Bundesgerichtshof Urteil, 30. Jan. 2020 - I ZR 40/17

published on 30/01/2020 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 30. Jan. 2020 - I ZR 40/17
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Landgericht Frankfurt am Main, 3 O 505/13, 21/01/2016

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 40/17
Verkündet am:
30. Januar 2020
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ersatzteilinformation II
UWG § 3a; Verordnung (EG) Nr. 715/2007 Art. 6; Verordnung (EG) Nr. 692/2008 Ziffer 2.1 Abs. 4 des
Anhangs XIV; Verordnung (EU) Nr. 566/2011

a) Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen
von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den
Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171 vom 29. Juni 2007,
S. 1) ist eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG.

b) Ein Automobilhersteller, der potentiellen Nutzern auf seiner Website ein Informationsportal gegen
Entgelt zur Verfügung stellt, auf dem mittels Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer nach
Fahrzeugen gesucht und die Original-Ersatzteile ermittelt werden können, genügt seiner aus Art.
6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 folgenden Pflicht zur Gewährung eines uneingeschränkten
und standardisierten Zugangs zu Reparatur- und Wartungsinformationen auf leicht
und unverzüglich zugängliche Weise über das Internet mithilfe eines standardisierten Formats,
auch wenn die Informationen nicht in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung gestellt
werden.

c) Das in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 vorgesehene Diskriminierungsverbot
ist nicht verletzt, wenn ein Automobilhersteller durch Einschaltung eines Informationsdienstleisters
zugunsten von autorisierten Händlern und Reparaturbetrieben einen weiteren Informationskanal
für den Vertrieb von Originalersatzteilen eröffnet, sofern über dieses Informationssystem
nicht mehr oder bessere Informationen zugänglich sind, als unabhängige Marktteilnehmer
über das Informationsportal des Automobilherstellers erlangen können.
BGH, Urteil vom 30. Januar 2020 - I ZR 40/17 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2020:300120UIZR40.17.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2020 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Dr. Schmaltz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Februar 2017 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist ein Branchenverband des Großhandels für Kraftfahrzeugteile. Die Beklagte ist ein in S. ansässiger Kraftfahrzeughersteller. Die von der Beklagten hergestellten Fahrzeuge erhalten eine Fahrzeugidentifikationsnummer. In einer Datenbank, die ein mit der Beklagten konzernverbundenes Unternehmen unterhält, sind unter der Fahrzeugidentifikationsnummer die im betreffenden Fahrzeug verbauten Komponenten gespeichert. Nutzer können über ein Internetportal ("K. Global Service Way") gegen Entgelt die zu der jeweiligen Fahrzeugidentifikationsnummer gespeicherten Daten einsehen. Dieser Lesezugriff wird sowohl mit der Beklagten vertraglich verbundenen Reparaturbetrieben als auch unabhängigen Marktteilnehmern gewährt. Werkstätten kön- nen auf diese Weise ermitteln, welche Original-Ersatzteile sie für eine Reparatur benötigen.
2
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte ihm und seinen Mitgliedern über einen bloßen Lesezugriff per Einzelabruf hinaus elektronischen Zugriff auf den mit den Fahrzeugidentifikationsnummern verknüpften Datenbestand gewähren müsse, damit die Daten von freien Ersatzteilherstellern verarbeitet und Reparaturbetrieben unter Verknüpfung mit der Fahrzeugidentifikationsnummer alternative Teilelisten zur Verfügung gestellt werden können.
3
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Daten zur Identifikation der in ihren Fahrzeugen verbauten Fahrzeugteile unabhängigen Marktteilnehmern in elektronischer Form zum Zwecke der elektronischen Datenverarbeitung auf Anfrage, jedenfalls gegen angemessenes und verhältnismäßiges Entgelt, zur Verfügung zu stellen.
4
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (LG Frankfurt am Main, ZD 2016, 331). Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat das erstinstanzliche Urteil mit der Maßgabe verteidigt, dass im Urteilstenor die Worte "angemessenes und verhältnismäßiges" entfallen. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Frankfurt am Main, WRP 2017, 1501). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen in der Berufungsinstanz gestellten Schlussantrag weiter.
5
Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171 vom 29. Juni 2007, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2018, GRUR 2018, 955 = WRP 2018, 1189 - Ersatzteilinformation I): 1. Hat der Hersteller die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unabhängigen Marktteilnehmern zu gewährenden Informationen in elektronisch weiterzuverarbeitender Form bereitzustellen? 2. Liegt eine nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verbotene Diskriminierung unabhängiger Marktteilnehmer vor, wenn ein Hersteller durch Einschaltung eines Informationsdienstleisters einen weiteren Informationskanal für den Vertrieb von Original-Ersatzteilen durch autorisierte Händler und Reparaturbetriebe eröffnet?
6
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Frage wie folgt beantwortet (EuGH, Urteil vom 19. September 2019 - C-527/18, GRUR 2019, 1196 = WRP 2019, 1557 - Gesamtverband Autoteile-Handel/KIA): 1. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ist dahin auszulegen, dass er Automobilhersteller nicht verpflichtet, unabhängigen Marktteilnehmern Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge in elektronisch weiterzuverarbeitender Form zu gewähren. 2. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ist dahin auszulegen, dass, wenn ein Automobilhersteller durch Einschaltung eines Informationsdienstleisters zugunsten von autorisierten Händlern und Reparaturbetrieben einen weiteren Informationskanal für den Vertrieb von Originalersatzteilen eröffnet, darin kein Zugang unabhängiger Marktteilnehmer liegt, der gegenüber dem Zugang der autorisierten Händler und Reparaturbetriebe diskriminierend im Sinne dieser Bestimmung ist, sofern die unabhängigen Marktteilnehmer im Übrigen über einen Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge verfügen, der gegenüber dem Zugang der autorisierten Händler und Reparaturbetriebe und der diesen gewährten Informationsbereitstellung nicht diskriminierend ist.

Entscheidungsgründe:

7
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet und hierzu ausgeführt:
8
Die Beklagte habe durch die Gewährung des Lesezugangs nicht gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verstoßen. Sie gewähre unabhängigen Marktteilnehmern - wie von dieser Vorschrift gefordert - Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen auf leicht und unverzüglich zugängliche Weise. Der Lesezugriff erfülle auch das Erfordernis des uneingeschränkten Zugangs in Form eines standardisierten Formats. Danach könne der Kläger nicht verlangen, dass ihm mittels einer Datenbankschnittstelle Zugriff auf die Rohdaten gewährt werde, um die Daten vollständig auslesen und automatisiert weiterverarbeiten zu können. Sichergestellt werden müsse allein der Zugang zur Datenbank, den die Beklagte mittels des Lesezugriffs gewähre. Eine Diskriminierung unabhängiger Marktteilnehmer finde nicht statt.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen § 4 Nr. 11 UWG aF/§ 3a UWG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 715/2007 liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht den Kläger als aktivlegitimiert und Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 als Marktverhaltensregelung angesehen (dazu II 1 und 2). Die Beklagte hat jedoch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verstoßen (dazu II 3).
10
1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Kläger sei gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert. Diese Beurteilung unterliegt keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
11
2. Bestand hat auch die Beurteilung des Berufungsgerichts zum Charakter des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 als Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG aF/§ 3a UWG, die die Revision ebenfalls als ihr günstig hinnimmt. Die Revisionserwiderung macht ohne Erfolg geltend, die Einhaltung der Pflicht zur Bereitstellung von Reparatur- und Wartungsinformationen sei allein Aufgabe der mitgliedstaatlichen Behörden und könne nicht mithilfe des Rechtsbruchtatbestands lauterkeitsrechtlich verfolgt werden. Die Möglichkeit der mitgliedstaatlichen Behörden zur Verhängung von Sanktionen bei Verstößen gegen die Verordnung schließt die Anwendung des § 3a UWG nicht aus (zum Verhältnis von berufsrechtlichen zu lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2006 - I ZR 272/03, GRUR 2006, 598 Rn. 14 = WRP 2006, 891 - Zahnarztbriefbogen; Köhler in Köhler /Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 3a Rn. 1.33; Metzger/Eichelberger in GroßKomm.UWG, 3. Aufl., § 3a Rn. 24).
12
3. Das Berufungsgericht hat ebenfalls zu Recht angenommen, dass es im Streitfall an einem Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 fehlt.
13
a) Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 gewährt der Hersteller unabhängigen Marktteilnehmern über das Internet mithilfe eines standardisierten Formats uneingeschränkten und standardisierten Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen auf leicht und unverzüglich zugängliche Weise und so, dass gegenüber dem Zugang der autorisierten Händler und Reparaturbetriebe oder der Informationsbereitstellung für diese keine Diskriminierung stattfindet.
14
b) Ein Verstoß gegen Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 scheidet - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht schon deshalb aus, weil die nach Art. 10 der Verordnung erteilte EG-Typgenehmigung das von der Beklagten unterhaltene Informationssystem legalisiert.
15
aa) Ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung nach § 4 Nr. 11 UWG aF/§ 3a UWG kommt nicht in Betracht, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde einen wirksamen Verwaltungsakt erlassen hat, der das beanstandete Marktverhalten ausdrücklich erlaubt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 194/02, BGHZ 163, 265, 269 [juris Rn. 17] - Atemtest I; Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 73/12, GRUR 2014, 405 Rn. 10 f. = WRP 2014, 429 - Atemtest II; Urteil vom 30. April 2015 - I ZR 13/14, BGHZ 205, 195 Rn. 31 - Tagesschau-App).
16
bb) Die EG-Typgenehmigung nach Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ist kein in diesem Sinne das hier in Rede stehende Marktverhalten legalisierender Verwaltungsakt. Für die Erteilung der Genehmigung ist zwar nach Art. 6 Abs. 7 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 die Einhaltung der Vorschriften über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen nachzuweisen. Die Nichteinhaltung dieser Vorschriften steht aber der Erteilung der Genehmigung nicht entgegen, wie aus dem Umstand folgt, dass der Hersteller diesen Nachweis gemäß Art. 6 Abs. 7 Satz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 binnen einer Frist von sechs Monaten nach Erteilung der Genehmigung nachholen kann. Schon diese Regelung zeigt, dass die EGTypgenehmigung hinsichtlich der Einhaltung der Pflicht zur Informationsbereitstellung keine Legalisierungswirkung zu entfalten vermag. Eine solche Wirkung scheidet auch mit Blick darauf aus, dass die bereitzustellenden Informationen nach Anhang XIV Nr. 2.1 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 nach Erteilung der Genehmigung regelmäßig zu aktualisieren sind.
17
c) Mit der von der Beklagten gewählten Art der Informationsbereitstellung genügt sie ihrer aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 folgenden Verpflichtung, unabhängigen Marktteilnehmern über das Internet mithilfe eines standardisierten Formats uneingeschränkten und standardisierten Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen auf leicht und unverzüglich zugängliche Weise zu gewähren.
18
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte gewähre im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unabhängigen Marktteilnehmern über das Internet Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen. Sie stelle potentiellen Nutzern auf ihrer Website ein Informationsportal gegen Entgelt zur Verfügung, auf dem mittels Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer nach Fahrzeugen gesucht und die Original-Ersatzteile ermittelt werden könnten. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
19
bb) Die Beklagte gewährt unabhängigen Marktteilnehmern zudem, wie Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 es verlangt, mithilfe eines standardisierten Formats uneingeschränkten und standardisierten Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen auf leicht und unverzüglich zugängliche Weise.
20
(1) Gewährung eines standardisierten Zugangs mithilfe eines standardisierten Formats bedeutet, wie sich aus dem achten Erwägungsgrund und Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 sowie dem Anhang XIV Nr. 2.1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 ergibt, dass die betreffenden Informationen den technischen Vorschriften des Formats der Organisation für strukturierte Informationsstandards (OASIS-Format) entsprechen müssen, damit die einschlägigen technischen Informationen aufgefunden werden können und der Informationsaustausch erleichtert wird. Aus der Bezugnahme auf das OASIS-Format geht jedoch nicht hervor, dass die Hersteller den Zugang zu den Informationen in elektronisch weiterzuverarbeitender Form gewähren müssen (EuGH, GRUR 2019, 1196 Rn. 27 - Gesamtverband Autoteile-Handel/KIA). Den Anforderungen an einen standardisierten Zugang ist damit im Streitfall genügt.
21
(2) Die in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 vorgesehene Verpflichtung der Automobilhersteller, uneingeschränkten Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge zu gewähren, bezieht sich auf den Inhalt der Informationen, die den unabhängigen Marktteilnehmern bereitgestellt werden müssen, und nicht auf die Modalitäten der Bereitstellung. Die im Streitfall erfolgende Bereitstellung durch einen bloßen Lesezugriff stellt daher keine Beschränkung des Zugriffs im Sinne dieser Vorschrift dar (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1196 Rn. 28 - Gesamtverband Autoteile-Handel/KIA).
22
(3) Das in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 vorgesehene Erfordernis, die Reparatur- und Wartungsinformationen auf leicht und unverzüglich zugängliche Weise bereitzustellen, ist ebenfalls nicht dahin zu verstehen, dass die Informationen in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung gestellt werden müssen (EuGH, GRUR 2019, 1196 Rn. 29 bis36 - Gesamtverband Autoteile-Handel/KIA).
23
(4) Aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 folgt mithin keine Verpflichtung der Automobilhersteller, unabhängigen Marktteilnehmern Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge in elektronisch weiterzuverarbeitender Form zu gewähren (EuGH, GRUR 2019, 1196 Rn. 37 - Gesamtverband Autoteile-Handel/KIA).
24
d) Es liegt auch kein Verstoß gegen das in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 vorgesehene Diskriminierungsverbot vor.
25
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Diskriminierung unabhängiger Marktteilnehmer durch die Gestaltung des von der Beklagten vorgehaltenen Informationssystems sei nicht gegeben, weil die Beklagte ihren Vertragswerkstätten ebenfalls alle Informationen über den Lesezugriff auf das System "K. Global Service Way" gegen Entgelt zur Verfügung stelle. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
26
bb) Die Revision beruft sich ohne Erfolg auf eine mittelbare Diskriminierung unabhängiger Marktteilnehmer. Diese soll nach dem Vortrag des Klägers darin liegen, dass die Beklagte ihren Original-Teilekatalog dem Unternehmen L. zur Verfügung stellt, welches freien Werkstätten die Suche nach Original -Ersatzteilen der Beklagten mithilfe der Fahrzeugidentifikationsnummer auf ihrem Internetportal "p. " ermöglicht. Hierin liege eine mittelbare Benachteiligung unabhängiger Marktteilnehmer, weil über das Angebot "p. " ausschließlich Original-Ersatzteile der autorisierten Vertragshändler bezogen werden könnten und den Vertriebspartnern der Beklagten auf diese Weise ein Wettbewerbsvorsprung verschafft werde.
27
Das in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 geregelte Erfordernis des diskriminierungsfreien Zugangs ist dahin zu verstehen, dass autorisierte Händler und Reparaturbetriebe sowohl hinsichtlich des Inhalts der bereitgestellten Informationen als auch hinsichtlich der Modalitäten des Zugangs zu ihnen nicht in eine gegenüber unabhängigen Marktteilnehmern vorteilhaftere Lage versetzt werden dürfen (EuGH, GRUR 2019, 1196 Rn. 39 - Gesamtverband Autoteile-Handel/KIA). Diese Vorschrift ist dahin auszulegen, dass, wenn ein Automobilhersteller durch Einschaltung eines Informationsdienstleisters zugunsten von autorisierten Händlern und Reparaturbetrieben einen weiteren Informationskanal für den Vertrieb von Original-Ersatzteilen eröffnet , darin kein Zugang unabhängiger Marktteilnehmer liegt, der gegenüber dem Zugang der autorisierten Händler und Reparaturbetriebe diskriminierend im Sinne dieser Bestimmung ist, sofern die unabhängigen Marktteilnehmer im Übrigen über einen Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge verfügen, der gegenüber dem Zugang der autorisierten Händler und Reparaturbetriebe und der diesen gewährten Informationsbereitstellung nicht diskriminierend ist (EuGH, GRUR 2019, 1196 Rn. 41 - Gesamtverband AutoteileHandel /KIA).
28
Der Umstand, dass unabhängige Reparaturbetriebe, die auf der Website "p. " des Unternehmens L. eine Recherche durchführen, in Bezug auf die für Fahrzeuge der Marke der Beklagten zu verwendenden Ersatzteile nur Original-Ersatzteile der von der Beklagten autorisierten Händler finden können , stellt danach keine Diskriminierung in Bezug auf den Zugang zu Informationen von einerseits unabhängigen Marktteilnehmern und andererseits autorisierten Händlern und Reparaturbetrieben im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dar (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1196 Rn. 40 - Gesamtverband Autoteile-Handel/KIA). Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass Vertragshändlern und Vertragswerkstätten über das von L. angebotene Informationssystem mehr oder bessere Informationen zugänglich sind, als unabhängige Marktteilnehmer über das System der Beklagten erlangen können.
29
III. Damit ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Koch Löffler Schwonke Feddersen Schmaltz
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 21.01.2016 - 2-3 O 505/13 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 23.02.2017 - 6 U 37/16 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Unlauter handelt, wer 1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerb
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published on 23/06/2005 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 194/02 Verkündet am: 23. Juni 2005 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : ja BGHR
published on 06/04/2006 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 272/03 Verkündet am: 6. April 2006 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
published on 24/09/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 73/12 Verkündet am: 24. September 2013 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein
published on 30/04/2015 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DESVOLKES URTEIL I ZR 13/14 Verkündet am: 30. April 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
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Annotations

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)