Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2012 - 2 StR 121/12

bei uns veröffentlicht am13.06.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 121/12
vom
13. Juni 2012
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. Juni 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 9. Dezember 2011 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Mit Urteil vom 8. November 2010 hatte das Landgericht Aachen den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Einzelfreiheitsstrafen aus Vorverurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob der Senat durch Urteil vom 3. August 2011 - 2 StR 190/11 - das Urteil des Landgerichts Aachen mit den Feststellungen auf, soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen worden war sowie im Strafausspruch und verwies die Sache insoweit an das Landgericht zurück. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer hat den Angeklagten nunmehr unter Einbeziehung der zwei Einzelstrafen aus Vorverurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die dagegen gerichtete und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, denn die Urteilsgründe lassen schon nicht erkennen, dass sich das Landgericht bei der auf § 66 Abs. 2 StGB aF gestützten Anordnung der Sicherungsverwahrung des ihm dabei eingeräumten Ermessens bewusst war (vgl. BGH, NStZ 2004, 438, 439).
3
Das Tatgericht muss im Rahmen der Ermessenausübung erkennbar auch diejenigen Umstände erwägen, die gegen die Anordnung der Maßregel sprechen können. Das gilt vor allem im Hinblick auf den gesetzgeberischen Zweck der Vorschrift, dem Tatgericht die Möglichkeit zu geben, sich ungeachtet der festgestellten Gefährlichkeit des Täters zum Zeitpunkt der Urteilsfällung auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken, sofern erwartet werden kann, dass sich dieser die Strafe hinreichend zur Warnung dienen lässt. Damit soll dem Ausnahmecharakter der Vorschriften des § 66 Abs. 2 und Abs. 3 StGB aF Rechnung getragen werden, der sich daraus ergibt, dass eine frühere Verurteilung und eine frühere Strafverbüßung nicht vorausgesetzt werden (BGH, NStZ 2010, 270, 272 mwN).
4
Das Landgericht hat weder ausdrücklich eine Ermessensentscheidung getroffen noch kann dem Zusammenhang der Urteilsgründe sicher entnommen werden, dass es sich dem ihm bei der Anordnung der Sicherungsverwahrung eingeräumten Ermessens bewusst war. Es finden sich in den Urteilsgründen zwar Ausführungen zu einer möglichen Warnfunktion einer verbüßten Freiheitsstrafe sowie zum Lebensalter des Angeklagten, wobei es sich auch um Kriterien handelt, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen der Ermessensentscheidung regelmäßig zu berücksichtigen sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, NStZ 2010, 270, 272; Beschluss vom 13. September 2011 - 5 StR 189/11 mwN). Diese Ausführungen der Strafkammer beziehen sich aber ausdrücklich nur auf die Frage, ob unter Berücksichtigung der genannten Umstände schon die Gefährlichkeit des Angeklagten ausgeschlossen werden kann und lassen nicht erkennen, dass die Strafkammer die Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht als zwingend angesehen hat.
5
Das Revisionsgericht kann die fehlende Ermessensentscheidung nicht ersetzen; sie ist dem neuen Tatrichter vorbehalten (BGH, NStZ-RR 2004, 12). Der auf rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen beruhende Strafausspruch bleibt davon unberührt.
6
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
7
Auch bei Annahme einer für den Angeklagten ungünstigen Gefährlichkeitsprognose sind Feststellungen zum Vorliegen eines Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB grundsätzlich nicht entbehrlich. Es mag zwar nahe liegen , dass - wovon das Landgericht ausdrücklich ausgegangen ist - die Bejahung einer hohen Wahrscheinlichkeit der künftigen Begehung erheblicher Straftaten im Regelfall auch auf das Vorliegen eines "Hanges" hindeutet; zwingend ist dies jedoch nicht, so dass diese Frage der ausdrücklichen Prüfung durch die Strafkammer bedarf (BGHSt 50, 121, 132). Das neue Tatgericht wird auch zu erwägen haben, ob ein neuer Sachverständiger zu bestellen ist, nachdem der bisherige im Hinblick auf das Vorliegen eines Hanges wiederholt von einem falschen Maßstab ausgegangen ist (vgl. Senat, Urteil vom 3. August 2011 Rn. 9).
Ernemann Appl RiBGH Dr. Berger befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Ernemann
Eschelbach Ott

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 190/11
vom
3. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. August
2011, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Dr. Berger,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 8. November 2010 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen wurde,
b) im Strafausspruch, insoweit zugunsten des Angeklagten.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und zwei Jahren aus dem Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 11. Mai 2010 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Mit ihrer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten, mit der Sachrüge begründeten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft namentlich gegen die vom Landgericht abgelehnte Anordnung der Sicherungsverwahrung. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung über die Sicherungsverwahrung und - insoweit zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) - des gesamten Strafausspruchs.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der zur Tatzeit 44jährige Angeklagte seit vielen Jahren alkoholabhängig.
3
a) Bereits vor der Anlassverurteilung verurteilte ihn das Landgericht Aachen im Jahre 1999 wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren , die er bis März 2008 verbüßte. Die wegen der Alkoholabhängigkeit des Angeklagten zugleich angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde von 1999 bis 2002 erfolglos vollzogen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Angeklagte am 28. Dezember 1998 mit dem späteren Tatopfer zunächst über Stunden hinweg große Mengen Alkohol konsumiert hatte, bis sie schließlich in Streit geraten waren. Im Verlaufe dessen hatte der Angeklagte über einen längeren Zeitraum derart brutal und heftig auf das am Boden liegende Tatopfer eingeschlagen und -getreten, dass dieses kurze Zeit später an seinen Verletzungen verstorben war.
4
Am 11. Mai 2010 verurteilte ihn das Amtsgericht Aachen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Dem lag zugrunde, dass er wenige Monate nach seiner Haftentlassung zu seiner Freundin in deren Wohnung gezogen war. Ungefähr zeitgleich hatte er begonnen, wieder regelmäßig Alkohol zu trinken und infolge dessen ohne nachvollziehbaren Anlass zunehmend aggressiver zu reagieren. Am 24. Januar 2009 hatte er im stark betrunkenen Zustand nach einem Streit einen Stuhl nach der Tochter seiner Lebensgefährtin geworfen. Anschließend hatte er seiner Lebensgefährtin mehrfach ins Gesicht geschlagen, die nunmehr Flüchtende zu Boden gestoßen und ihr mit beschuhten Füßen mehrfach und mit erheblicher Wucht in den Bauch und gegen die Beine getreten.
5
b) Nach den zur Sache getroffenen Feststellungen kam es auch in der anschließenden Beziehung des Angeklagten zu der später Geschädigten K. vor allem deshalb zu Streitigkeiten, weil der Angeklagte infolge seines Alkoholkonsums zu Aggressionen neigte. Am 7. März 2010 fühlte er sich durch eine Bemerkung der Geschädigten provoziert, weshalb er mit Händen und Fäusten zunächst auf deren Körper und Kopf einschlug. Nachdem die flüchtende Geschädigte infolge weiterer Schläge schließlich zu Boden gegangen war, trat der Angeklagte - ohne dass Feststellungen zur Art seines Schuhwerks getroffen werden konnten - mindestens zwei Mal mit dem beschuhten Fuß auf sie ein. Die Kammer hat weiter festgestellt, dass der Angeklagte aufgrund seiner zur Tatzeit erheblichen Alkoholisierung in Verbindung mit der bei ihm aufgrund seiner langjährigen Alkoholabhängigkeit bereits eingetretenen Persönlichkeitsdepravation nicht ausschließbar in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Für diese Tat hat sie eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren festgesetzt.
6
c) Von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Satz 1 StGB hat die Kammer abgesehen. Die vorliegende Tat gehe zwar auf einen Hang des Angeklagten, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, zurück, und dieser Hang begründe auch die Gefahr künftiger erheblicher Straftaten. Eine Entziehungstherapie sei jedoch aufgrund der bei dem Angeklagten bereits eingetretenen alkoholbedingten Persönlichkeitsdepravation nicht erfolgversprechend. Er sei abstinenzunfähig und nicht in der Lage, seine Alkoholabhängigkeit als Problem zu erkennen und entsprechend zu handeln.
7
Die sachverständig beratene Strafkammer hat - ohne Ausführungen zu den formellen Voraussetzungen zu machen - eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung abgelehnt, weil bei dem Angeklagten ein Hang zur Begehung erheblicher Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. nicht vorliege. Es bestehe zwar das Risiko, dass der Angeklagte auch weiterhin alkoholbedingt Straftaten wie die bereits verübten begehen werde und daher für die Allgemeinheit gefährlich sei. Die zu erwartenden Straftaten beruhten indes nicht auf einem bestehenden eingeschliffenen inneren Zustand bzw. einer auf charakterlicher Anlage beruhenden oder durch Übung erworbenen intensiven Neigung zu Rechtsbrüchen, sondern stellten sich - wie auch die früheren Taten - "jeweils in Verbindung mit der Erkrankung des Angeklagten als situativ entstandene und eskalierte Konflikt- bzw. Spontantaten dar", die eine Hangtäterschaft gerade nicht begründeten (UA S. 21).
8
2. Die Begründung, mit der das Landgericht die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Urteilsausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht seiner Entscheidung ein unzutreffendes Verständnis des Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. zu Grunde gelegt hat.
9
Die Strafkammer hat nicht bedacht, dass für die Annahme eines Hanges ein "dauerhafter Entschluss", Straftaten zu begehen, nicht erforderlich ist. Vielmehr kann eine entsprechende, in der Persönlichkeit liegende Neigung auch bei sog. Gelegenheits- und Augenblickstaten zu bejahen sein, denn auch solche Taten können auf einem eingeschliffenen Verhaltensmuster beruhen und damit Ausfluss eines inneren Hanges zu Straftaten sein (BGH NStZ-RR 2010, 238, 239). Entscheidend ist - und damit hat sich die Strafkammer nicht auseinandergesetzt -, ob frühere Taten einen symptomatischen Charakter aufweisen und damit Indizwert für das Vorliegen eines gefährlichen Hanges haben (Fischer StGB 58. Aufl. § 66 Rn. 24). Auf die Ursache für das eingeschliffene Verhaltensmuster kommt es dabei nicht an (vgl. Senat, Urteil vom 11. September 2002 - 2 StR 193/02; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 11, BGH, Urteil vom 11. März 2010 - 3 StR 538/09; vgl. auch Fischer aaO § 66 Rn. 25 mwN). Einen Hang kann auch haben, wer willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht genügend widerstehen kann (BGH NStZ 2003, 310, 311; NStZ-RR 2003, 107, 108) oder wer aufgrund erhöhter Aggressionsbereitschaft dazu neigt, mit einer strafbaren Handlung auf einen äußeren Tatanstoß zu reagieren (BGH NStZ 1994, 280; NStZ-RR 2010, 238, 239). Selbst wenn sich eine Suchterkrankung als alleinige Ursache für die Kriminalität eines Täters feststellen lässt, scheidet die Annahme eines Hanges im Sinne des § 66 http://www.juris.de/jportal/portal/t/jz2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=17&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE304728705&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - StGB nicht aus (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - 4 StR 210/10). Entsprechend ist auch dann, wenn sich die Straftaten als Ausdruck einer Persönlichkeitsstörung und der damit einhergehenden Neigung zu aggressivem Ausagieren darstellen, ein symptomatischer Zusammenhang zwischen der abgeurteilten Tat und den die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung begründenden Taten für die Neigung des Angeklagten zur Begehung von erheblichen Straftaten nicht ausgeschlossen (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 238, 239).
10
3. Über die Anordnung der Sicherungsverwahrung ist daher neu zu entscheiden.
11
a) Die formellen Voraussetzungen für die zwingende Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor. Der Angeklagte wurde zwar zweimal wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr verurteilt ; doch nur die Verurteilung aus 1999 erfolgte vor Begehung der Anlasstat am 7. März 2010. Die Verurteilung wegen der beiden am 24. Januar 2009 begangenen Taten erfolgte erst mit Urteil vom 11. Mai 2010, weshalb es an der für § 66 Abs. 1 StGB notwendigen Feststellung der kriminellen Intensität des Täters fehlt, die verlangt, dass er mindestens zweimal die Warnfunktion eines Strafurteils missachtet haben muss (BGHSt 52, 225, 226; 35, 6, 12; vgl. Rissing-van Saan LK StGB 12. Aufl. § 66 Rn. 49).
12
Nach den Urteilsfeststellungen sind aber die formellen Voraussetzungen nach § 66 Abs. 2 StGB a.F. erfüllt. Der Angeklagte hat wegen drei vorsätzlicher Taten - der hier abgeurteilten Tat und zwei gesamtstrafen fähiger Taten - Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und zwei Jahren verwirkt und ist wegen dieser Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von über drei Jahren verurteilt worden. Dem steht nicht entgegen, dass in die Gesamtstrafe bereits abgeurteilte Straftaten einbezogen wurden. § 66 Abs. 2 StGB a.F. verlangt lediglich, dass der Täter in dem Verfahren, in dem über die Frage der Sicherungsverwahrung zu entscheiden ist, wegen einer Tat verurteilt wird (BGH NStZ 2002, 536, 537).
13
b) Das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) hat nichts zugunsten des Angeklagten geändert (vgl. § 2 Abs. 6 StGB; Art. 316e Abs. 2 EGStGB). Sowohl bei der Anlasstat als auch bei den beiden Vortaten handelt es sich um Katalogtaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB in der seit dem 1. Januar 2011 wirksamen Fassung (vgl. Art. 316e Abs. 1, 2 EGStGB).
14
c) Eine Anordnung der Sicherungsverwahrung kommt auch unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 (NJW 2011, 1931 ff.) aufgestellten Anforderungen an die befristete weitere Anwendung der als verfassungswidrig erklärten Regelungen des Strafgesetzbuchs über die Sicherungsverwahrung noch in Betracht. Danach darf die Anwendung der Regelungen nur noch nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen, und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird in der Regel nur gewahrt sein, wenn "eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstrafen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten" ist (BVerfG aaO S. 1946).
15
Aufgrund der Urteilsfeststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine entsprechende Gefahrprognose gestellt werden kann. Im Rahmen dessen wird der neue Tatrichter jedoch ergänzend klarstellen müssen, welche konkreten Rechtsgüter gefährdet sind. Die Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil lassen nicht mit der notwendigen Klarheit erkennen, ob es seine Prognose, von dem Angeklagten seien auch in Zukunft Straftaten wie die bereits verübten zu erwarten, durch den angebrachten Zusatz, "nämlich speziell (gefährliche) Körperverletzungsdelikte seien zu befürchten", einschränken wollte (UA S. 22).
16
4. Die gebotene Aufhebung des Urteils, soweit das Landgericht davon abgesehen hat, die Sicherungsverwahrung anzuordnen, führt, insoweit zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO), zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann trotz an sich rechtsfehlerfreier Strafzumessungserwägungen nicht ausschließen, dass die verhängte Einzelfreiheitsstrafe und die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht zugleich auf Sicherungsverwahrung erkannt hätte (vgl. BGH NJW 1980, 1055, 1056; StV 2002, 480, NStZ-RR 2003, 107, 108).
Fischer Appl Berger Eschelbach Ott

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

5 StR 189/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2011

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 3. Januar 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 13 Fällen sowie sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. In der Zeit von Ende 2000 bis Anfang 2010 nahm der Angeklagte an vier Kindern – zwei Jungen und zwei Mädchen – im Alter zwischen sechs und 13 Jahren, die in seinem Haushalt lebten und ihm zur Betreuung anvertraut waren, unterschiedlich intensive Sexualhandlungen vor.
3
Das Landgericht hat die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 und 3 Satz 2 StGB aF angenommen. Die formellen Voraussetzungen der Vorschrift seien erfüllt, darüber hinaus weise der Angeklagte auch den notwendigen Hang zu erheblichen Straftaten auf, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, weshalb er für die Allgemeinheit gefährlich sei.
4
2. Die Revision des Angeklagten bleibt zum Schuld- und Strafausspruch ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
5
a) Das gilt auch für die Verfahrensrüge, die erkennende Jugendschutzkammer sei mit nur zwei Berufsrichtern nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§ 76 Abs. 2 Satz 1 GVG, § 338 Nr. 1 StPO).
6
aa) Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den Beschwerdeführer zwei Anklagen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in insgesamt mehr als 100 Fällen zum Nachteil der vier Kinder erhoben. Beide Anklagen wurden durch die Jugendschutzkammer verbunden und unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen; es wurden die reduzierte Gerichtsbesetzung nach § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG angeordnet und zunächst sieben Hauptverhandlungstermine anberaumt. Ein Besetzungseinwand nach § 222b StPO wurde nicht erhoben.
7
Weder Anklageschriften noch Eröffnungsbeschluss setzten sich mit einer möglichen Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung auseinander. Ein entsprechender rechtlicher Hinweis nach § 265 Abs. 2 StPO erging erst am siebten Hauptverhandlungstag, nachdem am vorherigen Verhandlungstag die Schlussvorträge gehalten worden waren, ohne jeweils auf eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung einzugehen, und dem Angeklagten das letzte Wort erteilt worden war. Die Strafkammer beraumte weitere fünf Hauptverhandlungstage an und bestellte einen Sachverständigen zur Exploration des Angeklagten.
8
bb) Gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG hat die große Strafkammer die Entscheidung, dass sie die Hauptverhandlung in reduzierter Besetzung durchführt, bei der Eröffnung des Hauptverfahrens zu treffen. Eine Besetzungsentscheidung kann grundsätzlich nicht mehr geändert werden, wenn sie im Zeitpunkt ihres Erlasses gesetzesgemäß war; eine nachträglich eingetretene Änderung des Umfangs oder der Schwierigkeit der Sache ist deshalb regelmäßig nicht geeignet, eine der geänderten Verfahrenslage angepasste neue Besetzungsentscheidung zu veranlassen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 – 3 StR 343/98, BGHSt 44, 328, 333, und Beschlüsse vom 14. August 2003 – 3 StR 199/03, NJW 2003, 3644, 3645, und vom 29. Januar 2009 – 3 StR 567/08, BGHSt 53, 169). Hierdurch wird – de lege lata auch im Einklang mit § 6a StPO – sichergestellt, dass Verfahrensbeteiligte nicht durch entsprechende Antragstellungen nach einer einmal gefassten Besetzungsentscheidung Einfluss auf die Schwierigkeit und den Umfang der Sache und damit auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters nehmen können (vgl. BGH, Urteil vom 23. Dezember 1998 aaO).
9
Nur ausnahmsweise kann der Grundsatz der Unabänderlichkeit der Besetzungsentscheidung durchbrochen werden. Solches regelt § 222b StPO bei einem begründeten Besetzungseinwand (vgl. dazu insbesondere BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 – 3 StR 567/08, BGHSt 53, 169) oder § 76 Abs. 2 Satz 2 GVG für Fälle der Zurückverweisung einer Sache durch das Revisionsgericht. Die Besetzungsentscheidung kann schließlich vom Gericht – vor Eintritt in die Hauptverhandlung – korrigiert werden, wenn sie nach dem Stand der Beschlussfassung sachlich gänzlich unvertretbar und damit objektiv willkürlich getroffen worden war (vgl. BGH, Beschluss vom 31.
August 2010 – 5 StR 159/10, BGHR GVG § 76 Abs. 2 Besetzungsbeschluss

8).


10
cc) Das Revisionsvorbringen muss danach erfolglos bleiben. Zwar wird der mit der Anordnung der Sicherungsverwahrung verbundene besonders tiefe Eingriff in die Grundrechte eines Angeklagten es in der Regel – im Gleichklang mit der gesetzlich zwingenden Besetzung der Schwurgerichtskammer mit drei Berufsrichtern und mit § 74f Abs. 3 GVG – angezeigt erscheinen lassen, bei Entscheidungen nach § 66 StGB von der Möglichkeit der Besetzungsreduktion abzusehen und wegen ihrer strukturellen Überlegenheit in einer Dreierbesetzung zu verhandeln (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2010 – 5 StR 555/09, BGHR GVG § 76 Abs. 2 Beurteilungsspielraum 4; Rieß in Festschrift Schöch [2010], S. 895, 912; Heß/Wenske, DRiZ 2010, 262, 268 und ferner Begründung zu Artikel 1 Ziffer 4 des Entwurfs eines Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung vom 5. September 2011, BT-Drucks. 17/6905). Die Rüge bleibt hier aber wegen des fehlenden Besetzungseinwands nach § 222b StPO präkludiert. Die mögliche Anordnung der Sicherungsverwahrung war angesichts der Vielzahl und Schwere der angeklagten Taten und ihrer Begehung zum Nachteil mehrerer Kinder für alle Verfahrensbeteiligten ungeachtet fehlender Ausführungen in der Anklageschrift und im Eröffnungsbeschluss ersichtlich auch nicht etwa fernliegend; neue Vorwürfe, etwa im Wege einer weiteren Verfahrensverbindung, sind nicht Verfahrensgegenstand geworden. Der Senat kann es deshalb dahinstehen lassen, ob – mit dem Revisionsvorbringen – eine derart veränderte Verfahrenslage während laufender Hauptverhandlung überhaupt eine nachträgliche Korrektur der ursprünglichen Besetzungsentscheidung ermöglichen, etwa über eine unerlässliche Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 265 Abs. 3 StPO erzwingen kann.
11
b) Einer Entscheidung über die von der Revision ebenfalls beanstandete Verletzung des § 265 StPO bedarf es bei der hier gegebenen Verfahrenskonstellation nicht.
12
Die Voraussetzungen des § 265 Abs. 3 StPO lagen mangels veränderter Tatsachengrundlage (oben a) nicht vor. Zu prüfen bleibt, ob für das Landgericht etwa ein zwingender Anlass für eine Verfahrensaussetzung in mindestens entsprechender Anwendung des § 265 Abs. 4 StPO bestanden hätte – was anschließend einen Neubeginn der Hauptverhandlung nach Änderung der Besetzungsentscheidung nach § 76 Abs. 2 GVG nahegelegt hätte (nach den Grundsätzen von BGH, Beschluss vom 31. August 2010 – 5 StR 159/10, BGHR GVG § 76 Abs. 2 Besetzungsbeschluss 8; vgl. ferner § 76 Abs. 5 Alternative 2 GVG-E in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung vom 5. September 2011, BT-Drucks. 17/6905). Dafür mögen das Gewicht und der späte Zeitpunkt des Hinweises nach § 265 Abs. 2 StPO sprechen, dagegen freilich der Umstand, dass auch die Revision keinen konkreten Aufklärungsmangel – etwa im Wege einer Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) – durch die späte Erstreckung der Hauptverhandlung auf die Zuziehung eines Sachverständigen nach § 246a StPO oder ein konkretes Verteidigungsdefizit durch unzureichende Vorbereitung vorbringt. Die Frage kann letztlich offen bleiben.
13
Gegenstand der nach Ablehnung des Aussetzungsantrags der Verteidigung fortgesetzten Beweisaufnahme war hier allein noch die Frage der Anordnung der Sicherungsverwahrung. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass Schuld- und Strafausspruch durch das Ergebnis der fortgeführten Hauptverhandlung zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst worden wären. Deshalb und mit Blick auf den Schutzzweck des § 265 StPO ist ein über die Aufhebung des Maßregelausspruchs hinausreichender Erfolg der Verfahrensrüge auszuschließen; dieser wird hier indes schon durch die Sachrüge erreicht (vgl. nachfolgend 3).
14
Nichts anderes gilt im Blick auf den Umstand, dass die Verfahrensrüge naheliegend jedenfalls mit der Stoßrichtung hätte Erfolg haben müssen, die Strafkammer habe in rechtsfehlerhafter Weise den Aussetzungsantrag des Beschwerdeführers in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung beschieden. Auch insoweit bleiben die Belange des Angeklagten durch den Erfolg der Sachrüge umfassend gewahrt.
15
3. Die Begründung des Maßregelausspruchs hält – insbesondere unter Berücksichtigung der Maßgaben der durch das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 4. Mai 2011 (NJW 2011, 1931 ff.) erlassenen Weitergeltungsanordnung zu § 66 Abs. 2 StGB aF – sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.
16
a) Das sachverständig beratene Landgericht nimmt – insoweit nachvollziehbar – an, dass sich beim Angeklagten über einen langen Zeitraum hinweg eine pädophile Störung verfestigt habe und an verschiedenen Kindern beiderlei Geschlechts ausgelebt worden sei. Der Angeklagte gehe mit seiner pädophilen Störung „unehrlich“ um, was prognostisch ungünstig einzuschätzen sei. Angesichts des breiten Spektrums der Geschädigten bestehe im Hinblick auf eine ohnehin anzunehmende verhältnismäßig hohe Rückfallrate bei wegen Kindesmissbrauchs verurteilten unbehandelten Tätern bei dem Angeklagten ein noch ungleich höheres Risikopotential und damit eine „nicht unerhebliche Gefahr für weitere Straftaten vergleichbarer Art“ (UA S. 32). Mit Blick auf das Streben des Angeklagten, „sich mit Kindern zu umgeben und diese zu missbrauchen“, hat die Strafkammer „nach Abwägung aller Umstände die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung für notwendig und unumgänglich erachtet“ (UA S.

32).


17
b) Die Ausführungen zur Gefährlichkeit lassen besorgen, dass die Strafkammer, dem Sachverständigen folgend, den unehrlichen Umgang des Angeklagten mit seiner pädophilen Störung aus seinem Bestreiten der Taten geschlossen, damit aber die Grenzen zulässigen Verteidigungsverhaltens des Angeklagten verkannt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. September 1992 – 2 StR 277/92, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 4). Zulässiges Verteidigungsverhalten darf nicht hang- oder gefahrbegründend verwertet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2011 – 3 StR 12/11, StV 2011, 482 mwN). Wenn der Angeklagte die Taten leugnet („unehrlicher Umgang“), ist dies grundsätzlich zulässiges Verteidigungsverhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 1990 – 3 StR 85/90, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 8). Zudem begegnet schon die Formulierung einer – lediglich – „nicht unerheblichen“ Gefahr für weitere Straftaten vergleichbarer Art Bedenken.
18
c) Die Urteilsgründe lassen überdies nicht hinreichend deutlich erkennen, dass und aus welchen Gründen von der Ermessensbefugnis nach § 66 Abs. 2 und 3 Satz 2 StGB aF Gebrauch gemacht wurde.
19
aa) Das Tatgericht muss im Rahmen der Ermessensausübung erkennbar auch diejenigen Umstände erwägen, die gegen die Anordnung der Maßregel sprechen können. Das gilt vor allem für den gesetzgeberischen Zweck der Vorschrift, dem Tatgericht die Möglichkeit zu geben, sich ungeachtet der festgestellten Gefährlichkeit des Täters zum Zeitpunkt der Urteilsfällung auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken, sofern erwartet werden kann, dass sich dieser die Strafe hinreichend zur Warnung dienen lässt. Damit soll dem Ausnahmecharakter der Vorschriften des § 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB aF Rechnung getragen werden, der sich daraus ergibt, dass eine frühere Verurteilung und eine frühere Strafverbüßung nicht vorausgesetzt werden. Die Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs sowie die mit dem Fortschreiten des Lebensalters erfahrungsgemäß eintretenden Haltungsänderungen sind deshalb wichtige Kriterien, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen der Ermessensentscheidung regelmäßig zu berücksichtigen sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 4. August 2009 – 1 StR 300/09, NStZ 2010, 270, 271 f. mwN; ferner BGH, Beschlüsse vom 5. April 2011 – 3 StR 12/11, aaO, und vom 25. Mai 2011 – 4 StR 164/11).
20
bb) Einer Überprüfung an diesem Maßstab hält die Begründung des angefochtenen Urteils bislang nicht stand. Die möglichen Auswirkungen eines langjährigen Strafvollzugs auf den 49 Jahre alten Angeklagten hat die Strafkammer bei ihrer Ermessensausübung unerörtert gelassen. Das Tatgericht hat sich damit nicht nur den Blick auf mögliche, mit dem fortschreitenden Lebensalter einhergehende Verhaltensänderungen beim Angeklagten verstellt, sondern auch darauf, dass sich nunmehr durch den erstmaligen Vollzug einer längeren Freiheitsstrafe die Möglichkeit einer langfristigen Therapie bietet. Auch aus der Tatsache, dass sich der Angeklagte bereits im Jahre 2003 einem – mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellten – Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern ausgesetzt sah und ihn dies nicht von dem „weiteren Vollzug“ gleich gelagerterHandlungen abgehalten hat, kann nicht zwingend auf die Wirkungslosigkeit des Strafvollzugs geschlossen werden.
21
d) Das neue Tatgericht wird – naheliegend nunmehr in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (§ 76 Abs. 2 Satz 2 GVG) – bei seiner Entscheidung über den Maßregelausspruch die Maßgaben des vorstehend genannten Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (aaO) zu beachten haben. Danach gelten die hier anzuwendenden und als verfassungswidrig erklärten Vorschriften über die Sicherungsverwahrung zeitlich bis zum 31. Mai 2013 begrenzt fort. Der Senat entnimmt der hierfür verfassungsrechtlich notwendigen „strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung“ (BVerfG aaO, S. 1946 Rn. 172) in Übereinstimmung mit dem 3. Strafsenat (vgl. BGH, Urteil vom 4. August 2011 – 3 StR 175/11) das Erfordernis eines strengen Maßstabs sowohl bei der Erheblichkeit zu erwartender Straftaten als auch bei der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung. Ein solcher erfordert jedenfalls, dass die Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (vgl. BGH aaO; ferner Urteil vom 7. Juli 2011 – 5 StR 192/11 – und Beschluss vom 25. Mai 2011 – 4 StR 164/11).
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(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.