Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2007 - II ZR 315/05

bei uns veröffentlicht am12.03.2007
vorgehend
Landgericht Darmstadt, 8 O 136/00, 21.03.2002
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 22 U 97/02, 08.11.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 315/05 Verkündet am:
12. März 2007
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Schadensersatzanspruch einer Neugläubigerin wegen Konkursverschleppung
ist nicht um die Beträge zu kürzen, die die Gläubigerin zur Begleichung
ihrer Altforderungen im Zeitraum der Konkursverschleppung von der Schuldnerin
erhalten hat, über deren Vermögen das Konkursverfahren mangels Masse
nicht eröffnet worden ist; eine Vorteilsausgleichung führt zu einer unbilligen,
dem Zweck der Ersatzpflicht widersprechenden Entlastung der Schädiger.
BGH, Versäumnisurteil vom 12. März 2007 - II ZR 315/05 - OLG Frankfurt/Main
LG Darmstadt
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 12. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. November 2005 teilweise aufgehoben und das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 21. März 2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 3. März 2000 gegen den Beklagten zu 1 wird in Höhe von 39.159,26 € nebst 9,5 % Zinsen seit dem 21. Juli 1995 aufrechterhalten. Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben. Der Beklagte zu 2 wird als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 1 verurteilt, an die Klägerin 39.159,26 € nebst 9,5 % Zinsen seit dem 21. Juli 1995 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 30 % und die Beklagten 70 %.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten waren Geschäftsführer der E. und W. GmbH (künftig: Schuldnerin), die im Baugewerbe tätig war und u.a. Eigentumswohnungen erstellte und verkaufte. Die Klägerin belieferte die Schuldnerin in den Jahren 1994/95 aufgrund ihr jeweils für die verschiedenen Bauvorhaben erteilter Aufträge mit Haustüren und baute diese ein. Ende des Jahres 1994 belief sich der Zahlungsrückstand der Schuldnerin gegenüber der Klägerin auf 92.992,53 DM. Von diesen Verbindlichkeiten waren nach einer inhaltlich unstreitigen Aufstellung der Klägerin am 2. April 1996 noch 19.978,03 DM offen; die restlichen Forderungen aus dem Jahre 1994 in Höhe von 73.014,50 DM waren bis zu diesem Zeitpunkt ausgeglichen worden. Die weiteren nach dieser Aufstellung noch offenen Forderungen der Klägerin in Höhe von 90.359,69 DM beruhten auf Aufträgen, die der Klägerin in der Zeit vom 1. Juni 1995 bis zum 15. Dezember 1995 erteilt worden waren. Nach dem 2. April 1996 erfolgten keine Zahlungen mehr.
2
Der von den Beklagten für die Schuldnerin gestellte Konkursantrag vom 10. Dezember 1996 wurde mangels Masse abgelehnt.
3
Die Klägerin hat die Beklagten aus einem angeblichen Schuldbeitritt sowie mit der Behauptung, die Schuldnerin sei bereits 1994 überschuldet gewesen mit der Folge, dass die Beklagten gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG hafteten, auf Zahlung in Höhe der nicht erfüllten Forderungen von 110.337,70 DM (= 56.414,77 €) in Anspruch genommen. Die Klage ist in erster Instanz erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat ihr auf die Berufung der Klägerin lediglich in Höhe von 1.830,32 € stattgegeben.
4
Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

5
Da die Beklagten im Verhandlungstermin trotz rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten waren, ist über die Revision der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Die Entscheidung beruht inhaltlich jedoch nicht auf der Säumnis , sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
6
Die Revision der Klägerin ist überwiegend begründet und führt unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Stattgabe der Klage in Höhe von 39.159,26 €.

I.

7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Aus einem Schuldbeitritt der Beklagten könne die Klägerin keinen Anspruch herleiten. Einen solchen habe sie nicht bewiesen. Die Beklagten hafteten der Klägerin jedoch aus Konkursverschleppung auf Ersatz des ihr entstandenen Neugläubigerschadens. Die Klägerin habe nachgewiesen, dass die Schuldnerin Ende 1994 konkursreif gewesen sei. Bei rechtzeitiger Konkursantragstellung hätte die Klägerin die im Jahr 1995 erteilten Aufträge nicht mehr angenommen und ausgeführt. Von dem - nach Abzug des in den Rechnungsbeträgen des Jahres 1995 enthaltenen, keinen Teil des Vertrauensschadens bildenden Gewinnanteils verbleibenden - Neugläubigerschaden seien jedoch die Zahlungen, die die Klägerin im Jahre 1995/96 auf Altforderungen aus dem Jahre 1994 in einer Gesamthöhe von 73.014,50 DM erhalten habe, abzuziehen, so dass sich die geringe Verurteilungssumme ergebe.

II.

9
Diese Beurteilung hält im entscheidenden Punkt revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. Ohne Erfolg rügt die Klägerin allerdings einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn das Berufungsgericht annehme, sie habe einen persönlichen Schuldbeitritt der Beklagten nicht bewiesen. Der Senat hat die Verfahrensrüge geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).
11
2. Der Klägerin steht jedoch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG ein Anspruch aus Konkursverschleppung auf Ersatz ihres Neugläubigerschadens in Höhe von 39.159,26 € gegen die Beklagten zu.
12
a) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass die für den Tatbestand der Konkursverschleppung darlegungs- und beweispflichtige Klägerin (BGHZ 126, 181, 200; 164, 50, 57) nachgewiesen hat, dass die Schuldnerin erst Ende 1994 überschuldet und damit konkursreif war.
13
aa) Entgegen der Rüge der Revision ist diese Feststellung nicht von einem Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) beeinflusst. Der Vortrag der Klägerin, die Schuldnerin sei bereits Ende 1993 überschuldet gewesen, so dass - auch - die in der Klagesumme enthaltenen Forderungen aus dem Jahr 1994 ein von den Beklagten zu ersetzender Neugläubigerschaden sei, ist unsubstantiiert. Soweit sie behauptet, statt des für Ende 1993 ausgewiesenen Jahresüberschusses habe ein Verlust vorgelegen, da erforderliche Rückstellungen in Höhe von mindestens 106.554,00 DM nicht gebildet worden seien, beruht dies auf durch keine Tatsachen unterlegten Vermutungen der Klägerin. Der Umstand, dass in der Bilanz 1994 die Rückstellungen für Gewährleistung und Garantien möglicherweise in nicht ausreichender Höhe gebildet wurden, besagt nichts darüber, dass - und schon gar nicht in welcher Höhe - dies auch 1993 der Fall war. Zudem ist die Klägerin, nachdem das Berufungsgericht eine Beweiserhebung zur Konkursreife Ende 1994 angeordnet und damit ersichtlich den Klägervortrag zu einem Konkurseintritt bereits Ende 1993 für nicht ausreichend erachtet hat, auf diesen Vortrag nicht mehr zurückgekommen. Angesichts dieses prozessualen Verhaltens der Klägerin konnte das Berufungsgericht mit Recht davon ausgehen, dass die Klägerin diesen Vortrag nicht hat aufrechterhalten wollen.
14
bb) Nach der hier noch anwendbaren Konkursordnung sind für die Annahme der Konkursreife wegen Überschuldung eine rechnerische Überschuldung und eine negative Fortbestehungsprognose erforderlich. Zwar hat die Klägerin hier - was grundsätzlich nicht ausreichend ist - lediglich unter Bezugnahme auf die Handelsbilanz 1994 der Schuldnerin vorgetragen, dass diese Bilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 129.126,91 DM ausweise. Zusätzlich wäre gegebenenfalls zum Nachweis der Überschuldung wegen der nur indiziellen Bedeutung der Handelsbilanz noch die Erstellung eines Überschuldungsstatus erforderlich gewesen (Sen.Urt. v. 7. März 2005 - II ZR 138/03, ZIP 2005, 807 ff. Tz. 6 m.w.Nachw.). Dessen Erstellung durch den vom Berufungsgericht auf Antrag der beweisbelasteten Klägerin beauftragten Sachverständigen ist jedoch allein daran gescheitert, dass die Beklagten die hierzu seitens des Gutachters für erforderlich gehaltenen Unterlagen mit der Behauptung nicht vorgelegt haben, diese seien bei der Auflösung der Schuldnerin "verschwunden". Ist es aber der beweisbelasteten Klägerin nur deshalb nicht möglich , den Nachweis der Überschuldung zu führen, weil die Beklagten die ihnen obliegende Pflicht zur Führung und Aufbewahrung von Büchern und Belegen (§ 257 HGB, § 74 Abs. 2 GmbHG) verletzt haben, hat der Nachweis, wie das Berufungsgericht zu Recht erkannt hat, als geführt zu gelten (Rechtsgedanke aus §§ 427, 441 Abs. 3, 444, 446, 453 Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO und § 242 BGB; BGHZ 132, 47, 49 ff.; BGH, Urt. v. 21. Juni 2000 - IV ZR 157/99, NJW-RR 2000, 1471, 1472; Urt. v. 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434, 436 m.w.Nachw.).
15
cc) Die Konkursverschleppungshaftung der Beklagten scheitert auch nicht daran, dass sich der Nachweis der Konkursreife auf den Zeitpunkt Ende 1994 bezieht, der Klägerin die zum Schaden führenden Aufträge jedoch erst von Juni bis Dezember 1995 erteilt worden sind. Ist die Konkursreife bewiesen, gilt der Nachweis der im Zeitpunkt der Auftragserteilung noch andauernden Verletzung der Konkursantragspflicht (Dauerdelikt) - jedenfalls bei relativ zeitnah erteilten Aufträgen - nur dann nicht als geführt, wenn der beklagte Geschäftsführer darlegt, dass im Zeitpunkt der Auftragserteilung die Überschuldung nachhaltig beseitigt und damit die Antragspflicht - wieder - entfallen war (s. hierzu BGHZ 164, 50, 55 f.). Eine derartige Besserung der wirtschaftlichen Lage der Schuldnerin ist von den insofern darlegungspflichtigen beklagten Geschäftsführern nicht behauptet, geschweige denn von dem Berufungsgericht festgestellt worden.
16
b) Ebenfalls noch zutreffend hat das Berufungsgericht die Klägerin hinsichtlich der nach Eintritt der Konkursreife mit der Schuldnerin geschlossenen Verträge als Neugläubigerin angesehen und sie für berechtigt gehalten, ihren Vertrauensschaden geltend zu machen (BGHZ 126, 181, 201; 164, 50, 60; Sen.Urt. v. 8. März 1999 - II ZR 159/98, GmbHR 1999, 715, 716). Ihrer Eigenschaft als Neugläubigerin steht nicht entgegen, dass sie mit der Schuldnerin in andauernder Geschäftsbeziehung stand. Die Abgrenzung, ob ein Forderungsinhaber zur Gruppe der Alt- oder der Neugläubiger gehört, richtet sich nach dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs, für den Schadensersatz gefordert wird (OLG Hamburg NZG 2000, 606 ff.; Revision vom Senat nicht ange- nommen). Die der Verurteilung (s. unten zu III) zugrunde liegenden Aufträge wurden der Klägerin im Jahr 1995 erteilt.
17
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss sich die Klägerin jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, auf ihre Neugläubiger-Forderungen nicht die Zahlungen anrechnen lassen, die sie von der Schuldnerin nach Konkursreife auf Altforderungen aus dem Jahre 1994 erhalten hat. Weder kommt insoweit die vom Berufungsgericht vorgenommene Verrechnung noch eine Anrechnung im Rahmen der Vorteilsausgleichung in Betracht.
18
aa) Eine Verrechnung der geleisteten Zahlungen auf die NeugläubigerForderungen scheidet aus. Die Schuldnerin hat zweifelsfrei auf die Altforderungen der Klägerin geleistet, die dadurch erfüllt worden sind.
19
bb) Eine Reduzierung des Schadensersatzanspruches im Wege der Vorteilsausgleichung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Anrechnung der auf die Altgläubigerforderungen der Klägerin geleisteten Zahlungen der Schuldnerin entspricht nicht dem Zweck der Ersatzpflicht, da sie zu einer unbilligen Entlastung der Beklagten führt.
20
(a) Die im Bereich des Schadensersatzrechts entwickelten Grundsätze der Vorteilsausgleichung beruhen auf dem Gedanken, dass dem Geschädigten - jedenfalls in gewissem Umfang - diejenigen Vorteile zuzurechnen sind, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen. Angesichts der dem Gesetz zugrunde liegenden Differenzhypothese ist jeweils klärungsbedürftig , ob die dem Geschädigten zufließenden Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen sind, sie also den Schädiger entlasten. Es soll damit ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Dazu reicht nicht aus, dass der aus dem schädigenden Ereignis herrührende Vorteil - wie hier unzweifelhaft ist und wie das Berufungsgericht richtig angenommen hat - durch dieses adäquat-kausal verursacht worden ist. Zu der Adäquanz des Vorteils muss hinzutreten, dass die Anrechnung dem Zweck der Ersatzpflicht entspricht. Insbesondere ist eine unbillige Entlastung des Schädigers zu vermeiden. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtungsweise gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein (st.Rspr., s. nur BGHZ 136, 52, 54 f.; 91, 206, 209 f.; MünchKommBGB/ Oetker 4. Aufl. § 249 Rdn. 225 ff. jew. m.w.Nachw.).
21
(b) Die erforderliche wertende Betrachtung führt hier dazu, dass die Anrechnung zu einer unbilligen Entlastung der Schädiger (Beklagten) führen würde und deshalb dem Zweck der Ersatzpflicht nicht entspricht. Der Klägerin ist im Hinblick darauf, dass sie tatsächlich vergütungspflichtige Leistungen erbracht hat, eine Vorteilsanrechnung zugunsten der Beklagten, die zur Begleichung der Rechnungen nur Gesellschafts-, aber keine persönlichen Mittel verwendet haben und deswegen durch die Nichtanrechnung in ihrer Vermögenslage nicht betroffen sind, nicht zumutbar (s. zu einem vergleichbaren Fall BGH, Urt. v. 23. Juni 1992 - XI ZR 247/91, WM 1992, 1599 ff.). Die Klägerin hat in ihrer Eigenschaft als Altgläubigerin den Vorteil, d.h. die Bezahlung ihrer Rechnungen in der Phase der Konkursverschleppung durch die Beklagten, auf Kosten der übrigen Gläubiger der Schuldnerin, nicht jedoch auf Kosten der Beklagten erlangt. Wären ihre Rechnungen nicht bezahlt worden, hätte sich die Haftungsmasse für die übrigen Gläubiger entsprechend erhöht. Den Beklagten als denjenigen, die verantwortlich für die Konkursverschleppung sind, käme mithin bei der Vorteilsanrechnung etwas zugute, das wertmäßig allenfalls den übrigen Gläubigern, nicht aber ihnen zustünde.

III.

22
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben und muss - teilweise - aufgehoben werden. Da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, kann der Senat selbst in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
23
Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Ersatz ihres Neugläubigerschadens in Höhe von 39.159,26 € zu. Von der Klageforderung in Höhe von 56.414,77 € ist - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - ein Betrag in Höhe von 10.214,60 € abzuziehen, da in dem von der Klägerin geltend gemachten Gesamtbetrag Altforderungen aus dem Jahre 1994 in dieser Höhe enthalten sind, die keinen Neugläubigerschaden darstellen (RechnungsNr. 430995 vom 8. August 1994 über 1.221,70 DM; Nr. 431009 vom 10. August 1994 über 8.420,30 DM; Nr. 431027 vom 15. August 1994 über 655,50 DM; Nr. 431029 vom 3. August 1994 über 1.203,57 DM; Nr. 431028 vom 15. September 1994 über (restliche) 8.476,96 DM, zusammen 19.978,03 DM = 10.214,60 €). Da der Schadensersatzanspruch der Klägerin als Neugläubigerin auf Ersatz des Vertrauensschadens gerichtet ist (BGHZ 126, 181, 201), ist die danach grundsätzlich berücksichtigungsfähige Schadenssumme in Höhe von 46.200,17 € (56.414,77 € - 10.214,60 €) um den in den Waren- und Lohnkosten enthaltenen Gewinnanteil der Klägerin i.H.v. 7.040,91 € zu kürzen. Nach Angaben der Klägerin betrug der Warenanteil der Rechnungen 82 %, mithin 37.884,14 €, der Lohnanteil 18 % = 8.316,03 €. Der Rohgewinn am Warenanteil machte 12 % = 4.546,10 € aus, von den Lohnkosten verblieben der Klägerin 30 % Rohgewinn = 2.494,81 €. Der Klägerin sind danach aus den zwischen Juni und Dezember 1995 ausgeführten Arbeiten Aufwendungen an Waren- und Lohnkosten in Höhe von 46.200,17 € - 7.040,91 € = 39.159,26 € entstanden, die als Konkursverschleppungsschaden zu ersetzen sind.
Goette Kraemer Gehrlein Strohn Caliebe

Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 21.03.2002 - 8 O 136/00 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 08.11.2005 - 22 U 97/02 -

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 138/03 Verkündet am:
7. März 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Verlangt eine GmbH oder in ihrer Insolvenz der Insolvenzverwalter von
einem Gesellschafter Rückzahlung einer Leistung nach den Grundsätzen
des Eigenkapitalersatzes, muß die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter
darlegen und beweisen, daß die Gesellschaft zu dem maßgeblichen Zeitpunkt
in einer Krise i.S. des § 32 a Abs. 1 GmbHG war.

b) Beruft sich die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter dazu auf eine Insolvenzreife
wegen Überschuldung der Gesellschaft, reicht es nicht aus, wenn
lediglich die Handelsbilanz vorgelegt wird, auch wenn sich daraus ein nicht
durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt. Vielmehr muß entweder ein
Überschuldungsstatus mit Aufdeckung etwaiger stiller Reserven und Ansatz
der Wirtschaftsgüter zu Veräußerungswerten aufgestellt oder dargelegt werden
, daß stille Reserven und sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche
Veräußerungswerte nicht vorhanden sind.

c) Dabei muß die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter nicht jede denkbare
Möglichkeit ausschließen, sondern nur naheliegende Anhaltspunkte - beispielsweise
stille Reserven bei Grundvermögen - und die von dem Gesellschafter
insoweit aufgestellten Behauptungen widerlegen.
BGH, Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 138/03 - OLG Celle
LG Verden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 7. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. März 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist zu 25 % an der B. GmbH beteiligt. Er ist Eigentümer des Betriebsgrundstücks, das er an die Gesellschaft vermietet hat. Am 2. Juni 1999 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt. Mit der Klage verlangt der Kläger Rückzahlung der von dem Beklagten im Jahre 1998 vereinnahmten Mieten. Dazu behauptet er, die Gesellschaft sei schon seit 1994 überschuldet gewesen. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Überlassung des Betriebsgrundstücks habe jedenfalls im Jahre 1998 eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt. Die zum 31. Dezember 1996 aufgestellte Bilanz der Gesellschaft habe einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 139.672,44 DM ausgewiesen. Dieser Wert sei nicht im Hinblick auf die Erstellung eines Überschuldungsstatus zu korrigieren gewesen. Zwar habe der Beklagte zu einzelnen Aktivposten der Bilanz das Vorliegen von stillen Reserven behauptet und dazu auch präzise Zahlen vorgetragen. Der daraufhin als Sachverständiger eingeschaltete Wirtschaftsprüfer habe jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte vorgefunden, um die tatsächlichen Werte der Wirtschaftsgüter bestimmen zu können. Das gehe zu Lasten des Beklagten. Zwar liege die Beweislast für die Kreditunwürdigkeit grundsätzlich bei der Gesellschaft bzw. ihrem Konkursverwalter. Die Jahresbilanz habe aber eine indizielle Bedeutung für die Insolvenzreife. Nur wenn greifbare Anhaltspunkte für das Vorhandensein stiller Reserven vorlägen, müsse der Konkursverwalter dazu vortragen und Beweis führen.
II. Dem kann nicht gefolgt werden.
1. Die Klage auf Rückgewähr der Mieten ist nach §§ 30, 31 Abs. 1 GmbHG i.V.m. den Rechtsprechungsregeln zur eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung (BGHZ 109, 55; 121, 31) nur dann begründet, wenn die Gesellschaft am 31. Dezember 1996 - oder jedenfalls bis zum 30. Juni 1997, als der Beklagte den Mietvertrag zum Ablauf des 31. Dezember 1997 späte-
stens hätte kündigen können - in eine Krise im Sinne des § 32 a Abs. 1 GmbHG geraten ist und der Beklagte - wovon im Normalfall auszugehen ist - das erkennen konnte. Eine Krise lag dann vor, wenn die Gesellschaft insolvenzreif oder jedenfalls "überlassungsunwürdig" war. Zu einer unabhängig von einer Insolvenzreife bestehenden Überlassungsunwürdigkeit hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Entscheidend ist daher allein die Frage, ob die Gesellschaft insolvenzreif war. Da die Gesellschaft im Jahre 1998 noch zahlungsfähig war, konnte sich eine Insolvenzreife nur aus einer Überschuldung ergeben. Nach der hier noch anwendbaren Konkursordnung sind dazu eine rechnerische Überschuldung und eine negative Fortbestehensprognose erforderlich. Eine rechnerische Überschuldung in diesem Sinne liegt vor, wenn die im Insolvenzfall verwertbaren Vermögensgegenstände zu ihren Veräußerungswerten nicht mehr ausreichen, um die Schulden zu decken.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats liegt die Darlegungsund Beweislast bezüglich der Überschuldung bei der Gesellschaft bzw. dem für sie tätig werdenden Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter hat die Überschuldung grundsätzlich durch Vorlage eines Überschuldungsstatus darzulegen. Darin sind die stillen Reserven aufzudecken und die Vermögensgegenstände zu Veräußerungswerten anzusetzen. Nicht ausreichend ist dagegen, lediglich die Handelsbilanz vorzulegen, weil die Handelsbilanz nach anderen Kriterien als ein Überschuldungsstatus aufzustellen ist. So sagt sie etwa nichts über stille Reserven aus. Die Handelsbilanz kann deshalb nur indizielle Bedeutung für die insolvenzrechtliche Überschuldung haben. Mindestens muß der Insolvenzverwalter die Ansätze der Handelsbilanz daraufhin überprüfen und erläutern, ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind. Dabei muß er nicht jede
denkbare Möglichkeit ausschließen, sondern nur naheliegende Anhaltspunkte - beispielsweise stille Reserven bei Grundvermögen - und die von dem Gesellschafter insoweit aufgestellten Behauptungen widerlegen (BGHZ 125, 141, 146; 146, 264, 267 f.; Sen.Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 191/99, ZIP 2001, 242, 243; v. 2. April 2001 - II ZR 261/99, ZIP 2001, 839; ebenso zur vergleichbaren Problematik bei der Kreditunwürdigkeit Sen.Urt. v. 2. Juni 1997 - II ZR 211/95, NJW 1997, 3171, 3172 und v. 17. November 1997 - II ZR 224/96, NJW 1998, 1143, 1144).
2. Nach diesen Grundsätzen und dem bisherigen Vortrag der Parteien ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat keinen Überschuldungsstatus zu dem maßgeblichen Zeitpunkt aufgestellt. Er hat auch nicht die Behauptungen des Beklagten zu den stillen Reserven widerlegt. So hat der Beklagte behauptet, die Transportfahrzeuge der Gemeinschuldnerin, die in der Handelsbilanz mit einem Erinnerungswert von 11,00 DM erfaßt gewesen seien, hätten tatsächlich einen Wert in Höhe von 61.000,00 DM gehabt, die Werkzeuge der Gemeinschuldnerin , in der Bilanz mit 18.348,00 DM veranschlagt, seien 43.000,00 DM wert gewesen , die abgeschriebenen geringwertigen Wirtschaftsgüter hätten noch einen Wert in Höhe von 11.000,00 DM gehabt und die sonstige Betriebs- und Geschäftsausstattung , die mit einem Buchwert in Höhe von 23.645,00 DM erfaßt gewesen sei, sei tatsächlich 73.000,00 DM wert gewesen. Dieser Vortrag ist substantiiert genug, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, sich damit auseinanderzusetzen und die Zahlen des Beklagten zu widerlegen. Das hat das Berufungsgericht im Ansatz auch richtig gesehen, wie sich daraus ergibt, daß es eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet hat. Daß der Sachverständige dann aber erklärt hat, er könne mangels ausreichender Unterlagen keine Feststellungen treffen, geht zu Lasten des Klägers. Seine Sache war es, die Überschuldung unter Berücksichtigung des
substantiierten Gegenvortrags des Beklagten darzulegen und zu beweisen. Ist ihm das nicht möglich, kann seine Klage keinen Erfolg haben. Anders wäre allenfalls dann zu entscheiden, wenn der Beklagte eine ihm obliegende Pflicht zur Führung und Aufbewahrung von Büchern bzw. Belegen verletzt hätte. Das aber macht der Kläger selbst nicht geltend.
III. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist zurückzuverweisen, da sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht hat die Beweisaufnahme abgebrochen, ohne alles getan zu haben, um den Sachverhalt aufzuklären. So hätte versucht werden müssen, aufgrund der Veräußerungserlöse, die für die streitigen Gegenstände im Rahmen des Konkursverfahrens erzielt worden sind, auf die Verkehrswerte zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt rückzuschließen, soweit ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die verwerteten Wirtschaftsgüter auch schon zu jenem Zeitpunkt vorhanden waren. Dazu hätte notfalls ein anderer Sachverständiger hinzugezogen werden müssen, der - über das allgemeine Wissen eines Wirtschaftsprüfers hinaus - über spezielle Kenntnisse in der Bewertung von Anlagegütern verfügt. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen Bi. ist es dagegen nicht erforderlich, eine Überschuldungsbilanz aufzustellen. Es geht allein darum zu überprüfen, ob die von dem Beklagten behaupteten stillen Reserven vorhanden waren, die - nur - in ihrer Summe ausreichen, um trotz des in der Handelsbilanz ausgewiesenen Fehlbetrags eine rechnerische Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts auszuschließen. Gelingt dem Kläger, ggf. nach ergänzendem Vortrag, der Beweis, daß jedenfalls ein Teil dieser stillen Reserven nicht vorhanden war, ist von einer rechnerischen Überschuldung - und damit angesichts der von dem Berufungsgericht festgestellten negativen Fortbestehensprognose von einer Insolvenzreife - auszugehen. Gelingt dem Kläger dieser Beweis dagegen nicht, ist die Klage unbegründet. Die
Zurückverweisung ermöglicht den Parteien, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats ergänzend vorzutragen, und dem Berufungsgericht , auf dieser Grundlage die Beweisaufnahme fortzusetzen.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

(1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren:

1.
Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach § 325 Abs. 2a, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
2.
die empfangenen Handelsbriefe,
3.
Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe,
4.
Belege für Buchungen in den von ihm nach § 238 Abs. 1 zu führenden Büchern (Buchungsbelege).

(2) Handelsbriefe sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen.

(3) Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, daß die Wiedergabe oder die Daten

1.
mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
2.
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können.
Sind Unterlagen auf Grund des § 239 Abs. 4 Satz 1 auf Datenträgern hergestellt worden, können statt des Datenträgers die Daten auch ausgedruckt aufbewahrt werden; die ausgedruckten Unterlagen können auch nach Satz 1 aufbewahrt werden.

(4) Die in Absatz 1 Nr. 1 und 4 aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren.

(5) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluß festgestellt, der Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a oder der Konzernabschluß aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist.

(1) Ist die Liquidation beendet und die Schlußrechnung gelegt, so haben die Liquidatoren den Schluß der Liquidation zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Gesellschaft ist zu löschen.

(2) Nach Beendigung der Liquidation sind die Bücher und Schriften der Gesellschaft für die Dauer von zehn Jahren einem der Gesellschafter oder einem Dritten in Verwahrung zu geben. Der Gesellschafter oder der Dritte wird in Ermangelung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrags oder eines Beschlusses der Gesellschafter durch das Gericht bestimmt.

(3) Die Gesellschafter und deren Rechtsnachfolger sind zur Einsicht der Bücher und Schriften berechtigt. Gläubiger der Gesellschaft können von dem Gericht zur Einsicht ermächtigt werden.

Kommt der Gegner der Anordnung, die Urkunde vorzulegen, nicht nach oder gelangt das Gericht im Falle des § 426 zu der Überzeugung, dass er nach dem Verbleib der Urkunde nicht sorgfältig geforscht habe, so kann eine vom Beweisführer beigebrachte Abschrift der Urkunde als richtig angesehen werden. Ist eine Abschrift der Urkunde nicht beigebracht, so können die Behauptungen des Beweisführers über die Beschaffenheit und den Inhalt der Urkunde als bewiesen angenommen werden.

(1) Der Beweis der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde kann auch durch Schriftvergleichung geführt werden.

(2) In diesem Fall hat der Beweisführer zur Vergleichung geeignete Schriften vorzulegen oder ihre Mitteilung nach der Vorschrift des § 432 zu beantragen und erforderlichenfalls den Beweis ihrer Echtheit anzutreten.

(3) Befinden sich zur Vergleichung geeignete Schriften in den Händen des Gegners, so ist dieser auf Antrag des Beweisführers zur Vorlegung verpflichtet. Die Vorschriften der §§ 421 bis 426 gelten entsprechend. Kommt der Gegner der Anordnung, die zur Vergleichung geeigneten Schriften vorzulegen, nicht nach oder gelangt das Gericht im Falle des § 426 zu der Überzeugung, dass der Gegner nach dem Verbleib der Schriften nicht sorgfältig geforscht habe, so kann die Urkunde als echt angesehen werden.

(4) Macht der Beweisführer glaubhaft, dass in den Händen eines Dritten geeignete Vergleichungsschriften sich befinden, deren Vorlegung er im Wege der Klage zu erwirken imstande sei, so gelten die Vorschriften des § 431 entsprechend.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.