre 30. Satzungsänderung vom 26. Juni 1997, in der ein Ausgleich der Kürzungen der gesetzlichen Rente ausgeschlossen wurde. Diese Reaktion war zeitnah; ein Vertrauen, daß die Beklagte ihre Satzung nicht wie geschehen anpassen werde, konnte schon deshalb nicht begründet werden.
Vor allem konnte ein durchschnittlicher Versicherter wie die Klägerin redlicherweise nicht erwarten, daß die Beklagte über die von ihr zugesagte Zusatzversorgung hinaus grundsätzlich jede Kürzung der gesetzlichen Rente, auch wenn die Beklagte sie nicht veranlaßt und nicht zu vertreten hatte, aus eigenen Mitteln ausgleichen oder in ihren Auswirkungen durch Übergangsregelungen abmildern werde. Dies gilt jedenfalls für die durch das FRG beabsichtigte Gleichstellung in der Bundesrepublik lebender Berechtigter ohne Rücksicht auf deren Herkunft mit der einheimischen Bevölkerung. Dieses Anliegen des Gesetzgebers hat nichts mit den Aufgaben der Beklagten zu tun, den in der Bundesrepublik tätigen und hier von ihren öffentlichen Arbeitgebern bei der Beklagten versicherten Arbeitnehmern über die gesetzliche Rentenversicherung hinaus eine zusätzliche Versorgung zu gewähren.
3. Aus diesem Grund hält § 40 Abs. 2 Buchst. a ee VBLS einer Inhaltskontrolle stand (§ 9 AGBG). Daß sich die Beklagte auf diese Neuregelung beruft, verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Der hier zu beurteilende Fall unterscheidet sich wesentlich von dem Senatsurteil

vom 27. September 2000 (aaO), in dem es um eine für den Versicherten nachteilige Satzungsänderung des von der Beklagten selbst zunächst zugesagten Umfangs der gesamtversorgungsfähigen Zeit ging. Die von der Klägerin angegriffene Satzungsänderung verletzt auch ihre Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG nicht. Denn die Beklagte hat mit ihrer Satzung keine rechtlich geschützte Vertrauensposition auf eine bestimmte Gesamtversorgung unabhängig von der Höhe der gesetzlichen Rente und deren Fortbestand begründet.
4. Ob die Kürzung der gesetzlichen Rente der Klägerin wirksam ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat wegen einer Verletzung von Art. 3 und 14 GG das Bundesverfassungsgericht angerufen (vgl. Soziale Sicherheit 2000, 289 ff.). Sollte sich die Kürzung nicht als wirksam erweisen, hätte die Klägerin möglicherweise eine höhere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung

zu beanspruchen. An der Zusatzversorgung der Beklagten, die sich oh- nehin an der ursprünglich zu erwartenden, ungekürzten gesetzlichen Rente orientiert, würde sich dadurch nichts ändern.
Terno Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 19/03 Verkündet am:
17. September 2003
Heinekamp,
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Vermögen/WB § 3 II 2 c Satz 2
Zur Auslegung des Begriffes "rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang"
im Sinne der sogenannten Serienschadenklausel bei Vermittlungen
von Beteiligungen an Immobilienfonds.
BGH, Urt. v. 17. September 2003 - IV ZR 19/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 17. September 2003

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Dezember 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Versicherungsschutz aus einer bei der Beklagten genommenen Berufshaftpflichtversicherung, die unter anderem seine Tätigkeit als Vermittler von Beteiligungen an Immobilienfonds umfaßt. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden (AVB; VerBAV 1989, 347 ff.) zugrunde.
Aus 1995 und 1996 erfolgten Vermittlungen von Beteiligungen an dem geschlossenen Immobilienfonds der in D. /USA (Kommanditbeteiligungen) ist der Kläger verpflichtet, Anlegern Schadensersatz zu leisten, weil er sie nicht ausreichend über

den Genehmigungsstand des geplanten, letztlich aber gescheiterten Bauvorhabens aufgeklärt hatte.
Die grundsätzliche Deckungsverpflichtung der Beklagten unter Berücksichtigung des vereinbarten Selbstbehalts und der vereinbarten Deckungshöchstsummen ist nach dem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Januar 2001 (4 U 138/00, Nichtannahmebeschluß des Senats vom 28. November 2001 - IV ZR 68/01) nicht mehr im Streit.
Die Beklagte beruft sich jetzt nur noch darauf, daß sie nach § 3 II 2 c AVB für alle Schadenfälle zusammen nur bis zum Höchstbetrag der vereinbarten Versicherungssumme von 200.000 DM einzustehen habe.
Diese sogenannte Serienschadenklausel lautet: "Die Versicherungssumme ... stellt den Höchstbetrag der dem Versicherer in jedem einzelnen Schadenfalle obliegenden Leistung dar, und zwar mit der Maßgabe, daß nur eine einmalige Leistung der Versicherungssumme in Frage kommt ...
a) ...
b) ...
c) bezüglich sämtlicher Folgen eines Verstoßes. Dabei gilt mehrfaches, auf gleicher oder gleichartiger Fehlerquelle beruhendes Tun oder Unterlassen als einheitlicher Verstoß, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen."

Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag des Klägers, daß sich die Beklagte nicht auf die Klausel berufen kann, stattgegeben. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen der sogenannten Serienschadenklausel nicht erfüllt.
Gleichartige Verletzungen von Beratungspflichten gegenüber verschiedenen Anlegern stünden in keinerlei rechtlichem Zusammenhang.
Es begründe auch keinen wirtschaftlichen Zusammenhang, daß die Verstöße im Rahmen von Anlageberatungen über denselben Immobilienfonds erfolgt seien; als Klammer reiche dies nicht, um mehrere individuelle Vertragsverletzungen zu einem Verstoß zusammenzufassen. Der Versicherungsnehmer bezwecke mit dem Abschluß einer Haftpflichtversicherung seinen Schutz und den potentiell durch ihn geschädigter Dritter. Dafür spiele es keine Rolle, ob es sich um eine freiwillige oder eine Pflichtversicherung handele. Aus der Sicht des Geschädigten sei es belanglos, ob der Versicherungsnehmer gleichartige Verstöße auch gegenüber anderen Personen begangen habe. Ihm würde es unverständlich bleiben, deswegen unter Umständen Forderungsausfälle hinnehmen

zu sollen. Auch der Bundesgerichtshof habe bereits in diesem Sinne entschieden (VersR 1991, 873).
II. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Zutreffend und von der Revision auch nicht angegriffen geht das Berufungsgericht davon aus, daß mehrere Verstöße im Sinne von § 3 II 2 c AVB und damit an sich mehrere deckungspflichtige Schadenfälle vorliegen. Als Anlagevermittler schuldet der Beklagte jedem einzelnen Anlageinteressenten eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung und dabei richtige und vollständige Informationen über die Umstände, die für den jeweiligen Anlageentschluß von besonderer Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095 unter I 2 b). Jede Schlechterfüllung einzelner selbständiger Beratungsverhältnisse begründet einen Verstoß, der Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben kann, für die die Beklagte gemäß § 1 AVB jeweils Deckungsschutz zugesagt hat, gleichviel ob die Pflichtverletzungen auf derselben Fehlvorstellung über den Beratungsumfang beruhen und Beteiligungen an demselben Anlageobjekt betreffen. Das läßt die einzelnen Verstöße nicht zu einem Dauerverstoß werden, für den trotz mehrerer Geschädigter Versicherungsschutz nur einmal bedingungsgemäß zu gewähren ist.
2. Die bei den verschiedenen Mandatsverhältnissen infolge unzureichender Information über dasselbe Beteiligungsobjekt begangenen Beratungspflichtverletzungen werden auch nicht über § 3 II 2 c Satz 2

AVB zu einem einzigen zu entschädigenden Verstoß zusammengefaßt, weil die betroffenen Angelegenheiten nicht den erforderlichen Zusammenhang aufweisen. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

a) Wie bei allen Versicherungsbedingungen ist auch bei dieser mit ihrem Ausdruck "rechtlicher oder wirtschaftlicher" Zusammenhang schwer zu präzisierenden Klausel (Bruck/Möller/Johannsen, VVG 8. Aufl. IV G 45) auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1997 - IV ZR 1/97 - VersR 1998, 179 unter I 2 a und ständig). Auf die Sicht des geschädigten Klienten des Versicherungsnehmers, auf die sich das Berufungsgericht wie auch die Revision unter Berufung auf Bruck/Möller/Johannsen (aaO) hauptsächlich stützen wollen, kommt es insoweit nicht an. Daß es sich hier um eine freiwillige und nicht um eine Pflichthaftpflichtversicherung handelt, ist ebensowenig von Belang wie die von der Revision betonte drittschützende Funktion von Pflichthaftpflichtversicherungen.
Ausgehend vom Wortlaut der Klausel erschließt sich dem verständigen Versicherungsnehmer, daß der in § 1 AVB für alle Haftpflichtfälle aus beruflicher Tätigkeit zugesicherte Deckungsschutz schon bei gleicher oder gleichartiger und nicht erst bei identischer Ursache (Fehlerquelle ) beschränkt werden soll. Diese weitgehende Risikobeschränkung erfährt für ihn ebenso erkennbar ihrerseits eine Eingrenzung, als sie nur zum Tragen kommen soll, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Dabei wird er die "betreffenden Angelegenheiten" nicht abstrakt generell

auf sein berufliches Tätigkeitsfeld beziehen. Er wird vielmehr darunter die jeweiligen Mandatsverhältnisse verstehen.
An dem bedingungsgemäßen Zusammenhang der Mandate fehlt es, wenn der Versicherungsnehmer mit ihnen unabhängig voneinander betraut worden ist und ihm aus deren selbständiger - wenngleich von der gleichen Fehlerquelle beeinflußten - Erledigung der jeweilige Haftungsvorwurf gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - IV ZR 85/90 - VersR 1991, 873 unter 3 zu der Beauftragung eines Steuerberaters mit der Erstellung jährlicher Steuererklärungen desselben Steuerpflichtigen).
aa) Daß zwischen den einzelnen Anlagevermittlungsverhältnissen allein über die Empfehlung und spätere Vermittlung einer Anlagemöglichkeit kein rechtlicher Zusammenhang zu begründen ist, liegt auf der Hand. Die Beteiligung an demselben geschlossenen Immobilienfonds als einer Art Publikums-KG mag zwar zwischen den Anlegern auch Rechtsbeziehungen entstehen lassen können, dies vermag entgegen der Auffassung der Revision jedoch keine rechtlich bedeutsame Klammerwirkung zwischen den Vertragsverhältnissen der Mandate eines Anlageberaters zu erzeugen.
bb) Auch wirtschaftliche Zusammenhänge werden zwischen den Vermittlungsgeschäften so nicht geschaffen. Die Anleger, die bei ihrer Anlageentscheidung auf die Kenntnisse desselben Beraters vertraut haben , bilden keine - wie die Revision meint - über diesen vermittelte, die Beschränkung des Deckungsschutzes rechtfertigende "Schicksalsgemeinschaft" , weil ihnen bei Geschäftsabschluß bewußt gewesen sein mußte, daß auch andere Interessenten eine gleichartige Beratung erfah-

ren und auf die erhaltenen Informationen vertraut haben. Einem Versi- cherungsnehmer wird es sich nicht erhellen, daß er nur deswegen den für alle Fälle, in denen er schadensersatzpflichtig geworden ist, an sich zugesagten Deckungsschutz nicht erhalten soll, weil sich seine nicht ausreichenden Kenntnisse über ein Anlageobjekt bei verschiedenen, von ihm daher fehlerhaft beratenen Anlegern vermögensschädigend ausgewirkt haben.

b) Die Serienschadenklausel ist zudem als Risikobegrenzungsklausel grundsätzlich eng auszulegen, nämlich nicht weiter, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, daß er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne daß ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urteile vom 27. November 2002 - IV ZR 159/01 - VersR 2003, 187 unter III 2 a und vom 19. Februar 2003 - IV ZR 318/02 - VersR 2003, 454 unter II 1, jeweils m.w.N.). Ein ausdehnendes Verständnis dahingehend , daß ein Einbußen im Deckungsschutz rechtfertigender Serienverstoß auch gegeben sein soll, wenn selbständige Anlagemandate aufgrund derselben Fehlvorstellung des Beraters schlecht erfüllt werden, ist damit nicht zu vereinbaren. Es bedarf hier weder einer abstrakten Präzisierung, wann im Einzelfall bei dieser beruflichen Tätigkeit rechtliche oder wirtschaftliche Zusammenhänge den Deckungsumfang begrenzen können, noch einer Auseinandersetzung mit den Befürchtungen der Revision, daß für die Serienschadenklausel kein nennenswerter Anwendungsbereich mehr bliebe. Nach dem zugrunde zu legenden unstreitigen Sachverhalt über die Selbständigkeit der Vermittlungsgeschäfte liefe in diesem Fall jedes andere Verständnis der Klausel Gefahr, zum Nachteil

des Versicherungsnehmers von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der privaten Haftpflichtversicherung abzuweichen. Diese sieht in § 149 VVG die finanzielle Abdeckung der aus dem einzelnen Haftpflichtfall erwachsenen Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers einem Dritten gegenüber als Gegenstand des Leistungsversprechens des Versicherers vor (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1990 - IV ZR 184/89 - VersR 1991, 175 unter 3 a).

c) Ob bei dem von der Revision geforderten Verständnis die Serienschadenklausel noch AGB-rechtlicher Kontrolle standhalten könnte, erscheint nicht unzweifelhaft, bedarf aber letztlich keiner abschließenden Entscheidung.
Terno Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 159/01 Verkündet am:
27. November 2002
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AHB § 3 II Nr. 2 Abs. 1 Satz 3
Zur Ursachenidentität im Sinne der sogenannten Serienschadenklausel bei wiederkehrenden
schadenstiftenden betrieblichen Produktionsvorgängen.
BGH, Urteil vom 27. November 2002 - IV ZR 159/01 - OLG München
LG München I
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Ambrosius, den
Richter Wendt und die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Ver-
handlung vom 27. November 2002

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerinnen werden das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. April 2001 aufgehoben und das Teilurteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 14. Dezember 1999 geändert.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte den Klägerinnen aus der Gewässerschadenhaftpflichtversicherung HE 704918 für die Jahre 1980 bis 1984 jeweils Deckung bis zu der vereinbarten Jahreshöchstsumme von 1.022.583,70 Mio. DM), insgesamt also bis zu 5.112.918,80 Mio. DM), zu gewähren hat für sämtliche Kontaminationen von Grundwasser und Boden des Betriebsgeländes der Klägerin zu 2) infolge des Austritts von Lösungsmitteln aus dem Betrieb der Flüssiggasextraktionsanlage.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren Deckungsschutz aus einer bei der Beklagten genommenen Haftpflichtversicherung mit einbezogenem Gewässerschadenrisiko in Form des Anlagenrisikos sowie des Abwässeranlagen - und Einwirkungsrisikos. Der Versicherung liegen u.a. die Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen des B. V. (AHB/BVV) und die Zusatzbedingungen zur Betriebsund Berufshaftpflichtversicherung für die Versicherung der Haftpflicht aus Gewässerschäden (ZB) zugrunde. Danach ist folgender Deckungsumfang vereinbart:
Gemäß II des Nachtrages Nr. 1 zum Versicherungsschein vom 5. Mai 1980 und I 8.1 des Versicherungsscheins vom 18. Januar 1982 i.V. mit § 3 II Nr. 2 Satz 1 AHB/BVV und § 2 Abs. 2a ZB haftet die Beklagte beim Gewässerschaden-Anlagenrisiko bis zu einer Einheitsdekkungssumme von 1 Mio. DM für Personen-, Sach- und Vermögensschäden je Schadenereignis.
Die Gesamtleistung für alle Versicherungsfälle pro Versicherungsjahr ist auf das Doppelte der Einheitsdeckungssumme begrenzt, § 2 Abs. 1 ZB.
Aufgrund der sogenannten Serienschadenklausel des § 3 II Nr. 2 Satz 3 AHB/BVV gelten mehrere zeitlich zusammenhängende Schäden aus derselben Ursache als ein Schadenereignis.

Von 1980 bis 1984 verarbeitete die Klägerin zu 1) als Betriebsgesellschaft auf dem Betriebsgelände der Klägerin zu 2) im Wege eines Flüssiggasextraktionsverfahrens anstelle der zuvor betriebenen Gasextraktion Tierknochenreste zu Knochenmehl. Dabei wurde das Rohmaterial in mobilen Behältnissen (Extraktoren) aus oberirdischen Tanks über einen am Ende aus beweglichen Edelstahlwellschläuchen bestehenden Lösungsmittelvorlauf mit aufgeheizten chlorkohlenwasserstoffhaltigen Lösungsmitteln (Perchlorethylen, Trichlorethylen, Dichlormethan) bedeckt. Während des durchschnittlich 8 Stunden dauernden Lösungsvorganges in der geschlossenen Produktionsanlage befanden sich die Extraktoren in einer Halle, in deren Betonbodenplatte Gullies eingebaut waren , durch die austretende Lösungsmittel zu einer Sicherheitswanne geleitet wurden. Durch die hohe Betriebstemperatur bildeten sich Chlorwasserstoff (Salzsäure) und weitere chlorierte Verbindungen mit korrosiven Eigenschaften in beträchtlicher Menge, die zu Undichtigkeiten im Ventil- und Dichtungssystem und zum Platzen von Wellschläuchen führten. Dadurch kam es im Bereich der Extraktionshalle mit den Extraktoren und den Umwälzpumpen, der Sicherheitsauffangwanne, des Kesselhauses , der Kondensatoren und des Biofilters für die Hallenabluftreinigung immer wieder zu Austritten von Lösungsmitteln, die in Boden und Grundwasser gelangten; zusätzlich geschah dies beim Befüllen der Lösungsmitteltanks.
Mit Bescheid vom 28. Januar 1986 teilte das zuständige Landratsamt den Klägerinnen eine massive Verunreinigung des Grundwassers durch Chlorkohlenwasserstoffe mit. Für die ihnen aufgegebenen Sanierungsmaßnahmen (Bodensanierung durch Boden-Luft-Absaugung; Grundwassersanierung durch sog. Stripp-Anlage) wandten die Klägerin-

nen bislang Kosten in Höhe von mehreren Millionen DM auf. Das Gesamtvolumen der andauernden Sanierung ist noch nicht zuverlässig abzuschätzen. Auf die Schadenmeldung vom 31. Januar 1986 erbrachte die Beklagte bisher Versicherungsleistungen in Höhe von 1.496.672,18 DM.
Mit ihrer Klage verlangen die Klägerinnen für weitere aufgewandte Sanierungskosten Zahlung von 771.214,74 DM nebst Zinsen und die Feststellung, daß die Beklagte aus der Haftpflichtversicherung Deckung bis zur vereinbarten Jahreshöchstsumme von 2 Mio. DM, für fünf Jahre also insgesamt 10 Mio. DM, zu gewähren hat.
Das Landgericht hat durch Teilurteil den Feststellungsantrag abgewiesen , weil es die Deckungssumme vertragsgemäß als insgesamt auf 2 Mio. DM begrenzt angesehen hat.
Mit der Berufungsbegründung haben die Klägerinnen erstmalig ein Schreiben des Landratsamts vom 2. März 1984 vorgelegt, um den Betrieb der Flüssiggasanlage als alleinige Ursache der Boden- und Grundwasserverunreinigung zu belegen. Darin werden sie über einen vom Wasserwirtschaftsamt am 24. Januar 1984 ermittelten erhöhten Dichlormethanwert am Ablauf eines Oxydationsteiches ihrer Kläranlage in den Fluß H. unterrichtet. Daraufhin hat sich die Beklagte wegen vorsätzlicher Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen Schadenanzeige auf völlige Leistungsfreiheit gemäß §§ 6 Satz 1, 5 Nr. 2 AHB/BVV berufen; die Klägerinnen hätten seit diesem Schreiben von den Kontaminationsschäden und damit von dem Versicherungsfall gewußt und sie nicht darüber informiert. Die Berufung ist aus diesem Grund erfolglos geblieben.

Mit ihrer Revision verfolgen die Klägerinnen ihr Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat insgesamt Erfolg. Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.
I. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Im Feststellungsantrag zu 2) komme zwar nicht mit einer für die Zwangsvollstreckung notwendigen Bestimmtheit zum Ausdruck, für welche Schäden die Beklagte eintrittspflichtig sein solle. Gleichwohl sei die Klage zulässig, weil das Rechtsschutzziel klar erkennbar sei. Für die weitergehenden Anträge zu 3) und 4), mit denen die Feststellung mehrfacher jährlicher Lösungsmittelaustritte mit Verunreinigungen von Boden und Grundwasser und eines Kontaminierungsschadens mit einem Beseitigungsaufwand von mindestens 2 Mio. DM pro Jahr begehrt werde, fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beklagte sich zu Recht auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Anzeigeobliegenheit berufe.
Es lägen mehrere Schadenereignisse vor, weil es durch die Entstehung von Salzsäure im Bereich des Hauptklärteichs, der Extraktionshalle und der Sicherheitsauffangwanne pro Versicherungsjahr zu mehreren Kontaminierungen des Grundwassers, mithin zu mehreren Schaden-

ereignissen gekommen sei. Dadurch verdopple sich die Einheitsdekkungssumme auf 2 Mio. DM pro Jahr. Diese Deckungssumme stehe je- doch gemäß der Serienschadenklausel nur einmal zur Verfügung, weil der Austritt der Lösungsmittel dieselbe Ursache - die Bildung von Salzsäure - habe.
Hinsichtlich der außerdem behaupteten Kontaminierungen bei der Anlieferung von Lösungsmitteln greife die Serienschadenklausel nicht ein. Diese Kontaminierungen seien jedoch nicht substantiiert vorgetragen , so daß es bei der Jahreshöchstdeckungssumme von 2 Mio. DM verbleibe.
Leistungsfrei sei die Beklagte jedoch, weil die Klägerinnen ihre Anzeigeobliegenheit verletzt hätten, indem sie die Beklagte nicht über das Schreiben des Landratsamtes vom 2. März 1984 unterrichteten, das ihnen die Kenntnis von dem Schadenereignis vermittelt habe. Die sich daraus ergebende Vorsatzvermutung hätten die Klägerinnen nicht widerlegt. Ebensowenig hätten sie den Kausalitätsgegenbeweis geführt. Die Anzeigeobliegenheit hätten sie auch im Zusammenhang mit der Anlieferung von Lösungsmitteln verletzt, weil nach ihrem eigenen Vortrag dabei Lösungsmittel über die Auffangwanne der Tankanlage hinausgespritzt und so über den ungesicherten Boden in den Untergrund eingedrungen sei.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

II. 1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt die Revision zunächst, daß über den Feststellungsanspruch nicht durch Teilurteil hätte entschieden werden dürfen. Sie sieht die Gefahr eines dem Teilurteil widersprechenden Schlußurteils in der Möglichkeit, daß das Gericht oder auch das Rechtsmittelgericht den in erster Instanz verbliebenen Zahlungsantrag in Höhe von 771.214,74 DM zuspricht, weil es den Anspruch weder für auf 2 Mio. DM begrenzt noch für gänzlich ausgeschlossen erachtet.
Es kann dahinstehen, ob wegen dieser von der Revision aufgezeigten Gefahr ein Teilurteil nicht hätte ergehen dürfen. Denn der von ihr gesehene Verfahrensfehler wird jedenfalls durch die rechtskräftige Feststellung der Deckungspflicht im Revisionsurteil geheilt. Damit sind widersprüchliche Entscheidungen nunmehr ausgeschlossen (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Oktober 2001 - IV ZR 240/00 - BGHR ZPO § 301 Heilung 2 und BGH, Urteil vom 10. Juli 1991 - XII ZR 109/90 - NJW 1991, 3036 unter 1).
2. Die Bedenken des Berufungsgerichts gegen die Zulässigkeit der Feststellungsanträge greifen nicht durch.

a) Das Berufungsgericht hat die drei Feststellungsanträge getrennt betrachtet und damit aus dem Blick verloren, daß diese gerade auf seine Anregung neu formuliert und gestellt worden sind. In der Zusammenschau geht es den Klägerinnen, worauf die Revision zutreffend hinweist, um die Einstandspflicht der Beklagten für sämtliche Schadensfolgen aus den Verunreinigungen von Boden und Grundwasser durch im Produktionsverlauf der Jahre 1980 bis 1984 ausgetretene Lösungsmittel. Bei der gebotenen interessengerechten Auslegung des Rechtsschutzbegehrens

ist zugunsten der Prozeßpartei stets davon auszugehen, daß sie im Zweifel mit ihrer Prozeßhandlung das bezweckt, was nach Maßgabe der Rechtsordnung vernünftig ist und was ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. nur Beschluß vom 22. Mai 1995 - II ZB 2/95 - NJW-RR 1995, 1183 unter 2 m.w.N.). Gegen diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht verstoßen , indem es der bloßen Wortwahl und getrennten Formulierung folgend die Anträge als jeweils eigenständige Feststellungsbegehren behandelt hat. Bei einer interessengerechten Auslegung, die der Senat selbst vornehmen kann, sind die Anträge zu 2) bis 4) jedoch als Teile ein und desselben Feststellungsbegehrens aufzufassen. Würde man sie demgegenüber mit dem Berufungsgericht isoliert betrachten, wären die Anträge zu 3) und 4) bereits nicht zulässig, weil sie sich auf tatsächliche Fragen beziehen, die einer gesonderten Feststellung nicht zugänglich sind (vgl. Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. § 256 Rdn. 5).

b) Das Feststellungsbegehren ist auch hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Es läßt mit der notwendigen Klarheit erkennen, wofür die Beklagte Deckung gewähren soll. Auf die Vollstreckungsfähigkeit des Antrages kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei einem Feststellungsantrag nicht an (vgl. Zöller/Stöber, aaO § 704 Rdn. 2). Im Gegensatz zu einer Freistellungsklage bedarf es bei begehrter Feststellung der Deckungspflicht, die gerade mit Rücksicht auf die noch nicht abschließende Bezifferung des genauen Schadensumfanges erfolgt (Wussow, WJ 1981, 26 f.), auch nicht der genauen Bezeichnung der Forderungen, von denen der Versicherer freistellen soll (vgl. BGHZ 79, 76, 78).


c) Dem Feststellungsbegehren fehlt schließlich nicht das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die vom Berufungsgericht angenommene Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Anzeigeobliegenheit. Ob Leistungsfreiheit vorliegt, ist allein eine Frage der Begründetheit des Anspruchs.
III. 1. Die Ansprüche, deren Deckung die Klägerinnen von der Beklagten verlangen, sind nach § 1 Nr. 1 AHB/BVV i.V. mit § 1 Abs. 1 ZB Gegenstand der abgeschlossenen, das Gewässerschadenrisiko einschließenden Haftpflichtversicherung.
Die Beklagte bestreitet auch nicht mehr, aus dieser Versicherung für die Aufwendungen der Boden- und Grundwassersanierung nach den Versicherungsbedingungen grundsätzlich eintrittspflichtig zu sein. Zuletzt ebenfalls unstreitig und vom Berufungsgericht - in der Revisionsinstanz unangegriffen - festgestellt sind sämtliche streitgegenständlichen Schadstoffaustritte und Kontaminierungsschäden in versicherter Zeit eingetreten. Daher kommt es auf die Frage, was nach den AHB im allgemeinen und speziell beim Gewässerschadenrisiko unter dem Schadenereignis zu verstehen ist, nicht an (vgl. dazu nur BGHZ 43, 88, 92 Folgeereignis; BGHZ 79, 76 ff. Kausalereignis).
2. Die Ersatzpflicht der Beklagten ist nicht durch § 3 II Nr. 2 Abs. 1 Satz 3 AHB/BVV auf 1 Mio. DM (und nicht etwa, wie das Berufungsgericht irrtümlich meint, auf 2 Mio. DM) begrenzt. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, es liege lediglich ein einziges Schadenereignis im Sinne dieser sogenannten Serienschadenklausel vor, weil von mehre-

ren zeitlich zusammenhängenden Schadenereignissen aus derselben Ursache auszugehen sei.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß verschiedenartige Lösungsmittel an den genannten verschiedenen Stellen der Produktionsanlage wiederholt zu unterschiedlichen Zeiten in jedem Versicherungsjahr ausgetreten und anschließend in Boden und Grundwasser eingedrungen sind. Das steht im Einklang mit dem Parteivorbringen in der Berufungsinstanz und wird auch in der Revisionsinstanz nicht angegriffen. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht daher im Ausgangspunkt mehrere Schadenereignisse pro Versicherungsjahr zugrunde gelegt.
Es kann dahinstehen, ob bei solchen wiederholten Austritten von Lösungsmitteln über einen Zeitraum von fast fünf Jahren der für eine Verklammerung zu einem einzigen Schadenereignis erforderliche zeitliche Zusammenhang überhaupt noch angenommen werden kann (vgl. BGHZ 43, 88, 92, 94; Späte, AHB § 3 Rdn. 56; Littbarski, AHB § 3 Rdn. 170 f.). Jedenfalls vermag die vom Berufungsgericht herangezogene Entstehung von "Salzsäure sowie weiterer chlorierter Verbindungen", die durch ihre korrosiven Eigenschaften im Verlauf der Extraktion schadenverursachend gewirkt haben, die für die Klammerwirkung vorausgesetzte Ursachenidentität nicht zu begründen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, die in der Literatur weitgehend Zustimmung gefunden hat, ist "dieselbe Ursache" im Sinne dieser § 3 II Nr. 2 Satz 3 AHB entsprechenden Klausel von nur "gleicher" oder "gleichartiger Ursache" zu unterscheiden (BGH, Urteile vom 28. November 1990 - IV ZR 184/89 - VersR 1991, 175 unter 1 a und 2;

28. Mai 1969 - IV ZR 617/68 - VersR 1969, 723 unter V; Prölss/Martin/Voit, VVG 26. Aufl. § 3 AHB Rdn. 8; Späte, aaO Rdn. 55; Littbarski, aaO Rdn. 168 f.; Wussow, AHB 8. Aufl. § 3 Rdn. 15; jeweils m.w.N.). Daran ist festzuhalten. Lediglich gleiche bzw. gleichartige Ursachen genügen danach nicht. Risikobegrenzungsklauseln sind grundsätzlich eng auszulegen, nämlich nicht weiter, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2 b). Die Begrenzung auf wirkliche Ursachenidentität entspricht dem Wortlaut und erhält ihren Sinn für die Fälle, in denen aufgrund einer einzigen Schadenursache zeitnah mehrere Schadenereignisse entstehen. Das erschließt sich auch einem verständigen Versicherungsnehmer. Ein ausdehnendes Verständnis dieser Klausel auf nur gleiche bzw. gleichartige Ursachen liefe zudem Gefahr, zum Nachteil des Versicherungsnehmers von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der privaten Haftpflichtversicherung abzuweichen. Diese sieht in § 149 VVG die finanzielle Abdeckung der aus dem einzelnen Haftpflichtfall erwachsenen Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers einem Dritten gegenüber als Gegenstand des Leistungsversprechens des Versicherers vor (vgl. BGH, aaO VersR 1991, 175 unter 3 a).

b) Daß die Entstehung der schadenstiftenden verschiedenartigen Lösungsmittelverbindungen in den Produktionsbereichen Extraktoren, Sicherheitsauffangwanne, Kondensatoren, Umwälzpumpen, Kesselhaus und Biofilter immer wieder zum Austreten und Versickern der Lösungsmittel geführt hat, macht sie entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts noch nicht zu derselben Ursache der jeweiligen Schadenereignisse. Ursachenidentität würde voraussetzen, daß ein einziger chemischer

Prozeß mehrere Lösungsmittelkontaminationen nach sich gezogen hat. Das war hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um eine Vielzahl immer wieder neu eingeleiteter chemischer Prozesse. Dabei kann noch nicht einmal angenommen werden, daß diese jeweils identisch abliefen. So war bereits die Zusammensetzung des Füllguts in den Extraktoren unterschiedlich. Die Lösungsmittel wechselten. Die Rohprodukte waren naturgemäß verschieden. Danach verlief auch der bereits bei der Extraktion einsetzende mikrobiologische Abbauprozeß mit der einhergehenden Entstehung neuer chlorierter Verbindungen unterschiedlich. Eine bedingungsgemäße Verklammerung zu einem Schadenereignis über die einzelnen betrieblichen Produktionsvorgänge scheidet damit aus.
Für die Austritte beim Befüllen der Lösungsmitteltanks fehlt es auch dem Berufungsgericht zufolge ohnehin an einer gemeinsamen Ursache.
Die Beklagte hat daher für die wiederholten Schadenereignisse in Höhe der vereinbarten Höchstdeckungssumme von 2 Mio. DM pro Versicherungsjahr einzustehen.
3. Nicht haltbar ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei gemäß § 6 Satz 1 AHB/BVV insgesamt leistungsfrei, weil die Klägerinnen nach Erhalt des Schreibens des Landratsamtes vom 2. März 1984 gegen die Obliegenheit aus § 5 Nr. 2 AHB/BVV verstoßen hätten, den Versicherungsfall unverzüglich anzuzeigen.


a) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, der Versicherungsfall sei unter anderem dadurch eingetreten, daß lösungsmittelhaltiges Wasser aus den Kondensatoren in den Hauptklärsammelteich geflossen sei. Davon hätten die Klägerinnen aufgrund dieses Schreibens Kenntnis erhalten, in dem sie darüber unterrichtet worden sind, daß am Ablauf des Klärteichs in das öffentliche Gewässer der H. mit einem Dichlormethanwert von 15 mg/l eine um das 15fache überhöhte Konzentration festgestellt worden sei. Da die Klägerinnen einen Versicherungsfall nicht hätten ausschließen können, seien sie zur schriftlichen Schadenanzeige innerhalb von einer Woche verpflichtet gewesen; die Schadenanzeige vom 31. Januar 1986 sei mithin verspätet erfolgt.

b) Es begegnet bereits durchgreifenden Bedenken, ob insoweit die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Anzeigeobliegenheit dargetan sind. Jedenfalls ist nicht festzustellen, daß die Klägerinnen einer solchen Obliegenheit grob fahrlässig oder gar vorsätzlich nicht nachgekommen sind.
aa) Die für die Anzeigeobliegenheit vorausgesetzte positive Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Eintritt des Versicherungsfalles (§ 33 Abs. 1 VVG) bezieht sich auf das Schadenereignis und zusätzlich darauf, daß er weiß oder zumindest damit rechnet, daß dieses Schadenereignis Haftpflichtansprüche Dritter gegen ihn zur Folge haben könnte. Ein bloßes Kennenkönnen oder Kennenmüssen des Schadenereignisses bzw. der haftpflichtbegründenden Tatsachen genügt nicht (BGH, aaO sowie Urteile vom 4. Dezember 1980 - IVa ZR 32/80 - VersR 1981, 173 unter III 3, insoweit nicht in BGHZ 79, 76 ff. abgedruckt; 20. November 1970 - IV ZR 55/69 - VersR 1971, 213 unter II 1; 10. Juli 1970 - IV ZR

1086/68 - VersR 1970, 1045 unter 3; Römer/Langheid, VVG § 153 Rdn. 6; Littbarski, aaO § 5 Rdn. 10; BK/Baumann, § 153 VVG Rdn. 13; Prölss/Martin/Voit, aaO § 153 VVG Rdn. 2).
bb) Fraglich ist bereits, ob es sich bei der bloßen Verunreinigung des Klärteichs um ein Schadenereignis im Sinne von § 5 Nr. 1 AHB/BVV handelt. Bei einem Klärteich fehlt es normalerweise an der Einbindung in den unmittelbaren Zusammenhang des natürlichen Wasserhaushaltes, so daß es sich auch um eine Anlage und nicht um ein Gewässer handeln kann (vgl. BGHZ 62, 351, 356; Czychowski, WHG 7. Aufl. § 1 Rdn. 4, 5, 26). Den Feststellungen des Berufungsgerichts läßt sich auch nicht entnehmen , daß und gegebenenfalls wie die erhöhte Dichlormethanbelastung des Klärteichs zu einer Verunreinigung des Grundwassers oder des fließenden Gewässers der H. und dann auch noch in einer haftpflichtrelevanten drittgefährdenden Intensität geführt haben könnte.
Die erforderliche positive Kenntnis anzeigepflichtiger Tatsachen wurde den Klägerinnen durch das Schreiben des Landratsamtes jedenfalls nicht vermittelt. Der von ihnen nachgesuchte Deckungsschutz betrifft die erst 1986 festgestellte Schädigung von Boden und Grundwasser durch die in ihrem Betrieb eingesetzten Lösungsmittel. Diese streitbefangenen Umweltschäden sind nicht Gegenstand der Mitteilung des Landratsamtes. Angesprochen wird darin vielmehr nur ein über sechs Wochen zurückliegender einmalig erhöhter Dichlormethanwert in einem Klärteich und das auch lediglich am Abfluß in ein fließendes Gewässer. Von den 1986 entdeckten Umweltschäden hatte zuvor niemand Kenntnis. Auch das Versagen der seinerzeit als voll funktionsfähig eingestuften Sicherheitsvorkehrungen , wie z.B. des Betonbodens und der Sicherheits-

auffangwanne für die Extraktionshalle war nicht bekannt. Der Anlagebetrieb erfolgte in der genehmigten Weise. Es fehlte bis dahin ferner an Untersuchungen von Boden und Grundwasser. Für die Umweltsicherheitsbehörden ergaben sich aus dieser Situation ebenfalls keine weiteren Folgerungen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch keinerlei Anhalt dafür, daß die Klägerinnen zumindest hätten damit rechnen müssen, wegen des im Schreiben des Landratsamts ausgeführten Sachverhalts von einem Dritten auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden.
Insoweit vermochte das Schreiben des Landratsamtes nicht einmal objektiv eine Pflicht zur Anzeige gemäß § 5 Nr. 2 AHB/BVV auszulösen.
cc) Der Vorwurf, grob fahrlässig oder gar vorsätzlich den Inhalt dieser Mitteilung der Beklagten verschwiegen zu haben, ist danach keinesfalls aufrecht zu erhalten. Wenn nicht einmal die zuständigen Behörden nach den gegebenen Umständen Anlaß für weitere Maßnahmen gesehen haben, kann den Klägerinnen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht vorgehalten werden, sie hätten sich 1984 um weitere Klarstellungen bemühen müssen. Abgesehen davon, daß sich ein vernünftiger Versicherungsnehmer nicht durch vorsätzliche Nichterfüllung einer Anzeigenobliegenheit Rechtsnachteile im Deckungsverhältnis zum Versicherer zuziehen will (vgl. Urteile vom 8. Januar 1981 - IVa ZR 60/80 - VersR 1981, 321 unter II und vom 3. Oktober 1979 aaO unter II 5), können die Klägerinnen bereits nach den festgestellten Gesamtumständen damals nicht das Bewußtsein gehabt haben, aufgrund der ihnen bekannten Tatsachen zu irgendeiner Anzeige an die Beklagte verpflichtet gewesen zu sein.

4. Auf die weiteren ebenfalls nicht bedenkenfreien Erwägungen des Berufungsgerichts zur fehlenden Entkräftung der Kausalitätsvermutung und zur Relevanz der Obliegenheitsverletzung kommt es nach alledem nicht mehr an. Gleiches gilt für die von der Revision zur Überprüfung gestellte Frage, ob angesichts der Serienschadenklausel bei Vorliegen mehrerer Schadenereignisse die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers für jedes einzelne Schadenereignis maßgeblich bleibt und ob die Serienschadenklausel überhaupt, wovon das Berufungsgericht unausgesprochen auszugehen scheint, die Leistungsfreiheit insgesamt nach sich ziehen kann, auch wenn nur ein einzelnes Schadenereignis nicht angezeigt worden ist. Die Beklagte ist nicht aus dem Gesichtspunkt verletzter Anzeigeobliegenheit leistungsfrei geworden.
Das trifft auch für die Verunreinigungen beim Befüllen der Tankanlage zu. Die Klägerinnen haben unstreitig nicht bemerkt, daß Lösungsmittel über die Auffangwanne hinausgespritzt sind. Die später von ihnen dazu vorgetragenen Feststellungen auf der Grundlage der erst 1986 gewonnenen Erkenntnisse sind nicht, wie das Berufungsgericht offenbar meint, mit einer damaligen Kenntnis von den Füllvorgängen gleichzusetzen oder dahingehend zu verstehen.
IV. Der Senat kann gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F. in der Sache selbst entscheiden. Das Feststellungsbegehren ist auf der Grundlage des festgestellten Sachverhältnisses entscheidungsreif.
Die von der Revisionserwiderung erhobene Gegenrüge, für eine volle Inanspruchnahme der Deckung für fünf Jahre sei nicht hinreichend

dargetan und bewiesen, in welchem Jahr welche Schäden eingetreten seien, betrifft die haftungsausfüllende Kausalität und den Schadenumfang. Im Feststellungsverfahren braucht dem noch nicht weiter nachgegangen zu werden. Dies kann erst im Leistungsverfahren nach einem entsprechenden Bestreiten der Beklagten Bedeutung erlangen. In diesem Fall werden den Klägerinnen die Darlegungs- und Beweiserleichterungen gemäß § 287 ZPO zugute kommen (vgl. zur Schätzung von Schäden bei Bodenkontaminierungen gemäß § 287 ZPO jüngst BGH, Urteil vom 10. Juli 2002 - XII ZR 107/99 - NJW 2002, 3234 unter 4).
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Terno Seiffert Ambrosius
Wendt Dr. Kessal-Wulf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 318/02 Verkündet am:
19. Februar 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
ARB 75 § 4 (1) k
Die Ausschlußklausel des § 4 (1) k ARB 75 umfaßt nicht auch das Erwerbsrisiko
(hier: Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds).
BGH, Urteil vom 19. Februar 2003 - IV ZR 318/02 - OLG Köln
LG Köln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
Seiffert und Dr. Schlichting, die Richterinnen Ambrosius und
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Februar 2003

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 13. August 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 13. Dezember 2001 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Feststellungsausspruch wie folgt lautet: Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus deren Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds Nummer 35, S. M. der WGS, gegen 1. den Initiator des Projekts, K. N. , 2. den Geschäftsführer der Treuhandgesellschaft, T. F. , und 3. die Treuhandgesellschaft, F. Wirtschaftstreuhand GmbH, bedingungsgemäßen Versicherungsschutz aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag - Versicherungsnummer: .... - zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin zu 2) unterhält bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung , die den Kläger zu 1) als mitversicherte Person einschließt. Dem Vertrag liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen zugrunde, die den ARB 75 entsprechen.
Im Jahre 1994 zeichneten die Kläger zwei Anteile an dem geschlossenen "WGS-Immobilien-Fonds Nr. 35". Gesellschaftszweck war die Vermietung von Wohn- und Geschäftsräumen in einem damals noch in Errichtung befindlichen Objekt in S. . Entgegen den Angaben im Prospekt wurden für das Gebäude statt 12 nur 7 Geschosse genehmigt, was die vermietbare Fläche entsprechend verringerte. Ferner waren die anfallenden Vertriebskosten nicht vollständig ausgewiesen. Die Kläger nehmen deshalb den geschäftsführenden Gesellschafter der Fonds-GbR und den Geschäftsführer der Treuhand-GmbH auf Schadensersatz in ! " Höhe von 96.503,18 DM (= 49.341,29

zufolge den Aufwendungen für den Erwerb der Fondsanteile einschließlich Nebenkosten und dem Verlust an Nettomieteinnahmen für die Zeit von Dezember 1994 bis September 1997 entspricht. Die Treuhandgesell- $# % & ' ( ) schaft halten sie in Höhe von 2.868,58 DM (= 1.466,68 sersatzpflichtig , weil diese zugunsten der bauausführenden Firma unberechtigt Gelder vom Treuhandkonto freigegeben habe.
Die Beklagte hat die Erteilung einer Deckungszusage unter Hinweis auf § 4 (1) k ARB 75 verweigert, der wie folgt lautet: " § 4 Allgemeine Risikoausschlüsse (1) Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen...
k) die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstückes , Gebäudes oder Gebäudeteiles stehen." Die Kläger begehren die Feststellung, daß die Beklagte ihnen bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren hat. Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf ihre Berufung ist die Klage abgewiesen worden. Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer - zugelassenen - Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel der Kläger hat Erfolg.

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind die Voraussetzun- gen der Risikoausschlußklausel des § 4 (1) k ARB 75 erfüllt. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Bauwerkes sei gegeben. Die Kläger hätten ihr Anlagegeschäft zu einem Zeitpunkt getätigt, als die Immobilie, die Gegenstand ihrer Investition gewesen sei, sich noch in der Bauphase befunden habe. Die planmäßige Fertigstellung des Gebäudes mit 12 Stockwerken habe für sie entscheidende Bedeutung gehabt, weil davon der Wert ihrer Fondsanteile abhängig gewesen sei. Ob die Kläger als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden seien, sei ohne Relevanz. Es genüge, daß der Prospekt eine solche Eigentümerstellung ausdrücklich vorsehe. Auf die rechtlichen Unterschiede zwischen einem geschlossenen Immobilienfonds und einem Bauherrenmodell komme es dabei nicht an. Ebenso sei unerheblich, daß die Kläger keine werkvertraglichen, sondern deliktische Ansprüche geltend machen wollten.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Beklagte hat den Klägern für die von ihnen verfolgten Schadensersatzansprüche bedingungsgemäß Versicherungsschutz zu gewähren.
1. Nach der Rechtsprechung des Senats sind Allgemeine Versicherungsbedingungen - hier der Risikoausschluß des § 4 (1) k ARB 75 - so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Inter-

essen an (BGHZ 84, 268, 272; BGHZ 123, 83, 85 und ständig). Bei Risikoausschlüssen geht das Interesse des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin, daß der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Ihr Anwendungsbereich darf mithin nicht weiter ausgedehnt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Ziels und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, daß er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne daß ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (BGHZ 65, 142, 145; Senatsurteil vom 17. März 1999 - IV ZR 89/98 - VersR 1999, 748 unter 2 a).
2. Die Ausschlußklausel des § 4 (1) k ARB 75 verfolgt den - auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren - Zweck, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen und im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten um Baumaßnahmen aller Art und die sie unmittelbar begleitenden Vorgänge von der Versicherung auszunehmen, weil nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann.

a) Sie stellt dafür auf den unmittelbaren Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Gebäudes ab. Maßgebend ist, ob die vom Versicherungsnehmer angestrebte Rechtsverfolgung der Planung und Errichtung eines Gebäudes zuzuordnen ist. Der geforderte Zusammenhang muß dabei nicht nur zeitlich bestehen, sondern es muß darüber hinaus auch ein innerer sachlicher Bezug gegeben sein (vgl. Senatsurteile vom 16. Oktober 1985 - IVa ZR 49/84 - VersR 1986, 132 unter 2; vom 1. Februar 1989 - IVa ZR 247/87 - VersR 1989, 470 unter 2; vom

14. Februar 1990 - IV ZR 4/89 - VersR 1990, 485 unter 4; vom 10. November 1993 - IV ZR 87/93 - VersR 1994, 44 unter 3). Die Klausel erfaßt das Baurisiko, für das Auseinandersetzungen typisch sind, die über die anläßlich eines Bauvorhabens erbrachten Leistungen geführt werden. Es geht um die Wahrung der rechtlichen Interessen, die der Bauherr an der Planung und Errichtung eines mangelfreien Gebäudes hat. Nur das offenbart sich dem verständigen Versicherungsnehmer bei unbefangener Lektüre der streitbefangenen Klausel. Es erschließt sich ihm hingegen nicht, daß er keinen Deckungsschutz für die Durchsetzung von Ansprüchen haben soll, die zu dem Bauvorhaben selbst in keinem unmittelbaren Bezug stehen, sich vielmehr aus dem Erwerb eines zur Bebauung vorgesehenen Grundstückes (Senatsurteil vom 10. November 1993 aaO unter 3) oder - wie hier - dem Erwerb von Fondsanteilen ergeben , selbst wenn der Zweck der Gesellschaft, der die Kläger beigetreten sind, in der Errichtung und der Verwaltung einer Immobilie besteht.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dieser besondere Zusammenhang im Falle der Kläger zu verneinen. Die von ihnen verfolgten Ansprüche betreffen nicht das dem Leistungsausschluß allein unterfallende Baurisiko. Die Kläger halten nicht die Planung oder Errichtung des Objekts für fehlerhaft. Sie machen statt dessen geltend, der Prospekt enthalte wahrheitswidrige Angaben über die Höhe der anfallenden Vertriebskosten und über die Genehmigungsfähigkeit der dort ausgewiesenen , zur späteren Vermietung vorgesehenen 12 Geschosse. Sie fühlen sich über den Wert der erworbenen Fondsanteile getäuscht und von dem geschäftsführenden Gesellschafter der Immobilienfonds-GbR und dem Geschäftsführer der Treuhand-GmbH deliktisch geschädigt. Ähnlich verhält es sich mit den Ansprüchen aus unerlaubter Handlung,

die sich gegen die Treuhand-GmbH richten, weil diese in Kenntnis da- von, daß das Bauvorhaben nicht prospektgerecht umsetzbar war, ihr anvertraute Gelder unberechtigt ausgezahlt haben soll. Die Rechtsverfolgung der Kläger ist damit dem - anders gearteten - Erwerbsrisiko zuzuordnen. Ihr Vorwurf des Betruges und der Untreue steht außerhalb des mit der Klausel verfolgten Zwecks; er betrifft insbesondere keinen Vorgang , der die Baumaßnahme unmittelbar begleitet und mit dieser in dem geforderten qualifizierten Zusammenhang gestanden hat. Die Täuschung , auf die die Kläger sich berufen, mag die Werthaltigkeit der Fondsanteile zum Gegenstand haben, insbesondere weil sich eine geringere Geschoßzahl auf die aus der Immobilie zu erzielenden Mieterträge auswirkt; einen Baumangel hat dies jedoch nicht zur Folge. Das gilt erst recht für die der Treuhand-GmbH angelastete unerlaubte Handlung. Will der Versicherer auch diese mit dem Erwerb verbundenen Risiken vom Versicherungsschutz ausschließen, muß er die Klausel entsprechend deutlich formulieren. Da die Beklagte dies unterlassen hat, ist die Klausel in dem engeren Sinne zu verstehen, daß sie allein das - hier nicht berührte - Baurisiko umfaßt.
Der Senat hat diesen Standpunkt bereits in seinem Urteil vom 10. November 1993 (aaO unter 3 und 4) vertreten. Soweit sich aus dem Senatsurteil vom 16. Oktober 1985 (aaO unter 2) etwas anderes ergibt, hält er an der dortigen Sichtweise nicht fest.
3. Die Beklagte kann den Klägern nicht entgegenhalten, die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen sei mutwillig. In §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 bringt der Versicherer zum Ausdruck, daß er Versicherungsschutz unter den sachlichen Voraussetzungen gewährt,

unter denen eine Partei Prozeßkostenhilfe gemäß § 114 ZPO beanspruchen kann (Senatsurteil vom 16. September 1987 - IVa ZR 76/86 - VersR 1988, 174 unter I 1). Einer mittellosen Partei, die sich zum Erhalt ihrer Ansprüche einen nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB n.F. 30 Jahre vollstreckbaren Titel verschaffen möchte und deshalb Prozeßkostenhilfe begehrt, ist indes kein Mutwillen anzulasten.
Seiffert Dr. Schlichting Ambrosius
Dr. Kessal-Wulf Felsch