Bundesgerichtshof Urteil, 03. Aug. 2011 - 2 StR 190/11

bei uns veröffentlicht am03.08.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 190/11
vom
3. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. August
2011, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Dr. Berger,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 8. November 2010 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen wurde,
b) im Strafausspruch, insoweit zugunsten des Angeklagten.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und zwei Jahren aus dem Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 11. Mai 2010 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Mit ihrer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten, mit der Sachrüge begründeten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft namentlich gegen die vom Landgericht abgelehnte Anordnung der Sicherungsverwahrung. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung über die Sicherungsverwahrung und - insoweit zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) - des gesamten Strafausspruchs.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der zur Tatzeit 44jährige Angeklagte seit vielen Jahren alkoholabhängig.
3
a) Bereits vor der Anlassverurteilung verurteilte ihn das Landgericht Aachen im Jahre 1999 wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren , die er bis März 2008 verbüßte. Die wegen der Alkoholabhängigkeit des Angeklagten zugleich angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde von 1999 bis 2002 erfolglos vollzogen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Angeklagte am 28. Dezember 1998 mit dem späteren Tatopfer zunächst über Stunden hinweg große Mengen Alkohol konsumiert hatte, bis sie schließlich in Streit geraten waren. Im Verlaufe dessen hatte der Angeklagte über einen längeren Zeitraum derart brutal und heftig auf das am Boden liegende Tatopfer eingeschlagen und -getreten, dass dieses kurze Zeit später an seinen Verletzungen verstorben war.
4
Am 11. Mai 2010 verurteilte ihn das Amtsgericht Aachen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Dem lag zugrunde, dass er wenige Monate nach seiner Haftentlassung zu seiner Freundin in deren Wohnung gezogen war. Ungefähr zeitgleich hatte er begonnen, wieder regelmäßig Alkohol zu trinken und infolge dessen ohne nachvollziehbaren Anlass zunehmend aggressiver zu reagieren. Am 24. Januar 2009 hatte er im stark betrunkenen Zustand nach einem Streit einen Stuhl nach der Tochter seiner Lebensgefährtin geworfen. Anschließend hatte er seiner Lebensgefährtin mehrfach ins Gesicht geschlagen, die nunmehr Flüchtende zu Boden gestoßen und ihr mit beschuhten Füßen mehrfach und mit erheblicher Wucht in den Bauch und gegen die Beine getreten.
5
b) Nach den zur Sache getroffenen Feststellungen kam es auch in der anschließenden Beziehung des Angeklagten zu der später Geschädigten K. vor allem deshalb zu Streitigkeiten, weil der Angeklagte infolge seines Alkoholkonsums zu Aggressionen neigte. Am 7. März 2010 fühlte er sich durch eine Bemerkung der Geschädigten provoziert, weshalb er mit Händen und Fäusten zunächst auf deren Körper und Kopf einschlug. Nachdem die flüchtende Geschädigte infolge weiterer Schläge schließlich zu Boden gegangen war, trat der Angeklagte - ohne dass Feststellungen zur Art seines Schuhwerks getroffen werden konnten - mindestens zwei Mal mit dem beschuhten Fuß auf sie ein. Die Kammer hat weiter festgestellt, dass der Angeklagte aufgrund seiner zur Tatzeit erheblichen Alkoholisierung in Verbindung mit der bei ihm aufgrund seiner langjährigen Alkoholabhängigkeit bereits eingetretenen Persönlichkeitsdepravation nicht ausschließbar in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Für diese Tat hat sie eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren festgesetzt.
6
c) Von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Satz 1 StGB hat die Kammer abgesehen. Die vorliegende Tat gehe zwar auf einen Hang des Angeklagten, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, zurück, und dieser Hang begründe auch die Gefahr künftiger erheblicher Straftaten. Eine Entziehungstherapie sei jedoch aufgrund der bei dem Angeklagten bereits eingetretenen alkoholbedingten Persönlichkeitsdepravation nicht erfolgversprechend. Er sei abstinenzunfähig und nicht in der Lage, seine Alkoholabhängigkeit als Problem zu erkennen und entsprechend zu handeln.
7
Die sachverständig beratene Strafkammer hat - ohne Ausführungen zu den formellen Voraussetzungen zu machen - eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung abgelehnt, weil bei dem Angeklagten ein Hang zur Begehung erheblicher Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. nicht vorliege. Es bestehe zwar das Risiko, dass der Angeklagte auch weiterhin alkoholbedingt Straftaten wie die bereits verübten begehen werde und daher für die Allgemeinheit gefährlich sei. Die zu erwartenden Straftaten beruhten indes nicht auf einem bestehenden eingeschliffenen inneren Zustand bzw. einer auf charakterlicher Anlage beruhenden oder durch Übung erworbenen intensiven Neigung zu Rechtsbrüchen, sondern stellten sich - wie auch die früheren Taten - "jeweils in Verbindung mit der Erkrankung des Angeklagten als situativ entstandene und eskalierte Konflikt- bzw. Spontantaten dar", die eine Hangtäterschaft gerade nicht begründeten (UA S. 21).
8
2. Die Begründung, mit der das Landgericht die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Urteilsausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht seiner Entscheidung ein unzutreffendes Verständnis des Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. zu Grunde gelegt hat.
9
Die Strafkammer hat nicht bedacht, dass für die Annahme eines Hanges ein "dauerhafter Entschluss", Straftaten zu begehen, nicht erforderlich ist. Vielmehr kann eine entsprechende, in der Persönlichkeit liegende Neigung auch bei sog. Gelegenheits- und Augenblickstaten zu bejahen sein, denn auch solche Taten können auf einem eingeschliffenen Verhaltensmuster beruhen und damit Ausfluss eines inneren Hanges zu Straftaten sein (BGH NStZ-RR 2010, 238, 239). Entscheidend ist - und damit hat sich die Strafkammer nicht auseinandergesetzt -, ob frühere Taten einen symptomatischen Charakter aufweisen und damit Indizwert für das Vorliegen eines gefährlichen Hanges haben (Fischer StGB 58. Aufl. § 66 Rn. 24). Auf die Ursache für das eingeschliffene Verhaltensmuster kommt es dabei nicht an (vgl. Senat, Urteil vom 11. September 2002 - 2 StR 193/02; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 11, BGH, Urteil vom 11. März 2010 - 3 StR 538/09; vgl. auch Fischer aaO § 66 Rn. 25 mwN). Einen Hang kann auch haben, wer willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht genügend widerstehen kann (BGH NStZ 2003, 310, 311; NStZ-RR 2003, 107, 108) oder wer aufgrund erhöhter Aggressionsbereitschaft dazu neigt, mit einer strafbaren Handlung auf einen äußeren Tatanstoß zu reagieren (BGH NStZ 1994, 280; NStZ-RR 2010, 238, 239). Selbst wenn sich eine Suchterkrankung als alleinige Ursache für die Kriminalität eines Täters feststellen lässt, scheidet die Annahme eines Hanges im Sinne des § 66 http://www.juris.de/jportal/portal/t/jz2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=17&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE304728705&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - StGB nicht aus (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - 4 StR 210/10). Entsprechend ist auch dann, wenn sich die Straftaten als Ausdruck einer Persönlichkeitsstörung und der damit einhergehenden Neigung zu aggressivem Ausagieren darstellen, ein symptomatischer Zusammenhang zwischen der abgeurteilten Tat und den die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung begründenden Taten für die Neigung des Angeklagten zur Begehung von erheblichen Straftaten nicht ausgeschlossen (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 238, 239).
10
3. Über die Anordnung der Sicherungsverwahrung ist daher neu zu entscheiden.
11
a) Die formellen Voraussetzungen für die zwingende Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor. Der Angeklagte wurde zwar zweimal wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr verurteilt ; doch nur die Verurteilung aus 1999 erfolgte vor Begehung der Anlasstat am 7. März 2010. Die Verurteilung wegen der beiden am 24. Januar 2009 begangenen Taten erfolgte erst mit Urteil vom 11. Mai 2010, weshalb es an der für § 66 Abs. 1 StGB notwendigen Feststellung der kriminellen Intensität des Täters fehlt, die verlangt, dass er mindestens zweimal die Warnfunktion eines Strafurteils missachtet haben muss (BGHSt 52, 225, 226; 35, 6, 12; vgl. Rissing-van Saan LK StGB 12. Aufl. § 66 Rn. 49).
12
Nach den Urteilsfeststellungen sind aber die formellen Voraussetzungen nach § 66 Abs. 2 StGB a.F. erfüllt. Der Angeklagte hat wegen drei vorsätzlicher Taten - der hier abgeurteilten Tat und zwei gesamtstrafen fähiger Taten - Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und zwei Jahren verwirkt und ist wegen dieser Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von über drei Jahren verurteilt worden. Dem steht nicht entgegen, dass in die Gesamtstrafe bereits abgeurteilte Straftaten einbezogen wurden. § 66 Abs. 2 StGB a.F. verlangt lediglich, dass der Täter in dem Verfahren, in dem über die Frage der Sicherungsverwahrung zu entscheiden ist, wegen einer Tat verurteilt wird (BGH NStZ 2002, 536, 537).
13
b) Das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) hat nichts zugunsten des Angeklagten geändert (vgl. § 2 Abs. 6 StGB; Art. 316e Abs. 2 EGStGB). Sowohl bei der Anlasstat als auch bei den beiden Vortaten handelt es sich um Katalogtaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB in der seit dem 1. Januar 2011 wirksamen Fassung (vgl. Art. 316e Abs. 1, 2 EGStGB).
14
c) Eine Anordnung der Sicherungsverwahrung kommt auch unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 (NJW 2011, 1931 ff.) aufgestellten Anforderungen an die befristete weitere Anwendung der als verfassungswidrig erklärten Regelungen des Strafgesetzbuchs über die Sicherungsverwahrung noch in Betracht. Danach darf die Anwendung der Regelungen nur noch nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen, und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird in der Regel nur gewahrt sein, wenn "eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstrafen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten" ist (BVerfG aaO S. 1946).
15
Aufgrund der Urteilsfeststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine entsprechende Gefahrprognose gestellt werden kann. Im Rahmen dessen wird der neue Tatrichter jedoch ergänzend klarstellen müssen, welche konkreten Rechtsgüter gefährdet sind. Die Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil lassen nicht mit der notwendigen Klarheit erkennen, ob es seine Prognose, von dem Angeklagten seien auch in Zukunft Straftaten wie die bereits verübten zu erwarten, durch den angebrachten Zusatz, "nämlich speziell (gefährliche) Körperverletzungsdelikte seien zu befürchten", einschränken wollte (UA S. 22).
16
4. Die gebotene Aufhebung des Urteils, soweit das Landgericht davon abgesehen hat, die Sicherungsverwahrung anzuordnen, führt, insoweit zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO), zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann trotz an sich rechtsfehlerfreier Strafzumessungserwägungen nicht ausschließen, dass die verhängte Einzelfreiheitsstrafe und die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht zugleich auf Sicherungsverwahrung erkannt hätte (vgl. BGH NJW 1980, 1055, 1056; StV 2002, 480, NStZ-RR 2003, 107, 108).
Fischer Appl Berger Eschelbach Ott

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

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Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch - StGBEG | Art 316e Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen


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Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 538/09
vom
11. März 2010
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
4. März 2010 in der Sitzung am 11. März 2010, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 4. März 2010 -
als Verteidiger,
Justizangestellte in der Verhandlung vom 4. März 2010,
Justizamtsinspektor bei der Verkündung am 11. März 2010
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 25. August 2009 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten in einem ersten Urteil wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Auf die allein gegen den Maßregelausspruch gerichtete, mit dem Ziel der Verhängung von Sicherungsverwahrung durchgeführte Revision der Staatsanwaltschaft hatte der Senat das Urteil im Maßregelausspruch aufgehoben, weil das Landgericht die notwendige Erfolgsaussicht der Suchtbehandlung nach § 64 StGB nur widersprüchlich und damit rechtsfehlerhaft begründet hatte. Zugleich hatte er darauf hingewiesen, dass der neue Tatrichter angesichts der Vielzahl von Straftaten, Verurteilungen und Strafverbüßungen des Angeklagten auch zu prüfen habe, ob bei dem Angeklagten die Sicherungsverwahrung anzuordnen sei (BGH, Urt. vom 12. Februar 2009 - 3 StR 569/08 = NStZ 2009, 442). Auf der Grundlage des rechtskräftigen Schuld- und Strafausspruchs hat das Landgericht nunmehr erneut die Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt angeord- net; die Sicherungsverwahrung hat es abgelehnt, weil der hierzu erforderliche Hang beim Angeklagten nicht festzustellen sei. Die auf sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hat erneut Erfolg.
2
1. Das Rechtsmittel richtet sich gegen den gesamten Maßregelausspruch. Zwar bekämpft die Beschwerdeführerin mit Einzelausführungen allein die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung, indes geht sie, wie auch aus dem uneingeschränkten Aufhebungsantrag zu ersehen ist, zutreffend davon aus, dass eine Beschränkung der Revision hier wegen des Zusammenhangs der Maßregeln nach §§ 64 und 66 StGB unzulässig wäre, was der Senat schon in seiner ersten Entscheidung in dieser Sache ausgesprochen hat.
3
2. Die Ablehnung der Sicherungsverwahrung hält erneut rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat einen Hang des Angeklagten im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB verneint. Hierzu hat es unter Bezugnahme auf den gehörten Sachverständigen ausgeführt, die langjährige strafrechtliche Delinquenz des Angeklagten sei ausschließlich auf dessen Suchterkrankung zurückzuführen ; der Angeklagte habe keine antisoziale Persönlichkeit und keinen dissozial -delinquenten Lebensstil, er stehe seiner Delinquenz nicht zustimmend gegenüber, bei ihm seien Reue und Empathie festzustellen; es bestehe keine persönlichkeitsgebundene Bereitschaft zur Begehung von Straftaten, die Gefährlichkeit des Angeklagten für die Allgemeinheit sei nicht in Umständen jenseits seiner Sucht begründet.
4
Gegen diese Begründung bestehen in zweifacher Hinsicht durchgreifende Rechtsbedenken:
5
a) Zum einen werden die Urteilsgründe ihrer Aufgabe nicht gerecht, dem Revisionsgericht die sachlichrechtliche Nachprüfung der Entscheidung zu ermöglichen. Sie geben lediglich die Schlussfolgerungen des Sachverständigen wieder, teilen aber nicht die diesen zugrundeliegenden Anknüpfungstatsachen mit. Sie enthalten - nahezu wortgleich mit dem ersten Urteil - erneut keine Angaben zu Art und Umfang der Straftaten, die dazu führten, dass der Angeklagte seit 1978 - als er wohl schon als 16jähriger - eine Jugendstrafe von einem Jahr verbüßen musste, mehrfach zu - auch langjährigen - Jugend- und Freiheitsstrafen verurteilt wurde. Die Behauptung, die Delinquenz sei "ausschließlich auf die Suchterkrankung des Angeklagten zurückzuführen", hätte der Begründung bedurft , zumal eine solche monokausale Betrachtung im Schrifttum auf Kritik stößt (vgl. Schöch in LK 12. Aufl. § 64 Rdn. 127; Rasch R&P 1991, 109, 113; Schalast FPPN 2009, 294, 295).
6
b) Zum anderen ist zu besorgen, dass das Landgericht seiner Entscheidung ein unzutreffendes Verständnis des Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB zugrunde gelegt hat dahingehend, dass der für die Sicherungsverwahrung erforderliche Hang zur Begehung erheblicher Straftaten ausscheide, wenn die wiederholte Delinquenz eines Täters allein auf dessen Hang zum übermäßigen Konsum berauschender Mittel beruht. Eine solche Überlegung mag für den psychowissenschaftlichen Sachverständigen hilfreich sein, um sich der Frage nach den Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung im Ausschlussverfahren zu nähern (vgl. Leygraf in Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung 5. Auflage S. 483, 486 f.). Für die richterliche Entscheidung über die Verhängung der Maßregel ist dies nicht zutreffend.
7
Das Merkmal "Hang" im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn immer wieder neue Straf- taten begehen lässt. Hangtäter ist derjenige, der dauerhaft zu Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, ebenso wie derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag. Nach der ständigen Rechtsprechung kommt es auf die Ursache für die fest eingewurzelte Neigung zu Straftaten nicht an (BGH NJW 1980, 1055; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 1, 3). Deshalb scheidet, selbst wenn sich eine Monokausalität der Suchterkrankung eines Täters für dessen Kriminalität ausnahmsweise feststellen ließe, die Annahme eines Hanges im Sinne von § 66 StGB (neben der eines Hanges im Sinne von § 64 StGB) nicht aus. Der für die Anordnung der Sicherungsverwahrung erforderliche Hang hätte seine Ursache in einem solchen Fall ausschließlich in der Suchterkrankung. Ob sodann die Unterbringung des Täters in beiden Maßregelformen oder nur in einer von ihnen anzuordnen ist, beurteilt sich nach der Regelung in § 72 StGB. Ist der Zweck der Maßregel bereits durch eine von ihnen zu erreichen, was ein hohes Maß an prognostischer Sicherheit voraussetzt (BGH NStZ 2009, 442), so wird nur die weniger beschwerende Maßregel, hier die Unterbringung in der Entziehungsanstalt , verhängt. Andernfalls sind beide anzuordnen und deren Vollstreckungsreihenfolge zu bestimmen. Vor dem Ende des Vollzugs der ersten Maßregel ist sodann zu entscheiden, ob der Zweck der zweiten Maßregel deren Vollstreckung noch erfordert.
8
Diese Regelung ermöglicht zweierlei: Sofern die Gefährlichkeit eines Täters nach der Behandlung in der Entziehungsanstalt entfallen ist, kommt der Vollzug der angeordneten Sicherungsverwahrung nicht mehr in Betracht (vgl. § 72 Abs. 3 Satz 2 StGB). Andererseits kann ein gefährlicher Täter, dessen Behandlung im Vollzug der Maßregel nach § 64 StGB ohne Erfolg bleibt oder gar wegen Aussichtslosigkeit abgebrochen werden muss (§ 67 d Abs. 5 StGB), auf diese Weise zum Schutz der Allgemeinheit vor weiteren erheblichen Straftaten - nach Verbüßung des durch Anrechnung (§ 67 Abs. 4 StGB) nicht erledigten Teil der Strafe - in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden.
9
3. Die Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) ist schon wegen ihres hier bestehenden untrennbaren Zusammenhangs mit der erneut notwendigen Prüfung der Sicherungsverwahrung aufzuheben.
10
Unabhängig davon hätte der Senat im Hinblick auf die von § 64 Abs. 2 StGB geforderte hinreichend konkrete Erfolgsaussicht Rechtsbedenken gegen die Anordnung dieser Maßregel, da das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen "von einer voraussichtlichen Dauer der Suchtbehandlung bis zur Erzielung eines Behandlungserfolges von drei Jahren" ausgegangen ist. Er ist der Auffassung, dass in einem solchen Fall die notwendige Erfolgsaussicht zu verneinen ist.
11
a) Hierfür spricht die Gesetzeslage. Nach § 67 d Abs. 1 Satz 1 StGB darf die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zwei Jahre nicht übersteigen. Dieser Begrenzung liegt die Überzeugung des Gesetzgebers zugrunde, dass eine Unterbringungsdauer von mehr als einem Jahr äußerst selten und eine Behandlung über den Zweijahres-Zeitraum hinaus nicht erforderlich, vielmehr eher schädlich sei (vgl. Horstkotte in LK 10. Aufl. § 67 d Rdn. 4 unter Hinweis auf die Beratungen des Sonderausschusses; Schöch in LK 12. Aufl. § 64 Rdn. 167; Sinn in SK-StGB § 67 d Rdn. 2; Veh in MünchKomm-StGB § 67 d Rdn. 5; SSW-StGB/Schöch § 67 d Rdn. 9). Auch die Änderung der Vorschriften über die teilweise Vorwegvollstreckung der Strafe in § 67 Abs. 2 StGB durch das Gesetz vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) zeigt, dass der Gesetzgeber eher von kürzeren Unterbringungszeiten ausgeht (vgl. BTDrucks. 16/1110 S. 14: " … sinnvolle Entziehungstherapie [ist] spätestens nach zwei Jahren beendet"; … voraussichtliche Dauer der Therapie bis zur Erzielung eines Behandlungserfolgs zu orientieren, die nach den Erfahrungen der Praxis gegenwärtig im Durchschnitt bei etwa einem Jahr liegt"), da er bei Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren einen teilweisen Vorwegvollzug der Strafe nicht für angezeigt hält. Suchttherapien von mehr als zweijähriger Dauer werden durchweg nicht für sinnvoll gehalten (vgl. Volckart/Grünebaum, Maßregelvollzug 6. Aufl. S. 254).
12
b) Die Verlängerung der Höchstfrist in den Fällen, in denen vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen wird (§ 67 d Abs. 1 Satz 3 StGB), spricht nicht dagegen, Therapien als aussichtslos anzusehen, sofern sie länger als zwei Jahre andauern müssten. Der gegenteiligen Ansicht des 5. Strafsenats, dass die Vorschrift gerade für Fälle längerer Therapienotwendigkeit geschaffen worden sei (Beschl. vom 6. Februar 1996 - 5 StR 16/96), könnte sich der Senat nicht anschließen. Die Verlängerungsvorschrift steht nicht in einem Zusammenhang mit der für eine Suchtbehandlung für notwendig erachteten Zeit, sondern mit den sich aus der Länge der neben der Maßregel verhängten Freiheitsstrafe ergebenden Problemen. Sie soll die sich durch die Anrechnung der Maßregel auf die Freiheitsstrafe ergebende Besserstellung gegenüber dem Untergebrachten, bei dem die Strafe vor der Maßregel vollstreckt wird, ausgleichen. Sie ermöglicht zugleich, dass die neben einer Strafe angeordnete Unterbringung nach § 64 StGB nicht nach Ablauf von zwei Jahren erledigt ist, sondern zur Bewährung ausgesetzt oder zur Vermeidung einer Rückverlegung in den Strafvollzug weitervollstreckt werden kann (SSW-StGB/Jehle § 67 d Rdn. 12; Sinn in SK-StGB § 67 d Rdn. 4; Veh in MünchKomm-StGB § 67 d Rdn. 8).
13
c) Auch die in verschiedenen Untersuchungen festgestellten durchschnittlichen Unterbringungszeiten (vgl. hierzu im Einzelnen Metrikat, Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB S. 251 ff., insbesondere Fn. 577 und 586) zeigen, dass Entwöhnungstherapien weniger als zwei Jahre benötigen. Sie liegen weitgehend unterhalb dieser Grenze. Soweit sie diese in Einzelfällen überschreiten, beruht dies gerade auf der durch § 67 d Abs. 1 Satz 3 StGB eingeräumten Möglichkeit, die Höchstfrist im Hinblick auf die Dauer der daneben erkannten Freiheitsstrafe aus vollzugspraktischen und nicht unmittelbar therapeutischen Gründen zu verlängern. Zwischen der Höhe der Freiheitsstrafe und der im Maßregelvollzug verbrachten Zeit besteht ein signifikanter Zusammenhang (vgl. Metrikat aaO S. 257). Hinzu kommt, dass in die festgestellten Durchschnittszeiten auch jene Suchttherapien einbezogen worden sind, die zuletzt doch wegen Erfolglosigkeit abgebrochen worden waren, was die ermittelten Werte erhöht hat.
14
4. Über den Maßregelausspruch muss deshalb erneut entschieden werden. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO).
Becker Pfister RiBGH von Lienen befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 210/10
vom
8. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Juli 2010,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer,
Bender
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 6. Januar 2010 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig ist.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Beisichführung eines sonstigen Gegenstandes, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen ge- eignet und bestimmt ist, in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in Tateinheit mit unerlaubtem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln" zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt; außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vier Monate der erkannten Strafe vor der Maßregel zu vollziehen sind.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, dass das Landgericht die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat; außerdem hält sie eine Änderung des Schuldspruchs für geboten.
3
Die Rechtsmittel haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist die Revision des Angeklagten unbegründet.
4
1. Der Schuldspruch bedarf der Berichtigung.
5
a) Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wurden bei der Durchsuchung des betäubungsmittelabhängigen Angeklagten, der sich auf einer Drogenverkaufsfahrt befand, und des von ihm genutzten Fahrzeugs Betäubungsmittel aufgefunden. Dabei handelte es sich um 1,9 g Heroin mit einer Wirkstoffkonzentration von 44,3 % und 0,422 g Kokain mit einer Wirkstoffkonzentration von 50,2 % sowie sieben Bubbles Heroin mit einem Gesamtgewicht von 34,4 g, einer Wirkstoffkonzentration von 18 % und einem Wirkstoffgehalt von 6,81 g. Außerdem führte der Angeklagte bei dieser Fahrt an seinem Gürtel ein Springmesser mit einer einseitig geschliffenen, ca. sieben Zentimeter langen, nach vorne spitz zulaufenden Klinge mit sich, das auf Grund seiner Beschaffenheit geeignet und bestimmt war, andere Menschen zu verletzen. Bei einer anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden weitere 20,8 g Heroin mit einer Wirkstoffkonzentration von 46 %, zwei digitale Feinwaagen und ein Mixer, die jeweils Betäubungsmittelanhaftungen aufwiesen, Streckmittel, Verpackungstüten und 1.100 Euro Bargeld gefunden.
6
Das Landgericht hat sich davon überzeugt, dass ein die Grenze zur nicht geringen Menge nicht übersteigender Teil der Drogen zum Eigenkonsum und der Rest - darunter das in dem Fahrzeug aufgefundene, in verkaufsfertige Bubbles verpackte Heroin - zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren. Es ist außerdem zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass dieser sämtliche sichergestellten Drogen in einem Ankauf erworben hat.
7
b) Das Verhalten des Angeklagten erfüllt hinsichtlich der gesamten zum Weiterverkauf bestimmten Heroinmenge den Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG genannte Qualifikationsmerkmal prägt, auch wenn es nur bei einem einzelnen auf Umsatz gerichteten Teilakt verwirklicht ist, das gesamte einheitliche Geschehen, so dass eine Tat des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 1996 - 1 StR 609/96, BGHR BtMG § 30 a Abs. 2 Mitsichführen 2; vgl. auch Weber BtMG 3. Aufl. § 30 a Rdn. 196). Für eine tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist daneben kein Raum. Der bis zu der Verkaufsfahrt allein erfüllte Tatbestand des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG wird durch den Qualifikationstatbestand des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auch dann verdrängt, wenn dieser nur beim letzten Teilakt des Gesamtgeschehens verwirklicht wurde (vgl. BGH aaO).
8
Soweit der Angeklagte die Betäubungsmittel zum Eigenkonsum erworben hat, erfüllt dies - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht die Alternative des unerlaubten Sichverschaffens, sondern die des unerlaubten Erwerbs im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Der Tatbestand des Erwerbs ist dann erfüllt, wenn der Täter - wie hier - die Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel im einverständlichen Zusammenwirken mit dem Vorbesitzer erlangt hat (vgl. Weber aaO § 29 Rdn. 1046 m.w.N.); nur wenn ein solches Zusammenwirken nicht vorliegt oder nicht nachweisbar ist, liegt der Auffangtatbestand des Sichverschaffens vor (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 1993 - 4 StR 318/93, StV 1993, 570 f.; vgl. auch Weber aaO § 29 Rdn. 1110).
9
Der Senat ändert den Schuldspruch daher wie aus der Urteilsformel ersichtlich ab.
10
2. Die Begründung, mit der das Landgericht die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11
Nach den Urteilsfeststellungen liegen die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB vor. Der 1961 geborene Angeklagte, der seit 1998 regelmäßig Heroin konsumiert , ist vor der hier abgeurteilten Tat bereits zweimal wegen einschlägiger, in den Jahren 1999, 2002 und 2003 begangener Delikte verurteilt worden, wobei mehrfach Einzelstrafen von mehr als einem Jahr verhängt worden sind; er hat wegen dieser Taten insgesamt acht Jahre Freiheitsstrafe verbüßt. Eine Rückfallverjährung nach § 66 Abs. 4 Satz 3 StGB ist wegen der Vollstreckungszeiten (§ 66 Abs. 4 Satz 4 StGB) nicht eingetreten.
12
Das Landgericht geht, in Übereinstimmung mit der psychiatrischen Sachverständigen davon aus, dass bei dem Angeklagten auf Grund charakterlicher Veranlagungen eine eingewurzelte, intensive Neigung zu Rechtsbrüchen in Form von Eigentumsdelikten bestehe. Eine Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung hat es jedoch abgelehnt, weil nicht festzustellen sei, ob die vorliegende Betäubungsmittelstraftat im Zusammenhang mit dieser charakterlichen Veranlagung stehe oder allein auf die Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten zurückzuführen sei.
13
Gegen diese Begründung bestehen in zweifacher Hinsicht durchgreifende rechtliche Bedenken:
14
a) Die Urteilsausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht seiner Entscheidung ein unzutreffendes Verständnis des Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu Grunde gelegt hat dahingehend, dass der für die Anordnung der Sicherungsverwahrung erforderliche Hang zur Begehung erheblicher Straftaten ausscheide, wenn die wiederholte Straffälligkeit eines Täters allein auf dessen Hang zu übermäßigem Konsum berauschender Mittel beruht.
15
Nach ständiger Rechtsprechung kommt es auf die Ursache für die fest eingewurzelte Neigung zu Straftaten nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2002 - 2 StR 193/02, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 11; BGH, Urteil vom 11. März 2010 - 3 StR 538/09; vgl. auch Fischer StGB 57. Aufl. § 66 Rdn. 25 m.w.N.). Deshalb scheidet, selbst wenn sich eine Monokausalität der Suchterkrankung eines Täters für dessen Kriminalität ausnahmsweise feststellen ließe, die Annahme eines Hanges im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB neben der eines Hanges im Sinne von § 64 StGB nicht aus. Der für die Anordnung der Sicherungsverwahrung erforderliche Hang hätte seine Ursache in einem solchen Fall ausschließlich in der Suchterkrankung.
16
b) Zudem belegen die Urteilsgründe nicht, dass bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB, der sich ausschließlich auf Eigentumsdelikte bezieht, besteht. Sie geben lediglich die Schlussfolgerungen der Sachverständigen wieder, die insoweit offensichtlich allein an die lange zurückliegenden Eigentumsdelikte des Angeklagten, die dieser seit seinem 17. Lebensjahr in Russland begangen hat und wegen der er er dort dreimal zu Freiheitsstrafen verurteilt worden ist, sowie seine allgemeine Einstellung zum Stehlen angeknüpft hat. Nähere Angaben zu Art und Umfang dieser Straftaten enthalten die Urteilsgründe nicht, so dass nicht geprüft werden kann, ob aus diesen Taten auf eine eingewurzelte intensive Neigung zu Rechtsbrüchen geschlossen werden kann. Hinzu kommt, dass dem Urteil nicht zu entnehmen ist, inwieweit die Sachverständige die Tatsache, dass der Angeklagte seit seiner Übersiedlung nach Deutschland im Jahre 1991 wegen Diebstahlstaten nur zweimal - und zwar in den Jahren 1992 und 1993 jeweils wegen Diebstahls geringwertiger Sachen - in Erscheinung getreten ist, bei ihrer Beurteilung berücksichtigt hat.
17
c) Über die Frage der Sicherungsverwahrung ist daher neu zu entscheiden.
18
Sollte der neue Tatrichter zu der Überzeugung gelangen, dass die Voraussetzungen sowohl für eine Unterbringung nach § 64 StGB als auch nach § 66 Abs. 1 StGB vorliegen, wird er zu prüfen haben, ob die Unterbringung des Angeklagten in beiden Maßregelformen oder nur in einer von ihnen anzuordnen ist. Dies beurteilt sich nach der Regelung des § 72 Abs. 1 StGB. Ist der Zweck der Maßregel bereits durch eine von mehreren geeigneten Maßregeln zu erreichen , so ist derjenigen der Vorzug zu geben, die den Täter am wenigsten beschwert , hier der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Allerdings setzt nach ständiger Rechtsprechung ein Absehen von der Anordnung der Sicherungsverwahrung im Hinblick auf die Unterbringung nach § 64 StGB ein hohes Maß an prognostischer Sicherheit voraus, dass die vom Angeklagten ausgehende Gefahr auf diese Weise beseitigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2000 - 1 StR 263/00, BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 5; Urteil vom 31. Juli 2008 - 4 StR 152/08, NStZ-RR 2008, 326 f.; vgl. auch Fischer aaO § 72 Rdn. 7 m.w.N.). Angesichts der Tatsache, dass der regelmäßige Heroinkonsum des Angeklagten und das Einsetzen seiner Betäubungsmittelstraftaten in engem zeitlichem Zusammenhang stehen und dass der Angeklagte auf die Einkünfte aus dem Drogenhandel zur Finanzierung seines Eigenkonsums angewiesen war, liegt eine solche Folgerung allerdings nicht fern. Für sie könnte auch sprechen, dass der regelmäßige Betäubungsmittelmissbrauch beim Angeklagten erst in dessen 37. Lebensjahr eingesetzt und der therapiebereite Angeklagte noch keine Entwöhnungsbehandlung erfahren hat.
19
3. Im Hinblick auf die nicht rechtsfehlerfrei abgelehnte Sicherungsverwahrung hebt der Senat zu Gunsten des Angeklagten auch den Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf, da - zumal angesichts der Höhe der verhängten Strafe - nicht auszuschließen ist, dass diese im Falle einer Anordnung der Sicherungsverwahrung niedriger ausgefallen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1994 - 3 StR 679/93, BGHR StGB § 66 Strafausspruch 1 m.w.N.; Urteil vom 21. Oktober 2004 - 4 StR 325/04, NStZ-RR 2005, 39, 40).
20
Die für sich genommen revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) ist wegen ihres hier bestehenden untrennbaren Zusammenhangs mit der erneuten Prüfung der Sicherungsverwahrung ebenfalls aufzuheben.
21
4. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass bei der Bestimmung des teilweisen Vorwegvollzugs der Strafe nach § 67 Abs. 2 StGB dieser nicht um die Dauer der bisherigen Untersuchungshaft zu kürzen ist, weil die auf die Strafe anzurechnende Untersuchungshaft (§ 51 Abs. 1 Satz 1 StGB) ohne Weiteres in die Dauer eines angeordneten Vorwegvollzugs einzurechnen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2009 - 5 StR 22/09 - und vom 19. Januar 2010 - 4 StR 504/09; vgl. auch Fischer aaO § 67 Rdn. 9 a m.w.N.).
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Mutzbauer Bender

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist.

(3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist.

(3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.