Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2009 - XI ZR 178/08

bei uns veröffentlicht am18.05.2009
vorgehend
Landgericht Magdeburg, 9 O 2718/06, 04.12.2007
Oberlandesgericht Naumburg, 2 U 172/07, 08.05.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 178/08
vom
18. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen sowie die
Richter Dr. Ellenberger und Dr. Matthias
am 18. Mai 2009

beschlossen:
Die Gehörsrüge der Kläger gegen den Senatsbeschluss vom 21. April 2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen, weil der Senat ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO). Der Senat hat das Vorbringen der Kläger in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde umfassend geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Das gilt auch für die im Schriftsatz vom 7. Mai 2009 als übergangen gerügten Ausführungen. Das Vorbringen der Kläger, mit dem sie die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht rügen, wurde ebenfalls bereits im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren umfassend geprüft. Es kann demzufolge nicht Gegenstand einer nochmaligen Überprüfung durch das Gericht sein, das die Nichtzulassungsentscheidung getroffen hat (BGH, Beschlüsse vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07, NJW 2008, 923 f., Tz. 5 und vom 13. Dezember 2007 - I ZR 47/06, NJW 2008, 2126, Tz. 6). Von einer näheren Begründung wird nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, der im Anwendungsbereich des § 321a Abs. 4 Satz 5 ZPO entspre- chend anwendbar ist (vgl. BT-Drucksache 15/3706 S. 16; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432, 1433).
Wiechers Joeres Mayen Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 04.12.2007 - 9 O 2718/06 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 08.05.2008 - 2 U 172/07 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 38/07
vom
20. November 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Anhörungsrüge ist zur Verwirklichung des verfassungsrechtlich gebotenen
Maßes an Rechtsschutz nur dann erforderlich und zulässig, wenn sie sich gegen
eine "neue und eigenständige" Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch
den Bundesgerichtshof selbst richtet.
BGH, Beschluss vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2007 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Senatsbeschluss vom 25. September 2007 wird verworfen. Die Kosten des Rügeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe:

I.

1
Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
2
Sie behauptet, aufgrund einer im Januar 1995 zur Durchführung einer Gastroskopie verabreichten Medikation durch den Beklagten jahrelang unter Verwirrtheit gelitten zu haben. Die Klägerin verlangt Schmerzensgeld und Ersatz für den von ihr behaupteten Rentenausfall.
3
Nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens und mündlicher Anhörung des Sachverständigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil hat die Klägerin die Nichtzulassungsbeschwerde mit der Begründung eingelegt, dass das Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt und außerdem gegen das Willkürverbot verstoßen habe. Der Senat hat durch Beschluss vom 25. September 2007 die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Anhörungsrüge.

II.

4
Die Anhörungsrüge ist in gesetzlicher Form und Frist (§ 321a Abs. 4 ZPO) erhoben worden, sie ist jedoch gemäß § 321a Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zulässig. Mangels einer "neuen und eigenständigen" Gehörsverletzung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist eine weitere gerichtliche Kontrolle durch den Senat nicht veranlasst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 1 BvR 646/06 - Rn. 20 ff.).
5
Das Rechtsstaatsprinzip verlangt es, für jede "neue und eigenständige" Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch eine gerichtliche Entscheidung die einmalige Möglichkeit gerichtlicher Kontrolle zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 107, 395, 410 f.). Ist ein Rechtsmittel gegen die auf der gerügten Verletzung beruhende Entscheidung gegeben, das zur Überprüfung dieser Verletzung führen kann, so ist den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG hinreichend Rechnung getragen (vgl. BVerfGE, aaO). Ein zusätzlicher Rechtsbehelf - die Anhörungsrüge - ist danach nur erforderlich, wenn die "neue und eigenständige" Verletzung in der letzten von der Prozessordnung vorgesehenen Instanz gerügt wird (vgl. BVerfGE, aaO). Wird im Zivilprozess die erstmalige Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Berufungsgericht gerügt, so ist der danach erforderliche Rechtsbehelf mit der Revision gemäß §§ 542 ff. ZPO gegeben. Wurde die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO), so ist - im Rahmen ihrer allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen - die Nichtzulassungsbeschwerde ge- geben. Auch diese stellt einen zureichenden Rechtsbehelf dar, weil auch sie zur Überprüfung der behaupteten Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Berufungsgericht führen kann. Zwar ist die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in § 543 Abs. 2 ZPO nicht als Zulassungsgrund genannt, jedoch geht der Bundesgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass der Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG stets einen Verfahrensfehler darstellt , der für einen Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02 - NJW 2003, 3205, 3206; Beschluss vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03 - NJW 2004, 2222, 2223 m.w.N.; Beschluss vom 5. April 2005 - VIII ZR 160/04 - NJW 2005, 1950; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 543 Rn. 15a; Vorbem. vor § 542 Rn. 7; Stackmann, NJW 2007, 9, 12 f.). Der Rechtsbehelf des § 321a ZPO ist zur Verwirklichung des verfassungsrechtlich gebotenen Maßes an Rechtsschutz deshalb nur dann erforderlich, wenn sich die Anhörungsrüge gegen eine "neue und eigenständige" Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch den Bundesgerichtshof selbst richtet. Andernfalls, ist die Anhörungsrüge als Rechtsbehelf nicht geboten und infolgedessen unzulässig.
6
Im vorliegenden Fall rügt die Beschwerdeführerin in der Anhörungsrügeschrift ausschließlich Gehörsverletzungen durch das Berufungsgericht. Eine "neue und eigenständige" Verletzung des rechtlichen Gehörs durch den Bundesgerichtshof selbst macht sie nicht geltend. Insbesondere kann eine solche nicht schon deshalb angenommen werden, weil der Senat die rechtliche Lage von der Auffassung der Klägerin abweichend beurteilt und einen Zulassungsgrund für nicht gegeben erachtet hat. Eine eigenständige Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt auch nicht darin, dass der Senat von der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit, gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO von einer näheren Begründung abzusehen, Gebrauch gemacht hat. Das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht rügt, wurde bereits im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren umfassend geprüft. Es kann demzufolge nicht Gegenstand einer nochmaligen Überprüfung durch das selbe Gericht sein. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 23.02.2006 - 5 O 391/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 11.01.2007 - I-8 U 36/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 47/06
vom
13. Dezember 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Mit einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO muss eine Verletzung des verfassungsrechtlich
gewährleisteten Anspruchs auf rechtliches Gehör nach
Art. 103 Abs. 1 GG geltend gemacht werden. § 321a ZPO eröffnet keine
Möglichkeit der Selbstkorrektur bei anderen Verfahrensverstößen.

b) Eine Anhörungsrüge gegen einen Beschluss, mit dem die Beschwerde gegen
die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen worden ist, ist unzulässig
, wenn sie sich nicht gegen eine neue und eigenständige Verletzung
des Art. 103 Abs. 1 GG durch den Bundesgerichtshof richtet, sondern sich
darauf beschränkt, bereits in der Berufungsinstanz erfolgte Gehörsverletzungen
geltend zu machen. Die Anhörungsrüge kann nicht mit Erfolg darauf
gestützt werden, dass dem Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der
Überprüfung des in der Vorinstanz erfolgten Gehörsverstoßes ein Rechtsfehler
unterlaufen sei.
BGH, Beschl. v. 13. Dezember 2007 - I ZR 47/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2007
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Gehörsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 19. Juli 2007 wird auf Kosten der Klägerinnen als unzulässig verworfen.

Gründe:


1
I. Die Anhörungsrüge ist unzulässig, weil sie sich nicht gegen eine neue und eigenständige Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch den Bundesgerichtshof richtet, sondern sich darauf beschränkt, bereits in der Berufungsinstanz begangene Gehörsverletzungen geltend zu machen.
2
1. Nach dem Plenarbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003 (BVerfGE 107, 359 ff.) ist nur für jede "neue und eigenständige" Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch eine gerichtliche Entscheidung eine einmalige gerichtliche Kontrolle zu gewährleisten. Sollte dem Rechtsmittelgericht im Zuge der Überprüfung, ob Art. 103 Abs. 1 GG in dem vorangegangenen gerichtlichen Verfahren beachtet worden ist, ein Fehler unterlaufen, kann hierauf keine Anhörungsrüge gestützt werden. Denn die einmalige gerichtliche Überprüfung ist in diesem Fall erfolgt (BVerfGE 107, 359 Rdn. 48, 50).

3
Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in einem Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 klargestellt, dass der gegen eine Gehörsverletzung durch das Berufungsgericht nach Art. 103 Abs. 1 GG erforderliche Rechtsbehelf in ausreichendem Maße mit der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde gegeben ist. Es besteht daher kein verfassungsrechtliches Gebot, die Anhörungsrüge gegen eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs über eine Nichtzulassungsbeschwerde zuzulassen, mit der gegen das Berufungsurteil gerichtete Gehörsrügen als Zulassungsgrund zurückgewiesen wurden (BVerfG, Beschl. v. 9.7.2007 - 1 BvR 646/06, NJW 2007, 3418, 3419).
4
2. § 321a ZPO geht nicht über den verfassungsrechtlich gebotenen Mindestschutz hinaus (vgl. Gesetzentwurf, BT-Drucks. 15/3706, S. 1, 13). Die Vorschrift beschränkt sich auf Verstöße gegen Art. 103 Abs. 1 GG (Zuck, NJW 2005, 1226, 1228; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 321a Rdn. 1; a.A. etwa Vollkommer in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 321a Rdn. 3a, 7; Sangmeister, NJW 2007, 2363, 2366).
5
Alleiniger Zweck des § 321a ZPO in der geltenden Fassung ist die Umsetzung des Plenarbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003. Sinn der Vorschrift ist es, eine Möglichkeit zur Selbstkorrektur von Entscheidungen zu schaffen, die ein Gericht unter Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Partei getroffen hat, und dadurch das Bundesverfassungsgericht von Verfassungsbeschwerden zu entlasten, die auf Gehörsverletzungen gestützt werden (vgl. Zuck, NJW 2005, 1226, 1228; Reichold in Thomas/Putzo aaO). Dieser Entlastungszweck kann nur bei Rügen erreicht werden, mit denen eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG geltend gemacht wird und die deshalb zum Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde gemacht werden können. Unter "Anspruch auf rechtliches Gehör" i.S. von § 321a Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist daher ausschließlich das nach Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete rechtliche Gehör zu verstehen.
6
3. Die Anhörungsrüge ist nur zulässig, wenn das rechtliche Gehör neu und eigenständig durch das Gericht verletzt worden ist, gegen dessen Entscheidung sich der Betroffene wendet. Die Klägerinnen hätten daher hier rügen müssen, dass der Senat mit dem Beschluss vom 19. Juli 2007 selbst neu und eigenständig ihren Anspruch auf rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 GG verletzt habe (vgl. BSG, Beschl. v. 7.4.2005 - B 7a AL 38/05 B, NJW 2005, 2798; Seiler, AnwBl 2006, 378). Daran fehlt es. Die Behauptung einer Gehörsverletzung im Zusammenhang mit den Gehörsrügen, die als Zulassungsgründe für die Nichtzulassungsbeschwerde vorgebracht worden sind, ist dazu ungeeignet.
7
a) Das Berufungsgericht hat eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne ausdrücklich bejaht (BU 13 unten), so dass die Frage einer "Fortwirkung" vorausgegangener Zeichenverletzung nicht entscheidungserheblich war. Da der Senat deshalb die Verwechslungsgefahr nicht selbst beurteilt hat, können die Klägerinnen in diesem Zusammenhang auch keine neue und eigenständige Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch den Bundesgerichtshof geltend machen. Vielmehr rügen sie die Unvollständigkeit der tatrichterlichen Würdigung und dabei die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht.
8
b) Die Rügen der Klägerinnen zu Gehörsverletzungen im Zusammenhang mit der Einrede mangelnder Benutzung, mit fehlenden tatrichterlichen Feststellungen zur Annahme erhöhter Kennzeichnungskraft sowie mit der Beurteilung der Ähnlichkeit der Zeichen beziehen sich sämtlich auf bereits für die Berufungsinstanz behauptete Gehörsverletzungen, die schon in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ausgeführt worden waren. Neue und ei- genständige Gehörsverletzungen i.S. des Art. 103 Abs. 1 GG durch den Bundesgerichtshof machen die Klägerinnen auch insoweit nicht geltend.
9
II. Im Übrigen hat der Senat bei seinem Beschluss vom 19. Juli 2007 den entscheidungserheblichen Vortrag der Klägerinnen umfassend berücksichtigt. Er hat die Feststellung mittelbarer Verwechslungsgefahr durch das Berufungsgericht , die im Wesentlichen mit einem Verweis auf die Entscheidung des Berufungssenats im Verfahren EVIAN/REVIAN vom 24. Februar 2002 begründet worden ist, für rechtsfehlerfrei erachtet. Der Senat hat auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage der rechtserhaltenden Benutzung, der erhöh- ten Kennzeichnungskraft und der Waren- bzw. Zeichenähnlichkeit unter Berücksichtigung der Gehörsrügen der Klägerinnen überprüft, eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Gehörsverletzung oder auch nur einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts jedoch nicht festzustellen vermocht.
Bornkamm Pokrant Büscher
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 25.11.2004 - 315 O 468/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 03.03.2006 - 5 U 1/05 -

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 263/04
vom
24. Februar 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 321a F: 1. Januar 2005, § 564

a) § 321a ZPO in der Fassung des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember
2004 (BGBl. I S. 3220) gilt - sofern die nach Absatz 2 zu wahrenden
Fristen noch nicht abgelaufen sind - auch für vor Inkrafttreten der
Novelle am 1. Januar 2005 rechtskräftig gewordene Entscheidungen.

b) Die Entscheidung über eine Gehörsrüge braucht nicht begründet zu werden
, soweit sie im Revisionsverfahren erhobene und in Anwendung des
§ 564 ZPO ohne nähere Begründung nicht für durchgreifend erachtete
Rügen von Verfahrensmängeln betrifft.
BGH, Beschluß vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Februar 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und
Galke

beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rügeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe:


I.


Die Klägerin hat in dem vorausgegangenen Rechtsstreit d as beklagte Bundesland auf Ersatz von Vermögensverlusten wegen der Versagung einer Kiesabbaubewilligung in Anspruch genommen. Ihre Revision gegen die im Berufungsrechtszug erfolgte Klageabweisung hat der Senat durch Urteil vom 9. Dezember 2004 zurückgewiesen (für BGHZ bestimmt). Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 5. Januar 2005 zugestellt worden.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit einer am 18. Januar 2005 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO in der Fassung des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I
S. 3220). Sie trägt vor, der erkennende Senat habe im Revisionsurteil ihre Verfahrensrügen zu dem Vorwurf sachfremder Behandlung ihres Bewilligungsantrags durch das Bergamt des beklagten Landes nicht vollständig erfaßt und beschieden.

II.


Die Anhörungsrüge ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Der Senat sieht keine durchgreifenden Bedenken gegen die Statthaftigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs, obwohl das angegriffene Urteil bereits mit seiner Verkündung am 9. Dezember 2004 und sonach vor Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes am 1. Januar 2005 rechtskräftig geworden ist.

a) Die Novelle hat die bis dahin nur gegen nicht beru fungsfähige Urteile erster Instanz gegebene Möglichkeit, eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör zu rügen (§ 321a Abs. 1 ZPO i.d.F. des Zivilprozeßreformgesetzes vom 27. Juli 2001, BGBl. S. 1887), durch Änderung des § 321a Abs. 1 ZPO auf alle mit Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbare gerichtliche Entscheidungen erweitert. Das gilt deshalb auch für die nach streitiger mündlicher Verhandlung ergangenen, sofort rechtskräftig werdenden Revisionsurteile. Übergangsvorschriften enthält das Gesetz nicht. Es ist daher durch Auslegung nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Zivilprozeßrechts zu bestimmen, ob die Neuregelung auch zuvor schon rechtskräftig gewordene Urteile erfaßt. Die Frage ist zu bejahen.

b) Die Statthaftigkeit eines unter der Herrschaft neue n Rechts eingelegten Rechtsmittels bestimmt sich - ebenso wie dessen sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen - regelmäßig nach dem geänderten Recht (vgl. BGH, Beschluß vom 25. November 1977 - I ARZ 584/77 - NJW 1978, 427; Beschluß vom 25. Januar 1978 - IV ZB 10/77 - NJW 1978, 889 f.; RGZ 135, 121, 123; RG JW 1925, 362, 363; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1 EGZPO Rn. 4 m.w.N.). Das gilt im allgemeinen indes nur für anhängige Verfahren. Bereits rechtskräftige Urteile werden mit einer Änderung des Rechtsmittelszuges grundsätzlich nicht anfechtbar (BGHZ 3, 82, 85; BAG AP Nr. 5 zu § 123 ArbGG 1953; Stein/Jonas/Schlosser, aaO). Es kann in der Regel nicht angenommen werden, daß die durch ein rechtskräftiges Urteil eingetretene definitive Feststellung der Rechtsverhältnisse und die Erledigung des Rechtsstreits nachträglich wieder umgestoßen werden sollen. Das würde einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtskraft darstellen, die über die Belange der siegreichen Partei hinaus auch im öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit schützenswert ist. Eine Ausnahme kann allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn besonders zwingende, den Erwägungen der Rechtssicherheit übergeordnete Gründe dazu Anlaß geben, etwa dann, wenn wirtschaftliche und soziale Mißstände zu beseitigen sind (BGHZ aaO S. 85 ff.).

c) Eine solche Ausnahmesituation ist hier gegeben. Desweg en kann auch auf sich beruhen, ob diese Grundsätze einschränkungslos für sämtliche Rechtsbehelfe gelten. Das Interesse an einer Verteidigung der eingetretenen Rechtskraft ist unter den besonderen Voraussetzungen der Anhörungsrüge schon nicht schutzwürdig, weil diese nur dann begründet ist, wenn das Gericht das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 1 Nr. 2 ZPO). In diesem Falle müßte die Entscheidung gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG
die Entscheidung gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG - Annahmegründe im Sinne des § 93a BVerfGG vorausgesetzt - jedenfalls auf Verfassungsbeschwerde der beschwerten Partei aufgehoben werden. Es geht daher nicht wie sonst um eine Abgrenzung zwischen den im Ansatz gleichermaßen schützenswerten Geboten der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit, sondern allein oder zumindest weit überwiegend um die (Kompetenz-)Frage, ob eine Abhilfe durch das Bundesverfassungsgericht erfolgen muß oder ob sie bereits im Rahmen der fachgerichtlichen Prüfung vorgenommen werden kann.
Diese Frage hat das Plenum des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluß vom 30. April 2003 (1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395, 401 ff. = NJW 2003, 1924 ff.) grundsätzlich im Sinne eines Vorrangs des von den Fachgerichten zu gewährenden Rechtsschutzes beantwortet. Danach sichert der allgemeine Justizgewährungsanspruch als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Rechtsschutz gegen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in jeder gerichtlichen Instanz, also auch dann, wenn das Verfahrensgrundrecht erstmalig in einem Rechtsmittelverfahren verletzt wird. Die Verfahrensordnung muß in diesem Fall eine eigenständige gerichtliche Abhilfemöglichkeit vorsehen. Lediglich für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2004 war dieser bis dahin verfassungswidrige Zustand noch hinzunehmen (BVerfGE 107, 395, 418).
Die Novellierung des § 321a ZPO durch das Anhörungsrüge ngesetz dient der Umsetzung dieses Beschlusses (BT-Drucks. 15/3706 S. 1, 13). Die Gehörsrüge einer Partei hindert den Eintritt der Rechtskraft nicht. Erst wenn sich herausstellt, daß die Rüge begründet ist, wird - ähnlich einer Wiedereinsetzung oder Wiederaufnahme des Verfahrens (BT-Drucks. 15/3706 S. 14,
17) - die Rechtskraft durchbrochen und das Verfahren fortgesetzt. Was für vor dem Ende der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Übergangsfrist rechtskräftig gewordene Urteile gelten soll, wenn die Frist zur Erhebung der erweiterten Anhörungsrüge beim Inkrafttreten der Novelle noch nicht abgelaufen war oder diese - wie im Streitfall - überhaupt erst nach dem 1. Januar 2005 beginnen konnte, läßt sich weder der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch den Gesetzesmaterialien eindeutig entnehmen. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Lage und der nur noch für eine Übergangszeit hinzunehmenden Rechtsschutzlücken in der fachgerichtlichen Prüfung ist indes davon auszugehen, daß der Gesetzgeber den nicht zuletzt der Entlastung des Bundesverfassungsgerichts dienenden Vorgaben in dem Plenarbeschluß des Gerichts jedenfalls in zeitlicher Hinsicht soweit wie möglich Rechnung tragen, d.h. die neue Gehörsrüge auch rückwirkend auf alle bei Einhaltung der Rügefristen des § 321a Abs. 2 ZPO n.F. (zwei Wochen ab Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs, spätestens ein Jahr seit Bekanntgabe der Entscheidung ) noch angreifbaren Entscheidungen erstrecken wollte. Eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung war dafür nicht erforderlich (anders wohl Stein/Jonas/Schlosser, aaO, § 1 EGZPO Rn. 1 m.w.N.).
2. Die damit statthafte und auch im übrigen zulässige Gehörsrüge ist jedoch unbegründet. Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG nur verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen des Urteils auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.). Der Senat hat im Urteil vom 9. Dezember 2004 die jetzt von der Anhörungsrüge der Klägerin umfaßten Revisionsangriffe in vollem Umfang geprüft, selbst wenn dies in den Entscheidungsgründen seines Urteils nur knapp angemerkt und im übrigen auf § 564 ZPO verwiesen worden ist, und diese Revisi-
merkt und im übrigen auf § 564 ZPO verwiesen worden ist, und diese Revisionsrügen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Von einer ergänzenden Begründung sieht er auch in diesem Verfahrensabschnitt in entsprechender Anwendung des § 564 ZPO ab. Weder aus § 321a Abs. 4 Satz 5 ZPO, nach dem der Beschluß kurz begründet werden soll, noch unmittelbar aus dem Verfassungsrecht ergibt sich eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Begründung der Entscheidung. Ansonsten hätte es eine Partei in der Hand, mittels einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO die Bestimmung des § 564 ZPO im Revisionsverfahren auszuhebeln. Dem entspricht es, daß nach der Gesetzesbegründung auch eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu eingelegt werden kann, eine Begründungsergänzung herbeizuführen (BT-Drucks. 15/3706 S. 16).
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