Bundesgerichtshof Urteil, 05. Nov. 2009 - III ZR 6/09

bei uns veröffentlicht am05.11.2009
vorgehend
Oberlandesgericht Karlsruhe, 3 U 36/06, 05.12.2008
Landgericht Karlsruhe, 4 O 790/05, 20.06.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 6/09
Verkündet am:
5. November 2009
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Abschluss eines Vertrags, durch den ein Betreuer den Betreuten zur Vergütung
von Dienstleistungen verpflichtet (§ 611 Abs. 1 BGB), bedarf keiner vormundschaftsgerichtlichen
Genehmigung nach § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1812
Abs. 1 Satz 2 BGB.
BGH, Urteil vom 5. November 2009 - III ZR 6/09 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. November 2009 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dörr, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger hat die Beklagte, die unter Betreuung steht, auf Zahlung von 8.000 € mit der Begründung in Anspruch genommen, der vormalige Betreuer der Beklagten habe ihn im Herbst 2004 damit beauftragt, für die Beklagte persönliche Dienstleistungen verschiedenster Art zu erbringen. Vereinbart worden sei eine Pauschalvergütung von 5.000 € pro Monat zuzüglich Benzinkostenerstattung. Abzüglich einer Teilzahlung durch den Betreuer in Höhe von 2.500 € stehe ihm für die Zeit von Mitte Oktober bis Mitte Dezember 2004 noch der geforderte Restbetrag zu.
2
Die Beklagte hat geltend gemacht, dass es zu einem Vertragsschluss nicht gekommen, ein solcher lediglich beabsichtigt gewesen sei. Im Übrigen hat sie sich unter anderem damit verteidigt, ein etwaiger Vertrag hätte nach § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1812 BGB der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedurft.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht ihr in Höhe von 3.666 € stattgegeben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die zulässige Revision ist nicht begründet.

I.


5
Berufungsgericht Das hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme festgestellt, dass der vormalige Betreuer der Beklagten für diese mit dem Kläger den behaupteten Dienstvertrag mit einer Vergütung von 5.000 € pro Monat abgeschlossen hat, der Kläger aber nur in der letzten Oktoberwoche und im November für die Beklagte tätig gewesen sei. Einer Genehmigung des Vormundschaftsgerichts habe es nicht bedurft. Der Abschluss des Vertrags stelle keine Verfügung im Sinne des § 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB und auch keine Verpflichtung zu einer solchen Verfügung im Sinne des § 1812 Abs. 1 Satz 2 BGB dar. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne nicht jedes Rechtsgeschäft, zu dessen Erfüllung über Vermögenswerte der zu betreuenden Person verfügt werden müsse, der Genehmigungspflicht unterstellt werden. Denn § 1812 Abs. 1 BGB bezwecke, wie der Wortlaut und auch die Entstehungsgeschichte der Norm deutlich machten, keinen umfassenden, sondern nur einen auf bestimmte rechtsgeschäftliche Vorgänge beschränkten Schutz. Alle Verpflichtungsgeschäfte des Betreuers einer Genehmigungspflicht zu unterstellen, überschreite die Grenzen einer zulässigen Auslegung.

II.


6
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
7
1. Zu Unrecht wendet sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zum Abschluss eines Dienstvertrags.
8
a) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters , an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dies kann lediglich überprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und die Grenzen des § 286 Abs. 1 ZPO gewahrt hat. Damit unterliegt der Nachprüfung nur, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH, Urteile vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 425/02 - NJW-RR 2004, 425 f; vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03 - NJW-RR 2005, 558; Senat, Urteil vom 19. Juni 2008 - III ZR 46/06 - NJW-RR 2008, 1484, 1485, Rn. 22).
9
b) Diesen Anforderungen genügt die Beweiswürdigung.
10
aa) Die Revision rügt insoweit auch nur, das Berufungsgericht habe die Annahme eines Vertragsschlusses nicht darauf stützen dürfen, dass der Zeuge R. - Leiter der Betreuungsbehörde - ein sofortiges Tätigwerden des Klägers im Interesse der Betreuten für dringend erforderlich gehalten habe. Denn es komme nicht auf R. , sondern auf den damaligen Betreuer Rechtsanwalt S. und damit darauf an, dass dieser mündlich eine verbindliche Regelung habe treffen wollen. Rechtsanwalt S. habe indessen ausgesagt, er habe dem Kläger mitgeteilt, dass der Vertrag durch das Vormundschaftsgericht genehmigt werden müsse. Hieraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass der Zeuge noch keine Einigung habe herbeiführen wollen , vielmehr den Kläger nur darauf hingewiesen habe, dass dieser vor Erteilung der Genehmigung auf eigenes Risiko tätig werde.
11
bb) Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass zum einen sich die Formulierung im angefochtenen Urteil ("dass nach dem überzeugenden Bericht der Zeugen, insbesondere des Zeugen R. , ein sofortiges Tätigwerden zur Konsolidierung der überaus labilen psychischen Befindlichkeit der Beklagten dringend erforderlich war") auf beide Zeugen bezieht, wobei die Aussage des Zeugen R. lediglich hervorgehoben wurde, und zum anderen der von dem Zeugen S. bekundete Hinweis auf die Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrages sich nicht auf die Unterredung bezieht, bei der nach der Überzeugung des Berufungsgerichts eine verbindliche Einigung erzielt wurde , sondern eine zeitlich viel spätere Besprechung am 24. November 2004 be- trifft. Im Übrigen steht die etwaige Notwendigkeit einer Genehmigung nicht der Annahme entgegen, dass sich die Parteien des Vertrags bereits vorher mit Rechtsbindungswillen geeinigt haben. Insoweit hat der Zeuge S. bei seiner Vernehmung auch selbst deutlich gemacht, dass er mit einer entgeltlichen Dienstleistungstätigkeit des Klägers für die Beklagte einverstanden war. Dementsprechend hat er, worauf das Berufungsgericht im Tatbestand seines Urteils ausdrücklich hinweist, als Bevollmächtigter der Beklagten im PKHVerfahren mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2005 den Abschluss des Vertrags "unstreitig gestellt". Erst nach Betreuer- und Anwaltswechsel ist der Abschluss im Klageverfahren bestritten worden.
12
2. Eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts war nicht notwendig.
13
Nach § 1902 BGB vertritt der Betreuer in seinem Aufgabenkreis den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich. Diese umfassende Vertretungsmacht wird in den nachfolgenden Bestimmungen für einige Bereiche eingeschränkt und von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig gemacht (§§ 1904, 1905 BGB bei bestimmten ärztlichen Maßnahmen; § 1906 bei der Unterbringung; § 1907 BGB für die Kündigung eines Mietverhältnisses sowie den Abschluss bestimmter mehrjähriger Vertragsverhältnisse; § 1908 BGB bei der Ausstattung). Darüber hinaus sind nach § 1908i BGB verschiedene Vorschriften des Vormundschaftsrechts auf die Betreuung sinngemäß anzuwenden und führen zu einer weiteren Einschränkung der Vertretungsmacht des Betreuers. Nach dem insoweit gemäß § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anwendbaren § 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Betreuer über eine Forderung oder über ein anderes Recht, kraft dessen der Betreute eine Leistung verlangen kann, sowie über ein Wertpapier des Betreuten nur mit Genehmigung des Gegenbetreuers verfügen, sofern nicht nach den §§ 1819 bis 1822 BGB die Ge- nehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. Das Gleiche gilt von der Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1812 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ist ein Gegenbetreuer - wie hier - nicht vorhanden , so tritt an die Stelle seiner Zustimmung die des Vormundschaftsgerichts , sofern nicht die Betreuung von mehreren Betreuern gemeinschaftlich geführt wird (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1812 Abs. 3 BGB). Einschränkend bestimmt § 1813 BGB, dass das Zustimmungserfordernis im Falle der Annahme einer geschuldeten Leistung - Verfügung über die zugrunde liegende Forderung auf Leistung im Sinne des § 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB - in bestimmten Fällen entfällt, so unter anderem wenn der Gegenstand der Leistung nicht in Geld oder Wertpapieren besteht (Abs. 1 Nr. 1) oder wenn der (Zahlungs-)Anspruch nicht mehr als 3.000 € beträgt (Abs. 1 Nr. 2).
14
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der abgeschlossene Dienstvertrag nicht der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedurfte. Gegenstand war weder eine Verfügung im Sinne von § 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB noch eine Verpflichtung zu einer solchen Verfügung im Sinne von § 1812 Abs. 1 Satz 2 BGB.
15
a) Unter einer Verfügung versteht man ein Rechtsgeschäft, durch das der Verfügende auf ein Recht unmittelbar einwirkt, es also entweder auf einen Dritten überträgt oder mit einem Recht belastet oder das Recht aufhebt oder es sonstwie in seinem Inhalt ändert (vgl. nur BGHZ 1, 294, 304; 75, 221, 226; 101, 24, 26). Der Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrags, durch den für die Beteiligten obligatorische Rechte und Pflichten begründet werden, fällt hierunter nicht.
16
b) Der vormalige Betreuer hat die Beklagte auch nicht zu einer der Genehmigung bedürftigen Verfügung verpflichtet. Allerdings muss der Dienstberechtigte nach § 611 Abs. 1 BGB die vereinbarte Vergütung zahlen. Zur Erfüllung des Vertrags ist deshalb die Verfügung über Vermögenswerte des Betreuten notwendig, sei es, dass das Entgelt aus dem vorhandenen Barvermögen des Betreuten bezahlt wird, sei es, dass der Betreuer den geschuldeten Betrag von einem Konto des Betreuten an den Dienstverpflichteten überweist oder zum Zwecke der Weiterleitung abhebt. Inwieweit im Einzelfall entsprechende Handlungen ihrerseits nach §§ 1812, 1813 BGB genehmigungspflichtig sind, kann dahinstehen. Denn dies würde jedenfalls nicht zu einer Genehmigungsbedürftigkeit des zugrunde liegenden Dienstvertrags führen.
17
aa) § 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB betrifft nach seinem Wortlaut nicht jede, sondern nur ganz bestimmte Verfügungen über das Vermögen des Mündels. So sind z.B. Verfügungen über bewegliche Sachen wie etwa Bargeld, Schmuck oder sonstige Kostbarkeiten vom Wortlaut nicht erfasst. § 1812 Abs. 1 Satz 2 BGB erstreckt das Genehmigungserfordernis nicht allgemein auf die Begründung von Verpflichtungen zu Lasten des Mündels, sondern nur auf die zu einer Verfügung im Sinne von Satz 1. Eine unmittelbare Verpflichtung zu einer Verfügung "über eine Forderung oder ein anderes Recht, kraft dessen der Mündel eine Leistung verlangen kann, sowie über ein Wertpapier des Mündels" wird durch die mit dem Abschluss eines Dienstvertrags verbundene Pflicht zur Vergütung (§ 611 BGB) aber nicht begründet. Wie der Dienstberechtigte seine Vergütungspflicht erfüllt, steht ihm frei, wird mithin nicht bereits durch den Vertragsschluss rechtlich im Sinne einer Verfügung über eine Rechtsposition im Sinne des § 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgegeben. Insoweit spricht der Wortlaut der Norm eher dagegen, Verträge der streitgegenständlichen Art unter § 1812 Abs. 1 Satz 2 BGB zu subsumieren.

18
bb) Diese eingeschränkte Reichweite des § 1812 Abs. 1 BGB entspricht dem Willen des historischen Gesetzgebers.
19
(1) Bei der Gestaltung des Vormundschaftsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat die Preußische Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 (Gesetz -Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, 1875, S. 431) als Vorbild gedient. Diese sah - ausgehend von der dem Vormund obliegenden Sorge für die Person sowie die Vermögensangelegenheiten des Mündels (§ 27) und unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass der Mündel durch in seinem Namen vom Vormund vorgenommene Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet wird (§ 29) - in § 41 eine Genehmigung des Gegenvormunds nur zur Veräußerung von Wertpapieren, zur Einziehung, Abtretung oder Verpfändung von Kapitalien (sofern dieselben nicht bei Sparkassen belegt waren) und zur Aufgabe oder Minderung der für eine Forderung bestellten Sicherheit vor. Das Bürgerliche Gesetzbuch hat insoweit das preußische Prinzip der Selbständigkeit des Vormunds, das lediglich in einigen konkret im Gesetz aufgeführten, nach Meinung des Gesetzgebers wichtigen Einzelfällen eingeschränkt ist, bewusst übernommen und sich nicht zuletzt aus Gründen der Praktikabilität sowie im Hinblick auf die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs gegen einen allumfassenden Schutz des Mündels vor etwaigen unzweckmäßigen oder böswilligen Handlungen des Vormunds durch Einführung allgemeinerer Genehmigungserfordernisse entschieden (vgl. Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. IV, Motive, S. 1010; 1022 ff; 1082 ff; 1122 ff). Hierbei zielte das Genehmigungserfordernis in § 1812 Abs. 1 BGB auf die vom Gesetzgeber als besonders schutzbedürftig angesehenen Leistungsansprüche des Mündels ab und sollte der Gefahr entgegenwirken, dass mit der Erfüllung der Obligation der Gegenstand der Leistung im Vermögen des Mün- dels an die Stelle des aufgehobenen Anspruchs tritt und dass nach der Natur dieses Gegenstands eine Schädigung des Mündels durch Verfügungen des Vormunds erleichtert wird. Das Erfordernis der Genehmigung hatte vornehmlich die praktische Bedeutung, dass dem Vormund die Umsetzung des Anspruchs in ein leichter entziehbares Objekt ohne die Kenntnisnahme des Gegenvormunds verwehrt wird, wobei eine erhebliche Gefährdung des Mündels insoweit gesehen wurde, als Geld oder Wertpapiere Gegenstand der Leistung waren (Mugdan , aaO, Motive S. 1125). Die Ausnahmen von der Genehmigungspflicht in § 1813 BGB wurden vor diesem Hintergrund deshalb als notwendig empfunden, da anderenfalls die Regelung geeignet sei, dem Vormund die Vermögensverwaltung unnötig zu erschweren, und dies auch im Rechtsverkehr als lästig empfunden werde (Mugdan, aaO, Motive S. 1125). Dagegen sollte die Verfügung über bewegliche Sachen des Mündels - auch Geld und Kostbarkeiten - als solche nicht vom Genehmigungserfordernis erfasst werden (Mugdan, aaO, Motive S. 1128 f; Protokolle S. 6394), hier der Schutz des Mündels nur über die Regelungen zur allgemeinen zivil- und gegebenenfalls strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Vormunds erfolgen (siehe auch Mugdan, aaO, Motive S. 1086).
20
(2) Der historische Gesetzgeber ist in diesem Zusammenhang ersichtlich nicht von der Genehmigungsbedürftigkeit schuldrechtlicher Verträge ausgegangen , durch die der Mündel einen Anspruch auf eine Leistung - z.B. auf Übereignung eines Kaufgegenstands, auf eine Dienst- oder Werkleistung - erwirbt, im Gegenzug notwendigerweise aber auch die Verpflichtung zu deren Bezahlung übernimmt. Es ging nicht um den Schutz vor gegebenenfalls unwirtschaftlichen Rechtsgeschäften, sondern um den Schutz vor möglichen Untreuehandlungen des Vormunds bezüglich des von ihm verwalteten Mündelvermögens (vgl. auch Erman/Saar, BGB, 12.Aufl., §1812, Rn.1; Lafontaine in jurisPraxisKommentar, BGB, 4. Aufl., § 1812, Rn. 1; Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1812, Rn. 1; RGRK-Dickescheid, BGB, 12. Aufl., § 1812, Rn. 6; Staudinger/Engler, BGB, Neubearbeitung 2004, § 1812, Rn. 2). Diese sollten dadurch erschwert werden, dass der Vormund nicht ohne Zustimmung des Gegenvormunds die in § 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB bezeichneten Rechte in leichter entziehbare Objekte, d.h. vor allem in Geld, umsetzen können sollte. Die Veränderung bestimmter Vermögensrechte in Geld, nicht aber die Begründung von Ansprüchen auf Leistung gegen Geld sollte erfasst werden. Hierbei spielte auch nicht so sehr die Möglichkeit der Versagung der Genehmigung eine Rolle - dem Gesetzgeber war durchaus bewusst, dass z.B. in den Fällen, in denen der Mündel zur Leistung verpflichtet ist, das Erfordernis der Genehmigung nur die Bedeutung hat, dass der Gegenvormund prüfen kann, ob das Recht des Vertragspartners tatsächlich besteht (Mugdan, aaO, Motive, S. 1124) - als vielmehr die dem Gegenvormund zu ermöglichende Kontrolle des Verbleibs von eingezogenem Geld (vgl. auch Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1812, Rn. 1, Staudinger/Engler, aaO, Rn. 32).
21
Damit dieser Zweck nicht vereitelt wird, stellt § 1812 Abs. 1 Satz 2 BGB dem dinglichen das obligatorische Rechtsgeschäft, das eine Verpflichtung zum dinglichen Rechtsgeschäft begründet, gleich (Mugdan, aaO, Motive, S. 1124). Der für ganz bestimmte Verfügungsgeschäfte vorgesehene Schutz in Satz 1 soll nicht umgangen werden dadurch, dass der Vormund sich zu einer solchen Verfügung schuldrechtlich verpflichtet und über den Weg einer Zwangsvollstreckung des Gläubigers ein Zustand hergestellt wird, der einer genehmigungsbedürftigen Verfügung entspricht (vgl. Erman/Saar, aaO, Rn. 12; MünchKomm/ Wagenitz, BGB, 5. Aufl., § 1812, Rn. 37; Palandt-Diederichsen, aaO, Rn. 9; RGRK-Dickescheid, aaO, Rn. 16; Soergel/Zimmermann, aaO, Rn. 10; Staudinger /Engler, aaO, Rn. 55). Der Regelung liegt somit eindeutig nicht der Wille des Gesetzgebers zugrunde, alle Verpflichtungen des Vormunds mit Wirkung für das Mündel einer umfassenden Genehmigungspflicht zu unterstellen oder allgemein Zwangsvollstreckungen von Gläubigern in nach § 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB geschützte Rechte zu verhindern und insoweit die Wirksamkeit jeglichen Verpflichtungsgeschäftes des Vormunds von der Zustimmung des Gegenvormunds abhängig zu machen.
22
cc) Dieser nur auf bestimmte rechtsgeschäftliche Vorgänge begrenzte Anwendungsbereich des § 1812 Abs. 1 BGB wird auch verdeutlicht durch die systematische Stellung der Norm im Rahmen der Regelungen über die Vermögensverwaltung in §§ 1802 ff BGB. Die Bestimmung ist inmitten der Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld sowie die Behandlung von Inhaber- sowie sonstigen Wertpapieren verortet. Soweit im Rahmen der Vermögensverwaltung nach §§ 1821, 1822 BGB die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts eingeholt werden muss, bezieht sich diese Regelung ebenfalls nur auf nach Meinung des Gesetzgebers besonders wichtige Rechtsgeschäfte.
23
dd) Auch wenn daher der Normzweck des § 1812 Abs. 1 BGB im Schutz des Mündelvermögens besteht (vgl. nur Bamberger/Roth/Bettin, BGB, 2. Aufl., § 1812, Rn. 1; Erman/Saar, aaO, Rn. 1), handelt es sich hierbei nur um einen bewusst sehr eingeschränkten Schutz. § 1812 Abs. 1 BGB stellt insoweit eine begrenzte Ausnahmevorschrift zu der im Prinzip unbeschränkten Vertretungsmacht des Vormunds dar. Der Hinweis der Beklagten auf den vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutz ihres Vermögens kann daher nicht als Rechtfertigung dienen, um die in § 1812 BGB angelegten Begrenzungen auf bestimmte Rechtsgeschäfte zu überspielen. Entgegen der Auffassung der Revision entspricht ein weiter Anwendungsbereich der Norm weder dem Wortlaut noch dem Willen des Gesetzgebers. Es ist nicht Ziel des § 1812 BGB, einen umfassenden Schutz des Mündels dergestalt zu erreichen, dass nach § 1812 Abs. 1 Satz 2 BGB alle Verpflichtungen des Mündels einer umfassenden Genehmigungspflicht zu unterstellen sind.
24
ee) Die Beklagte übersieht im Übrigen bei ihrer in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung, aus § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Verbindung mit § 1812 Abs. 1 BGB lasse sich ableiten, dass Verpflichtungsgeschäfte bis 3.000 € genehmigungsfrei, darüber hinaus aber genehmigungspflichtig seien, dass sich § 1813 Abs. 1 BGB nur auf bestimmte Fälle der Annahme einer geschuldeten Leistung bezieht, die als Verfügung über den zugrunde liegenden Anspruch auf Leistung nach § 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB der Zustimmung bedürfen. Mit der Frage, ob der Abschluss eines Dienstvertrags genehmigt werden muss, hat dies nichts zu tun. Genauso geht die Argumentation der Beklagten fehl, die in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmte lediglich "sinngemäße" Anwendung der Vorschriften über die Führung der Vormundschaft lasse Raum, sich von den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers des 19. Jahrhunderts zum Vormundschaftsrecht zu lösen und im zeitlich später entstandenen Betreuungsrecht dem "moderneren" Gedanken des Vermögensschutzes des Betreuten eine größere Bedeutung beizumessen. Denn auch das Betreuungsrecht ist in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich dadurch gekennzeichnet, dass dem Betreuer im Grundsatz eine umfassende Vertretungsmacht eingeräumt wird (§ 1902 BGB), die lediglich für nach Auffassung des Gesetzgebers besonders wichtige Bereiche eingeschränkt ist. Dementsprechend ist die Genehmigungsbedürftigkeit eines schuldrechtlichen Vertrags, wie z.B. auch § 1907 Abs. 3 BGB zeigt, die Ausnahme. Es besteht insoweit kein Grund, §§ 1812, 1813 BGB unterschiedlich zu interpretieren, je nachdem ob ein Vormund oder ein Betreuer betroffen ist.
25
ff) Da der streitgegenständliche Vertrag nicht unter § 1812 Abs. 1 BGB fällt, bedarf es keiner Entscheidung der im Schrifttum diskutierten Frage, ob der Wortlaut der Norm zu weit gefasst und deshalb deren Anwendungsbereich beschränkt werden sollte (vgl. etwa MünchKommWagenitz, aaO, Rn. 13; Erman/ Saar, aaO, Rn. 6, beide zur Begrenzung des Genehmigungserfordernisses auf Geschäfte der Vermögenssorge; Damrau, Das Ärgernis um §§ 1812, 1813 BGB, FamRZ 1984, 842; Palandt/Diederichsen, aaO, Rn. 4; Staudinger/Engler, aaO, Rn. 39 ff zur Begrenzung auf Wertpapiere und Rechte, die auf eine Geldleistung gerichtet sind; vgl. zu weiteren Eingrenzungsversuchen auch Lafontaine , aaO, Rn. 6 ff).
Schlick Dörr Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 20.06.2006 - 4 O 790/05 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 05.12.2008 - 3 U 36/06 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Nov. 2009 - III ZR 6/09

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Nov. 2009 - III ZR 6/09

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Nov. 2009 - III ZR 6/09 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Nov. 2009 - III ZR 6/09 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Nov. 2009 - III ZR 6/09 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Okt. 2004 - XI ZR 211/03

bei uns veröffentlicht am 26.10.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 211/03 Verkündet am: 26. Oktober 2004 Weber, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ___

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juni 2008 - III ZR 46/06

bei uns veröffentlicht am 19.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 46/06 Verkündet am: 19. Juni 2008 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 164, 70

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2003 - VI ZR 425/02

bei uns veröffentlicht am 14.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 425/02 Verkündet am: 14. Oktober 2003 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 05. Nov. 2009 - III ZR 6/09.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2012 - III ZR 226/12

bei uns veröffentlicht am 13.12.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 226/12 Verkündet am: 13. Dezember 2012 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§ 832,

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2019 - III ZR 198/18

bei uns veröffentlicht am 12.12.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 198/18 Verkündet am: 12. Dezember 2019 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Parteiverneh

Bundesgerichtshof Urteil, 31. Okt. 2013 - III ZR 388/12

bei uns veröffentlicht am 31.10.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 388/12 Verkündet am: 31. Oktober 2013 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 18. März 2010 - III ZR 74/09

bei uns veröffentlicht am 18.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 74/09 Verkündet am: 18. März 2010 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandl

Referenzen

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 425/02 Verkündet am:
14. Oktober 2003
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Der Tatrichter verstößt gegen § 286 Abs. 1 ZPO, wenn er den ihm unterbreiteten
Sachverhalt verfahrensfehlerhaft nicht ausschöpft und die Beweise nicht umfassend
würdigt.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 425/02 - OLG München
LG München I
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. Januar 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger fordert von dem Beklagten, einem Bankdirektor, Schadensersatz wegen des Vorwurfs täuschender Angaben bei der Bewilligung einer Bürgschaft und einer Grundschuld für an den Zeugen H. und dessen Ehefrau gewährte Kredite. Die Bank des Beklagten gewährte im März 1991 dem Ehepaar H. zwei Barkredite über 100.000 DM und 40.000 DM, die bereits per 24. April 1991 mit fast 70.000 DM überzogen waren. Sie forderte die Eheleute deshalb an diesem Tag auf, die Überziehung bis spätestens 6. Mai 1991 zurückzuführen.
Am 15. Mai 1991 übernahm der Kläger für die Verbindlichkeiten eine Höchstbetragsbürgschaft über 200.000 DM und gab für eine bereits am 8. August 1990 bestellte Grundschuld in Höhe von 200.000 DM an seinem Hausgrundstück die Zweckbestimmungserklärung ab, daß die Grundschuld Forderungen der Bank gegen das Ehepaar H. sichern solle. Zu diesem Zeitpunkt wies der Bankkredit einen Sollsaldo von rund 227.000 DM auf. Am 23. Mai 1991 räumte die Bank dem Ehepaar H. einen Ratenkredit in Höhe von 200.000 DM ein, der teilweise zur Umschuldung des Barkredits verwandt wurde, so daß im Endergebnis die weitere Krediteinräumung 100.000 DM betrug. Da das Ehepaar die Kredite nicht bediente, wurden diese am 6. August 1992 mit einem Sollsaldo von insgesamt 433.931,88 DM gekündigt. Der Kläger wurde von der Bank aus der Bürgschaft in Anspruch genommen ; sein Hausgrundstück wurde zwangsweise verwertet. Der Kläger macht den erlittenen Schaden gegen den Beklagten geltend, weil er bei der Gewährung der Kreditsicherungen von dem Zeugen H. und dem Beklagten getäuscht worden sei. Der Beklagte habe die Rückführung des ungesicherten Kredits gefährdet gesehen. Daher habe er mit dem Zeugen H. vereinbart , im Rahmen seines neuen Kreditwunsches einen Sicherungsgeber beizubringen , dem er vorspiegeln sollte, daß es um einen Erstkredit gehe, bei dessen Absicherung es sich nur um eine Formsache handle. Dies habe der Beklagte bei der der Sicherungsstellung vorausgehenden Besprechung bestätigt. Nachdem das LG die Klage abgewiesen hatte, hat das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung von 290.506,14 DM abzüglich 10.800 DM verurteilt. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Beklagte nach § 823 Abs. 2 BGB, §§ 263, 26 StGB zum Schadensersatz verpflichtet. Es ist auf Grund der Aussage des Zeugen H. davon überzeugt, der Beklagte habe diesen wegen des überzogenen und ungesicherten Kredits angesprochen und an R. verwiesen mit dem Hinweis, daß dieser jemanden – nämlich den Kläger - kenne , der ihm früher mit einer Grundschuld ausgeholfen habe. Er habe dem H. auch gesagt, dieser dürfe dem Sicherungsgeber nicht sagen, daß es sich um einen bereits laufenden Kredit handele, der schon überzogen sei, vielmehr solle er erklären, es handle sich um einen neuen Kredit, um geschäftlich expandieren zu können. Damit habe er den Kläger durch falsche Angaben und Verschweigen des wahren Sachverhalts zur Stellung von Sicherheiten bewegt. Dies habe letztlich zum Verlust von dessen Hausgrundstück geführt.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht nach § 561 ZPO a.F., § 559 ZPO gebunden ist. Revisionsrechtlich ist indessen zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozeßstoff und den Beweiser-
gebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 364; BGH, Urteile vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98 - NJW 1999, 3481, 3482 und vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - NJW 1993, 935, 937). 2. Die Revision macht mit Recht geltend, daß das Berufungsgericht unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO den ihm unterbreiteten Sachverhalt verfahrensfehlerhaft nicht ausgeschöpft und die Beweise nicht umfassend gewürdigt habe.
a) Eine tragende Erwägung der angegriffenen Entscheidung ist die Annahme , der Beklagte habe den Zeugen H. wegen des überzogenen und ungesicherten Kredits angesprochen und an R. verwiesen, dem der Kläger früher mit einer Grundschuld ausgeholfen hatte. Die „Beibringung“ des Klägers als Sicherungsgeber für den Zeugen H. habe auf dem „Beklagtentip R." beruht. Diese Würdigung stützt das Berufungsgericht entscheidend auf die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen H. und dessen Glaubwürdigkeit. Insoweit beanstandet die Revision zu Recht, daß sich das Berufungsgericht nicht mit dem Vorgang auseinandergesetzt hat, den der Zeuge G. bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung geschildert hat und den das Berufungsgericht lediglich im Tatbestand seines Urteils erwähnt, noch mit weiteren, sich im Zusammenhang mit dieser Aussage aus der beigezogenen Strafakte ergebenden objektiven Umständen, deren Berücksichtigung möglicherweise zu einem für den Beklagten günstigen Ergebnis geführt hätte. Mit Recht macht die Revision geltend, daß sich hieraus Zweifel an der Darstellung des Zeugen H. und des Klägers ergeben könnten. Sie verweist dar-
auf, daß der Kläger am 10. April 1991, also deutlich vor dem Schreiben der Bank vom 24. April 1991, durch das die Gespräche zwischen dem Beklagten und dem Zeugen H. in Gang gesetzt wurden, die Eintragung einer Grundschuld über 120.000 DM für den Zeugen G. bewilligt habe, die dann allerdings nicht zum Tragen gekommen sei. Ausweislich des Protokolls seiner erstinstanzlichen Vernehmung habe der Zeuge G. dazu ausgesagt, er habe im Zusammenhang mit einer Kreditvergabe an den Zeugen H. auf einer dinglichen Sicherheit bestanden. Dieser habe ihm dann eine nachrangige Grundschuld des Klägers gebracht. Die Sache habe sich aber dadurch erledigt, daß der Kredit nicht ausgereicht worden sei. Diese Aussage werde dadurch gestützt, daß ausweislich des vom Beklagten vorgelegten Grundbuchauszugs des Amtsgerichts R. tatsächlich am 10. April 1991 auf dem Grundstück des Klägers eine Grundschuld für den Zeugen G. bewilligt worden sei. Zudem habe der Beklagte vorgetragen, der Zeuge H. habe die Rechte und Ansprüche aus einer am 10. April 1991 abgeschlossenen Lebensversicherung über 100.000 DM an den Kläger abgetreten. Die Revision weist insoweit darauf hin, daß sich aus dem amtsgerichtlichen Strafurteil gegen den Zeugen H. und aus dem in der beigezogenen Strafakte befindlichen Lebensversicherungsantrag ergebe, daß der Zeuge H. am 10. April 1991 einen solchen Lebensversicherungsvertrag beantragt habe und der Kläger im Ablebensfall als Begünstigter eingesetzt worden sei.
b) Die vorstehend erörterten Gesichtspunkte sind geeignet, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts in Frage zu stellen. Es ist nicht ausgeschlossen , daß das Berufungsgericht bei Berücksichtigung dieses Sachvortrags die Glaubwürdigkeit des Zeugen H. und des Klägers sowie die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben für den Beklagten günstiger gewürdigt hätte. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß sowohl der Zeuge H. als auch der Kläger schriftsätzlich
und bei ihren Aussagen vor dem Berufungsgericht die Sache so dargestellt ha- ben, daß sie sich erst nach dem Tip des Beklagten und zeitlich erst im Mai 1991 kennengelernt hätten. Daran haben sie in Kenntnis der abweichenden Darstellung des Beklagten und auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht festgehalten. Ihre Behauptung wird jedoch durch die Aussage des Zeugen G. und durch die im Zusammenhang mit dem "Vorgang G." vorliegenden Unterlagen in Frage gestellt. 3. Deshalb kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Bei der neuerlichen Beweiswürdigung wird das Berufungsgericht auch die unterschiedliche Darstellung der Parteien zum Zeitpunkt der Bekanntschaft zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. zu würdigen haben, soweit sich hieraus Schlüsse auf die Überzeugungskraft und Glaubhaftigkeit der Aussagen ergeben. Es wird auch Gelegenheit haben, das weitere Vorbringen der Revision zu berücksichtigen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 211/03 Verkündet am:
26. Oktober 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zum Vorsatz des Geschäftsführers einer Optionsgeschäfte ohne ausreichende
Risikoaufklärung vermittelnden GmbH, Kapitalanleger in sittenwidriger Weise zu
schädigen.
BGH, Urteil vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03 - OLG Hamm
LG Hagen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Mai 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 31. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten im Urkundenprozeß auf Schadensersatz für Verluste aus Terminoptionsgeschäften an USamerikanischen Börsen in Anspruch.
Der Beklagte ist Mitgeschäftsführer einer GmbH, di e gewerbsmäßig Optionsgeschäfte vermittelt. Die Klägerin, eine Zahntechnikerin,
schloß mit der GmbH am 31. März 1994 einen Optionsvermittlungs- und Betreuungsvertrag. Dieser enthielt eine Risikoaufklärung, die die Klägerin gesondert unterschrieb. Ferner erhielt sie die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels". Bis zum 23. Juni 1994 zahlte die Klägerin der GmbH 90.000 DM, die an einen US-amerikanischen Broker weitergeleitet und für Optionsgeschäfte verwandt werden sollten. Hierbei hatte die Klägerin außer der Optionsprämie Gebühren der GmbH von bis zu 37,5% der Prämie und Kommissionen des Brokers in Höhe von 90 US-Dollar je Geschäft zu entrichten. Die Optionsgeschäfte endeten insgesamt verlustreich.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Geschäfte aufgeklärt und durch den Abschluß einer Vielzahl von Geschäften Gebühren geschunden ("churning"). Der Beklagte behauptet, der Broker habe der Klägerin per Scheck 4.044,58 US-Dollar zurückgezahlt, und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage auf Zahlung von 90.000 DM nebst Zinsen i st in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nachdem der erkennende Senat das Berufungsurteil aufgehoben hat (WM 2002, 1445 ff.), hat das Berufungsgericht die Berufung erneut zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im wesentlichen ausgeführt:
Ein vorsätzliches Handeln des Beklagten im Sinne d es § 826 BGB sei nicht feststellbar. Aufgrund der Entscheidung, mit der der Senat das erste Berufungsurteil aufgehoben hat, sei zwar davon auszugehen, daß die Klägerin nicht ausreichend aufgeklärt worden sei, weil in dem schriftlichen Aufklärungsmaterial der Hinweis fehle, daß der Aufschlag auf die Optionsprämie vor allem Anleger, die - wie die Klägerin - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos mache. Dieser Hinweis sei jedoch erstmals im Urteil des Senats vom 16. November 1993 (XI ZR 214/92, WM 1994, 149 ff.) gefordert worden, das unmittelbar vor Abschluß des Vertrages mit der Klägerin veröffentlicht worden sei. Der Beklagte habe hierzu unwidersprochen vorgetragen, die GmbH habe einen Rechtsanwalt beauftragt , die Aufklärungsbroschüre jeweils auf den neuesten Stand der Rechtsprechung zu bringen. Man könne darüber streiten, ob die seit Juli 1994 verwendete Neufassung der Broschüre den Anforderungen des Urteils des Senats vom 16. November 1993 genüge. Jedenfalls könne dem
Geschäftsführer einer Options-Vermittlungs-GmbH nicht der Vorwurf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemacht werden, wenn er einen Rechtsanwalt beauftragt habe, die Aufklärung den Anforderungen der Rechtsprechung anzupassen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein vorsätzl iches Handeln des Beklagten sei nicht feststellbar, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (BGH, Urteile vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890 und vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1770; jeweils m.w.Nachw.). Solche Rechtsfehler liegen hier, wie die Revision zu Recht rügt, vor.
1. Bereits der rechtliche Ausgangspunkt des Berufu ngsgerichts ist fehlerhaft. Dieses ist zu Unrecht davon ausgegangen, der Hinweis, daß Erwerber mehrerer verschiedener Optionen aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos seien, sei erstmals in dem Urteil des Senats vom 16. November 1993 (BGHZ 124, 151, 155 f. = WM 1994, 149, 150) gefordert worden. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat, vom Berufungsgericht übersehen, schon in einem Urteil vom
11. Januar 1988 (II ZR 134/87, WM 1988, 291, 293) entschieden, daß Anleger darüber aufzuklären sind, daß der Gebührenaufschlag auf die Optionsprämie eine Gewinnerwartung praktisch ausgrenzt. Diese Aufklärung , die mit dem vom Senat geforderten Hinweis auf die praktische Chancenlosigkeit des Anlegers inhaltlich gleichbedeutend ist, fehlt in dem der Klägerin ausgehändigten Informationsmaterial. Dieses erweckt vielmehr, wie der Senat in seinem ersten Revisionsurteil im einzelnen ausgeführt hat, durch zahlreiche Formulierungen den falschen Eindruck realistischer Gewinnchancen. Auch angesichts dieser irreführenden Darstellung kann der Vorsatz des Beklagten nicht mit der Begründung verneint werden, er habe die Erforderlichkeit des Hinweises auf die praktische Chancenlosigkeit bei Abschluß des Vertrages mit der Klägerin noch nicht kennen können.
2. Auch die Würdigung der Bemühung des Beklagten, das Informationsmaterial mit Hilfe eines Rechtsanwalts den Anforderungen der Rechtsprechung anzupassen, ist rechtfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat die Ambivalenz dieses Verhaltens verkannt (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 22. Januar 1991 - VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895 f.). Der Beklagte muß bei seiner Bemühung nicht das Ziel verfolgt haben, die Anleger sachgerecht aufzuklären. Er könnte ebensogut die Absicht gehabt haben, durch die - unvollständige - Zitierung einschlägiger Gerichtsentscheidungen , so etwa auf Seite 7 der seit Juli 1994 verwendeten Neufassung der Informationsbroschüre "Kurzgefaßte Einführung in die Grundsätze des Termingeschäfts", Haftungsrisiken zu verringern, ohne die Anleger sachgerecht aufzuklären. Dafür spricht, daß auch diese Neufassung , wie der Senat in seinem in anderer Sache gegen den Beklagten ergangenen Urteil vom 21. Oktober 2003 (XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242,
2245 f.) näher ausgeführt hat, nicht klar genug zum Ausdruck bringt, daß der Gebührenaufschlag Erwerber mehrerer verschiedener Optionen aller Wahrscheinlichkeit nach praktisch chancenlos macht.
Hinzu kommt, daß Formulierungen in Entscheidungen des Senats ohnehin nicht dazu dienen, den Text festzulegen, mit dem unerfahrene Optionsinteressenten ausreichend aufgeklärt werden könnten (Senat, BGHZ 124, 151, 155), und daß auch ein nach anwaltlicher Beratung fortbestehender Irrtum über die Reichweite der Aufklärungspflicht vorsätzliches Handeln nicht ausschließt (Senat, BGHZ 124, 151, 163; Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2315).

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen
22
aa) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters , an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich überprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und die Grenzen des § 286 Abs. 1 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Damit unterliegt der Nachprüfung nur, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander gesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt (z.B.: BGH, Urteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03 - NJW-RR 2005, 558 und vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 425/02 - NJW-RR 2004, 425 f jeweils m.w.N.).

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.