Bundesgerichtshof Urteil, 26. Feb. 2020 - IV ZR 235/19

bei uns veröffentlicht am26.02.2020
vorgehend
Landgericht Berlin, 23 O 303/17, 23.08.2018
Kammergericht, 6 U 139/18, 26.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 235/19 Verkündet am:
26. Februar 2020
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ECB 2010 ("Allgemeine Bedingungen für die Versicherung zusätzlicher Gefahren
zur Feuerversicherung") § 8 Nr. 4 a) bb)
Der in einer Versicherung für Überschwemmungsschäden enthaltene Ausschluss
für Schäden durch Sturmflut in § 8 Nr. 4 a) bb) ECB 2010 greift nicht ein, wenn die
Schäden nicht unmittelbar durch eine Sturmflut verursacht wurden, sondern sich
lediglich als mittelbare Auswirkung darstellen (hier: 16 km entfernt von der Küstenlinie
kommt es zu einer Überschwemmung durch zurückgestautes Flusswasser).
BGH, Urteil vom 26. Februar 2020 - IV ZR 235/19 - KG Berlin
LG Berlin
ECLI:DE:BGH:2020:260220UIVZR235.19.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Prof. Dr. Karczewski, Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2020

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg vom 26. Juli 2019 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer erweiterten Gebäudeversicherung nach Überschwemmung eines Grundstücks geltend. Zwischen den Parteien besteht ein Versicherungsvertrag über zusätzliche Gefahren zur Feuerversicherung. Versichert ist das sogenannte Hafenhaus in R. . Das Versicherungsobjekt liegt im Stadthafen von R. direkt an der W. , die in die Ostsee mündet. Die Entfernung des Hafenhauses zur Ostsee beträgt etwa 16 Kilometer. Dem Vertrag liegen "Allgemeine Bedingungen für die Versicherung zusätzlicher Gefahren zur Feuerversicherung" (im Folgenden: ECB 2010) zugrunde. In § 8 heißt es zu "Überschwemmung, Rückstau" unter anderem : "1. Versicherte Schäden Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen die durch Überschwemmung oder Rückstau zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen.
2. Überschwemmung Überschwemmung ist die Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser durch
a) Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden ) Gewässern;
b) Witterungsniederschläge;
c) Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche infolge von a) oder b). 3. Rückstau Rückstau liegt vor, wenn Wasser durch Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern oder durch Witterungsniederschläge bestimmungswidrig aus gebäudeeigenen Ableitungsrohren oder damit verbundenen Einrichtungen in das Gebäude eindringt. 4. Nicht versicherte Schäden
a) Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch aa) Erdbeben; bb) Sturmflut; cc) Grundwasser, soweit nicht an die Erdoberfläche gedrungen (siehe Nr. 2); dd) Vulkanausbruch; ee) Brand, Blitzschlag, Explosion, Anprall oder Absturz eines Luftfahrzeuges, seiner Teile oder seiner Ladung."
2
In der Nacht vom 4. auf den 5. Januar 2017 zog ein Tiefdruckgebiet aus Skandinavien über die Ostsee hinweg in Richtung Weißrussland. An der Ostseeküste wurden infolge stark auflandigen Windes Wasserstände von bis zu 1,60 Meter über dem mittleren Wasserstand erreicht. Das Wasser der W. konnte infolgedessen nicht regelgerecht abfließen , so dass sich dieses landeinwärts aufstaute, am Standort des Ha- fenhauses ausuferte und dessen Grundstück überflutete. Durch die Überflutung des Grundstücks entstanden Schäden am Gebäude in Höhe von 13.504,89 €. Mit Schreiben vom 6. Januar 2017 und 21. März 2017 lehnte die Beklagte Leistungen unter Verweis auf den Risikoausschluss Sturmflut ab. Hierbei berief sie sich auf ein von ihr eingeholtes Gutachten (im Folgenden: Gutachten der Beklagten).
3
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 13.504,89 € nebst Zinsen gerichteten Klage bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


4
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
5
I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in r+s 2019, 588 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, der im Versicherungsobjekt eingetretene Nässeschaden beruhe auf einem versicherten Ereignis "Überschwemmung" im Sinne des § 8 Nr. 1 ECB 2010. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei ihre Leistungspflicht nicht gemäß § 8 Nr. 4 a) bb) ECB 2010 ausgeschlossen, denn die eingetretenen Schäden seien nicht durch Sturmflut im Sinne dieser Klausel entstanden. Bei der Auslegung der hier vereinbarten Risikoausschlussklausel müsse eine Sturmflut mindestens zwei Voraussetzungen erfüllen, nämlich erstens ein außergewöhnlich hohes Ansteigen des Wassers an Meeresküsten und in Flussmündungen , und zweitens dessen Verursachung durch auflandigen Sturm. Nicht eindeutig sei, ob nicht noch als drittes Element eine Mitverursachung durch die Gezeiten hinzukommen müsse, denen an der Ostsee untergeordnete Bedeutung zukomme. Selbst wenn man den Anwendungsbereich der Ausschlussklausel auch auf die Ostsee erstrecke, seien die Schäden hier jedenfalls nicht "durch" Sturmflut im Sinne der Ausschlussklausel entstanden. Zu einer Überschwemmung des Versicherungsgrundstücks sei es nicht durch das Eindringen von Ostseewasser in das Küstenhinterland gekommen. Vielmehr hätten die stark auflandigen Winde im Bereich der Ostsee dazu geführt, dass die W. nicht mehr regelgerecht durch den engen Seekanal zwischen R. und Wa. in die Ostsee habe abfließen können, wodurch es zunächst landeinwärts zu einem Anstau des Flusswassers und anschließend zu einer Ausuferung des Flusswassers auf das versicherte Grundstück gekommen sei. Die damit gegebene nur mittelbare Verursachung der Überschwemmung des Versicherungsgrundstücks reiche für das Eingreifen der Ausschlussklausel nicht aus, was sich aus Wortlaut, Sinnzusammenhang und dem für den Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck ergebe.
6
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
7
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht zunächst angenommen, dass der bei dem im Versicherungsobjekt Hafenhaus am 4./5. Januar 2017 eingetretene Schaden auf einer Überschwemmung im Sinne von § 8 Nr. 1, 2 ECB 2010 beruht, weil durch eine Ausuferung der W. nicht unerhebliche Mengen von Oberflächenwasser ausgeufert sind.
8
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Eintrittspflicht der Beklagten nicht durch die Ausschlussklausel für Sturmflut gemäß § 8 Nr. 4 a) bb) ECB 2010 ausgeschlossen.
9
a) Der Begriff der Sturmflut wird in den Versicherungsbedingungen der Beklagten nicht definiert. Maßgebend sind daher die allgemeinen Grundsätze zu deren Auslegung. Hiernach sind allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung , aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteile vom 11. September 2019 - IV ZR 20/18, r+s 2019, 647 Rn. 13; vom 6. März 2019 - IV ZR 72/18, VersR 2019, 542 Rn. 15; vom 12. Juli 2017 - IV ZR 151/15, VersR 2017, 1076 Rn. 26). Bei einer - wie hier in § 8 Nr. 4 a) bb) ECB 2010 - vereinbarten Risikoausschlussklausel geht das Interesse des Versicherungsnehmers in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rechtsprechung des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (Senatsurteile vom 6. März 2019 - IV ZR 72/18, VersR 2019, 542 Rn. 26; vom 27. Juni 2012 - IV ZR 212/10, VersR 2012, 1253 Rn. 20).
10
Von vornherein unerheblich für die Auslegung des Begriffs der Sturmflut an der Ostseeküste sind mithin Klassifizierungen, wie sie in einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht bekannten Einstufungen nach der DIN oder behördlichen Regelungen vorgenommen werden. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird vielmehr nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Sturmflut ein durch auflandigen Sturm bewirktes, außergewöhnlich hohes Ansteigen des Wassers an Meeresküsten und in Flussmündungen verstehen (vgl. hierzu http://www.duden.de/rechtschreibung/sturmflut; http://brockhaus.de/ecs/enzy/article/sturmflut, je Stand: 26. Februar 2020). Dem entspricht auch das weitgehend im Schrifttum vertretene Verständnis des Begriffs der Sturmflut in der Gebäudeversicherung (vgl. Hoenicke in Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess 4. Aufl.2020 § 4 Rn. 230; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 30. Aufl. § 4 VGB 2010 A Rn. 18; Dietz, Wohngebäudeversicherung 3. Aufl. § 4 A Naturgefahren Rn. 105; Jula in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 5 VHB 2010 A Rn. 33 f.). Ob - wie das Berufungsgericht in Erwägung zieht - zusätzlich zu dem hohen Ansteigen des Wassers an den Meeresküsten und Flussmündungen sowie der Verursachung durch auflandigen Sturm noch als drittes Element eine Mitverursachung durch die Gezeiten hinzukommen muss, kann offenbleiben.
11
b) Auch wenn man hier - was der Senat für die weitere Prüfung unterstellt - vom Vorliegen einer Sturmflut ausginge, bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg, da das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, die Schäden seien nicht "durch" Sturmflut verursacht. Die Auslegung der Klausel ergibt, dass nur durch Sturmflut verursachte Schäden vom Leistungsausschluss erfasst werden. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird zunächst den Wortlaut von § 8 Nr. 4 a) bb) ECB 2010 in den Blick nehmen. Die dortige Regelung, dass ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch Sturmflut nicht versichert sind, wird er dahin verstehen, dass gemäß § 8 Nr. 1 ECB 2010 durch Überschwemmung beschädigte oder versicherte Sachen dann keine Entschädigungspflicht des Versicherers nach sich ziehen, wenn es zu der Schadenentstehung auch durch eine Sturmflut gekommen ist, selbst wenn sich zugleich eine andere Gefahr verwirklicht hat, etwa beim Zusammenwirken von Sturmflut und Sturm/Hagel (vgl. Dietz, Wohngebäudeversicherung 3. Aufl. § 4 A Naturgefahren Rn. 107; MünchKommVVG /Günther, 2. Aufl. 230 Elementarschadenversicherung Rn. 103; Hahn in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 34 Rn. 69). Um ein solches Zusammenwirken von Sturmflut und einer anderen Gefahr geht es im vorliegenden Fall nicht.
12
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird der Klausel mangels entsprechender Klarstellung demgegenüber nicht entnehmen, dass sie über den Ausschluss bei Sturmflut auch solche Schäden vom Versicherungsschutz ausschließt, die nicht unmittelbar durch eine Sturmflut verursacht wurden, sondern sich lediglich als mittelbare Auswirkungen einer derartigen Sturmflut darstellen. So liegt es hier, da die im Küstenbereich und an der Einmündung der W. in die Ostsee - unterstellt - herrschende Sturmflut lediglich dazu geführt hat, dass die W. nicht in die Ostsee entwässern konnte, sondern es bedingt durch den eingetretenen Rückstau im Hafen von R. zu einer Erhöhung des Wasserstandes und sodann zu einer Überschwemmung im Hafenbereich kam. Derartige bloß mittelbare Auswirkungen der Sturmflut im Inland werden aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers von dem Ausschlusstatbestand nicht erfasst. Er wird den an seinem Ver- sicherungsobjekt eingetretenen Schaden zwar als versicherte Überschwemmung im Sinne von § 8 Nr. 1 ECB 2010 ansehen, nicht aber annehmen , sein Versicherungsschutz sei gemäß § 8 Nr. 4 a) bb) ECB 2010 wegen einer in erheblicher Entfernung vom Versicherungsobjekt - hier 16 Kilometer - eingetretenen Sturmflut ausgeschlossen. Vielmehr wird ein solcher Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass sich die Sturmflut jedenfalls auch unmittelbar auf sein Versicherungsobjekt ausgewirkt haben muss. Das wird er beispielsweise annehmen, wenn es infolge Sturmes zum Hineindrücken von Seewasser kommt und hierdurch etwa Deiche überschritten werden (vgl. Jula in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 5 VHB 2010 A Rn. 33).
13
Anderes ergibt sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer auch nicht aus dem für ihn erkennbaren Sinn und Zweck der Ausschlussklausel in § 8 Nr. 4 a) ECB 2010. Nicht nur die dort genannte Sturmflut, sondern auch die übrigen nicht versicherten Schäden infolge der dort eingetretenen Ereignisse (Erdbeben, Grundwasser, Vulkanausbruch , Brand, Blitzschlag, Explosion etc.) weisen auf ein außergewöhnliches Ereignis mit der drohenden Gefahr von Schäden katastrophalen Ausmaßes hin, die für einen Versicherer mit einer nicht mehr beherrschbaren Unberechenbarkeit des Risikos verbunden sind (vgl. MünchKommVVG /Günther, 2. Aufl. 230 Elementarschadenversicherung Rn. 103). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird nicht davon ausgehen, dass ein solcher Fall auch vorliegt, wenn es landeinwärts jenseits von Küstenlinie und Flusseinmündung zu Überschwemmungen durch Hochwasser kommt, weil ein Fluss wegen einer an der Küste herrschenden Sturmflut nicht in das angrenzende Meer entwässert werden kann. Angesichts der bei Risikoausschlussklauseln gebotenen engen Auslegung (vgl. Senatsurteil vom 10. April 2019 - IV ZR 59/18, r+s 2019, 326 Rn. 21 m.w.N.) hätte ein Versicherer, der auch derartige Schäden als durch Sturmflut verursacht vom Versicherungsschutz ausnehmen will, dies eindeutig und zweifelsfrei klarstellen müssen.
14
c) Auch aus der Rechtsprechung des Senats lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nichts Gegenteiliges herleiten. Das von ihr angeführte Urteil des Senats vom 20. April 2005 (IV ZR 252/03, VersR 2005, 828) bezog sich auf den geltend gemachten Ersatz für Überschwemmungsschäden aus einer Wohngebäudeversicherung, bei der der Versicherungsfall definiert war als Entschädigung für Sachen, die durch Überschwemmung des Versicherungsgrundstücks zerstört oder beschädigt werden, wobei Überschwemmung eine Überflutung des Grund und Bodens ist, auf dem das versicherte Grundstück liegt. Dort handelte es sich um eine primäre Leistungsbeschreibung, während es hier um eine Ausschlussklausel geht, die den Versicherungsschutz einschränkt und deren Auslegung daher besonderen Regeln unterliegt (vgl. Senatsurteile vom 20. November 2019 - IV ZR 159/18, VersR 2020, 95 Rn. 16; vom 10. April 2019 - IV ZR 59/18, r+s 2019, 326 Rn. 21 m.w.N.).
15
d) Nicht durchzudringen vermag die Revision schließlich mit den von ihr erhobenen Gehörsrügen. Ohne Erfolg macht sie zunächst geltend , das Berufungsgericht habe die Fachwissen voraussetzende Frage, ob der Hafen von R. nicht an einer Meeresküste oder Flussmündung , sondern lediglich an einem Fluss (hier: U. ) liege, beantwortet , ohne eigene besondere Sachkunde auszuweisen und ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die Revision beruft sich insoweit darauf , entgegen der Feststellung des Berufungsgerichts liege der Hafen von R. nicht an dem Fluss U. , der nur über einen Seekanal eine Verbindung zur 16 Kilometer entfernten Meeresküste habe. Vielmehr sei die U. ein so genannter Ästuar des Flusses W. und damit eine Bucht der Ostsee, ein sogenanntes inneres Küstengewässer. Auf diesen - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - erstmals in der Revision gehaltenen Vortrag kommt es schon deshalb nicht an, weil die Vorinstanzen mit Tatbestandswirkung festgestellt haben, dass sich das versicherte Grundstück weder an einer Meeresküste noch an einer Flussmündung , sondern 16 Kilometer landeinwärts befindet. An diese tatbestandlichen Feststellungen, hinsichtlich derer die Beklagte keine Tatbestandsberichtigung beantragt hat, ist das Revisionsgericht gebunden.
16
Ebenfalls keinen Erfolg hat die Revision mit ihrem Vorbringen, das Berufungsgericht habe nicht ohne vorherige sachverständige Beratung die Kausalität der Sturmflut für den Wasserstand an dem Pegel

M.

U. und dem Pegel Wa. verneinen dürfen. Ein Gehörsverstoß wegen der Nichtberücksichtigung der Ausführungen im Gutachten der Beklagten oder wegen eines unterbliebenen Hinweises des Berufungsgerichts scheidet schon deshalb aus, weil sich das Berufungsgericht hiermit ausdrücklich befasst und unter Berücksichtigung der Ausführungen in dem Gutachten der Beklagten ausgeführt hat, dass aus fachlich hydrologischer Sicht eine Ursächlichkeit der Sturmflut am Pegel Wa. für die Maximalwasserstände am Pegel M. U. vorhan-
den ist,. Dies genügt indessen aus Rechtsgründen - wie oben gezeigt - nicht für eine Verursachung "durch" Sturmflut im Sinne der Risikoausschlussklausel in § 8 Nr. 4 a) bb) ECB 2010.
Mayen Prof. Dr. Karczewski Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 23.08.2018 - 23 O 303/17 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.07.2019 - 6 U 139/18 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Feb. 2020 - IV ZR 235/19

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Feb. 2020 - IV ZR 235/19

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Feb. 2020 - IV ZR 235/19 zitiert 1 §§.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Feb. 2020 - IV ZR 235/19 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Feb. 2020 - IV ZR 235/19 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Nov. 2019 - IV ZR 159/18

bei uns veröffentlicht am 20.11.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 159/18 Verkündet am: 20. November 2019 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2019 - IV ZR 59/18

bei uns veröffentlicht am 10.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL IV ZR 59/18 Verkündet am: 10. April 2019 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Apr. 2005 - IV ZR 252/03

bei uns veröffentlicht am 20.04.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 252/03 Verkündet am: 20. April 2005 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _____________________ AVB Wohngebäudeversi

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2019 - IV ZR 20/18

bei uns veröffentlicht am 11.09.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 20/18 Verkündet am: 11. September 2019 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2012 - IV ZR 212/10

bei uns veröffentlicht am 27.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 212/10 Verkündet am: 27. Juni 2012 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja AVB Wohng

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2017 - IV ZR 151/15

bei uns veröffentlicht am 12.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 151/15 Verkündet am: 12. Juli 2017 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §

Referenzen

13
a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 6. März 2019 - IV ZR 72/18, VersR 2019, 542 Rn. 15; st. Rspr.).
26
1. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung , aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 6. Juli 2016 - IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51 Rn. 17 m.w.N.; st. Rspr.).
20
c) Für die Auslegung einer Risikoausschlussklausel gilt nichts anderes. Zwar sind solche Klauseln grundsätzlich eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (Senatsurteile vom 23. November 1994 - IV ZR 48/94, VersR 1995, 162 unter 3 b; vom 17. März 1999 - IV ZR 89/98, NVersZ 1999, 394 unter 2 a; vom 17. Mai 2000 aaO unter 2 b). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und des Oberlandesgerichts Koblenz (r+s 2007, 326) kommt es aber auch in diesem Rahmen für die Ermittlung des Zwecks der Ausschlussklausel auf deren - dem Versicherungsnehmer aus dem Klauselwortlaut nicht erschließbare - Entstehungsgeschichte oder zugrunde liegende wirtschaftliche Erwägungen des Versicherers selbst dann nicht an, wenn deren Berücksichtigung zu einem dem Versicherungsnehmer günstigeren Ergebnis führen könnte (Senatsurteil vom 25. September 2002 - IV ZR 248/01, r+s 2003, 16 unter 2 a). Denn auch die für Risikoausschlussklauseln geltende Auslegungsregel beruht weder auf einer (die Entstehungsgeschichte einbeziehenden) "gesetzesähnlichen" Auslegung noch setzt sie eine solche voraus. Vielmehr erfährt diese Regel gerade durch eine Auslegung, die auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers abstellt, Rechtfertigung und Sinn (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO). Es besteht, wie der Senat schon mehrfach ausgesprochen hat (Senatsurteile vom 17. Mai 2000 aaO unter 2 c; vom 17. März 1999 aaO), kein Anlass, insoweit für die Auslegung von Risikoausschlussklauseln zur gesetzesmäßigen Auslegung zurückzukehren.
21
c) Demgemäß kommt es für die Auslegung der hier in Rede stehenden Ausschlussklausel auf die Verständnismöglichkeiten und auch auf die Interessen des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Versicherteninteresse bei Risikoausschlussklauseln in der Regel dahin geht, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rechtsprechung des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (vgl. nur Senatsurteile vom 8. Mai 2013 - IV ZR 233/11, r+s 2013, 382 Rn. 41; vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 187 f. [juris Rn. 24]; vom 17. März 1999 - IV ZR 89/98, VersR 1999, 748 unter 2 a [juris Rn. 10]; jeweils m.w.N.). Auch nach diesem engen Maßstab greift die Klausel im Streitfall jedoch ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 252/03 Verkündet am:
20. April 2005
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AVB Wohngebäudeversicherung
Zur Kausalität zwischen der in einer Wohngebäudeversicherung versicherten Gefahr
"Überschwemmung des Grundstücks" und dem dabei eingetretenen Gebäudeschaden.
BGH, Urteil vom 20. April 2005 - IV ZR 252/03 - SchlH OLG
LG Kiel
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 30. Oktober 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger begehren Ersatz für Überschwemmungsschä den in Höhe von 13.880,89 € aus einer Wohngebäudeversicherung, die sie bei der Beklagten für ihr Haus auf dem am W.see gelegenen Grundstück "zum gleitenden Neuwert gegen Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Sturm/Hagel und Elementarschäden" abgeschlossen haben. Dem Versicherungsvertrag liegen "Allgemeine Wohngebäude-Versicherungsbedingungen" (im folgenden: VGB) und "Besondere Bedingungen für die Versicherung weiterer Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung" (im folgenden: BEW) der Beklagten zugrunde. In bezug auf Über-

schwemmungsschäden ist in den BEW unter anderem folgendes bestimmt :
"2.1: Wir leisten Entschädigung für versicherte Sachen, die durch 2.1.1 Überschwemmung des Versicherungsgrundstückes (Ziffer 3) … zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen. … 3.1: Überschwemmung ist eine Überflutung des Grund und Bodens , auf dem das versicherte Gebäude liegt (Versicherungsgrundstück ), durch 3.1.1 Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern; 3.1.2 Witterungsniederschläge."
Infolge des Pegelanstieges im Juli/August 2002 bre itete sich Wasser des W.sees auf dem Grundstück der Kläger in einer Höhe von bis zu zwei Metern aus. Wegen der Hanglage und der Anschüttung vor der Terrasse in Höhe von weiteren zwei Metern über dem Pegelhöchststand erreichte der Wasserspiegel die Kelleraußenwand des Gebäudes selbst nicht. In dieser Zeit drang zwischen Bodenplatte und Estrich Wasser in den Keller. Die Kläger beziffern die ihnen dadurch entstandenen

Schäden auf die Klagesumme. Die Parteien streiten in erster Linie darüber , ob es sich um von der Wohngebäudeversicherung erfaßte Überschwemmungsschäden handelt.
Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr in beide n Vorinstanzen erfolglos gebliebenes Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweis ung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hält - unter Bezugnahme au f die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe NVersZ 2001, 570 - einen bedingungsgemäßen Versicherungsfall nicht für gegeben, weil nicht Oberflächenwasser , sondern erdgebundenes Wasser das Gebäude beschädigt habe; dafür bestehe kein Versicherungsschutz. Insoweit könne sich ein Hauseigentümer durch Abdichtung des Hauses gut schützen.
Aus dem Sinn und Zweck der Erweiterung des Versich erungsschutzes auf Elementarschäden und der Abgrenzung zu "Schäden durch Grundwasser", die - soweit nicht anders vereinbart - gemäß Ziffer 6.2.2 VGB vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien, folge, daß zwischen der Beschädigung des Gebäudes und der Überschwemmung des Grundstücks ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen müsse. Anderenfalls ergebe sich für den Versicherer ein unkalkulierbares Risiko, da

fast jede Veränderung des Oberflächenwassers Auswirkungen auf das Grundwasser habe und damit fast jeder durch erhöhtes Grundwasser verursachte Schaden gleichzeitig als bedingungsgemäßer Überschwemmungsschaden angesehen werden müßte. Zudem könnten Zufälligkeiten des jeweiligen Grundstückzuschnitts nicht für den Versicherungsfall "Überschwemmung" maßgeblich sein.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht all erdings davon aus, daß in der fraglichen Zeit das Versicherungsgrundstück im Sinne der BEW überschwemmt gewesen ist (1). Unzutreffend sind hingegen seine Erwägungen zu den Kausalitätsanforderungen und den dabei zu beachtenden Wasserzuständen (2).
1. Ziff. 3.1 BEW verlangt für den Versicherungsfal l "Überschwemmung des Versicherungsgrundstücks" gemäß Ziff. 2.1.1 BEW eine Überflutung des Grund und Bodens, auf dem das versicherte Gebäude liegt, und zwar entweder durch Ausuferung von oberirdischen Gewässern oder durch Witterungsniederschläge. Nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist eine - in den Bedingungen nicht näher definierte - "Überflutung von Grund und Boden" dann anzunehmen , wenn sich erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche ansammeln (Dietz, Wohngebäudeversicherung 2. Aufl. J 4.1; van Bühren /Tiedgens, Handbuch des Versicherungsrechts § 4 Rdn. 97). Das war hier unstreitig der Fall. Das Wasser des W.sees war über die Ufer

getreten, hatte sich auf das gesamte Ufergelände ergossen und dort bis zu einer Höhe von zwei Metern aufgestaut.
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Bekla gte sei nicht entschädigungspflichtig, weil nicht Oberflächenwasser, sondern erdgebundenes Wasser in das Gebäude eingedrungen sei und es beschädigt habe, ist nicht tragfähig; sie findet insbesondere in den Versicherungsbedingungen keine Grundlage. Das dafür herangezogene Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe (aaO) betrifft zum einen eine nicht vergleichbare Fallgestaltung. Zum anderen gibt die darin vorgenommene begriffliche Unterscheidung zwischen Oberflächen-, Grund- und erdgebundenem Wasser - Begriffe, die in den Versicherungsbedingungen der Beklagten für Überschwemmungsschäden nicht aufgenommen sind - für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs nichts her. Die beim Berufungsgericht möglicherweise bestehende Vorstellung, daß dem Eintritt von Überflutungswasser in Erdreich - und sei es auch nur in eine künstliche Anschüttung - ein sonst gegebener Ursachenzusammenhang unterbrochen werde, ist mit den in den BEW vorgegebenen Kausalitätsvoraussetzungen nicht zu vereinbaren. Der vom Berufungsgericht - für seinen Lösungsweg nachvollziehbar - vorausgesetzte qualifizierte Ursachenzusammenhang zwischen der Überschwemmung und dem eingetretenen Schaden in dem Sinne, daß die Überschwemmung unmittelbar zu dem Gebäudeschaden geführt haben muß, beruht auf einer fehlerhaften Auslegung der Versicherungsbedingungen.
Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der si ch bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbar verfolgten Zwecks und Sinnzusammenhangs darum be-

müht, das Bedingungswerk zu erfassen (vgl. BGHZ 84, 268, 272; 123, 83, 85 und ständig) erschließt sich das vom Berufungsgericht offenbar zugrunde gelegte Verständnis nicht, daß Ersatz nur dann geleistet werden soll, wenn überflutendes Wasser unmittelbar (oberirdisch) in das Gebäude eindringt.

a) Auch das Berufungsgericht muß zunächst einräume n, daß die Bedingungen der Beklagten für Überschwemmungsschäden - anders als etwa für Blitzschlag und Sturm (Ziff. 5.2 und 8.2.1 VGB) - gerade keine Einschränkung auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der versicherten Gefahr "Überschwemmung" und dem Gebäudeschaden enthalten. Nach dem Wortlaut - Ausgangspunkt jeder Auslegung - fordert Ziff. 2.1 BEW nur, daß die versicherten Sachen "durch" eine Überschwemmung beschädigt werden. Damit genügt für den Versicherungsnehmer erkennbar der bloße Ursachenzusammenhang ohne weitere qualifizierende Beschränkungen, um die Ersatzpflicht des Versicherers auszulösen.
Aus der Definition der Überschwemmung in Ziff. 3.1 BEW kann sich ihm nichts anderes erschließen, weil die Überflutung sich allein auf den Grund und Boden bezieht. Eine Sichtweise, überflutendes Wasser müsse sich unmittelbar auf die beschädigte Sache selbst ausgewirkt haben , wird davon nicht getragen oder auch nur unterstützt.

b) Verstärkt wird diese Einschätzung durch den Bli ck auf die - vom Berufungsgericht selbst angeführten - Regelungen anderer Elementarschäden , die das Unmittelbarkeitserfordernis enthalten. So ist beim Blitzschlag ein unmittelbares Auftreffen des Blitzes und beim Sturmschaden

eine unmittelbare Einwirkung auf die versicherte Sache erforderlich. Im Umkehrschluß muß sich dem verständigen Versicherungsnehmer geradezu aufdrängen, daß für Überschwemmungsschäden der Versicherer seine Leistungspflicht nicht von einem unmittelbaren Zusammenhang abhängig machen wollte.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lass en sich für den Versicherungsnehmer auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung keine strengeren Anforderungen an den Ursachenzusammenhang ableiten. Der vom Berufungsgericht für seine abweichende Auffassung herangezogene Ausschluß von Grundwasserschäden in Ziff. 6.2.2 VGB betrifft die von der Allgemeinen Wohngebäudeversicherung erfaßte Gefahr von Schäden durch Leitungswasser. Dieser Versicherungsschutz wird durch den Ausschluß bestimmter in Ziff. 6.2.1 bis 6.2.8 aufgezählter Risiken eingeschränkt. Diese Risikoausschlüsse gelten jedoch nur für die versicherte Gefahr, auf die sie sich beziehen; auf andere Gefahrengruppen sind sie nicht (entsprechend) anzuwenden (vgl. Dietz, aaO F. 4).
Zudem schließt Ziff. 6.2.2 VGB zusätzlich Schäden durch stehende oder fließende Gewässer und Witterungsniederschläge vom Leitungswasserversicherungsschutz aus. Diese sollen aber ihrerseits durch die den Versicherungsschutz auf Überschwemmungsschäden erweiternden BEW gerade gedeckt werden. Angesichts dessen wird ein verständiger Versicherungsnehmer nicht zu dem vom Berufungsgericht gezogenen Schluß kommen können, daß Ziff. 6.2.2 VGB der Abgrenzung zum Versicherungsfall "Überschwemmung" dienen, im Ergebnis also dessen Einschränkung bewirken soll.


c) Ob die Überlegungen des Berufungsgerichts zu de n geophysikalischen Zusammenhängen von Oberflächenwasser und Grundwasser zutreffen , bedarf keiner Erörterung. Darauf und auf die angebliche Abhängigkeit des Versicherungsschutzes von Zufälligkeiten des Grundstückzuschnitts kommt es ebenso wenig an wie auf die von der Beklagten vorgenommene bedenkliche Gleichstellung von Grund- und erdgebundenem Wasser. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Rückgriff auf die vom Oberlandesgericht Karlsruhe (aaO) eingeführte, für die Kausalitätsfrage allein eher aussagearme begriffliche Abgrenzung frühzeitig den Blick dafür verstellt, daß es nach der Prüfung, ob bedingungsgemäß eine Überschwemmung eingetreten war, nur darum geht festzustellen, ob die eingetretenen Schäden dadurch herbeigeführt worden sind, mithin adäquate Kausalität gegeben ist.
Das ist nach dem unterschiedlichen Vortrag der Par teien noch nicht abschließend zu beurteilen. Während die Kläger behaupten, auf ihrem Grundstück befindliches Wasser des W.sees sei durch die Kellerwand in den Keller eingedrungen und habe die Schäden verursacht, ist der Vortrag der Beklagten dahin zu verstehen, daß unabhängig von dem überflutenden Seewasser das Grundwasser gestiegen und in das Haus eingedrungen sei. Diesem gegensätzlichen Vorbringen der Parteien wird das Berufungsgericht gegebenenfalls unter sachverständiger Be-

ratung nachzugehen haben, um die gebotenen Feststellungen zum Ursachenzusammenhang treffen zu können. An einer eigenen Entscheidung in der Sache ist der Senat deswegen und wegen der möglicherweise noch festzustellenden Schadenshöhe gehindert.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
16
Entgegen der Auffassung der Revision folgt etwas anderes nicht aus der Senatsrechtsprechung zu Ausschlussklauseln (Senatsurteile vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 289/13, VersR 2015, 318; vom 23. Juni 2004 - IV ZR 130/03, BGHZ 159, 360), die den Versicherungsschutz einschränken und deren Auslegung daher besonderen Regeln unterliegt (vgl. nur Senatsurteil vom 10. April 2019 - IV ZR 59/18, r+s 2019, 326 Rn. 21 m.w.N.). Rückschlüsse für die vorliegend in Rede stehende Klausel , die den Versicherungsschutz über Unfälle im Sinne von Ziffer 1.3 AUB 2010 hinaus erweitert, kommen nicht in Betracht (a.A. Kloth/Piontek, r+s 2017, 505, 508 mit Fn. 32; Kloth/Tschersich, r+s 2015, 276, 279).
21
c) Demgemäß kommt es für die Auslegung der hier in Rede stehenden Ausschlussklausel auf die Verständnismöglichkeiten und auch auf die Interessen des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Versicherteninteresse bei Risikoausschlussklauseln in der Regel dahin geht, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rechtsprechung des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (vgl. nur Senatsurteile vom 8. Mai 2013 - IV ZR 233/11, r+s 2013, 382 Rn. 41; vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 187 f. [juris Rn. 24]; vom 17. März 1999 - IV ZR 89/98, VersR 1999, 748 unter 2 a [juris Rn. 10]; jeweils m.w.N.). Auch nach diesem engen Maßstab greift die Klausel im Streitfall jedoch ein.