Bundesgerichtshof Urteil, 15. Juni 2016 - 2 StR 582/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. Juni 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott, Richter am Bundesgerichtshof Zeng, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die unbeschränkt eingelegte und auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen führte der in einem Fernzug von Brüssel nach Frankfurt am Main reisende Angeklagte am 5. März 2015 im Auftrag unbekannt gebliebener Dritter in einer Reisetasche 981 Gramm Heroingemisch mit 38,7 Gramm Heroinhydrochlorid nach Deutschland ein; dabei wusste er, dass das Rauschgift zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war. Nach Passieren der Grenze wurde das Rauschgift von Zollbeamten entdeckt und der Angeklagte festgenommen.
- 3
- 2. Das Landgericht hat den Angeklagten, der in der Hauptverhandlung angegeben hatte, ihm sei der Inhalt der ihm von Bekannten übergebenen Reisetasche unbekannt gewesen, neben einer Reihe von Indizien auch aufgrund einer früheren Einlassung gegenüber der Ermittlungsrichterin für überführt angesehen ; bei dieser Vernehmung hatte er angegeben, „von Leuten“ gebeten worden zu sein, die Reisetasche nach Frankfurt zu bringen und dort an „Leute“ zu übergeben. Seinen weiteren Angaben, er sei von den „Leuten“ in Antwerpen mit dem Tode bedroht worden und habe deshalb gegenüber den Zollbeamten den Besitz der Reisetasche in Abrede gestellt, ist das Landgericht ersichtlich nicht gefolgt; es hat seine früheren Angaben nur „im Kernbereich“ für glaubhaft angesehen, soweit der Angeklagte angegeben hatte, die Reisetasche im Auftrag Dritter transportiert zu haben.
- 4
- Mit der ergänzend angeführten weiteren Beweiserwägung, der Angeklagte habe – wenn er denn tatsächlich durch Drohungen zum Transport der Reisetasche veranlasst worden sein sollte – zweifelsfrei damit gerechnet, dass er Drogen transportiere (vgl. UA S. 11), hat das Landgericht ersichtlich lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass seine Einlassung in der Hauptverhandlung auch unter Zugrundelegung seiner früheren Angaben nicht glaubhaft erscheinen. Diese hypothetische Beweiserwägung gab keinen Anlass zur näheren Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen eines entschuldigenden Notstands im Sinne des § 35 StGB vorgelegen haben könnten (BGH, Beschluss vom 26. August 1993 - 1 StR 495/93, BGHR StGB § 35 Abs. 1 Gefahr, gegenwärtige 2; vgl. BGH, Beschluss vom 30. August 1994 - 1 StR 481/94, juris Rn. 8).
- 5
- 3. Da der Schuld- und Strafausspruch im Übrigen keinen Rechtsfehler aufweist, war die Revision des Angeklagten mit der Kostenfolge des § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.
Zeng Bartel
Annotations
(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.
(2) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.