Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juli 2003 - XII ZR 44/00

published on 29.07.2003 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juli 2003 - XII ZR 44/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 44/00
vom
29. Juli 2003
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juli 2003 durch die
Richter Gerber, Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
1. Hinsichtlich des ersten und zweiten Rechtszuges verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts. 2. Die Kosten der Revisionsinstanz werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Gründe:

I.

Die Klägerin nahm die Beklagten auf Räumung und Herausgabe mehrerer Grundstücke in Anspruch. Der (nunmehrige) Beklagte zu 4 ist der Insolvenzverwalter in dem am 20. November 2000 eröffneten Verfahren über das Vermögen der Gebrüder S. Grundstücksverwaltungs- und Logistik OHG (vormals: Beklagte zu 4; fortan: Gemeinschuldnerin). Die Beklagten zu 1 bis 3 sind die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin. Mit schriftlichem Mietvertrag vom 11. Juli 1990 vermietete die Klägerin an die Gemeinschuldnerin Gewerberäume in H. bis (zunächst) 30. Juni 2005. Die Klägerin kündigte seit Juni 1993 das Mietverhältnis mehrfach ordentlich und
fristlos. Die Gemeinschuldnerin wies sämtliche Kündigungen zurück. Im Oktober 1995 erhob die Klägerin schließlich Räumungsklage gegen die Beklagten. Das Landgericht hatte der Klage uneingeschränkt stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten änderte das Oberlandesgericht mit Urteil vom 4. Januar 2000 das landgerichtliche Urteil dahin ab, daß die Beklagten zur Räumung und Herausgabe an die Klägerin nur Zug um Zug gegen Zahlung von 1.638.068,79 DM durch die Klägerin verurteilt wurden. Hiergegen richtete sich die Revision der Beklagten, mit der sie nach wie vor vollständige Klagabweisung und - hilfsweise - eine wesentlich höhere Zug um Zug Verurteilung erreichen wollten. Im März 2001 - während die Sache in der Revisionsinstanz anhängig war - schlossen die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich, wonach Einigkeit darüber besteht, daß ein etwaiges Mietverhältnis jedenfalls mit Ablauf des 30. April 2001 endete. Die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits wurden ausdrücklich ausgeklammert (Nr. 7 des Vergleichs). Die Grundstücke wurden der Klägerin geräumt übergeben. Mit Rücksicht hierauf erklärten die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

II.

Nachdem die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über alle bisher entstandenen Kosten des Rechtsstreits gemäß der auch für die Revisionsinstanz geltenden Vorschrift des § 91 a ZPO (vgl. etwa BGHZ 123, 264, 265) nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes durch Beschluß zu ent-
scheiden. Dies gilt auch für den Fall der Erledigung des Rechtsstreits durch außergerichtlichen Vergleich, wenn die Parteien - wie hier - um eine Entscheidung des Gerichts über die Kosten nachgesucht und somit die Anwendung des § 98 ZPO ausgeschlossen haben (Senatsbeschluß vom 27. November 1996 - XII ZR 249/95 - NJW-RR 1997, 510). Es entspricht regelmäßig der Billigkeit im Sinne von § 91a ZPO, wenn diejenige Partei die Kosten zu tragen hat, der sie bei Fortgang des Verfahrens hätten auferlegt werden müssen. Dies beurteilt sich nach dem mutmaßlichen Ausgang des Revisionsverfahrens und dessen Auswirkungen auf die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen (BGH, Beschluß vom 29. Januar 1985 - VI ZR 59/84 - MDR 1985, 483). Danach waren die Kosten des Rechtsstreits in der aus der Beschlußformel ersichtlichen Weise zu verteilen. 1. Die Revision der Beklagten wäre ohne Erfolg geblieben.
a) Das Berufungsgericht gelangte nach durchgeführter Beweisaufnahme zu der Auffassung, daß zwischen den Parteien der Mietvertrag wirksam zustande gekommen ist. Das ist im Ergebnis richtig und wird auch von den Parteien nicht angegriffen.
b) Der Senat folgt dem Berufungsgericht im Endergebnis ferner in der Annahme, das Mietverhältnis sei durch Kündigung beendet worden. Die hierzu erhobenen Rügen der Revision sind letztlich nicht durchgreifend.
c) Erfolglos macht die Revision schließlich geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht die von den Beklagten im Wege des Zurückbehaltungsrechts geltend gemachten Investitionen der Gemeinschuldnerin nicht in vollem Umfang berücksichtigt. Umfang und Höhe der geltend gemachten Investitionen wären bei Anwendung des § 556 Abs. 2 BGB a.F. nicht streitentscheidend gewesen. Nach dieser (abdingbaren) Bestimmung steht dem Mieter eines Grundstücks
(oder Raumes, § 580 BGB a.F.) wegen seiner Ansprüche gegen den Vermieter ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu. § 556 Abs. 2 BGB a.F. greift auch bei Anspruchskonkurrenz zu § 985 BGB ein (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 1998 - XII ZR 116/96 - MDR 1998, 1342). Andernfalls wäre der Eigentümer als Vermieter schlechter gestellt als der vermietende Nichteigentümer. Allerdings hatten die Parteien keine Gelegenheit hierzu - insbesondere zur Frage der (auch stillschweigend möglichen) Abbedingung - ergänzend vorzutragen, weil diese Vorschrift in den Tatsacheninstanzen nicht gesehen wurde. Wie sich dieser Umstand auf den Ausgang des Revisionsverfahrens bzw. des Rechtsstreits ausgewirkt hätte, kann hier jedoch dahinstehen. Denn eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Revision ergibt jedenfalls, daß das Berufungsgericht den Gesamtbetrag der Investitionskosten nicht zu niedrig festgesetzt hat. 2. Falls die Revision durchgeführt worden wäre, wären den Beklagten somit gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens (gesamtschuldnerisch , § 100 Abs. 4 ZPO) zur Last gefallen. Da nur die Beklagten Revision eingelegt haben, wäre bei durchgeführter Revision im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot eine Änderung des Berufungsurteils zum Nachteil der
Beklagten nicht in Betracht gekommen. Es wäre daher auch bei der dort ausgesprochenen Kostenfolge der ersten und zweiten Instanz geblieben.
Gerber Sprick Wagenitz Richter am Bundesgerichtshof Fuchs Vézina hat Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Gerber
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

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Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Das Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.

(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.

(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Stirbt der Mieter, so ist sowohl der Erbe als auch der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis innerhalb eines Monats, nachdem sie vom Tod des Mieters Kenntnis erlangt haben, außerordentlich mit der gesetzlichen Frist zu kündigen.

(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.

(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.

(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.