Bundesgerichtshof Urteil, 16. Feb. 2016 - 5 StR 465/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:160216U5STR465.15.0
bei uns veröffentlicht am16.02.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 465/15
vom
16. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:160216U5STR465.15.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. Februar 2016, an der teilgenommen haben:
Richterin Dr. Schneider, als Vorsitzende,
Richter Prof. Dr. König, Richter Dr. Berger, Richter Bellay, Richter Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt K. als Verteidiger des Angeklagten I. G. ,
Rechtsanwalt F. als Verteidiger des Angeklagten P. G. ,
Rechtsanwalt B. als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 19. Mai 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen –

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten I. G. unter Strafaussetzung zur Bewährung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten P. G. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft. Sie beanstanden die Verletzung materiellen Rechts mit dem Ziel einer Verurteilung wegen versuchten Heimtückemordes. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen trafen sich die als Cousins miteinander verwandten Angeklagten mit dem Nebenkläger abends in dessen Wohnung. Sie kannten den Nebenkläger seit etwa einem halben Jahr und hatten sich bereits wiederholt bei ihm aufgehalten. Aus Sicht des Nebenklägers bestand insbesondere zum Angeklagten I. G. ein freundschaftliches Verhältnis.
3
Als nach bis dahin friedlich verlaufenem Zusammensein zu späterer Stunde der Nebenkläger bäuchlings mit entblößtem Oberkörper auf seinem Bett lag, legte sich unvermittelt der Angeklagte I. G. auf ihn. Er hielt dem völlig überraschten Nebenkläger eine Luftdruckpistole an den Kopf und gab eine Vielzahl von Schüssen ab. Insgesamt sieben Schüsse trafen den Kopf, drei Schüsse den Hals und vier Schüsse den Unterarm des Nebenklägers. Ein Motiv für den Angriff konnte das Landgericht nicht feststellen.
4
Im weiteren Verlauf beteiligte sich der Angeklagte P. G. an den Gewalttätigkeiten. Er schlug dem sich wehrenden Nebenkläger ein in der Wohnung vorgefundenes zehn Zentimeter langes, über ein Kilogramm schweres scharfkantiges „Hammerwerk“ aus massivem Metall aufden Kopf. Da der Nebenkläger gleichwohl seine Gegenwehr fortsetzte, forderte der Angeklagte I. G. seinen Cousin auf, nochmals zuzuschlagen. Daraufhin versetzte dieser dem Nebenkläger einen weiteren Schlag mit dem „Hammerwerk“ auf den Kopf. Während der Nebenkläger sich trotzdem fortdauernd wehrte und er den Angeklagten I. G. würgte, um ihn von sich wegzudrücken, holte der Angeklagte P. G. zwei Messer aus der Küche. Als der Nebenkläger aus der Wohnung flüchten wollte, stach ihm der Angeklagte P. G. mit einem der Küchenmesser (Klingenlänge 12 cm) in den Rücken. Gleichwohl konnte sich der Nebenkläger bei einem Nachbarn in Sicherheit bringen.
Die Angeklagten handelten aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlus5 ses und nahmen zumindest billigend in Kauf, den Geschädigten zu töten. Das
Landgericht geht dabei davon aus, dass bereits die – überwiegend auf Kopf und Hals des Nebenklägers gerichteten – Schüsse des Angeklagten I. G. mit Tötungsvorsatz erfolgten (UA S. 19) und von dem Willen des Angeklagten P. G. mitgetragen waren (UA S. 20). Als wesentliches Indiz für den Tötungsvorsatz der Angeklagten sieht es die Verwendung von drei verschiedenen Waffen oder gefährlichen Werkzeugen an. Zumindest in der Gesamtschau der Handlungen der beiden Angeklagten sei eine objektive Lebensgefährlichkeit der Tathandlungen gegeben gewesen, deren Umstände den Angeklagten auch bekannt gewesen seien (UA S. 18 f.). Tatsächlich bestand bei dem Geschädigten keine akute Lebensgefahr.
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Die Jugendkammer hat das Mordmerkmal der Heimtücke verneint. Zwar habe der Geschädigte zu Beginn der Tatausführungshandlungen nicht mit Angriffen auf seine körperliche Unversehrtheit gerechnet. Es habe aber nicht festgestellt werden können, dass er infolge seiner Arglosigkeit wehrlos gewesen sei. Der Nebenkläger habe sich befreien und aus seiner Wohnung fliehen können und sich damit nicht in einer Situation befunden, in der ihm eine Gegenwehr nicht möglich gewesen wäre.
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2. Die Begründung, mit der das Landgericht eine Verurteilung wegen versuchten Heimtückemordes abgelehnt hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und
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Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Wesentlich ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Le- ben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren. Das Opfer muss gerade auf Grund seiner Arglosigkeit wehrlos sein. Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (vgl. BGH, Urteile vom 4. Juli 1984 – 3 StR 199/84, BGHSt 32, 382, 383 f.; vom 9. Januar 1991 – 3 StR 205/90, NJW 1991, 1963; vom 29. April 2009 – 2 StR 470/08, NStZ 2009, 569). Kann das Opfer in diesem Moment dem Täter nichts Wirkungsvolles entgegensetzen, ist von dessen Wehrlosigkeit selbst dann auszugehen, wenn es im weiteren Verlauf des Kampfgeschehens Abwehrmaßnahmen zu entfalten vermag (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober2005 – 1 StR 250/05, NStZ 2006, 96;MüKo-StGB/Schneider, 2. Aufl., § 211 Rn. 174 mwN). Beim versuchten Delikt ist zu prüfen, ob der Täter die genannten Kriterien des Heimtückemerkmals in seinen Vorsatz aufgenommen hat.
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b) Diesen rechtlich relevanten Anknüpfungspunkt hat die Jugendkammer verkannt, indem sie allein die objektive Lage des Tatopfers bei der Tatausführung betrachtet hat. Da ein versuchtes Tötungsdelikt nach §§ 211, 22, 23 StGB zu prüfen ist, hätte es bezüglich des Tatentschlusses der Angeklagten darauf abstellen müssen, ob die Angeklagten bei Eintritt des Tötungsdelikts in das Versuchsstadium davon ausgingen, gegen ein arglosigkeitsbedingt wehrloses Opfer vorzugehen. Zu diesem Aspekt des ohnehin nur sehr knapp erörterten gemeinsamen Tatentschlusses ist dem angefochtenen Urteil jedoch nichts zu entnehmen.
Darüber hinaus hat das Landgericht für die Frage einer objektiv beste10 henden arglosigkeitsbedingten Wehrlosigkeit einen falschen rechtlichen Maßstab angelegt, indem es darauf abgestellt hat, dass der Nebenkläger im weiteren Verlauf der Tat noch zu Gegenwehr imstande war. Denn nach den Feststel-
lungen (UA S. 19) handelten die Angeklagten bereits bei Abgabe der Schüsse auf den zu diesem Zeitpunkt im Rechtssinn Arg- und wehrlosen Nebenkläger mit bedingtem Tötungsvorsatz.
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3. Rechtsfehler, die sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben , enthält das angefochtene Urteil nicht (§ 301 StPO).
12
Zwar begegnen die Feststellungen Bedenken, dass die Schüsse des Angeklagten I. G. auf den Nebenkläger von dem Willen des Angeklagten P. G. mitgetragen waren (UA S. 20) und in diesem Zeitpunkt bei beiden bereits Tötungsvorsatz bestand. Insoweit leidet das Urteil nämlich unter einem Erörterungsmangel. Denn das Landgericht hat sich nicht mit der naheliegenden Möglichkeit auseinandergesetzt, dass ein zunächst von I. G. allein – aus nicht feststellbaren Gründen – begonnenes Verletzungsgeschehen aufgrund spontanen Eingreifens von P. G. gleichsam „ausdem Ruder gelaufen“ sein könnte. P. G. hat in seiner polizeilichen Vernehmung eine „Hilfeleistung“ fürseinen durch die Gegenwehr des Geschädigten in Bedrängnis geratenen Cousin geschildert. Mit dieser Darstellung hat sich das Landgericht nicht beweiswürdigend auseinandergesetzt. Zur Kampfsituation im Zeitpunkt des Eingreifens von P. G. verhält sich das Urteil nicht. Gegen einen bereits im Zeitpunkt der Schüsse – zumindest bei P. G. – beste- henden Tötungsvorsatz kann auch sprechen, dass er das eingesetzte Werkzeug und das Messer am Tatort vorgefunden und spontan ergriffen hat. Dieser Umstand hätte darüber hinaus auch im Hinblick darauf erörtert werden müssen, inwieweit ein solches Verhalten seines Cousins im Zeitpunkt der Abgabe der Schüsse für I. G. vorhersehbar war und vorhergesehen wurde.
Diese Erörterungsmängel haben sich in dem angefochtenen Urteil indes
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nicht zu Lasten der Angeklagten ausgewirkt. Denn die von der Kammer angestellten Hilfserwägungen zum Tötungsvorsatz, dass nämlich „zumindest in der Gesamtschau der Handlungen der beiden Angeklagten eine objektive Lebensgefährlichkeit der Tathandlungen gegeben“ sei (UA S. 18) und dass ein gemeinsamer Tatentschluss spätestens ab dem Zeitpunkt bestanden habe, in dem sich P. G. aktiv den Gewalthandlungen seines Cousins anschloss (UA S. 20), tragen den – bisherigen – Schuldspruch wegen versuchten Totschlags.
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Sollte das neue Tatgericht ebenfalls zur Annahme von Tötungsvorsatz bei beiden Angeklagten gelangen, so wird es allerdings den Zeitpunkt seines Entstehens unter Erörterung der oben genannten Umstände klar festzulegen haben, um darauf aufbauend die Frage eines heimtückischen Handelns in dem festgestellten Zeitpunkt zu beantworten.
Schneider König Berger
Bellay Feilcke

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(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 250/05
vom
11. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1. Verdachts des Mordes
zu 2. Verdachts der Anstiftung zum Mord
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
11. Oktober 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten S. ,
Rechtsanwälte und
als Verteidiger des Angeklagten U. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 12. Januar 2005 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Die Angeklagte S. wurde wegen Totschlags an A. U. zu zeitiger Freiheitsstrafe verurteilt. A. U. war Ehefrau des Angeklagten U. , mit dem die Angeklagte S. ein Verhältnis hatte. Der Angeklagte U. wurde vom Vorwurf der Anstiftung zur Tat der Angeklagten S. freigesprochen. Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen der Staat sanwaltschaft und des Nebenklägers. Sie erstreben eine Verurteilung der Angeklagten S. wegen Mordes und eine Verurteilung des Angeklagten U. wegen Anstiftung hierzu.
Die auch vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmitte l haben mit der Sachrüge Erfolg.

I.

Zur Angeklagten S. : 1. Die Strafkammer hat zum Tatgeschehen festgestellt: Die Angeklagte suchte A. U. in der en Wohnung in der Schweiz auf. Sie führte dabei zwei Messer und zwei Flaschen Sekt mit sich. Sie übergab der ahnungslosen A. U. eine Sektflasche als Geschenk. A. U. kochte Kaffee und stellte Kuchen auf den Tisch und entfernte sich dann kurz. Zum weiteren Geschehensverlauf hat die Strafkammer festgestellt : "Als A. U. …- die Tür … zumachte, trat die Angeklagte … an sie heran und packte sie am Hals. Zugunsten der Angeklagten ist davon auszugehen , dass sieA. U. nicht mehr - wie an sich beabsichtigt - von hinten, sondern von vorn erwischte und ihren Angriff mit den Worten 'Geli, es ist soweit' einleitete. ... A. U. , die … über erhebliche Körperkräfte verfügte, leistete heftige Gegenwehr.… Der ... größeren Angeklagten … gelang es … dennoch,A. U. im Würgegriff ins Wohnzimmer zu ziehen und dort zu Fall zu bringen. Sodann griff sie die … Sektflasche und versetzte A. U. damit … Schläge auf Kopf und Schulter. Anschließend versetzte sie A. U. mittels des … Küchenmessers einen Stich ins Herz ….". Heimtücke i. S. d. § 211 StGB lehnt die Strafkammer a b. Im Hinblick auf die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass die Angeklagte ihren Angriff auf A. U. ihren Würgegriff von vorne und mit den Worten "Geli, es ist soweit", einleitetet, sei Heimtücke aus Rechtsgründen zu verneinen.
2. Diese Erwägung hält, wie auch der Generalbundesanw alt im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die auf Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit des Opfers eines Tötungsdelikts kann auch dann bestehen, wenn der Täter ihm zwar offen entgegentritt , die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 3; Senatsurteil vom 20. Juli 2004 - 1 StR 145/04). Maßgeblich ist die Situation zum Zeitpunkt des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs. Dass die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers nachfolgend durch den Angriff beseitigt werden und das Opfer sich (noch) gegen den Täter wehrt, ändert nichts daran, dass zu Beginn des Angriffs Heimtücke gegeben sein kann, weil effektive Abwehrmittel zunächst nicht zur Verfügung standen (vgl. Lackner/Kühl StGB 25. Aufl. § 211 Rdn. 8). Es liegt nahe, dass es sich hier so verhält, jedenfalls wär e dies zu erörtern gewesen: Der erste Angriff war der völlig überraschende Würgeangriff, als A. U. die Tür schloss. Es versteht sich angesichts der Körperkräfte der Geschädigten und dem selbst in verzweifelter Lage von ihr noch geleisteten heftigen Widerstand zumindest nicht von selbst, dass die Angeklagte bei offenem feindseligen Verhalten den Hals der Geschädigten erreicht hätte. Der Würgegriff war aber die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Angeklagte ihr Opfer letztlich zu Fall bringen und ihr die tödlichen Schläge bzw. Stiche versetzen konnte. Gründe, die gegen die Annahme sprechen könnten, die A ngeklagte sei sich der Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit der Geschädigten nicht be-
wusst gewesen, sind nicht erkennbar (vgl. auch Senatsurteil vom 31. Mai 2005 - 1 StR 290/04) Der von der Strafkammer für möglich gehaltene Ausspruch "Geli, jetzt ist es soweit" kann an alledem nichts ändern, da er ersichtlich unmittelbar mit dem Würgeangriff zusammenfiel und daher keine Warnwirkung entfalten konnte.

II.

Zum Angeklagten U. : Nach den Feststellungen der Strafkammer hat der Angekla gte U. der Angeklagten S. für den Fall des Todes seiner Frau gemeinsame Lebensperspektiven in Aussicht gestellt und dies mit einzelnen Äuß erungen untermauert. So hat er etwa im Zusammenhang mit einer von seiner Frau unternommenen Schlittenfahrt zur Angeklagten S. gesagt: "Wenn sie abstürzen würde, könntest Du bei mir einziehen". Auf eine Äußeru ng der Angeklagten S. , sie wolle A. U. "am liebsten den Hals umdrehen" erwiderte er: "Wieso? Mach’s doch! Vielleicht können wir dann zusammenkommen wir zwei. Brauchst es nur mal machen". Diese und zahlreiche inhaltlich identische weitere Gespräche bewertet die Strafkammer dahin, dass sie geeignet waren, die Angeklagte "tatbereit zu machen". "Über derartige Gespräche hinaus" sei jedoch nicht festzustellen, dass "Einzelheiten der Tatausführung so weit besprochen wurden, wie dies bei der Persönlichkeit der AngeklagtenS. erforderlich war". Wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, reicht es für die Annahme einer Anstiftung i. S. d. § 26 StGB aus, wenn die von ihm an den
Täter gerichteten Aufforderungen zur Tatbegehung die Tat im Kern kennzeichnen und für den Tatentschluss mitursächlich waren. Eines alle Einzelheiten der Tatausführung festlegenden Tatplans bedurfte es dagegen auch hier nicht. Nack Wahl Boetticher Hebenstreit Graf

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.