Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2000 - XII ZB 76/99

bei uns veröffentlicht am09.02.2000

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 76/99
vom
9. Februar 2000
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Hahne, Sprick, Weber
-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

beschlossen:
Die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. April 1999 wird als unzulässig verworfen. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird abgesehen. Die Antragsgegnerin hat die dem Antragsteller im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Beschwerdewert: 5.000 DM.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist durch Urteil des Amtsgerichts als Vater des Kindes Norman festgestellt worden. Durch Beschluß vom 2. Februar 1999 hat das Vormundschaftsgericht das Umgangsrecht des Antragstellers mit dem Kind geregelt. Dieser Beschluß wurde der Antragsgegnerin zu Händen ihres Verfahrensbevollmächtigten am 10. Februar 1999 zugestellt. Durch einen an das Amtsgericht gerichteten Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom
17. Februar 1999, der am 18. Februar 1999 beim Amtsgericht eingegangen ist, hat die Antragsgegnerin gegen den Beschluß Beschwerde eingelegt. Die Vormundschaftsrichterin hat am 22. Februar 1999 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Nichtabhilfebeschluß ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 25. Februar 1999 zugestellt worden. Aufgrund Verfügung des Vorsitzenden der zuständigen Zivilkammer des Landgerichts vom 3. März 1999 sind die Akten mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für das Rechtsmittelverfahren an das Amtsgericht zurückgesandt worden. Dort sind sie am 5. März 1999 eingegangen. Durch Beschluß vom 11. März 1999 hat die Vormundschaftsrichterin den Nichtabhilfebeschluß vom 22. Februar 1999 dahin abgeändert, daß die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt werden, und gleichzeitig die Übersendung der Akten an das Oberlandesgericht verfügt. Die Antragsgegnerin hat zu Händen ihres Verfahrensbevollmächtigten eine Ausfertigung dieses Beschlusses sowie die Mitteilung von der Übersendung der Akten erhalten. Die Akten sind am 18. März 1999 beim Oberlandesgericht eingegangen. Dieses hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, daß die Beschwerdefrist nicht eingehalten sei. Daraufhin hat die Antragsgegnerin mit einem am 12. April 1999 eingegangenen Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist beantragt. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht der Antragsgegnerin die beantragte Wiedereinsetzung mit der Begründung versagt, daß die zweiwöchige Frist des § 234 Abs. 1 ZPO, innerhalb der Wiedereinsetzung beantragt werden müsse, nicht gewahrt sei und die Antragsgegnerin nicht dargelegt habe, aus welchen Gründen sie die Wiedereinsetzungsfrist habe
verstreichen lassen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Das Rechtsmittel ist unzulässig. Gegen die Versagung der Wiedereinsetzung ist gemäß § 238 Abs. 2 ZPO das Rechtsmittel zulässig, welches gegen die Hauptsacheentscheidung zulässig ist (vgl. Zöller/Greger ZPO 21. Aufl. § 238 Rdn. 7). Das ist hier die weitere Beschwerde gemäß § 621 e Abs. 2 ZPO). Nach § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 1684 Abs. 3 BGB - jeweils in der Fassung des am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Kindschaftsrechtsreformgesetzes (BGBl. I 1997, 2942) - ist in Familiensachen, die die Regelung des Umgangs mit einem Kind betreffen, das Familiengericht ausschließlich zuständig. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 15 § 1 Abs. 1 Satz 1 KindRG bleibt in einem Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, das am 1. Juli 1998 anhängig ist, zwar das bisher befaßte Gericht - hier mithin das Vormundschaftsgericht - zuständig. Für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln sind die bis zum 1. Juli 1998 maßgeblichen Vorschriften aber nur dann weiterhin anzuwenden, wenn die erstinstanzliche Entscheidung vor dem 1. Juli 1998 verkündet oder anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Bei Entscheidungen ab dem 1. Juli 1998 - somit auch im vorliegenden Fall - gilt dagegen der Rechtsmittelzug für Familiensachen (Art. 15 § 1 Abs. 2 KindRG). Da die deshalb maßgebende Bestimmung des § 621 e ZPO nicht auf § 519 b ZPO verweist, findet gegen die Verwerfung der Erstbeschwerde nicht
die sofortige, sondern die befristete weitere Beschwerde statt (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 2 ZPO; Senatsbeschluß vom 15. März 1995 - XII ZB 19/95 - BGHR ZPO § 621 e Abs. 2 Wiedereinsetzung 1). Die weitere Beschwerde muß innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist beim Bundesgerichtshof durch einen hier zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden (§§ 621 e Abs. 3, 78 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Die Antragsgegnerin hat ihr Rechtsmittel aber beim Oberlandesgericht durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt. Eine Wiederholung des Rechtsmittels durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt ist innerhalb der Frist nicht erfolgt. Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz

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Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2000 - XII ZB 76/99 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1684 Umgang des Kindes mit den Eltern


(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. (2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträ

Referenzen

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.