Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2004 - III ZR 227/02

bei uns veröffentlicht am25.03.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 227/02
Verkündet am:
25. März 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Steht ein Baugenehmigungsantrag in Widerspruch zu einer nachträglich beschlossenen
Veränderungssperre, so hat die Bauaufsichtsbehörde, wenn sie
einen formellen Mangel der Sperre feststellt, der Gemeinde vor der Entscheidung
Gelegenheit zu geben, diesen zu beheben.
BGH, Urteil vom 25. März 2004 - III ZR 227/02 - OLG Celle
LG Hannover
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger zu 2 bis 4 gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des Klägers zu 1 gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 11. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger zu 1 63 v.H., die Kläger zu 2 bis 4 37 v.H. Im übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Kläger zu 2 bis 4 sind Eigentümer eines im Zentrum von B. belegenen bebauten Grundstücks, in dem sich früher eine Apotheke befunden hatte. Sie vermieteten die Geschäftsräume im Oktober 1996 an den Kläger zu 1, der darin eine Spielhalle betreiben wollte; diese Nutzung war nach der seinerzeitigen planerischen Ausweisung des betreffenden Gebiets als Kerngebiet zulässig. Ende November 1996 beantragte der Kläger zu 1 bei dem Landkreis H. , dem Rechtsvorgänger der Beklagten - im folgenden durchgängig selbst als "die Beklagte" bezeichnet -, als zuständiger Bauaufsichtsbehörde eine entsprechende Nutzungsänderungsgenehmigung. Die Gemeinde B. nahm dies zum Anlaß, eine Planungsänderung einzuleiten , um diese ihr unerwünschte Nutzung zu verhindern. Sie faßte am 5. Dezember 1996 einen Planaufstellungsbeschluß mit dem Ziel "Ausschluß von Spielhallenbetrieben" und erließ am gleichen Tag eine entsprechende Veränderungssperre. Am 30. Januar 1997 wurde im Amtsblatt des Rechtsvorgängers der Beklagten nur die Veränderungssperre, nicht dagegen der Planaufstellungsbeschluß , bekanntgemacht. Bereits zuvor hatte die Beklagte auf Antrag der Gemeinde mit Bescheid vom 6. Januar 1997 den Bauantrag des Klägers zu 1 zunächst bis zum 31. März 1997 zurückgestellt. In dem Widerspruchsverfahren , das der Kläger zu 1 hiergegen führte, erklärten die Kläger zu 2 bis 4, daß der Bauantrag auch in ihrem Namen gestellt worden sei.
Mit an den Kläger zu 1 gerichtetem Bescheid vom 5. Juni 1997 lehnte die Beklagte den Bauantrag endgültig ab. Im Zuge des von dem Kläger zu 1 einerseits und den Klägern zu 2 und 3 als Eigentümergemeinschaft andererseits geführten Widerspruchsverfahrens bemerkte die Bezirksregierung
H. als Widerspruchsbehörde, daß die Bekanntmachung des Planauf- stellungsbeschlusses unterblieben war. Sie setzte die Gemeinde B. , nicht jedoch die Kläger, hiervon in Kenntnis. Die Gemeinde holte daraufhin die Bekanntmachung des Planaufstellungsbeschlusses nach und machte auch die Veränderungssperre erneut bekannt. Mit Bescheid vom 31. März 1998 wies die Bezirksregierung die Widersprüche der Kläger zurück, und zwar denjenigen des Klägers zu 1 als unbegründet und denjenigen der Kläger zu 2 und 3 als unzulässig. Auch die hiergegen gerichtete verwaltungsgerichtliche Klage der Kläger zu 1 bis 3 wurde als unzulässig abgewiesen.
Die Kläger sind der Auffassung, daß die ursprüngliche Zurückweisung des Baugesuchs durch die Beklagte rechtswidrig gewesen sei, da sie damals keine wirksame planungsrechtliche Grundlage gehabt habe. Sie nehmen daher die Beklagte unter den Gesichtspunkten der Amtshaftung und des enteignungsgleichen Eingriffs auf Ersatz des ihnen durch die Versagung entstandenen Schadens in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage der Kläger zu 2 bis 4 bestätigt, jedoch den Zahlungsanspruch des Klägers zu 1 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die von ihm begehrte Feststellung einer weitergehenden Schadensersatzpflicht getroffen. Hiergegen richten sich die vom Senat zugelassenen Revisionen der Beklagten einerseits und der Kläger zu 2 bis 4 andererseits. Die Beklagte erstrebt volle Klageabweisung; die Kläger zu 2 bis 4 verfolgen ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe


I.


Die Revision der Beklagten:
Die Revision der Beklagten führt, soweit zu deren Nachteil erkannt, das heißt der Anspruch des Klägers zu 1 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Feststellung getroffen worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden landgerichtlichen Urteils. Dem Kläger steht der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) gegen die Beklagte nicht zu.
1. Allerdings mag zugunsten des Klägers zu 1 davon ausgegangen werden , daß der entscheidende bauordnungsbehördliche Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 1997, nämlich die Ablehnung des Bauantrags, rechtswidrig gewesen war, da er in der (bis dahin noch nicht wirksam gewordenen) Veränderungssperre keine Rechtsgrundlage gehabt hatte. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Veränderungssperre mangels Bekanntmachung des Planaufstellungsbeschlusses durch die Gemeinde B. zunächst nicht wirksam geworden war. Das Vorliegen eines Aufstellungsbeschlusses ist bundesrechtlich materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlaß einer Veränderungssperre (BVerwGE 79, 200, 205). Fehlt ein (wirksamer ) Aufstellungsbeschluß, so ist eine gleichwohl erlassene Veränderungssperre nichtig. Bundesrechtlich hängt die Wirksamkeit des Aufstellungsbeschlusses gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB von seiner ortsüblichen Bekannt-
machung ab (BVerwG ZfBR 1992, 292; zum Ganzen: BerlKomm/Lemmel, BauGB, 3. Aufl. Stand August 2002 § 14 Rn. 6).
2. Unrichtig ist jedoch die hieraus gezogene Folgerung des Berufungsgerichts , die Beklagte hätte bei richtiger Sachbehandlung dem Bauantrag (zumindest des Klägers zu 1) stattgeben müssen.

a) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Amtsträger der Beklagten insoweit überhaupt eine Prüfungspflicht hinsichtlich der Wirksamkeit der nicht von der Beklagten selbst, sondern von der Gemeinde B. in Ausübung von deren gemeindlicher Planungshoheit aufgestellten Veränderungssperre gehabt hatten. Bei Bebauungsplänen hat der Senat bereits entschieden, daß die Baugenehmigungsbehörde grundsätzlich nicht rechtswidrig, zumindest nicht schuldhaft handelt, wenn sie mangels entgegengesetzter Anhaltspunkte von der Wirksamkeit des Plans ausgeht (Senatsurteil vom 18. Juni 1998 - III ZR 100/97 = NVwZ 1998, 1329 f; betreffend das Fehlen der erforderlichen Ausfertigung ). Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken dagegen, diese Grundsätze auch auf die Prüfung der formellen Wirksamkeit einer Veränderungssperre zu übertragen, die in gleicher Weise wie ein Bebauungsplan als gemeindliche Satzung ergeht (§ 16 Abs. 1 BauGB).

b) Anerkannt ist jedoch, daß die Bauaufsichtsbehörde insoweit (wenn auch keine allgemeine Prüfungspflicht, so doch) eine Prüfungskompetenz hat (s. dazu Staudinger/Wurm BGB 13. Bearb. 2002 § 839 Rn. 564 m.w.N.). Wird zugunsten der Kläger unterstellt, daß die pflichtgemäße Wahrnehmung dieser Prüfungskompetenz zur Aufdeckung des Formfehlers der Veränderungssperre hätte führen müssen, so hätte die von der Beklagten als Bauaufsichtsbehörde
daraus zu ziehende Konsequenz nicht etwa darin bestehen dürfen, den Klägern die beantragte Genehmigung zu erteilen. Denn eine solche Handhabung wäre auf eine Verwerfungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde hinsichtlich der unwirksamen Veränderungssperre hinausgelaufen.
aa) Ob der Verwaltungsbehörde eine derartige Verwerfungskompetenz zusteht, wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und im wissenschaftlichen Schrifttum unterschiedlich beurteilt (verneinend: BayVGH BayVBl. 1982, 654; 1993, 626; OVG Saarlouis NVwZ 1993, 396; Staudinger/Wurm aaO; de Witt/Krohn in Hoppenberg/de Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, M Rn. 99; Engel NVwZ 2000, 1258 ff m.w.N.; bejahend: VGH Kassel NVwZ 1990, 885; NVwZ-RR 1994, 691; OVG Lüneburg NVwZ 2000, 1061; Gierke in Brügelmann , BauGB, § 10 Rn. 499, 499a m.w.N.).
bb) Der Senat ist nicht genötigt, diese Frage abschließend zu beantworten. Hat die Gemeinde nämlich, wie hier, (fehlerhaft) die Veränderungssperre vor dem Aufstellungsbeschluß bekannt gemacht, so kann sie die Veränderungssperre nach Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses durch erneute Bekanntmachung der Veränderungssperre in Kraft setzen. Die Veränderungssperre tritt dann mit dem Zeitpunkt der (erneuten) Bekanntmachung in Kraft. Unerheblich ist, ob zwischen dem Aufstellungsbeschluß und dem Erlaß der Veränderungssperre ein längerer Zeitraum liegt (BVerwG Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 8; zum Ganzen: BerlKomm/Lemmel aaO). Dementsprechend geht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für den in der Problematik gleichliegenden Fall eines unwirksamen Bebauungsplanes dahin, daß vor einer - nur in engen Grenzen möglichen - Verwerfung des Plans die Gemeinde mit Rücksicht auf ihre Planungshoheit zu hören und ihr Gelegenheit zu
geben ist, den Plan entweder mit Rückwirkung zu heilen oder den Satzungsbeschluß aufzuheben (BVerwG NVwZ 2001, 1035, 1037; NJW 1987, 1344, 1345; vgl. auch Senatsbeschluß vom 20. Dezember 1990 - III ZR 179/89 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Baugenehmigung 1 = ZfBR 1991, 77). So ist hier mit Recht auch die Widerspruchsbehörde verfahren; die Beanstandung des Verwaltungsgerichts , sie habe damit das Gebot des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs gegenüber den Klägern "in eklatanter Weise" verletzt, bezieht sich, soweit dem Senat ersichtlich, nicht auf die Herbeiführung der Heilung als solche, sondern darauf, daß die Widerspruchsbehörde es unterlassen hatte, die Kläger rechtzeitig von der Rechtsänderung zu unterrichten.

c) Bei einer pflichtgemäßen Sachbehandlung hätte also die Beklagte - wie später die Bezirksregierung - die Gemeinde auf den Mangel hinweisen müssen. Dann aber ist mangels jeden entgegengesetzten Anhaltspunktes davon auszugehen, daß schon damals, das heißt vor der abschließenden Entscheidung über das Baugesuch des Klägers zu 1, die fehlende Bekanntmachung nachgeholt und damit der Formmangel geheilt worden wäre. Der Bauantrag der Kläger hätte also keinen Erfolg gehabt.
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung der Kläger unterscheidet sich der vorliegende Fall von denjenigen Fallgestaltungen , die den Senatsentscheidungen vom 12. Juli 2001 (III ZR 282/00 = BGHR BauGB § 15 Abs. 1 Satz 1 Zurückstellung 1 = BauR 2001, 1884) und vom 26. Juli 2001 (III ZR 206/00 = BGHR BauGB § 15 Zurückstellung 1 = BauR 2001, 1887) zugrunde gelegen hatten. Dort hatten die jeweils erreichten Planungsstände der Bauaufsichtsbehörde keine Grundlage für die Nichtweiterbearbeitung der entscheidungsreifen Baugesuche geboten, ohne daß es auf die
Frage einer Verwerfungskompetenz angekommen wäre; insbesondere waren Veränderungssperren jeweils nicht beschlossen worden. Eher bestehen Berührungspunkte mit dem Urteil des OLG Jena NVwZ-RR 2001, 702, 704, das durch nicht mit Gründen versehenen Nichtannahmebeschluß des Senats vom 3. Mai 2001 (III ZR 55/00) bestätigt worden ist: Dort ging es um eine formunwirksame Veränderungssperre; die zum Formmangel führenden Verfahrensfehler wären aber bei rechtmäßigem und amtspflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Amtsträger vermieden worden.
4. Die Amtshaftungsklage des Klägers zu 1 ist daher auf der Grundlage der von den Vorinstanzen getroffenen Tatsachenfeststellungen abweisungsreif, ohne daß es einer Zurückverweisung bedarf.

II.


Die Revision der Kläger zu 2 bis 4:
Die Klage der Kläger zu 2 bis 4 ist bereits aus den vorgenannten Gründen unbegründet. Die Revision gibt dem Senat jedoch Anlaß zu folgenden, der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienlichen Klarstellungen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 2. Alt. ZPO):
1. Den tragenden Grund für die Abweisung der von den Klägern zu 2 bis 4 erhobenen Amtshaftungsklage erblickt das Berufungsgericht darin, daß diese nicht geschützte "Dritte" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB gewesen seien. Darin vermag der Senat dem Berufungsgericht nicht zu folgen. Es trifft zwar
zu, daß der Grundstückseigentümer trotz eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses an der Durchführung des Bauvorhabens in aller Regel nicht "Dritter" ist, sofern ein anderer einen Antrag auf eine Baugenehmigung gestellt hat und hiermit nicht durchgedrungen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Eigentümer in dem Verwaltungsrechtsstreit des Antragstellers über die Rechtmäßigkeit des Bauverwaltungsakts beigeladen worden ist (Senatsurteil vom 24. Februar 1994 - III ZR 6/93 = NJW 1994, 2091). Danach waren die Kläger zu 2 bis 4 in der Anfangsphase des hier in Rede stehenden Verwaltungsverfahrens, solange dieses vom Kläger zu 1 allein betrieben wurde, in der Tat nicht "Dritte". Dies änderte sich aber, wie die Kläger in den Vorinstanzen durchgängig vorgetragen haben und wie die Revision mit Recht rügt, von dem Zeitpunkt an, als sie sich ausdrücklich als weitere Antragsteller an dem Verwaltungsverfahren beteiligten. Dies geschah mit der entsprechenden Klarstellung in den Schriftsätzen vom 29. Januar und 7. Februar 1997. Der Senat sieht keine formellen Bedenken gegen die Wirksamkeit dieses "Beitritts". Dadurch erlangten die Kläger zu 2 bis 4 eine Stellung, die über die prozessuale eines Beigeladenen im Sinne der Grundsätze des Senatsurteils bei weitem hinausging und sie von da ab zu geschützten "Dritten" machte.
2. Ebenso unrichtig ist die Auffassung des Berufungsgerichts, daß etwaige Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff mangels eines entsprechenden Berufungsangriffs aus einer Prüfungskompetenz ausgeklammert seien. Das Berufungsgericht setzt sich insoweit in Widerspruch zur ständigen Senatsrechtsprechung (z.B. Senatsurteile BGHZ 146, 365, 371; 136, 182, 184 m.w.N.), wonach es für diese Prüfungskompetenz erforderlich und ausreichend ist, daß sich auf der Grundlage des vorgetragenen Sachverhalts die begehrte Rechtsfolge auch aus enteignungsgleichem Eingriff herleiten läßt; ist dies der
Fall, so sind die Gerichte berechtigt und verpflichtet, den Prozeßstoff auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu beurteilen. Die Revision beruft sich insoweit zu Recht insbesondere auch auf das Urteil des VI. Zivilsenats vom 22. September 1992 (VI ZR 53/92 =NJW 1993, 2611 f), wo ausgeführt ist: Bei einem einheitlichen Streitgegenstand (wie hier) muß der Rechtsmittelführer nicht zu allen für ihn nachteilig beurteilten Punkten in der Berufungsbegründung Stellung nehmen. Es genügt vielmehr, um das angefochtene Urteil insgesamt in Frage zu stellen, wenn die Berufungsgründe sich mit einem einzelnen, den ganzen Streitgegenstand betreffenden Streitpunkt befassen und diesen in ausreichendem Maße behandeln. In einem solchen Fall ist der gesamte Streitstoff ohne Rücksicht auf die vorgebrachten Rügen im Rahmen der gestellten Anträge vom Berufungsgericht selbständig nach allen Richtungen zu würdigen.
3. Allerdings scheitern sowohl der Amtshaftungsanspruch als auch der Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff im Ergebnis daran, daß die begehrte Nutzungsänderungsgenehmigung auch bei rechtmäßigem Verhalten nicht hätte erteilt werden dürfen und auch tatsächlich nicht erteilt worden wäre.
Schlick Wurm Kapsa Dörr Galke

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2004 - III ZR 227/02

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2004 - III ZR 227/02

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2004 - III ZR 227/02 zitiert 9 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Baugesetzbuch - BBauG | § 2 Aufstellung der Bauleitpläne


(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen. (2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Baugesetzbuch - BBauG | § 15 Zurückstellung von Baugesuchen


(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung

Baugesetzbuch - BBauG | § 17 Geltungsdauer der Veränderungssperre


(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist

Baugesetzbuch - BBauG | § 16 Beschluss über die Veränderungssperre


(1) Die Veränderungssperre wird von der Gemeinde als Satzung beschlossen. (2) Die Gemeinde hat die Veränderungssperre ortsüblich bekannt zu machen. Sie kann auch ortsüblich bekannt machen, dass eine Veränderungssperre beschlossen worden ist; § 10 Ab

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2004 - III ZR 227/02 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2004 - III ZR 227/02 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2001 - III ZR 206/00

bei uns veröffentlicht am 26.07.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 206/00 vom 26. Juli 2001 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 839 Fe; BauGB § 15 Legt der Bauherr gegen die auf § 15 BauGB gestützte Zurückstellung seines Baugesuchs Wider
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2004 - III ZR 227/02.

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Nov. 2006 - III ZR 352/04

bei uns veröffentlicht am 30.11.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 352/04 Verkündet am: 30. November 2006 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 839 Fe; Ba

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2012 - III ZR 29/12

bei uns veröffentlicht am 25.10.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 29/12 Verkündet am: 25. Oktober 2012 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2008 - III ZR 49/07

bei uns veröffentlicht am 19.03.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 49/07 vom 19. März 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 839 Fe; BauGB a.F. § 215a a) Steht ein Bauvorbescheidsantrag, betreffend eine Windkraftanlage im Außenbereich ,

Landgericht München II Endurteil, 01. Juni 2018 - 11 O 2249/17 Ent

bei uns veröffentlicht am 01.06.2018

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Referenzen

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Die Veränderungssperre wird von der Gemeinde als Satzung beschlossen.

(2) Die Gemeinde hat die Veränderungssperre ortsüblich bekannt zu machen. Sie kann auch ortsüblich bekannt machen, dass eine Veränderungssperre beschlossen worden ist; § 10 Absatz 3 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist um ein Jahr verlängern.

(2) Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Gemeinde die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern.

(3) Die Gemeinde kann eine außer Kraft getretene Veränderungssperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen.

(4) Die Veränderungssperre ist vor Fristablauf ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind.

(5) Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist.

(6) Mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs tritt eine bestehende Veränderungssperre nach § 14 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn in der Sanierungssatzung die Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 ausgeschlossen ist.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Wird kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, wird auf Antrag der Gemeinde anstelle der Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit eine vorläufige Untersagung innerhalb einer durch Landesrecht festgesetzten Frist ausgesprochen. Die vorläufige Untersagung steht der Zurückstellung nach Satz 1 gleich.

(2) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Zurückstellung von Baugesuchen nicht anzuwenden; mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs wird ein Bescheid über die Zurückstellung des Baugesuchs nach Absatz 1 unwirksam.

(3) Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Auf diesen Zeitraum ist die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs nicht anzurechnen, soweit der Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich ist. Der Antrag der Gemeinde nach Satz 1 ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren von dem Bauvorhaben förmlich Kenntnis erhalten hat, zulässig. Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung nach Satz 1 um höchstens ein weiteres Jahr aussetzen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 206/00
vom
26. Juli 2001
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Legt der Bauherr gegen die auf § 15 BauGB gestützte Zurückstellung seines Baugesuchs
Widerspruch ein, so hat die Bauaufsichtsbehörde mit Rücksicht auf dessen
aufschiebende Wirkung die Amtspflicht, die Bearbeitung fortzusetzen, solange kein
Sofortvollzug angeordnet wird.
BGH, Beschluß vom 26. Juli 2001 - III ZR 206/00 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2001 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 31. Juli 2000 - 6 U 128/00 - wird nicht angenommen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 1.278.677,00 DM.

Gründe:


Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 554 b ZPO). Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (BVerfGE 54, 277).
Das Berufungsurteil wird bereits durch seine Hauptbegründung getragen.
1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß das Bauvorhaben der Kläger als ein solches im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Zeitpunkt
der Antragstellung planungsrechtlich zulässig war, läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
2. Dementsprechend hängt die Frage, ob die Beklagte berechtigt war, das im positiven Sinne entscheidungsreife Baugesuch der Kläger nicht weiter zu bearbeiten, davon ab, ob der Zurückstellungsbescheid nach § 15 BauGB ihr trotz der aufschiebenden Wirkung des von den Klägern eingelegten Widerspruchs dafür eine hinreichende Grundlage geboten hatte. Diese Frage ist in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht und der Entscheidung des OVG Berlin NVwZ 1995, 399 zu verneinen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Zurückstellungsbescheid nach § 15 BauGB haben gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Eine dem § 212 a BauGB vergleichbare Regelung gibt es für den Zurückstellungsbescheid nicht. Daher gilt - entgegen der Auffassung der Revision - insoweit der allgemeine verwaltungsprozessuale Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO (so auch Lemmel in BerlKomm BauGB 2. Aufl. 1995 § 15 Rn. 18 m.w.N.). Es wäre Sache der Baugenehmigungsbehörde gewesen, insoweit den Sofortvollzug anzuordnen, an dessen Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (OVG Berlin aaO). Solange dies nicht geschieht, ist die Behörde aufgrund des Eintritts der aufschiebenden Wirkung zur unverzüglichen Weiterbearbeitung des Baugenehmigungsantrags verpflichtet (OVG Berlin aaO).
3. Ebenso zutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte sich hier nicht auf rechtmäßiges Alternativverhalten berufen kann. Insbesondere ist der vorliegende Sachverhalt nicht mit demjenigen vergleichbar , der dem Senatsbeschluß vom 26. September 1996 (III ZR 244/95 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Kausalität 10) zugrunde gelegen hatte: Zwar hätte
auch dort die korrekte Handlungsform den Erlaß eines mit der Anordnung sofortiger Vollziehbarkeit versehenen Verwaltungsaktes erfordert. Im Unterschied zu hier standen dort aber die Gefahrenlage und die zu ihrer Bekämpfung notwendigen Maßnahmen unter allen Beteiligten außer Zweifel. Es wurde auch die Rechtsverteidigung des Betroffenen durch die Wahl der möglicherweise unkorrekten Handlungsform nicht beeinträchtigt. Von alledem kann hier keine Rede sein: Die Anordnung des Sofortvollzugs stand im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten. Wenn sie - trotz entsprechender Hinweise der Kläger auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs - darauf verzichtete, von diesem ihr zur Verfügung stehenden Instrument Gebrauch zu machen, besteht keine innere Rechtfertigung dafür, ihr den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens zugute kommen zu lassen. Der Bürger hat einen aus seinem Eigentum hergeleiteten Anspruch darauf, sein Grundstück im Rahmen der Rechtsordnung bebauen zu dürfen. Ein Eingriff in dieses Recht ist nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen zulässig, zu denen auch die Einhaltung der für etwaige Beschränkungen erforderlichen formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen gehört. Insoweit bestehen hier Berührungspunkte zu dem Senatsurteil vom 12. Juli 2001 (III ZR 282/00), wo der Senat dem Aufstellungsbeschluß nach § 2 Abs. 1 BauGB vor dessen Bekanntmachung ebenfalls keine die Zurückstellung einer entscheidungsreifen Bauvoranfrage rechtfertigende Wirkung beigemessen hat, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens.
4. Auch im übrigen läßt das Berufungsurteil keine entscheidungserheblichen Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten erkennen. Auf die Hilfsbegründung kommt es daher nicht an.
Rinne Wurm Streck
Schlick Dörr

(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Wird kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, wird auf Antrag der Gemeinde anstelle der Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit eine vorläufige Untersagung innerhalb einer durch Landesrecht festgesetzten Frist ausgesprochen. Die vorläufige Untersagung steht der Zurückstellung nach Satz 1 gleich.

(2) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Zurückstellung von Baugesuchen nicht anzuwenden; mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs wird ein Bescheid über die Zurückstellung des Baugesuchs nach Absatz 1 unwirksam.

(3) Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Auf diesen Zeitraum ist die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs nicht anzurechnen, soweit der Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich ist. Der Antrag der Gemeinde nach Satz 1 ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren von dem Bauvorhaben förmlich Kenntnis erhalten hat, zulässig. Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung nach Satz 1 um höchstens ein weiteres Jahr aussetzen.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.