Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2019 - 2 StR 465/18

bei uns veröffentlicht am27.03.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 465/18
vom
27. März 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:270319U2STR465.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. März 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Zeng, Dr. Grube, Schmidt,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin als Verteidigerin des Angeklagten A. S. , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 27. März 2018 im Fall II.2 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es die Angeklagten A. S. und G. betrifft. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere – allgemeine – Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Bestimmen eines Minderjährigen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Fall II.1 der Urteilsgründe) sowie wegen versuchter Nötigung (Fall II.2 der Urteilsgründe) zu Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte, auf die Verurteilung zu Fall II.2 der Urteilsgründe und auf den Gesamtstrafenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts verfügten die beiden Angeklagten Ende des Jahres 2015 über eine aus einem Erwerbsvorgang stammende Rauschgiftmenge von ca. 1,5 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 15 % Tetrahydrocannabinol. Im Zeitraum Januar bis April 2016 veräußerten sie das Rauschgift in Chargen von 2050 Gramm gewinnbringend an Zwischenhändler. So belieferten sie unter anderem den 16-jährigen B. im Zeitraum vom 1. bis zum 21. April 2016 bei vier Gelegenheiten mit jeweils 50 Gramm Marihuana zum Grammpreis von jeweils 7 Euro auf Kommission. Das Landgericht hat beide Angeklagte insoweit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Bestimmen eines Minderjährigen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu der Einsatzstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt und hat Einziehungsentscheidungen getroffen (Fall II.1 der Urteilsgründe).
3
2. Nachdem B. die ersten drei Lieferungen von jeweils 50 Gramm gewinnbringend abverkauft und jeweils 350 Euro an die Angeklagten abgeführt hatte, wurde er am 21. April 2016 durch zwei unbekannt gebliebene Männer gezwungen, diesen seinen Rauschgiftvorrat und seine Rauschgifterlöse zu überlassen. Unmittelbar nach diesem Vorfall informierte B. telefonisch die Angeklagten, die ihn mit ihrem Pkw abholten und sich gemeinsam auf die Suche nach den Tätern machten. Weil sich die Nachforschungen erfolglos gestalteten, bezweifelten die Angeklagten einen Überfall auf B. und glaubten, dieser versuche sie über den wahren Verbleib des Rauschgifts bzw. des Erlöses dafür zu täuschen. Bei einem Zwischenhalt schlug einer der beiden Angeklagten dem Geschädigten B. ins Gesicht, um ihn entweder zur Begleichung der noch offenen Forderung von 350 Euro oder zu wahrheitsgemäßen Angaben zum Verbleib des Rauschgifts zu bewegen. Durch den Schlag erlitt der Geschädigte eine Schwellung im Gesicht und eine Platzwunde. Nicht festzustellen vermochte die Strafkammer, welcher der beiden Angeklagten geschlagen hat, dass der andere Angeklagte den Schlag wahrgenommen hat oder dass die Gewalt gegen den Geschädigten auf einem gemeinsamen Tatentschluss beruhte. Beide nutzten jedoch nach Beibringung der blutenden Platzwunde „die von der Verletzungshandlung ausgehende und fortwirkende Bedrohungswirkung – die Drohung mit weiteren Schlägen – in konkludentem Zusammenwirken mit dem anderen Angeklagten“ dazu aus „denZeugen B. dazu zu motivieren, sich Geldmittel zu beschaffen, um sie ihnen als Ausgleich für das zuvor überlassene Rauschgift zu übergeben“.
4
In dem Bemühen, sich Geld zu beschaffen, ließ sich der Geschädigte B. von den Angeklagten zur Gaststätte einer Bekannten fahren. Während die Angeklagten in ihrem Pkw vor der Gaststätte warteten, begab sich B. in das Lokal, um sich Geld zu leihen. Nach kurzer Zeit trafen zwischenzeitlich alarmierte Polizeibeamte ein, nahmen die Personalien der beiden nach wie vor im Pkw vor der Gaststätte wartenden Angeklagten auf und erteilten ihnen einen Platzverweis.
5
Das Landgericht hat die Angeklagten insoweit wegen versuchter Nötigung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 5 Euro verurteilt (Fall II.2 der Urteilsgründe).

II.

6
Der Schuldspruch wegen versuchter Nötigung im Fall II.2 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil es das Landgericht versäumt hat, sich mit dem – angeklagten – Tatbestand der versuchten räuberischen Erpressung auseinanderzusetzen.
7
1. Die räuberische Erpressung erfordert ebenso wie der Raub einen finalen Zusammenhang zwischen dem Nötigungsmittel und der von dem Opfer vorzunehmenden vermögensschädigenden Handlung. Eine konkludente Drohung genügt; sie kann sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass der Täter dem Opfer durch sein Verhalten zu verstehen gibt, er werde zuvor zu anderen Zwecken angewendete Gewalt nunmehr zur Erzwingung der jetzt erstrebten vermögensschädigenden Handlung des Opfers fortsetzen oder wiederholen. Das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung enthält dagegen für sich genommen noch keine Drohung. Erforderlich hierfür ist vielmehr , dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht, mithin die Nötigungslage durch ein im Urteil gesondert festzustellendes Verhalten aktualisiert aufrecht erhält (BGH, Beschlüsse vom 20. September 2016 – 3 StR 174/16, NStZ 2017, 92, 93 und vom 25. Februar 2014 – 4 StR 544/13, NStZ 2014, 269, 270 mit Anm. Krehl).
8
2. Nach diesen Maßstäben war hier eine versuchte räuberische Erpressung zu erörtern.
9
a) Derjenige Angeklagte, der dem Geschädigten B. ins Gesicht schlug, um ihn entweder zur Zahlung von 350 Euro oder zur Herausgabe des Rauschgifts zu bewegen, hat neben dem Tatbestand der Körperverletzung auch den Tatbestand der versuchten räuberischen Erpressung verwirklicht. Allerdings vermochte das Landgericht insoweit nicht festzustellen, welcher der beiden Angeklagten – unbemerkt und ohne vorherige Absprache mit seinem Mittäter – die Verletzungshandlung vorgenommen hat.
10
Beide Angeklagte haben jedoch – so das Landgericht im Rahmen seiner rechtlichen Bewertung – im Anschluss an die Körperverletzung des erkennbar gezeichneten B. die hierdurch konkludent bewirkte Bedrohung des Geschädigten in gewolltem Zusammenwirken aufrechterhalten und ausgenutzt, um diesen zur Beschaffung von Geld für das überlassene Marihuana zu motivieren. Damit läge für beide Angeklagte – was das Landgericht offenbar verkennt – eine versuchte räuberische Erpressung vor.
11
b) Der Senat sieht davon ab, in der Sache selbst zu entscheiden und – wievom Generalbundesanwalt beantragt – den Schuldspruch zu berichtigen. Das Landgericht – das den Tatbestand der versuchten räuberischen Erpressung augenscheinlich nicht im Blick hatte – hat es nämlich versäumt, in den Urteilsgründen darzulegen, durch welches konkrete Verhalten beide Angeklagte die Gefahr erneuter Gewaltanwendung deutlich in Aussicht gestellt und erkennbar gemacht und damit die Nötigungslage aktualisiert aufrechterhalten haben. Entsprechende Ausführungen und Feststellungen zur Aktualisierung der Nötigungslage sind ungeachtet des engen inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen vorangegangener – allerdings nur einem Täter zuzurechnender – Gewaltanwendung und – beiden Tätern zuzurechnender – Geldforderung hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.
12
Die Sache bedarf deshalb insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung durch eine allgemeine Strafkammer, da sich das Verfahren im Umfang der Aufhebung nur noch gegen erwachsene Angeklagte richtet.
13
Der Senat hebt auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, den Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt einer versuchten räuberischen Erpressung umfassend aufzuklären.
14
Was eine aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht in Betracht kommende Strafbarkeit wegen erpresserischen Menschenraubs anbelangt – das Landgericht hatte einen entsprechenden rechtlichen Hinweis auf § 239a StGB erteilt – verweist der Senat auf die Zuschrift des Generalbundesanwalts.
Franke Appl Zeng Grube Schmidt

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Strafgesetzbuch - StGB | § 239a Erpresserischer Menschenraub


(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung ges

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2016 - 3 StR 174/16

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 174/16 vom 20. September 2016 in der Strafsache gegen 1. alias: 2. wegen zu 1.: gefährlicher Körperverletzung u.a. zu 2.: räuberischer Erpressung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:200916B3STR174.16.0 Der 3. Strafsenat d

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 174/16
vom
20. September 2016
in der Strafsache
gegen
1.
alias:
2.
wegen zu 1.: gefährlicher Körperverletzung u.a.
zu 2.: räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:200916B3STR174.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts am 20. September 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 21. Januar 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten und den Angeklagten N. wegen Beihilfe zur räuberischen Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung sowie versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt. Die dagegen gerichteten Revisionen der Angeklagten haben jeweils mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen verbrachten die Angeklagten die frühen Morgenstunden des 28. Juni 2015 gemeinsam mit den Zeugen de V. und Sch. sowie den Zeuginnen de B. und G. auf dem Schrebergartengrundstück von de V. . Nachdem die Angeklagten sich eine Zeitlang von dem Grundstück entfernt hatten, wurden sie bei ihrer Rückkehr auf eine verbale Auseinandersetzung zwischen de V. und G. aufmerksam, die sich während ihrer Abwesenheit entwickelt hatte. Der Angeklagte N. "ging" nun "auf de V. los und schlug ihm mehrfach mit der flachen Hand ins Gesicht". Währenddessen schlug der Angeklagte S. Sch. in gleicher Weise. Anschließend schlug N. auch Sch. , während S. seinerseits de V. Schläge versetzte; die Strafkammer vermochte sich insoweit nicht davon zu überzeugen, dass die Angeklagten in dieser Situation zeitgleich auf einen der beiden Zeugen einwirkten.
3
Anschließend wiesen die Angeklagten die Zeugen de V. und Sch. an, sich auf eine Bank zu setzen, und bedrängten sie, wegen des Vorfalls nicht die Polizei einzuschalten. N. setzte sich sodann zwischen de V. und Sch. , legte seine Arme um sie und drohte ihnen sinngemäß an, dass "man ihnen ihre Beine abschneiden würde, wenn sie zur Polizei gehen würden". S. hatte einen Schraubendreher und einen Rechen an sich genommen , hielt de V. und Sch. die Gegenstände vor das Gesicht und drohte ihnen, dass "man die beiden auch an Ort und Stelle 'wegmachen' könne".
4
"Relativ am Anfang des ganzen Geschehens" forderten die Angeklagten die Zeugen de V. und Sch. , die durch die Schläge Nasenbluten davongetragen hatten, auf, sich das Blut abzuwaschen, woraufhin diese nacheinander zu einem Wasserhahn gingen. Dabei versuchte S. noch einmal, Sch. zu schlagen, der jedoch ausweichen konnte. Daraufhin trat N. hinzu und versetzte Sch. einen heftigen Tritt gegen den rechten Oberschenkel.
5
S. "entschloss sich nunmehr", de V. "um sein Geld zu erleichtern". Er forderte ihn auf, ihm sein Geld auszuhändigen, worauf de V. ihm "unter dem Eindruck der zuvor geäußerten Drohungen und Schläge" insgesamt 100 € aushändigte.
6
Nachdem S. anschließend die Gartenlaube von de V. erfolglos nach Wertgegenständen durchsucht hatte, redeten die Angeklagten erneut auf de V. und Sch. ein, um sie davon abzuhalten, die Polizei zu verständigen. Zu diesem Zweck drohten sie ihnen nochmals, dass "man sie sonst 'fertig' machen" werde und dass sich ihre Familie sowie Freunde um die Zeugen "kümmern" würden, falls sie ins Gefängnis kämen. N. nahm dabei "billigend in Kauf, dass er durch die weitere Bekräftigung seiner Drohungen auch die vorherige Entwendung des Geldes durch S. unterstützte".
7
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten S. wegen räuberischer Erpressung nicht. Das Landgericht hat dazu ausgeführt :
8
Es sei zwar nicht nachzuweisen, dass S. im Zeitpunkt der Geldforderung zur Erreichung seines Zieles unmittelbar Gewalt angewendet oder de V. konkret bedroht habe. Dies sei aber auch nicht erforderlich, da ihm bewusst gewesen sei, dass de V. ihm das Geld nur wegen der bereits vorangegangenen Schläge und Drohungen aushändigen werde, die er selbst sowie N. ausgesprochen hätten. De V. habe wegen des zeitlich-räumlichen Zusammenhangs noch unter dem Eindruck der Gewaltanwendung bzw. Drohungen gestanden, die mithin fortgewirkt hätten. S. habe die Furcht von de V. vor weiteren Schlägen erkannt und diesen Umstand bewusst zur Tatbegehung ausgenutzt.
9
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die räuberische Erpressung (§§ 253, 255 StGB) erfordert ebenso wie der Raub (§ 249 StGB) einen finalen Zusammenhang zwischen dem Nötigungsmittel und der von dem Opfer vorzunehmenden vermögensschädigenden Handlung. Eine konkludente Drohung genügt; sie kann sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass der Täter dem Opfer durch sein Verhalten zu verstehen gibt, er werde zuvor zu anderen Zwecken angewendete Gewalt nunmehr zur Erzwingung der jetzt erstrebten vermögensschädigenden Handlung des Opfers bzw. dessen Duldung der beabsichtigten Wegnahme fortsetzen oder wiederholen. Das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung enthält dagegen für sich genommen noch keine Drohung. Erforderlich hierfür ist vielmehr, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht. Es reicht nicht aus, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen. Das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers mag sich als das Ausnutzen einer hilflosen Lage darstellen , die vom Gesetzgeber indes ausschließlich in § 177 Abs. 1 StGB neben Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zu einem selbständigen tatbestandlichen Nötigungsmittel erhoben worden ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 31. Juli 2012 - 3 StR 232/12, juris Rn. 4; vom 13. November 2012 - 3 StR 400/12, juris Rn. 5; vom 26. November 2013 - 3 StR 261/13, NStZ-RR 2014, 110; vom 25. Februar 2014 - 4 StR 544/13, StV 2014, 545, 546). Entgegen der vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vertretenen Auffassung ist die Aktualisierung der Nötigungslage durch ein im Urteil gesondert festzustellendes Verhalten des Täters mit Rücksicht darauf , dass eine dem § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB entsprechende Vorschrift im Bereich von Raub und Erpressung fehlt, nicht entbehrlich.
10
Hier hat der Angeklagte S. den Urteilsgründen zufolge indes lediglich die Furcht des Zeugen de V. vor weiteren Schlägen ausgenutzt, ohne ihm zumindest konkludent mit erneuter Gewaltanwendung zu drohen.
11
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen räuberischer Erpressung führt auch zur Aufhebung der Verurteilung wegen der tateinheitlich verwirklichten Körperverletzung und versuchten Nötigung. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Verurteilung des Angeklagten N. .
12
4. Im Hinblick auf die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
13
a) Soweit das Landgericht die Hilfeleistung des Angeklagten N. zu der von dem Angeklagten S. begangenen räuberischen Erpressung darin gesehen hat, dass er de V. und Sch. erneut drohte, um sie davon abzuhalten, die Polizei zu rufen, bevor er das Grundstück gemeinsam mit S. verließ, würden entsprechende Feststellungen - falls sie auch aufgrund der neuen Hauptverhandlung getroffen werden - eine Verurteilung des Angeklagten N. wegen (sukzessiver) Beihilfe zur räuberischen Erpressung (vor deren Beendigung) tragen. Die ergänzenden Ausführungen des Landgerichts , dass N. aufgrund der früheren Schläge und Drohungen außerdem eine Garantenstellung aus Ingerenz innegehabt habe und deshalb verpflichtet gewesen sei, die Verwirklichung der räuberischen Erpressung durch S. zu verhindern, gehen demgegenüber fehl. Aus der bloßen Ursächlichkeit eines Verhaltens für einen späteren Erfolgseintritt kann sich eine Garantenstellung aus vorangegangenem gefährdenden Tun nicht ergeben; erforderlich ist vielmehr , dass das Vorverhalten die nahe Gefahr des Eintritts gerade des tatbestandsmäßigen Erfolges herbeigeführt hat (BGH, Beschluss vom 15. April 1997 - 4 StR 116/97, NStZ-RR 1997, 292 f.). Davon wird hier im Hinblick auf das nach den vorherigen Drohungen und Körperverletzungshandlungen begangene Vermögensdelikt kaum die Rede sein können.
14
b) Die Annahme des Landgerichts, dass sich der Angeklagte N. unter dem Gesichtspunkt des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht habe, indem er den Zeugen Sch. trat, nachdem der Angeklagte S. zuvor erfolglos versucht hatte, Sch. zu schlagen, während eine Strafbarkeit von S. unter diesem Gesichtspunkt ausscheide, begegnet rechtlichen Bedenken. § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, dass der Täter die Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass mindestens zwei Beteiligte (Täter oder Teilnehmer, § 28 Abs. 2 StGB) am Tatort bewusst zusammenwirken; es genügt, wenn eine am Tatort anwesende Person den unmittelbar Tatausführenden aktiv physisch oder psychisch unterstützt (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005 - 4 StR 347/05, NStZ 2006, 572, 573). Eine rein passive Anwesenheit am Tatort reicht dagegen nicht aus, und zwar selbst dann nicht, wenn der Anwesende die Körperverletzungstat des anderen innerlich billigt oder befürwortet (KG, Beschluss vom 12. März 2013 - (4) 121 Ss 30/13 (49/13), StV 2014, 349).
15
c) Soweit das Landgericht die Anwendbarkeit des § 46a Nr. 1 StGB mit der Begründung abgelehnt hat, dass der Angeklagte S. dem Zeugen de V. kein Schmerzensgeld gezahlt habe, wird Folgendes zu bedenken sein: Die Vorschrift setzt einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Tat verursachten Folgen gerichtet sein muss; das Verhalten des Täters muss Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - 1 StR 405/02, BGHSt 48, 134, 139 ff.). Erforderlich ist, dass der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat "ganz oder zum überwiegenden Teil" wiedergutmacht, wobei es auch ausreichend sein kann, dass er dieses Ziel ernsthaft erstrebt (BGH, Urteil vom 23. Mai 2013 - 4 StR 109/13, juris Rn. 11). Den Urteilsgründen zufolge hat der geständige Angeklagte S. sich hier bei dem Zeugen de V. entschuldigt und dessen materiellen Schaden ersetzt; de V. hat die Entschuldigung akzeptiert und ausdrücklich erklärt, dass die Sache für ihn mit der Rückzahlung des Geldes "erledigt" sei. In Anbetracht dessen schließt allein die unterbliebene - von de V. indes auch nicht beanspruchte - Zahlung von Schmerzensgeld eine Strafmilderung gemäß § 46a Nr. 1 StGB nicht unbedingt aus.
Becker RiBGH Dr. Schäfer befindet Spaniol sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Tiemann Berg

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wenn der Täter das Opfer unter Verzicht auf die erstrebte Leistung in dessen Lebenskreis zurückgelangen läßt. Tritt dieser Erfolg ohne Zutun des Täters ein, so genügt sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu erreichen.