vorgehend
Bundespatentgericht, 4 Ni 37/03, 02.02.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 56/05
vom
27. Juni 2007
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Akteneinsicht XVIII
Die freie Akteneinsicht nach § 99 Abs. 3 Sätze 2 und 3 PatG umfasst grundsätzlich
die gesamten Akten des Patentnichtigkeitsverfahrens einschließlich in
dieses Verfahren eingeführter Aktenteile aus Patentverletzungsverfahren, solange
nicht ein der Akteneinsicht auch in solche Aktenteile entgegenstehendes
schutzwürdiges Interesse geltend gemacht ist.
BGH, Beschl. v. 27. Juni 2007 - X ZR 56/05 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juni 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Keukenschrijver, Prof.
Dr. Meier-Beck, Asendorf und Gröning

beschlossen:
Den Patentanwälten G. wird Akteneinsicht in die Akten des Patentnichtigkeitsverfahrens X ZR 56/05 gewährt.

Gründe:


1
Dem Antrag der Antragsteller auf Gewährung von Akteneinsicht in das vorliegende Patentnichtigkeitsverfahren ist zu entsprechen.
2
Die Einsicht in die Akten des Nichtigkeitsverfahrens ist grundsätzlich frei. Es bedarf - entgegen der Auffassung der Beklagten - in der Regel weder der Geltendmachung eines eigenen berechtigten Interesses seitens des Antragstellers noch der Darlegung, für wen um Akteneinsicht nachgesucht wird (§ 99 Abs. 3, Sätze 2, 3 PatG; Sen.Beschl. v. 17.10.2000 - X ZR 4/00, GRUR 2001, 143 - Akteneinsicht XV).
3
Der Gewährung der Akteneinsicht steht auch nicht entgegen, dass die Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Einsicht in das aus dem parallelen Patentverletzungsprozess stammende Dokument D 16 (Schriftsatz der Beklagtenvertreter im Verletzungsprozess) nicht dargelegt haben. Hinweise auf ein laufendes Verletzungsverfahren sowie Kopien von Aktenteilen eines Verletzungsprozesses , die von den Parteien im Nichtigkeitsverfahren eingereicht worden sind, unterliegen grundsätzlich der freien Akteneinsicht. Allerdings kann der Nichtigkeitskläger ein schutzwürdiges Interesse daran haben, dass eine im Verletzungsprozess angegriffene und dort technisch näher erläuterte Ausführungsform einem Wettbewerber nicht durch eine uneingeschränkte Akteneinsicht offenbart wird; untrennbar damit verbundene Ausführungen zum Schutzumfang des Klagepatents können ebenfalls von der Akteneinsicht ausgenommen werden (Sen.Beschl. v. 10.10.2006 - X ZR 133/05, GRUR 2007, 133; Benkard /Schäfers, PatG u. GebrMG, 10. Aufl., § 99 PatG Rdn. 18; Busse/Schuster/ Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 99 PatG Rdn. 38 jeweils m.w.N.). In diesem Sinne schutzwürdige Interessen, die einer Akteneinsicht der Antragsteller auch in dieses Dokument entgegenstehen könnten, hat die Beklagte nicht dargelegt, sondern sich allgemein darauf berufen, dass der Prozessstoff im Verletzungsprozess stets der Regelung des § 299 Abs. 2 ZPO unterliege. Das trifft auf die Akteneinsicht in die Akten von Patentnichtigkeitsverfahren nicht zu. Die freie Akteneinsicht nach § 99 Abs. 3 Sätze 2 und 3 PatG umfasst grundsätzlich die gesamten Akten des Patentnichtigkeitsverfahrens einschließlich in dieses Verfahren eingeführter Aktenteile aus Patentverletzungsverfahren, solange nicht ein der Akteneinsicht auch in solche Aktenteile entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse geltend gemacht ist.
Melullis Keukenschrijver Meier-Beck
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 02.02.2005 - 4 Ni 37/03 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 299 Akteneinsicht; Abschriften


(1) Die Parteien können die Prozessakten einsehen und sich aus ihnen durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen. (2) Dritten Personen kann der Vorstand des Gerichts ohne Einwilligung der Parteien die Einsich

Patentgesetz - PatG | § 99


(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nic

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(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Patentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 31 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Patentgericht. Die Einsicht in die Akten von Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents wird nicht gewährt, wenn und soweit der Patentinhaber ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse dartut.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 4/00 Verkündet am:
14. Oktober 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Elektronische Funktionseinheit
EPÜ Art. 87, 88
Priorität für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung
gemäß Art. 88 EPÜ kann nur dann in Anspruch
genommen werden, wenn der Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs
unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens
unmittelbar und eindeutig der früheren Anmeldung als
Ganzes entnehmen kann; es muß sich um dieselbe Erfindung
handeln. Für die Beurteilung der identischen Offenbarung
gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung.
BGH, Urt. v. 14. Oktober 2003 - X ZR 4/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 22. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen, die Richterin Mühlens sowie den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das am 22. Juli 1999 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert : Das europäische Patent 0 624 272 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält: "Elektrische Funktionseinheit (PC) und Röhrenbildschirmgerät (M) mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle (SS) zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes mit für dessen grundlegende Funktion entsprechenden Signalen ausgehend von der elektrischen Funktionseinheit und aufeinander abgestimmten Mitteln (VC, PSBDC ) zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgeräts in einen Energiesparzustand d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die genannten Mittel der Standardschnittstelle zugeordnet sind und Einrichtungselemente zum Erzeugen, Übertragen und Auswerten der Nachricht umfassen, die Einrichtungselemente zum Erzeugen der Nachricht in der elektrischen Funktionseinheit angeordnet sind, die Einrichtungselemente zum Auswerten der Nachricht im Röhrenbildschirmgerät angeordnet sind und die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht erzeugt und ausgewertet wird, wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt, wobei die elektrische Funktionseinheit (PC) eine Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) aufweist und die Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSG) durch einen Benutzer des Steuergerätes (PC) wahlfrei bedienbar ist." Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 4/5 und die Klägerin 1/5 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 25. Januar 1993 ange- meldeten und u.a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 624 272 (Streitpatents), für das die Prioritäten der deutschen Patentanmeldungen 42 02 793 und 42 02 794 sowie der deutschen Gebrauchsmuster-Anmeldung 92 01 166, jeweils vom 31. Januar 1992, in Anspruch genommen worden sind. Das Streitpatent, das eine "elektrische Funktionseinheit mit in Energiesparzustände schaltbarem Röhrenbildschirmgerät" betrifft und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 593 00 827 geführt wird, umfaßt in der in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten Fassung drei Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut: "1. Elektrische Funktionseinheit (PC) und Röhrenbildschirmgerät (M) mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle (SS) zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes mit für dessen grundlegende Funktion entsprechenden Signalen ausgehend von der elektrischen Funktionseinheit und mit aufeinander abgestimmten Mitteln (VC, PSB-DC) zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß
die genannten Mittel der Standardschnittstelle zugeordnet sind und Einrichtungselemente zum Erzeugen, Übertragen
und Auswerten der Nachricht umfassen, daß die Einrichtungselemente zum Erzeugen der Nachricht in der elektrischen Funktionseinheit und zum Auswerten der Nachricht im Röhrenbildschirmgerät angeordnet sind und daß die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einem vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht erzeugt und ausgewertet wird, wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt wenigstens einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt."
Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Er sei gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen vom 25. Januar 1993 in unzulässiger Weise erweitert; denn dort sei nur "mindestens ein erster Energiesparzustand", nicht aber "ein erster und zu einem späteren Zeitpunkt wenigstens ein zweiter Energiesparzustand" offenbart. Darüber hinaus sei der Gegenstand des Streitpatents gegenüber der PCT-Anmeldung PCT/US 93/11579 (= WO 94/12969) mit der Priorität vom 2. Dezember 1992 nicht neu, da die Beklagte die Prioritäten vom 31. Januar 1992 zu Unrecht in Anspruch genommen habe.
Die Klägerin hat beantragt,
das europäische Patent 0 624 272 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Hilfsweise hat sie das Streitpatent mit vier Hilfsanträgen verteidigt.
Das Bundespatentgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage das europäische Patent 0 624 272 teilweise für nichtig erklärt und das Streitpatent in der Fassung des 4. Hilfsantrages der Beklagten neu formuliert. Dagegen wenden sich die Berufungen beider Parteien. Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Bundespatentgerichts die Nichtigkeitsklage mit der Maßgabe abzuweisen, daß das Wort "wenigstens" im Patentanspruch 1 entfällt.
Hilfsweise verteidigt sie Patentanspruch 1 des Streitpatents mit sechs zum Teil neuen Hilfsanträgen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
2. unter Abänderung des angefochtenen Urteils das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. techn. J. S.
, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat Gutachten des Prof. Dr.-Ing. N. F. , , und des Prof. Dr. H. M. , , vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung der Klägerin hat zum Teil Erfolg. Sie führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur weiteren Teilnichtigerklärung des Streitpatents; hingegen ist das Rechtsmittel der Beklagten unbegründet (Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).

I.


1. Das Streitpatent betrifft eine elektrische Funktionseinheit und ein Röhrenbildschirmgerät , das in Energiesparzustände geschaltet werden kann. Diese etwa in Form von Personalcomputer (PC) und Monitor (M) bekannten Geräte laufen an Arbeitsplätzen meist im Dauerbetrieb, obwohl sie häufig nur zu einem Bruchteil der Betriebszeit benutzt werden. Dabei verbraucht der Monitor unnötig Strom und erzeugt Wärme. Neben den vermeidbaren höheren Energiekosten verursacht die mit der Verlustleistung verbundene Wärmebildung eine be-
schleunigte Alterung des Monitors und seiner Bestandteile und verringert damit die Lebensdauer des Gerätes. Der nachteilige Energieverbrauch bei Nichtgebrauch läßt sich durch Abschalten des Geräts vermeiden. Ein völliges Abschalten bei kürzeren Nutzungspausen verbietet sich aber deshalb, weil das zu einem häufigen Ab- und Anschalten des Bildschirms führt, das dessen Bauteile wiederum altern läßt. Die genannten Nachteile können deutlich gemildert werden , wenn der Monitor während der Nutzungspausen lediglich in Zustände mit geringerem Energieverbrauch geschaltet wird.
Die Streitpatentschrift schildert einleitend Möglichkeiten, den Monitor bei längeren Ruhephasen in einen Energiesparzustand zu schalten (Sp. 1 Z. 16 bis 23). Danach ist bei fest miteinander verbundenen Geräten eine Steuerung der Energiesparzustände wegen der genauen gegenseitigen Abstimmung der Geräte problemlos möglich, weil z.B. die Synchronisierungssignale des Monitors abgeschaltet werden können. Die für diese Lösung erforderliche feste Verbindung schließt es - wie sich aus der Kritik der Streitpatentschrift am Stand der Technik ergibt - jedoch aus, Funktionseinheit und Monitor - wie insbesondere im Personalcomputerbereich üblich - frei auszuwählen; deren Kombination ist vielmehr durch die Funktion vorgegeben. Bei einer "offenen Anordnung", bei der Geräte unterschiedlicher Hersteller mit einer Standardschnittstelle betrieben werden, kann eine solche Steuerung in einen Energiesparzustand über die Standardschnittstelle nicht durchgeführt werden, weil nicht zur Anordnung gehörende Monitore ein nicht synchronisiertes Flimmerbild erzeugen würden (Sp. 1 Z. 24 ff.).
Nach den weiteren Ausführungen der Streitpatentschrift (Sp. 1 Z. 35 ff.) ist aus der europäischen Offenlegungsschrift 0 456 923 ein Bildschirmanzeigesystem mit einer Recheneinheit bekannt, das außer der üblichen Schnittstelle
für den Monitor eine zusätzliche serielle Schnittstelle für kodierte Signale zwischen Rechner und Monitor aufweist. Diese Druckschrift behandelt ebenso wie die amerikanische Patentschrift 5,059,961, bei der eine Dunkelschaltung des Bildschirms über ein Zeitüberwachungssystem bewirkt wird, nicht das Problem der Steuerung des Monitors in einen vorgegebenen Energiesparzustand. Der aus dem Abstract der japanischen Offenlegungsschrift 1 269 979 bekannte Monitor besitzt zwar eine Wartestellungsfunktion, wobei in einer Tastatursignalleitung eine Signalauswertungsschaltung vorgesehen ist, über die mittels eines Unterbrechungsschalters die Stromversorgung des Monitors abgeschaltet wird. Durch die Totalabschaltung bzw. die Aus- und Einschaltzyklen unterliegen die Bauteile des Monitors aber einem erheblichen Verschleiß. Zudem besteht bei Aufrechterhaltung der Röhrenheizung die Gefahr einer "Kathodenvergiftung". Aus dem deutschen Gebrauchsmuster 90 12 582 und der britischen Offenlegungsschrift 2 007 471 ist bekannt, zur Steuerung einer Wartestellungsfunktion des Bildschirms die Leitungsverbindungen, insbesondere die Videosignalleitung , einer Standardschnittstelle zum Betreiben des Monitors zu benutzen. Dabei ist nur eine Dunkelsteuerung der Bildröhre möglich, wodurch zwar ein Einbrennen der Bildröhreninnenfläche verhindert, jedoch wegen des ansonsten vollen Betriebszustandes keine Schonung der Bauteile durch Leistungsreduzierung oder Abschaltung erreicht wird. Die deutsche Patentschrift 38 37 620 schließlich regelt die Dunkelschaltung des Bildschirms über einen Näherungsschalter , der die Steuerung einer Wartestellungsfunktion unabhängig von der eigentlichen Steuerung des Monitors ermöglicht, den vollen Betriebszustand aber beibehält, so daß auch hier keine Schonung der Bauteile durch Reduzierung der Leistung oder durch Abschaltung erreicht wird. 2. Daraus ergibt sich das dem Streitpatent in der erteilten Fassung zugrundeliegende technische Problem, mit einer elektrischen Funktionseinheit (PC) das über die Standardschnittstelle angeschlossene Röhrenbildschirmgerät
(M) (stufenweise) in einen ersten und zu einem späteren Zeitpunkt in einen zweiten Energiesparzustand steuern (und später komplett abschalten) zu können.
3. Dies wird gemäß Patentanspruch 1 mit folgenden Merkmalen erreicht:
1. Elektrische Funktionseinheit (PC) und Röhrenbildschirmgerät (M)
1.1 mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle (SS) zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes mit für dessen grundlegende Funktion entsprechenden Signalen ausgehend von der elektrischen Funktionseinheit und 1.2 aufeinander abgestimmten Mitteln (VC, PSB-DC) zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand ; 2.1 die genannten Mittel sind der Standardschnittstelle zugeordnet und 2.2 umfassen Einrichtungselemente zum Erzeugen, Übertragen und Auswerten der Nachricht; 2.2.1 die Einrichtungselemente zum Erzeugen der Nachricht sind in der elektrischen Funktionseinheit angeordnet ,
2.2.2 die Einrichtungselemente zum Auswerten der Nach- richt sind im Röhrenbildschirmgerät angeordnet: 2.2.3 die Einrichtungselemente werden derart betrieben, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht erzeugt und ausgewertet wird, 2.2.3.1 wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt wenigstens einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt.
Nach der von der Beklagten im Berufungsverfahren mit Hauptantrag verteidigten Fassung des Streitpatents ist in Merkmal 2.2.3.1 das Wort "wenigstens" gestrichen. 4. Die in Patentanspruch 1 des Streitpatents beschriebene Lehre betrifft die Realisierung einer Energiezustandssteuerung zur Bauteileschonung (nicht zur reinen Minimierung des Energieverbrauchs) über eine unveränderte Standardschnittstelle , wobei auch bei einer Kombination einer beliebigen elektrischen Funktionseinheit (PC) mit einem beliebigen Röhrenbildschirmgerät (M) ("offene" Anordnung) eine unbeeinträchtigte Nutzung der Grundfunktion der Bilddarstellung sichergestellt ist (Sp. 3 Z. 54 ff.). Die Zusatzfunktion der Energiezustandssteuerung wird dabei dadurch erreicht, daß sowohl die Funktionseinheit als auch der Monitor entsprechend der Lehre des Streitpatents modifiziert sind. Fehlt es daran bei einem der beiden zusammenwirkenden Geräte, verbleibt es bei den eine Schaltung in einen Energiesparzustand nicht ein-
schließenden Grundfunktionen, die insbesondere mit der Darstellung des jeweiligen Bildes auf dem Monitor jedoch uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Bei der patentgemäßen Ausgestaltung ist darüber hinaus im Steuergerät und im Monitor eine Erweiterung der mit der Standardschnittstelle verbundenen Schaltungsteile vorgesehen, die eine Übertragung einer in der Funktionseinheit erzeugten, kodierten Nachricht zur Steuerung der Energiesparzustände erlaubt. Dabei werden die Mittel, die in der Funktionseinheit die Nachricht erzeugen, diese über die Standardschnittstelle übertragen und die im Monitor diese empfangen und auswerten, nur ihrer Funktion nach beschrieben. Die Lehre des Patentanspruchs 1 umfaßt alle möglichen Übertragungen über eine Standardschnittstelle. Als ein Beispiel der technischen Umsetzung dieser Informationsübertragung wird im beschreibenden Teil der Streitpatentschrift anhand der Zeichnung erläutert (Sp. 4 Z. 53 ff.), daß die die Standardschnittstelle ansteuernde Schaltung in der Funktionseinheit um einen Videocoder (VC) erweitert wird, der die Standardsignale (VS, HSYNC und VSYNC) so verändert, daß neben der Grundfunktion der Bilddarstellung auch eine Übertragung der zusätzlichen Nachricht ermöglicht wird. Als Beispiele werden das Einfügen der Nachricht während des Strahlrücklaufs (Austastlücke) und auch die vollständige oder teilweise Abschaltung der Synchronisierungssignale genannt. Die an der Standardschnittstelle angeschlossene Empfängerschaltung des Monitors wird um einen Power-Stand-By-Decoder (PSB-DC) erweitert, der die Nachricht aus den empfangenen Signalen herausfiltert (Sp. 5 Z. 6 ff.). Die Bauteile schonenden Energiesparzustände sind dahin beschränkt, daß der Monitor zunächst den ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt. Dabei besteht die Möglichkeit, nach einer ersten Zeitspanne nur diejenigen Teile des Monitors abzuschalten, deren Abschaltung einem schnellen Wiederstart nicht entgegen-
steht. Nach einer zweiten Zeitspanne kann der Monitor dann "komplett abgeschaltet werden, womit eine einhundertprozentige Energieeinsparung erzielt wird" (Sp. 3 Z. 46 bis 53). Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien und dem gerichtlichen Sachverständigen den Begriff "Energiesparzustand" im Sinne der Lehre des Patentanspruchs 1 des Streitpatents vor allem im Hinblick auf den in Merkmal 2.2.3.1 vorgesehenen "zweiten vorbestimmten Energiesparzustand" eingehend erörtert. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen geht der Senat davon aus, daß der hier einschlägige Fachmann, ein an einer Fachhochschule oder Universität ausgebildeter Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit der Fachrichtung der Nachrichtentechnik (Informationstechnik ) und mehrjähriger Erfahrung in einem Entwicklungslabor, den Begriff "Energiesparzustand" im Sinne des Streitpatents von seiner Funktion her versteht: Es sollen jeweils nur diejenigen Bauteile des Monitors abgeschaltet werden, die schnell etwa durch eine Dateneingabe wieder zu aktivieren sind, wenn eine erneute Benutzung des Gerätes gewünscht wird. Demgegenüber wird das völlige Abschalten der Geräte, bei dem jede Energiezufuhr unterbrochen wird, als Grenzfall verstanden, der eher nicht unter den Begriff des Energiesparzustandes im Sinne des Streitpatents subsumiert wird, weil es ein mechanisches Einschalten des Geräts erfordert, eine erneute Aktivierung aber nicht durch bloße Benutzung zu erreichen ist. In diesem Verständnis bestätigt sieht sich der Fachmann dadurch, daß in Spalte 3 Zeilen 23 ff. der Streitpatentschrift ausgeführt wird, es solle die Möglichkeit bestehen, durch Aussenden einer Nachricht an den Monitor durch Leistungsreduzierung oder Abschaltung einen ersten und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorgegebenen, möglichst viele Bauteile schonenden Energiesparzustand des Monitor zu steuern. Daraus entnimmt der Fachmann, daß der Monitor stufenweise heruntergefahren werden soll, aber gleichwohl eine schnelle Reaktivierungsmöglichkeit verbleiben soll,
um bei Bedarf eine bequeme Reaktivierung durch den Benutzer zu ermöglichen. Dies ist nur möglich, wenn eine Stand-By-Schaltung verbleibt. Dagegen spricht auch nicht die in der Streitpatentschrift genannte japanische Offenlegungsschrift 1 269 979. Auch bei dieser Vorrichtung wird, wie in der mündlichen Verhandlung mit Hilfe des gerichtlichen Sachverständigen klargestellt worden ist, der Monitor nicht vollständig abgeschaltet. Vielmehr wird das Gerät bei Nichtbenutzung bis zum Stand-By-Zustand mit dem Ziel heruntergefahren , es bei Erfordernis aktivieren zu können (S. 3 Abs. 2 und 3 der Übersetzung).

II.


1. Der Gegenstand des Streitpatents in der mit Hauptantrag verteidigten Fassung geht nicht über die Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen in der ursprünglichen Fassung vom 25. Januar 1993 hinaus.
In Patentanspruch 1 der PCT-Anmeldung PCT/DE 93/00056 wird Schutz begehrt für eine Geräteanordnung bestehend aus einer elektrischen Funktionseinheit und einem Röhrenbildschirmgerät "mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes für dessen grundlegende Funktion mit entsprechenden Signalen ausgehend von der Funktionseinheit" (Merkmal 1.1) und "mit aufeinander abgestimmten Mitteln zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand" (Merkmal 1.2). Diese Geräteanordnung ist dadurch gekennzeichnet, "daß die Mittel Einrichtungselemente zur Erzeugung in der elektrischen Funktionseinheit (PC), zur Übertragung und zur Auswertung im Röhrenbildschirmgerät (M) der den Energiespar-
zustand des Röhrenbildschirmsgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) in kodierter Form umfassen" (Merkmale 2.1 - 2.2.3.). Nach der Beschreibung der PCT-Anmeldung wird durch diese Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand die Möglichkeit geschaffen, "nach einer ersten Zeitspanne nur diejenigen Teile des Röhrenbildschirmgerätes abzuschalten, die für einen schnellen Wiederstart nicht erforderlich sind. Damit ist ein Bauteile schonender Energiesparbetrieb möglich. Nach einer zweiten Zeitspanne kann das Röhrenbildschirmgerät dann komplett abgeschaltet werden, womit eine einhundertprozentige Energieeinsparung erzielt wird" (S. 3 Z. 20 bis 30). Als Ausführungsbeispiel dieser Lehre werden in den Figuren 1 bis 7 eine Standardschnittstelle SS bestehend aus drei Leitungsverbindungen beschrieben, von denen zwei für die Übertragung von Synchronisiersignalen HSYNC, VSYNC in X- bzw. Y-Richtung des Bildschirms des Monitors und die dritte für die Übertragung eines Videosignals VS dienen können. Es wird darauf hingewiesen, daß aber auch beliebig andere Standardschnittstellen denkbar sind (S. 4 Z. 33 bis S. 5 Z. 3). Nach dem Beispiel gemäß Figur 3 wird die Nachricht zur Steuerung des Energiesparzustandes des Monitors in kodierter Form auf den Leitungsverbindungen der Standardschnittstelle übertragen, wobei nach entsprechenden Veränderungen des Steuergerätes PC und des Monitors M beispielsweise die Nachricht während des Strahlrücklaufs (Austastlücke) eingefügt werden kann.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gegenüber der Offenbarung der PCT-Anmeldung jedenfalls nicht erweitert. Denn diese enthält ebenso wie Patentanspruch 1 des Streitpatents die Aussagen, daß eine Nachricht in der Funktionseinheit (PC) erzeugt, übertragen und im Röhrenbildschirmgerät (M) ausgewertet wird und daß diese Nachricht (PSB, Power Stand-By) den Energiesparzustand des Röhrenbildgerätes (M) in mehreren Stufen steuert. Der gerichtliche Sach-
verständige hat überzeugend ausgeführt, daß der einschlägige Fachmann den Begriff "Energiesparzustand" im Zusammenhang der genannten Beschreibungsstelle der PCT-Anmeldung (S. 3 Z. 20 bis 30) in einem allgemeinen Sinn als einen Bauteile schonenden Zustand versteht, in dem Energie gespart wird, wobei unterschiedliche Stufen des Energiesparens in diesem Begriff zusammengefaßt werden. Ausgehend von ihrer Funktion sehe der Fachmann, so der gerichtliche Sachverständige, auch eine komplette Abschaltung als Energiesparzustand im Sinne dieser Druckschrift an, wobei trotz des Hinweises, mit der kompletten Abschaltung des Röhrenbildschirmgerätes könne eine hundertprozentige Energieeinsparung erzielt werden (S. 3 Z. 29 f.), auch hier nur an ein Herunterfahren bis zur Stand-By-Position gedacht sei; denn auch bei der Lehre der PCT-Anmeldung gehe es um ein Bauteile schonendes Energiesparen mit der Möglichkeit eines bequemen und schnellen Wiederstarts. Ein völliges Abschalten schone Bauteile aber nicht.
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der verteidigten Fassung ist aber nicht neu (Art. 52 EPÜ); er ist durch die PCT-Anmeldung PCT/US 93/11579 (= WO 94/12969) neuheitsschädlich getroffen, weil das Streitpatent die Prioritäten der deutschen Patentanmeldungen 42 02 793 und 42 02 794 sowie der deutschen Gebrauchsmuster-Anmeldung 92 01 166, jeweils vom 31. Januar 1992, nicht in Anspruch nehmen kann.

a) Art. 87 Abs. 1 EPÜ gewährt jedermann für die Anmeldung derselben Erfindung zum europäischen Patent während einer Frist von zwölf Monaten nach der Einreichung der ersten Anmeldung ein Recht auf Inanspruchnahme der Priorität (Prioritätsrecht). Priorität für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung gemäß Art. 88 EPÜ kann jedoch nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs unter
Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig der frü- heren Anmeldung als Ganzes entnehmen kann. Der Gegenstand der beanspruchten Erfindung muß im Prioritätsdokument identisch offenbart sein; es muß sich um dieselbe Erfindung handeln (EPA GBK - G 2/98 - GRUR Int. 2002, 80; EPA ABl. 1993, 40). Dabei ist die Offenbarung des Gegenstandes der ersten Anmeldung jedoch nicht auf die dort formulierten Ansprüche beschränkt; vielmehr ist dieser aus der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen zu ermitteln. Maßgeblich ist das Verständnis der Fachmanns zum Zeitpunkt der Einreichung der (prioritätsbeanspruchenden) europäischen Patentanmeldung. Für die Beurteilung der identischen Offenbarung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung (EPA GBK - G 2/98 - GRUR Int. 2002, 80; EPA ABl. 1990, 250; EPA ABl. 1993, 40; vgl. auch Sen.Urt. v. 11.9.2001 - X ZR 168/98, BGHZ 148, 383 = GRUR 2002, 146 - Luftverteiler; Benkard/Ullmann/Grabinski, EPÜ, Art. 88 Rdn. 8).

b) Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die deutsche Patentanmeldung 42 02 793 betrifft wie das Streitpatent eine sog. offene "Geräteanordnung" , bei dem ein Steuergerät mit einem Röhrenbildschirmgerät über eine Standardschnittstelle verbunden ist. Diese Geräteanordnung ist dadurch gekennzeichnet , "daß zwischen dem Steuer- (PC) und dem Röhrenbildschirmgerät (M) Mittel für eine von der Funktion der Standardschnittstelle (SS) unabhängige Übertragung einer die Wartestellungsfunktion des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) seitens des Steuergerätes (PC) an das Röhrenbildschirmgerät (M) vorgesehen sind". Über die Ausgestaltung der Nachricht oder die Wartestellungsfunktion enthält die Patentanmeldung allerdings keine expliziten Informationen. Zwar wird einleitend in der Beschreibung (S. 1 Z. 9 ff.) auf die Notwendigkeit hingewiesen, den Energieverbrauch während der Benutzungspausen zu reduzieren. Jedoch wird in der Patentan-
meldung nur von einer "Wartestellung", die nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen inhaltlich dem in der Streitpatentschrift offenbarten "Energiesparzustand" entspricht, und von einer "Wartestellungsfunktion" gesprochen. In der Beschreibung heißt es, Aufgabe der Erfindung sei, "eine Geräteanordnung der eingangs genannten Art anzugeben, bei der die Möglichkeit besteht, seitens des Steuergerätes die Wartestellungsfunktion des Röhrenbildschirmgerätes zu steuern, ohne daß damit die Verwendung der Einzelgeräte auf eine Anordnung beschränkt ist, bei der sowohl das Steuergerät die Wartestellung des Röhrenbildschirmgerätes steuern kann, als auch das Röhrenbildschirmgerät bezüglich einer Wartestellungsfunktion steuerbar ist" (S. 2 Z. 1 bis 9). Zum Ausführungsbeispiel in Figur 1 wird ausgeführt, daß eine zur Steuerung der Wartestellungsfunktion des Monitors M maßgebende Nachricht seitens des Steuergerätes PC an den Monitor M unabhängig von der Standardschnittstelle SS auf der Leitungsverbindung ZV übertragen werden kann und der Monitor M auf Grund der Nachricht nach Ablauf einer vorgegebenen Zeitspanne in eine Wartestellung schaltet (S. 3 Z. 27 bis 34). In Figur 3, die dem einzigen Ausführungsbeispiel der Streitpatentschrift entspricht, wird die Nachricht zur Steuerung der Wartestellungsfunktion des Monitors M in kodierter Form auf den Leitungsverbindungen der Standardschnittstelle SS übertragen, so daß außer den Leitungsverbindungen der Standardschnittstelle SS keine weiteren Leitungsverbindungen benötigt werden (S. 4 Z. 10 ff.). Dazu ist das Steuergerät mit einem Videocoder VC ausgestattet, der die Nachricht kodiert und in das Videosignal integriert. Der Monitor M weist einen "Power-Stand-By"-Decoder PSB-DC auf, der aus den übertragenen Signalen eine für die Steuerung der Wartestellungsfunktion maßgebende Nachricht PSB herausfiltert. Als vorteilhaft wird geschildert, wenn die Steuereinheit eine Einrichtung zum Abschalten der den PSB-Decoder steuernden Funktion aufweist, die z.B. von einem Benutzer des Steuergeräts wahlfrei bedient werden kann (S. 4 Z. 32 bis 38).
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere den ergänzenden und klarstellenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen , ist der Senat davon überzeugt, daß die deutsche Patentanmeldung 42 02 793 dem einschlägigen Fachmann explizit nur eine Wartestellung offenbart. Dieser hatte auch keine Veranlassung, aus der ausdrücklichen Erwähnung einer eine Wartestellung bzw. Wartestellungsfunktion steuernden Nachricht auf mehrere mögliche Nachrichten und mehrere Wartestellungen zu schließen. Ein Hinweis in dieser Richtung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Ansprüche und der Beschreibung der Patentanmeldung noch aus einer speziellen Interpretation der Fachbegriffe "Nachricht" und "Wartestellungsfunktion". Zwar ist nach Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen das Ein- und Ausschalten des Monitors als Teil der Wartestellungsfunktion anzusehen und in den Unteransprüchen 9 und 10 auch ausdrücklich erwähnt. Mehrere Zustände seien auch denkbar, etwa bei Benutzung der in dem Ausführungsbeispiel Figur 3 ausdrücklich genannten SYNC-Signale. Zwingend sei dies für den Fachmann aber nicht und auch nicht aus der Patentanmeldung zu entnehmen.
Die Patentanmeldung 42 02 794, die ein Röhrenbildschirmgerät betrifft, und das deutsche Gebrauchsmuster 92 01 166, das eine elektrische Funktionseinheit zum Gegenstand hat, kommen für die Beurteilung der Priorität nicht in Betracht, weil sie ebenfalls nicht dieselbe Erfindung wie das Streitpatent betreffen.
c) Die von der Klägerin allein entgegengehaltene PCT-Anmeldung PCT/US 93/11579 (= WO 94/12929), die am 9. Juni 1994 nach dem Anmeldetag des Streitpatents veröffentlicht worden ist, ist bei der Neuheitsprüfung des Streitpatents als Stand der Technik zu berücksichtigen (Art. 54 Abs. 2 und 3
EPÜ), weil sie wirksam die Priorität der US-Anmeldung 07/984,370 vom 2. Dezember 1992 in Anspruch genommen hat.
Auf Grund der eingehenden Erörterung in der mündlichen Verhandlung sieht der Senat als erwiesen an, daß die PCT/US 93/11579, die ein "Stand-BySystem mit niedrigem Energieverbrauch für einen Monitor" betrifft, alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der verteidigten Fassung des Hauptantrages neuheitsschädlich vorwegnimmt. Diese Druckschrift befaßt sich mit einem Computer, der über eine beliebige Schnittstelle und ein Kabel mit einem Monitor verbunden ist, wobei der Computer horizontale SYNC- (HSYNC) und vertikale SYNC- (VSYNC) sowie Videosignale an den Monitor sendet, um dort ein Bild herzustellen. Bei Bedarf kann der Monitor in unterschiedliche Energieverbrauchszustände (Energiesparzustände) geschaltet werden. Für die Steuerung dieser Zustände werden zunächst die Zeiten der Inaktivität seit der letzten Aktivität des Benutzers gemessen. Die Steuerung erfolgt sodann durch Signale über eine Standardschnittstelle (VGA-Kabel) an den Monitor. Nach dem Ausführungsbeispiel 2 B sind zwei Energiesparzustände vorgesehen. Durch Abschalten von Schaltkreisen wird in einem ersten Schritt (Niveau Zwei der Signalleitung ) der Energieverbrauch des Bildschirms um 80 bis 90 % reduziert und sodann der Verbrauch in einem zweiten Schritt (Niveau Eins) durch weiteres Abschalten mit Ausnahme des Microcontrollers um mehr als 90 % abgesenkt (S. 9 Abs. 1 der Übersetzung).

III.

Patentanspruch 1 des Streitpatents ist auch in den Fassungen der Hilfsanträge 1, 3 a, 3 b und 4 nicht patentfähig.
1. Von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrages unterscheidet sich Hilfsantrag 1 lediglich durch folgenden (markierten) Zusatz zu Merkmal 2.2.3.1: "wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst in einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt , der ein Abschaltzustand sein kann".
Hilfsantrag 1 enthält damit keine Beschränkung des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 gegenüber der Fassung des Hauptantrages. Vielmehr wird der zweite Energiesparzustand nur erläuternd in einer Form beschrieben, die den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zufolge in Merkmal 2.2.3.1 der verteidigten Fassung enthalten ist. Wie bereits oben ausgeführt, versteht der einschlägige Fachmann das Abschalten des Monitors als Grenzfall des Energiesparzustandes. Entscheidend kommt hinzu, daß die Erläuterung lediglich eine mögliche Ausführungsform beschreibt, die wiederum nicht ausschließt , daß der weite Zustand auch ein bloßer Stand-By-Zustand und damit eine zweite Wartestellung sein kann. Damit gelten für die rechtliche Bewertung die gleichen Grundsätze wie für den Hauptantrag, von dem sich der erste Hilfsantrag insoweit sachlich nicht unterscheidet.
2. Nach Hilfsantrag 3 a erhält Merkmal 2.2.3 folgende Fassung:
"und die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine von der Funktion der Standardschnittstelle (SS) unabhängige kodierte Nachricht erzeugt , übertragen und ausgewertet wird, wobei zur Auswer-
tung der an den Monitor (M) übertragenen Nachricht der Monitor (M) einen Decoder (PSB-DC) aufweist, der durch vollständigen oder teilweisen Entzug der SYNC-Signale aktiviert wird".
Es kann dahinstehen, ob diese Ergänzung des Merkmals mangels Bestimmtheit unzulässig ist. Jedenfalls ist Patentanspruch 1 in dieser beanspruchten Fassung nicht offenbart. Zwar wird in der Beschreibung des Streitpatents (Sp. 5 Z. 6 bis 14) und der internationalen Anmeldung PCT/DE 93/00056 (S. 6 Z. 19 bis 25) ein Monitor dargestellt, der einen "Power-StandBy" -Decoder (PSB-DC) aufweist. Dieser soll zum einen in der Lage sein, aus den übertragenen Signalen eine für die Steuerung des Energiesparzustandes maßgebende Nachricht PSB herauszufiltern. Zum anderen soll er durch vollständiges oder teilweises Abschalten der SYNC-Signale dazu veranlaßt werden können, einen "Power-Stand-By"-Zustand zu aktivieren. Nicht offenbart ist hingegen , daß zur Steuerung der Energiesparzustände eine von der Funktion der Standardschnittstelle unabhängige kodierte Nachricht erzeugt werden soll und daß der Decoder durch vollständigen oder teilweisen Entzug der SYNC-Signale aktiviert werden soll.
3. Hilfsantrag 3 b ergänzt Merkmale 2.2.3 und 2.2.3.1 wie folgt: "und die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht in Form von vollständigem oder teilweisem Entzug der SYNC-Signale erzeugt, von der Funktion der Standardschnittstelle (SS) unabhängig übertragen und ausgewertet wird, wobei zur Aus-
wertung der an den Monitor (M) übertragenen Nachricht der Monitor (M) einen Decoder (PSB-DC) aufweist 2.2.3.1. und infolge der Nachricht das Röhrenbildschirmgerät zunächst in einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt in einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand steuert".
Der Hilfsantrag ist zulässig. Patentanspruch 1 in der Fassung dieses Hilfsantrages ist in der Streitpatentschrift (Sp. 5 Z. 6 bis 14) und in der internationalen Anmeldung PCT/DE 93/00056 (S. 6 Z. 19 bis 25) offenbart. Danach kann die kodierte Nachricht, welche die beiden Energiesparzustände steuert, in Form von vollständigem oder teilweisem Entzug der SYNC-Signale erzeugt, von der Funktion der Standardschnittstelle unabhängig übertragen und von einem PSB-Decoder des Monitors mit der Folge ausgewertet werden, daß das Röhrenbildschirmgerät zunächst in einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt in einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand gesteuert wird. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags 3 b ist aber ebenfalls nicht neu. Auch er kann die Priorität der deutschen Patentanmeldung 42 02 793 nicht in Anspruch nehmen, weil durch ihn - anders als in der Patentanmeldung - zwei Energiesparzustände beansprucht werden. Neuheitsschädlich steht damit auch ihm die internationale Anmeldung PCT/US 93/11579 entgegen. Wie bereits oben dargestellt, offenbart diese ein System für einen Universalrechner, welcher mit Hilfe der SYNC-Signale dem Monitor signalisiert , verschiedene Zustände anzunehmen, wobei in einem Ausführungsbeispiel zwei Sparzustände genannt werden (S. 9 Abs. 1 der Übersetzung). Das System umfaßt Zeitmeßmittel zur Messung von Perioden der Inaktivität sowie
"Mittel zum Abschalten der Synchronisation für die Unterbrechung von wenigstens einem der beiden Signale HSYNC und VSYNC zum Monitor in Abhängigkeit der Überlaufzustände der Zeitmeßmittel" (S. 3 Abs. 2 der Übersetzung). Bei einer bevorzugten Ausführungsform wird geschildert, daß das Signal zum Bildschirm auf der Unterbrechung eines der beiden HSYNC- oder VSYNC-Signale basiert (S. 6 Abs. 1 der Übersetzung). Damit nimmt diese Druckschrift die mit Hilfsantrag 3 b beanspruchten Merkmale vorweg. Auf mögliche Bedenken gegenüber dem in dieser Fassung des Anspruchs enthaltenen Merkmal, "von der Standardschnittstelle unabhängig", auf dessen Aufnahme die Beklagte hilfsweise verzichtet hat, kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.
4. Nach Hilfsantrag 4 wird der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags durch Merkmal 3 in folgender Fassung ergänzt:
"wobei die Nachricht zur Steuerung des Energiesparzustandes des Monitors (M) in kodierter Form auf den Leitungsverbindungen für das Videosignal (VS) und für die beiden Synchronisiersignale (HSYNC und VSYNC) der Standardschnittstelle (SS) übertragen wird."
Mit diesem Hilfsantrag wird eine spezielle Übertragungsart zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gemacht. Dieser Gegenstand ist jedenfalls in Figur 1 der Streitpatentschrift und in Figur 3 der internationalen Anmeldung PCT/DE 93/00056 offenbart. Da auch hier zwei Energiesparzustände beansprucht werden, kann er ebenfalls die Priorität der deutschen Patentanmeldung 42 02 793 nicht für sich in Anspruch nehmen. Auch dieser Fassung des Patentanspruchs 1 steht die internationale Anmeldung PCT/US 93/11579 neuheitsschädlich entgegen. Diese bereits genannte Druck-
schrift schildert ein Stand-By-System mit niedrigem Energieverbrauch für einen Monitor, bei dem die Nachricht zur Steuerung der Energiesparzustände des Monitors über die Leitungsverbindungen für das Videosignal und für die SYNCSignale der Standardschnittstelle übertragen werden können (S. 10 der Übersetzung und Fig. 3).

IV.


Bestand hat Patentanspruch 1 des Streitpatents hingegen in der Fassung des 5. Hilfsantrages, bei dem der Fassung des Hauptantrages die weiteren Merkmale 3 und 4 mit folgendem Wortlaut angefügt sind:
"3. wobei die elektrische Funktionseinheit eine Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) aufweist
4. und die Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) durch einen Benutzer des Steuergerätes (PC) wahlfrei bedienbar ist."
Diese Fassung beschränkt den Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch kumulative Aufnahme der in den Patentansprüchen 2 und 3 der erteilten Fassung beanspruchten Ausführungsbeispiele. Danach soll die Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Monitors steuernden Nachricht mit einer Einrichtung des Computers abgeschaltet (Merkmal 3) und ferner dem Benutzer die Möglichkeit eröffnet werden, die Einrichtung zum Abschalten
wahlfrei zu bedienen. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in dieser Fas- sung ist auch nicht unzulässig gegenüber der PCT-Anmeldung 93/00056 erweitert , weil der Gegenstand der Unteransprüche 2 und 3 der erteilten Fassung in den Unteransprüchen 9 und 10 der ursprünglichen Fassung enthalten und in der Anmeldung (S. 6 Z. 24 ff.) beschrieben ist. In der Fassung des Hilfsantrages 5 kann Patentanspruch 1 ebenso wie die erteilte Fassung des Streitpatents die Priorität der deutschen Anmeldung 42 02 793 nicht für sich in Anspruch nehmen, weil anders als bei dieser zwei Energiesparzustände vorgesehen sind. Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrages 5 ist aber gegenüber der bereits erwähnten internationalen Anmeldung PCT/US 93/11579 neu (Art. 52 EPÜ). Diese Druckschrift schildert alternative Ausführungsbeispiele, die es dem Benutzer erlauben, die Steueroperation über Befehlsschritte, wie z.B. Menüs, Dialogboxen oder Kommandozeilen zu steuern. Solche Steuerungen können das bewußte Abschalten der Bildschirmenergie durch Drücken einer "Spezialtaste", durch Eingabe einer Kommandozeile oder eines anderen Programmschnittstellenschritts , einschließen. Andere Eigenschaften können dem Benutzer erlauben, die Ruhezeit, die benötigt wird, um das Bildschirmenergieemanagement (MPM) auszulösen, zu verändern und die MPM-Überwachung ein- oder auszuschalten. Die internationale Anmeldung offenbart damit zwar Mittel, auf die Zeitdauer einzuwirken, die Ruhezeit, die benötigt wird, um das Bildschirmenergiemanagement auszulösen, zu verändern, sowie Mittel, um die MPM-Überwachung ein- und auszuschalten. Die Druckschrift enthält aber keinen Hinweis dahin, das den Energiezustand im Monitor steuernde Signal bei seinem Entstehen durch Einrichtungen in der elektrischen Funktionseinheit abzuschalten und die Einrichtung hierfür durch den Benutzer wahlfrei bedienbar zu machen.
Patentanspruch 1 in der vorliegenden Fassung beruht auch auf erfinderi- scher Tätigkeit (Art. 56 EPÜ). Das Patentamt und das Bundespatentgericht haben dies festgestellt. Entgegenstehenden Stand der Technik haben die Parteien nicht in das Verfahren eingeführt.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, 110 Abs. 3 PatG.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 133/05 Verkündet am:
12. Mai 2009
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Scharen und die Richter
Dr. Lemke, Asendorf, Gröning und Dr. Berger

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 6. April 2005 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Das europäische Patent 0 413 129 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit seine Patentansprüche 1 und 4 über folgende Fassungen hinausgehen: "1. Verfahren zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie, wobei das zu entsorgende Medium von mehreren Anfallsorten aus über Rohrleitungen (3, 5, 6) zu einem tieferliegenden Sammeltank (7) transportiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über eine Hochleitung (3) zu einem über dem Niveau der Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4) gepumpt wird, von wo aus es kontinuierlich oder diskontinuierlich über ein geschlossenes Rohrleitungssystem (5, 6) zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) weitergeleitet wird.
4. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit Rohrleitungen (3, 5, 6), die zum Transport des zu entsorgenden Mediums von mehreren Anfallsorten aus zu einem tieferliegenden Sammeltank (7) führen, gekennzeichnet durch einen oder mehrere über dem Niveau der Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4), die über den Anfallsorten (1) angeordnet sind, und die jeweils über eine Hochleitung (3) mit dem jeweiligen Anfallsort (1) verbunden sind, und durch ein sich an den oder die Einlaufhochbehälter (4) anschließendes Rohrleitungssystem (5, 6), das als geschlossenes Rohrleitungssystem zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) führt." und wobei die weiteren Patentansprüche nach Maßgabe der erteilten Fassung auf die Patentansprüche 1 und 4 in der vorstehenden Fassung rückbezogen sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 413 129 (Streitpatents ), das am 10. Juli 1990 unter Inanspruchnahme der Priorität vom 12. August 1989 angemeldet worden ist, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen betrifft und 3 Verfahrens - sowie 10 Vorrichtungsansprüche umfasst. Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 4 lauten: "1. Verfahren zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie, wobei das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über Rohrleitungen (3, 5, 6) zu einem tieferliegenden Sammeltank (7) transportiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über eine Hochleitung (3) zu einem über dem Niveau der Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4) gepumpt wird, von wo aus es kontinuierlich oder diskontinuierlich über ein geschlossenes Rohrleitungssystem (5, 6) zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) weitergeleitet wird.
4. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit Rohrleitungen (3, 5, 6), die zum Transport des zu entsorgenden Mediums von dem jeweiligen Anfallsort aus zu einem tieferliegenden Sammeltank (7) führen, gekennzeichnet durch einen oder mehrere über dem Niveau der

Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4), der über dem oder den Anfallsorten (1) angeordnet sind, und die jeweils über eine Hochleitung (3) mit dem jeweiligen Anfallsort (1) verbunden sind, und durch ein sich an den oder die Einlaufhochbehälter (4) anschließendes Rohrleitungssystem (5, 6), das zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) führt."
2
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Streitpatent sei nicht patentfähig. Hierzu hat sie sich auf H. Reber, Richtungsweisende Reinigungssysteme für Ziehemulsionen, Draht 35 (1984) 10, S. 541 f (E 1), E. Sonnenberg, Automatisches Kühlschmierstoff-Behandlungssystem für Werkzeugmaschinen, TZ für Metallbearbeitung (1984), Heft 7, S. 46, 48 (E 2), Sauberer Kühlschmierstoff , Gespräch mit Dipl.-Ing. H. Knobloch, Industrieanzeiger 33/1987, S. 30, 31 (E 3), M. Düsterhöft, Entsorgen von oben durch Rohre, Maschinenmarkt 92 (1986), 30, S. 26 - 29 (E 4), E. Kuntze, Neuere Tendenzen im Bereich der Abwasserableitung , gwf wasser/abwasser, 133 (1972) Heft 2, S. 70 - 77 (E 5) und den Bericht über die Internationale Drahtausstellung Basel, Reinigungs- und Kühlanlagen, Draht 29 (1978) 10, S. 615 - 616 (E 6), bezogen.
3
Die Klägerin hat beantragt, das europäische Patent 0 413 129 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
4
Die Beklagte hat beantragt,
5
die Klage abzuweisen.

6
Sie hat die Lehren des Streitpatents für patentfähig gehalten und das Streitpatents hilfsweise in einer beschränkten Fassung verteidigt.
7
Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen.
8
Mit der Berufung wiederholt und ergänzt die Klägerin ihr Vorbringen, für das sie sich insbesondere auf die US-Patentschriften 3 594 825 (E 7) und 4 406 300 (E 8) sowie zahlreiche weitere Literatur bezieht (Anlagen E 10 - E 13, BB 1 - BB 15).
9
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
10
Die Beklagte hat die Patentansprüche 1 und 4 des Streitpatents zuletzt in folgender Fassung verteidigt (Änderungen fett): "1. Verfahren zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie, wobei das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über Rohrleitungen (3, 5, 6) zu einem tieferliegenden Sammeltank (7) transportiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass das zu entsorgende Medium von mehreren Anfallsorten aus über eine Hochleitung (3) zu einem über dem Niveau der Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4) gepumpt wird, von wo aus es kontinu- ierlich oder diskontinuierlich über ein geschlossenes Rohrleitungssystem (5, 6) zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) weitergeleitet wird.
4. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit Rohrleitungen (3, 5, 6), die zum Transport des zu entsorgenden Mediums von dem jeweiligen Anfallsort aus zu einem tieferliegenden Sammeltank (7) führen, gekennzeichnet durch einen oder mehrere über dem Niveau der Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4), der über dem oder den Anfallsorten (1) angeordnet sind, und die jeweils über eine Hochleitung (3) mit dem jeweiligen Anfallsort (1) verbunden sind, und durch ein sich an den oder die Einlaufhochbehälter (4) anschließendes Rohrleitungssystem (5, 6), das als geschlossenes Rohrleitungssystem zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) führt."
11
Hilfsweise verteidigt sie Patentanspruch 1 in folgender Fassung (Änderungen kursiv): "1. Verfahren zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie, wobei das zu entsorgende Medium von mehreren Anfallsorten aus über Rohrleitungen (3, 5, 6) zu einem tieferliegenden Sammeltank (7) transportiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über eine Hochleitung (3) zu einem über dem Niveau der Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4) gepumpt wird, von wo aus es kontinuierlich oder diskontinuierlich über ein geschlossenes Rohrleitungssystem , dabei zumindest zeitweise mit dem zu entsorgenden Medium vollständig gefülltes Rohrleitungssystem (5, 6) zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) weitergeleitet wird."
12
Sie beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit mit ihr die Nichtigerklärung des Streitpatents in seiner mit dem Haupt- und Hilfsantrag verteidigten Fassung begehrt wird.
13
Der Senat hat ein schriftliches Gutachten von Professor Dr.-Ing. G. , Fachgebiet Strömungsmaschinen der Technischen Universität K. , eingeholt , das der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat ein Gutachten von Professor Dr.-Ing. M. , RWTH Aachen, vom 3. Mai 2006 vorgelegt (Anlage BB 16).

Entscheidungsgründe:


14
Auf die zulässige Berufung ist das Streitpatent in dem Umfang, in dem es nicht mehr verteidigt wird, für nichtig zu erklären (st. Rspr., vgl. nur Sen.Urt. v. 14.9.2004 - X ZR 149/01, GRUR 2005, 143, 146 - elektronisches Modul). Im Übrigen bleibt die Berufung ohne Erfolg, da der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht vorliegt.

15
I. 1. Das Streitpatent legt dar, dass bei der Bearbeitung von Werkstoffen durch Werkzeugmaschinen Kühl-, Schleif- und Bohrmittel sowie -öle verwendet werden. Diese Medien, die nach ihrer Verwendung häufig Produktionsrückstände enthalten, müssen entsorgt werden. Für diesen Zweck waren nach den Angaben der Beschreibung am Prioritätstag offene Entsorgungsrinnen oder geschlossene Entsorgungsleitungen im Boden bekannt, die mit einem entsprechende Gefälle verlegt sein müssen und deshalb in einen tieferliegenden Sammeltank , der meist im Keller aufgestellt ist, münden. Hieran kritisiert das Streitpatent einen relativ hohen Platzbedarf sowie das Erfordernis von Verlegearbeiten im Boden. Aus Platzgründen sei meist nur ein flaches Gefälle möglich, wodurch sich eine geringe Fließgeschwindigkeit ergebe, die zu Schmutzablagerungen durch Sedimentierung führe und durch zusätzliche Maßnahmen wie Spüldüsen und dergleichen ausgeglichen werden müsse. An der Verwendung von offenen Rinnen kritisiert das Streitpatent ferner die Gefahr des Überlaufens. An der Verwendung geschlossener Rohre wird als nachteilig angesehen, dass sie nur zu etwa 50 % gefüllt werden könnten, da stets ein entsprechender Luftraum vorhanden sein müsse. Schließlich ergäben sich bei den genannten Einrichtungen Probleme bei betriebsinternen Umstellungen, durch Bodenkanäle würden auch die Produktionsflächen eingeengt (Sp. 1, Z. 3 - 44).
16
2. Dem soll durch die patentierte Lehre abgeholfen und ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Entsorgen von flüssigen Medien bereitgestellt werden , das bei einfachem Aufbau und geringem Platzbedarf eine gute und problemlose Entsorgung ermöglicht (Sp. 1, Z. 45 - 49).

17
Erreicht wird dies nach Patentanspruch 1 in der zuletzt verteidigten Fassung mit einem Verfahren zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie, mit welchem das zu entsorgende Medium von mehreren Anfallsorten aus über Rohrleitungen zu einem tieferliegenden Sammeltank transportiert wird, bestehend aus folgenden Verfahrensschritten: 1. Das zu entsorgende Medium wird von den mehreren Anfallsorten aus einem Zulaufbehälter über eine Hochleitung zu einem Einlaufhochbehälter (nachfolgend als Zwischenbehälter bezeichnet ) gepumpt, der über dem Niveau der Zulaufbehälter liegt; 2. vom Zwischenbehälter wird das zu entsorgende Medium kontinuierlich oder diskontinuierlich über ein geschlossenes Rohrleitungssystem zu dem Sammeltank weitergeleitet, der annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter oder darunter liegt, und einer Vorrichtung nach Patentanspruch 4 zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 1, die wie folgt ausgebildet ist: 1. Die Vorrichtung zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie verfügt über
a) Zulaufbehälter,
b) Hochleitungen,
c) einen oder mehrere Zwischenbehälter,
d) ein geschlossenes Rohrleitungssystem und
e) einen Sammeltank. 2. Der oder die Zwischenbehälter wird/werden an den Anfallsorten für das Medium über dem Niveau der Zulaufbehälter angeordnet. 3. Zulauf- und Zwischenbehälter sind durch Hochleitungen miteinander verbunden. 4. Das geschlossene Rohrleitungssystem schließt sich an den Zwischenbehälter an und führt zu dem Sammeltank. 5. Der Sammeltank wird auf dem Niveau der jeweiligen Zulaufbehälter oder darunter liegend angeordnet.
18
3. Wie der gerichtliche Sachverständige dargelegt hat, trägt die Lehre des Streitpatents dem Umstand Rechnung und löst die Probleme, die sich daraus ergeben haben, dass Produktionsgeschwindigkeiten und Maschinendichte in Werkshallen zugenommen haben, wodurch einerseits die Mengen an Hilfsflüssigkeiten für Werkzeugmaschinen und der Anfall von Feststoffen in den für ihren Betrieb erforderlichen Hilfsflüssigkeiten zugenommen haben, andererseits größere Produktionshallen gebaut werden, in denen Flurfahrzeuge zum Einsatz kommen, mit denen die Werkstücke zu den Maschinen transportiert werden, so dass der Boden der Werkshallen gut befahrbar sein muss. Dabei stören Rohre und Kanäle im Boden, weil sie die Flächennutzung einschränken und Bauarbeiten am Boden erforderlich machen, wenn vorhandene Maschinen umgesetzt oder neue Maschinen aufgestellt werden sollen.
19
Zur Lösung dieser Probleme lehrt das Streitpatent, die Entsorgung der genannten Medien nicht mehr durch ein im Boden liegendes Abwassersystem vorzunehmen, sondern das betreffende Medium von der im Streitpatent als Zu- laufbehälter bezeichneten Auffangwannen der Produktionsmaschinen über eine Hochleitung in einen oder mehrere Zwischenbehälter zu pumpen, durch deren räumliche Anordnung über den Zulaufbehältern und damit deren Hochlage das "geodätische Gefälle" oder die "geodätische Fallhöhe" (Sp. 7, Z. 14) zum Weitertransport des Mediums zum Sammelbehälter ausgenutzt wird. Unter geodätischem Gefälle oder geodätischer Fallhöhe versteht das Streitpatent den Höhenunterschied zwischen Zwischenbehälter(n) und Sammeltank, durch den bei Verwendung eines geschlossenen Rohrleitungssystems, dessen Dimensionierung der Fachmann auf das Volumen des Zwischenbehälters abstimmt, eine hohe Strömungsgeschwindigkeit erzeugt wird, die - wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung eingehend dargelegt hat - nicht allein von dem Höhenunterschied zwischen dem Zwischenbehälter und dem Sammeltank abhängt, sondern auch von dem durch die Menge an zu entsorgendem Medium, das sich über dem an den Zwischenbehälter angeschlossenen Rohrleitungssystem vor dem Weitertransport zum Sammeltank ansammelt, erzeugten hydrostatischen Druck. Mittels der hierdurch erreichten hohen Strömungsgeschwindigkeit beim Weitertransport des Mediums durch das geschlossene Rohrleitungssystem werden Ablagerungen insbesondere von in dem flüssigen Medium enthaltenen Produktionsrückständen an den Innenwänden der Rohrleitungen verhindert oder zumindest vermindert.
20
Die weitere Angabe in Patentanspruch 1, dass der Weitertransport des in den oder die Zwischenbehälter eingeleiteten und zu entsorgenden Mediums kontinuierlich oder diskontinuierlich erfolgt, weist den Fachmann darauf hin, dass er bei der Auslegung von Zwischenbehälter und geschlossenem Rohrleitungssystem auf den Umstand Rücksicht zu nehmen hat, dass die Menge des aus dem oder den Zwischenbehältern zum Sammeltank weiterzutransportierenden Mediums schwanken kann, zum Beispiel dann, wenn nicht alle an das System angeschlossenen Maschinen zum Einsatz kommen, so dass der zur Erzielung der gewünschten Strömungsgeschwindigkeit von der Menge des im Zwischenbehälter gesammelten Mediums gering wird oder das geschlossene Rohrleitungssystem leerzulaufen droht. Für diesen Fall bietet die Unterbrechung des Transportweges für das zu entsorgende Medium durch den Zwischenbehälter die Möglichkeit einer diskontinuierlichen Führung des Verfahrens , indem - etwa mittels eines Absperrventils, das in das geschlossene Rohrleitungssystem geschaltet wird - der kontinuierliche Weitertransport des Mediums vom Zwischenbehälter zum Sammelbehälter unterbrochen, der Zwischenbehälter mit zu entsorgendem Medium aufgefüllt und sodann der Weitertransport des Mediums mit der gewünschten Strömungsgeschwindigkeit wieder aufgenommen wird.
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Daraus folgt, dass mit der Angabe "kontinuierlich oder diskontinuierlich" in Patentanspruch 1 nicht zwei Verfahren der Weiterleitung des zu entsorgenden Mediums (im Sinne von Nebenansprüchen) beansprucht und geschützt sind, sondern ein und dasselbe Verfahren, bei dem infolge der Verfahrensführung durch Einschaltung des Zwischenbehälters je nach Anfall von zu entsorgendem Medium eine Umschaltung von kontinuierlichem zu diskontinuierlichem Betrieb und umgekehrt stattfindet. Die vorrichtungsmäßig hierfür erforderlichen Mittel gibt das Streitpatent dem nacharbeitenden Fachmann an die Hand, nämlich die Zwischenschaltung des Zwischenbehälters in den Transportweg des zu entsorgenden Mediums von den Auffangwannen an den Maschinen zum Sammeltank , die Verwendung einer Pumpe und einer Hochleitung für den Transport des Mediums von den Maschinen zum Zwischenbehälter und die Weiterleitung des Mediums vom Zwischenbehälter zum Sammelbehälter mittels eines geschlossenen Rohrleitungssystems sowie die Höhenlagen der verschiedenen Behälter (Patentanspruch 4), die gegebenenfalls erforderliche Anordnung eines Funktionsabsperrschiebers in dem geschlossenen Rohrleitungssystem (Patentanspruch
6) oder die Ausstattung des Zwischenbehälters mit Niveaueinrichtungen (Patentanspruch 7).
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Dabei kann das Entsorgungsverfahren sowohl mit geschlossenen als auch mit offenen Zwischenbehältern durchgeführt werden, wobei eine Ausbildung des Zwischenbehälters, bei der dieser mit der umgebenden Atmosphäre in Verbindung steht, nach den Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen für den Fachmann das Mittel der Wahl ist, da hierdurch verhindert wird, dass beim Weitertransport des Mediums vom Zwischenbehälter zum Sammelbehälter in dem insoweit geschlossenen System ein (Teil-)Vakuum entsteht.
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II. Die Beklagte verteidigt Patentanspruch 1 mit der Beschränkung auf den Abtransport des Mediums von mehreren Anfallsorten in zulässiger Weise. Mit der Ersetzung der Angabe "von dem jeweiligen Anfallsort" durch die Angabe "von mehreren Anfallsorten" wird lediglich ausgeschlossen, dass auch solche Verfahren erfasst werden, bei denen lediglich das an einer einzelnen Maschine anfallende Medium entsorgt wird. Angesichts dessen versteht der Senat die Patentanspruch 4 betreffende Verteidigung ebenfalls dahin, dass auch dieser Anspruch mehrere Anfallsorte voraussetzt. Ferner wird durch die nähere Charakterisierung des in Patentanspruch 4 angesprochenen Rohrleitungssystems als geschlossen lediglich klargestellt, dass es sich bei dem in Patentanspruch 4 angesprochenen Rohrleitungssystem um das geschlossene Rohrleitungssystem nach Patentanspruch 1 handelt.
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III. Das sachkundig besetzte Bundespatentgericht hat in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen ausgeführt, dass das Verfahren nach Patentanspruch 1 und die Vorrichtung nach Patentanspruch 4 in dem erstinstanzlich ein- geführten Material nicht in allen seinen Merkmalen beschrieben und mithin neu (Art. 54 EPÜ) ist. Der gerichtliche Sachverständige hat dies ebenso gesehen. Anhaltspunkte, dass dies anders zu beurteilen sei, sind in der mündlichen Verhandlung nicht zu Tage getreten. Die Klägerin hat dies auch nicht mehr geltend gemacht.
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Soweit die Berufung meint, die US-Patentschrift 3 594 825 (E 7) offenbare das Verfahren und die Vorrichtung nach den Patentansprüchen 1 und 4, kann dem nicht gefolgt werden. Die Schrift offenbart eine Toilettenspülung für Campingwagen, Boote und dergleichen Transportmittel mit beengten Raumverhältnissen , in denen eine Toilette mit Wasserspülung und dergleichen Sanitäreinrichtungen untergebracht werden. Dabei wird zwar ein über der Toilette angeordneter Spülkasten mittels einer Pumpe und einer Hochleitung mit bereits benutztem Wasser gefüllt (Fig. 7 Bezugszeichen K, 206, L, E) und so ein Weg aufgezeigt, wie durch Verwendung von Brauchwasser zur Toilettenspülung Wasser und damit Raum für die Bevorratung von Frischwasser und zum Aufbewahren verbrauchten Wassers gespart werden kann. Der Weitertransport des Brauchwassers vom Spülkasten der Toilette zum Sammelbehälter erfolgt jedoch nicht mittels eines geschlossenen Rohrsystems. Dieses ist vielmehr (notwendig) offen, da mit dem Brauchwasser die Toilette gespült wird, so dass der Transportweg des Mediums an dieser Stelle offen ist. Bei der genannten Vorrichtung geht es auch nicht darum, Ablagerungen des Mediums an dem geschlossenen Rohrleitungssystem zu entfernen, sondern an der Stelle, an der das Rohrleitungssystem offen ist, Anlagerungen "anderer Herkunft" wegzuspülen. Mit der Frage, wie Ablagerungen des mit Rückständen belasteten Brauchwassers beim Weitertransport von der Toilette zum Sammelbehälter verhindert werden können, befasst sich die genannte Schrift nicht. Der Transport des belasteten Mediums erfolgt auf für Toilettenspülungen übliche Weise durch ein schlichtes Fallrohr (Fig. 7, Bezugszeichen 40) unter Ausnutzung des geödätischen Gefälles.
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IV. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 4 in der verteidigten Fassung können entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht als dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt und damit als nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhend gewertet werden (Art. 56 EPÜ). Hinreichende Anhaltspunkte, die eine solche Wertung rechtfertigen könnten, sind in der mündlichen Verhandlung nicht zu Tage getreten.
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1. Wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung eingehend dargelegt hat, werden heute Entsorgungsanlagen der hier einschlägigen Art von den Herstellern von Werkzeugmaschinen entwickelt, hergestellt und vertrieben, so dass sie zusammen mit den Werkzeugmaschinen von diesen Herstellern - sozusagen "aus einer Hand" - bezogen werden, wobei typischerweise akademisch ausgebildete Ingenieure der Fachrichtung Maschinenbau mit entsprechender Berufserfahrung mit der Entwicklung solcher Systeme betraut sind. Gegenüber den Verhältnissen zum Prioritätstag liegt jedoch - wie es der gerichtliche Sachverständige ausgedrückt hat - eine "Zeitenwende". Denn am Prioritätstag des Streitpatents lag es in der Hand der in den Produktionsbetrieben , typischerweise mittelständischen Unternehmen, mit der Planung, Organisation und Überwachung der Produktion befassten Beschäftigten, für eine sachgerechte Entsorgung der für den Betrieb von Werkzeugmaschinen erforderlichen Medien Sorge zu tragen und entsprechende Einrichtungen zu planen und ausführen zu lassen. Bei ihnen handelte es sich um in der Produktion eingesetzte und für ihren Ablauf ausgebildete und berufserfahrene Ingenieure und durch Berufserfahrung und Weiterbildung entsprechend qualifizierte Meister, die mit der Planung und Organisation des Produktionsablaufs auch für die sachgerechte Entsorgung der bei der Produktion eingesetzten Medien zu sorgen hatten. Sie verfügten nach den Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen über grundlegende Kenntnisse auf dem Gebiet der Hydraulik und Strömungslehre. Vertiefte Kenntnisse oder Spezialwissen auf dem Gebiet der Hydraulik und Strömungslehre waren ihnen nicht zur Hand und wurden von ihnen nicht erwartet, wohl aber, dass sie sich für die Planung und Ausführung der erforderlichen Entsorgungsanlagen nach bereits realisierten oder vorgeschlagenen Lösungen umsahen und diese in ihre Planungs- und Entwicklungsarbeit einbezogen.
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2. Die Auslegung der Patentansprüche 1 und 4 ergibt, dass der wesentliche Gedanke der vom Streitpatent gefundenen Lösung in dem Vorschlag liegt, den Transportweg des zu entsorgenden Mediums vom Anfallsort zum Sammelbehälter durch einen Zwischenbehälter zu unterbrechen, in dem das Medium so gesammelt wird, dass es vor der - kontinuierlichen oder diskontinuierlichen - Weiterleitung in so ausreichenden Mengen zur Verfügung steht, dass der Weitertransport zum Sammelbehälter mittels des geschlossenen Rohrleitungssystems durch die erstrebte große Strömungsgeschwindigkeit erfolgt, so dass Ablagerungen an dem Rohrleitungssystem nicht auftreten oder zumindest weitestgehend vermieden werden. In gleicher Weise hat es das sachkundig besetzte Bundespatentgericht als für die Lehre des Streitpatent ausschlaggebend angesehen , dass das zu entsorgende Medium vom Zwischenbehälter über ein geschlossenes Rohrleitungssystem zu dem Sammeltank weitergeleitet wird, weil dadurch das Gefälle zwischen dem über dem Niveau der Zulaufbehälter (Anfallsorte ) liegenden Hochbehälter und dem auf oder unter dem Niveau der Anfallsorte liegenden Sammeltank genutzt wird, um eine hinreichend starke Strömung im Rohrleitungssystem zu erreichen, welche ein Mitreißen von Feststoffanteilen sicherstelle und so ein Ansammeln von Ablagerungen wirkungsvoll verhindere. Der gerichtliche Sachverständige hat dies in seinem schriftlichen Gutachten und in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
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Für diesen Effekt ist die Unterbrechung des Transportweges zwischen den Anfallsorten und dem Sammelbehälter erforderlich, damit in dem Zwischenbehälter eine für das weitere Verfahren hinreichende Menge an zu transportierendem Medium bereitgehalten wird. Nur so kann das geschlossene Rohrleitungssystem mit Medium gefüllt sein, und - kontinuierlich oder diskontinuierlich - für den Weitertransport eine hohe Strömungsgeschwindigkeit unter Ausnutzung des geodätischen Gefälles sicherstellen. Um dieses ausnutzen zu können, muss der Zwischenbehälter auf höherem Niveau als der Sammelbehälter angeordnet werden, was bedingt, dass das an den Maschinen anfallende Medium mittels einer Pumpe und einer Hochleitung zu dem oder den Zwischenbehältern gepumpt wird, um dort für den Weitertransport zur Verfügung zu stehen.
30
Hinreichende Anhaltspunkte, dass ein solches Verfahren und eine solche Vorrichtung der Fachwelt am Prioritätstag durch den Stand der Technik als nahegelegt zu werten seien, hat die mündliche Verhandlung nicht ergeben.
31
a) Am Prioritätstag waren zwar, wie die Klägerin dargelegt hat, Entsorgungssysteme bekannt, bei denen an Maschinen zur spanabhebenden Bearbeitung von Werkstoffen anfallende und mit Produktionsrückständen verunreinigte Kühl- und Schmiermedien "über Kopf" entsorgt und zu einem Sammeltank transportiert wurden. So zeigt der Aufsatz von H. Reber, Richtungsweisende Reinigungssysteme für Ziehemulsionen, Draht 35 (1984) 10, S. 541 f (E 1), in Bild 3 (vergrößerte Wiedergabe in Anlage E 1.1) eine Filteranlage für derartige Medien, bei der das Medium von den Maschinen mittels Pumpen und einer Hochleitung in eine Sammelleitung transportiert wird, von der das unter dem Druck der Pumpen stehende Medium zu einem Sammeltank mit Filteranlage weitertransportiert wird. Eine solche Ausbildung zeigt auch der Aufsatz von M. Düsterhöft, Entsorgen von oben durch Rohre, Maschinenmarkt 92 (1986), 30, S. 26 - 29 (E 4), mit Bild 3 (S. 28), das eine Aufbereitungsanlage für die genannten Medien darstellt, bei der an den Anfallsorten eine pneumatische Absaugung von Spänen erfolgt und wobei das Medium über eine Hochleitung in eine Sammelleitung befördert und sodann der Sammel- und Aufbereitungsanlage für das Medium zugeführt wird. Deshalb ist davon auszugehen, dass das Prinzip, durch "über-Kopf"-Entsorgung der verbrauchten Medien zur Behebung der mit einer Verlegung der Transportmittel im Boden von Werkshallen verbundenen Nachteile bekannt war. Dies schließt ein, dass bei einer "über-Kopf"Entsorgung des Mediums dieses durch eine Pumpe und eine Hochleitung auf diejenige Höhe zu transportieren ist, von der aus der Weitertransport zum Sammeltank stattfindet.
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Aus den beiden genannten Schriften ist jedoch - worauf auch der gerichtliche Sachverständige hingewiesen hat - zu ersehen, dass für eine solche "über-Kopf"-Entsorgung eine durchgehende und nicht von einem Zwischenbehälter unterbrochene Leitung vom Anfallsort bis zum Sammelbehälter vorgesehen worden ist. Eine Anregung, die durchgehend geschlossene Transportleitung durch einen Zwischenbehälter zu unterbrechen und den Weitertransport des Mediums nicht mittels des von der Pumpe ausgehenden Drucks durchzuführen , sondern von ihm zu entkoppeln und für den Weitertransport (allein) das geodätische Gefälle und den Druck des im Zwischenbehälter gesammelten Mediums zu nutzen, hat die Fachwelt aus diesen Schriften nicht erhalten. Die in den Entgegenhaltungen gezeigte durchgehend geschlossene Transportleitung hat vielmehr, wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gut- achten dargelegt hat (S. 24), die Fachwelt in ihrer Neigung bestätigt, die Druckleitung von der Pumpe bis zum Zielort, nämlich den Sammelbehälter, durchgehend zu führen, um den Pumpendruck voll auszunutzen. Gleiches gilt für die Publikationen von Dipl.-Ing. H. Knobloch, Sauberer Kühlschmierstoff (E 3) und die Publikation von E. Kuntze, Neuere Tendenzen im Bereich der Abwassereinleitung (E 6), in der darauf hingewiesen wird, dass die Anzahl der jeweils den Förderdruck erzeugenden Aggregate den Druck innerhalb des Entwässerungssystems bestimmt und damit zugleich die Fließgeschwindigkeit im Netz (S. 71), was voraussetzt, dass das Rohrleitungssystem nicht unterbrochen ist, so dass der von den Aggregaten ausgehende Druck über die gesamte Förderstrecke wirksam ist. Der Bericht über die Internationale Drahtausstellung in Basel (E 6) schließlich zeigt eine Entsorgungsanlage, bei der das von mehreren Werkzeugmaschinen anfallende Medium in einer Schmutzgrube gesammelt und von dieser unmittelbar und ohne Unterbrechung durch einen Zwischenbehälter über eine Hochleitung einem Sammelbehälter zugeführt wird (Bild 2). Auch diese Entgegenhaltungen konnten demzufolge keine Anregung geben, die (insgesamt ) geschlossene Transportleitung durch einen Zwischenbehälter zu unterbrechen , um den Weitertransport des Mediums vom Pumpendruck zu entkoppeln und für den Weitertransport allein das geodätische Gefälle und den Druck des im Zwischenbehälter gesammelten Mediums zu nutzen.
33
Entsprechendes gilt für die in der Publikation von E. Sonnenberg, Automatisches Kühlmittel-Behandlungssystem für Werkzeugmaschinen (E 2) offenbarte Entsorgungsanlage, bei der zwar eine "über-Kopf"-Entsorgung über ein geschlossenes Rohrleitungssystems erfolgt. Der Druck für den Transport des Mediums wird bei dieser Anlage jedoch durch eine Vakuumpumpe erzeugt, was ein insgesamt geschlossenes und demzufolge nicht an irgendeiner Stelle durch einen Zwischenbehälter unterbrochenes System voraussetzt, damit der von der Vakuumpumpe ausgehende Druck nicht aufgehoben wird.
34
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin lassen sich auch der USPatentschrift 3 594 825 keine Anregungen entnehmen, die die Fachwelt in Richtung auf die Lehre des Streitpatents hätten weisen können. Wie bereits ausgeführt (oben unter II), zeigt die Schrift in Fig. 7 mit den zugehörigen Teilen der Beschreibung eine herkömmliche Toilettenspülung alter Art, bei der einem weit über der Toilette angeordneten Spülkasten Wasser über eine Hochleitung zugeführt wird. Die Weiterleitung des Spülwasser erfolgt über einen Transportweg , der offen ist, weil die Toilette gespült wird. Das hochgepumpte Abwasser wird lediglich durch anschließende Ausnutzung des geodätischen Gefälles abgeleitet. Wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, stellen sich bei einer solchen Anlage die Probleme, um deren Lösung es bei der Lehre des Streitpatents geht, nicht, so dass dahingestellt bleiben kann, ob der Fachmann, der sich vor das Problem gestellt sieht, Entsorgungssysteme der hier fraglichen Art zu verbessern, diese Schrift für seine Entwicklungstätigkeit überhaupt heranzieht. Entsprechendes gilt für die US-Patentschrift 4 406 300 (E 8). Dass, wie die Klägerin dargelegt und durch weitere Unterlagen belegt hat, die Ausnutzung des geodätischen Gefälles der Fachwelt seit alters her bekannt war, ist nicht bestritten, führt allein aber nicht zur Lehre des Streitpatents.
35
Das gilt auch für die Verteilung von Kühl- und Schmierstoffen an die Werkzeugmaschinen mittels einer zentralen Kühlmittel-Aufbereitung, wie sie in der Schrift von Gottwein-Reichel, Kühlschmieren (E 15, S. 114, 115) beschrieben und in Bild 91 dargestellt ist. Bei dieser wird das Kühlmittel in einem Behälter angerührt und mittels einer Pumpe und einer Hochleitung einem Hochbehälter für das Kühlmittel zugeführt, der über ein Überlaufrohr verfügt, über das zu viel gefördertes Kühlmittel wieder dem Behälter zugeführt wird, in dem das Kühlmittel angerührt worden ist. Aus dem Hochbehälter wird das Kühlmittel durch eine Leitung den tiefer liegenden Werkzeugmaschinen zugeführt, indem von dieser Kühlmittelleitung Zweigleitungen zu den einzelnen Verbrauchern abgehen. Mit der Frage, wie das mit Produktionsrückständen kontaminierte Kühlmittel von den Werkzeugmaschinen entsorgt wird und wie dies geschehen kann, ohne dass sich Ablagerungen des kontaminierten Mediums im Transportweg des Entsorgungssystems absetzen, befasst sich die Schrift nicht, so dass dies durch die im Stand der Technik bekannten Bodenrinnen oder Hochleitungen ("über-Kopf"-Entsorgung) geschehen kann. Der Offenbarungsgehalt dieser Schrift geht daher nicht über die bereits erörterten Entgegenhaltungen hinaus.
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Die deutsche Offenlegungsschrift 35 16 138 (E 16) betrifft ein Verfahren und eine Einrichtung zur Entsorgung von körnigen Abfallstoffen, insbesondere von Flug- und Schmelzkammeraschen und damit technische Probleme, die - wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat - so weit von den sich auf dem Gebiet des Streitpatents stellenden Problemen abliegen, dass sie Fachleute auf dem hier einschlägigen Gebiet bei ihrer Entwicklungsarbeit nicht heranziehen.
37
Damit waren am Prioritätstag zwar alle Einzelelemente wie Pumpen mit Hochleitungen zum Füllen von Flüssigkeitsbehältern, geschlossene Rohrleitungssysteme zur Ableitung von Flüssigkeiten und die Verwendung von Sammelbehältern zur Entsorgung oder Wiederaufarbeitung von Kühl- und Schmiermitteln für Werkzeugmaschinen als solche und in ihrer Wirkungsweise für den Flüssigkeitsstrom bekannt einschließlich des Prinzips, kontaminierte Flüssigkeit nicht über Entsorgungsleitungen im Boden von Maschinenhallen, sondern "über-Kopf" zu entsorgen. Zum Auffinden der Lehre des Streitpatents mussten jedoch die im Stand der Technik vorgezeichneten Wege, nämlich die Entsorgung durch Rinnen oder Rohre, die im Boden verlegt werden, oder die Entsorgung "über-Kopf" durch Hoch- und anschließende Ableitungen, die durchgängig von den Anfallsorten bis zum Sammelbehälter - sei es durch Druck- oder Vakuumpumpen - mit Druck zum Transport des Mediums beaufschlagt werden, verlassen werden, indem das durchgängige Rohrleitungssystem durch Zwischenschaltung eines Hochbehälters in ein offenes und ein geschlossenes System aufgeteilt werden. Dabei kommt den über den Anfallsorten angeordneten Zwischenbehältern eine mehrfache Funktion zu, nämlich den Weitertransport des Mediums von der Druckbeaufschlagung durch die Pumpe am Anfallsort zu entkoppeln , ein Puffervolumen bereitzustellen, das die Entstehung eines Teilvakuums in dem geschlossenen Rohrleitungssystem verhindert und die Möglichkeit eröffnet, auf diskontinuierlichen Betrieb der Anlage umzuschalten, wenn dies - etwa durch den Betrieb nur eines Teils der an das System angeschlossenen Maschinen - erforderlich ist. Anregungen oder Hinweise aus dem Stand der Technik, ein Entsorgungssystem der hier einschlägigen Art in dieser Weise auszubilden, sind in der mündlichen Verhandlung nicht zu Tage getreten, so dass die Lehre nach den Patentansprüchen 1 und 4 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung nicht als durch den Stand der Technik nahegelegt zu werten ist.
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c) Dem steht - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht entgegen, dass zum Prioritätszeitpunkt das Haushaltswassergesetz in der von der Klägerin für ihre Auffassung herangezogenen Fassung bereits in Kraft getreten war. Dabei kann dahinstehen, ob dieses Gesetz sich überhaupt mit der technischen Ausgestaltung von Entsorgungssystemen der hier fraglichen Art befasst. Denn es schreibt jedenfalls nicht vor, dass derartige Entsorgungssysteme in der pa- tentierten Weise mit Zwischenbehältern auszustatten sind. Die in dem Gesetz aufgestellten allgemeinen Anforderungen an die Sicherheit von Entsorgungsanlagen mögen zwar Veranlassung gegeben haben, vorhandene oder neu geplante Entsorgungssysteme in besonderer Weise auf ihre Sicherheit zu überprüfen und zu entwickeln. Auch daraus ergibt sich aber weder ein Hinweis noch eine irgendwie geartete Anregung zum Auffinden der patentgemäßen Lehre.
39
Eine andere rechtliche Wertung rechtfertigt auch nicht der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung betonte Gesichtspunkt, dass sich flüssige Medien erwärmen, wenn sie wie nach der Lehre des Streitpatents mittels einer Pumpe transportiert werden; dieses gelte es bei den hier betroffenen Schmierund Kühlmittel zu vermeiden, wozu es nahegelegen habe, den Zwischenbehälter im Transportweg zu dem Sammeltank anzuordnen. Wie der gerichtliche Sachverständige dargelegt hat, kann durch die Reibung des flüssigen Mediums an den Rohrinnenwänden zwar eine gewisse und in ihrer Größenordnung zu vernachlässigende Erwärmung auftreten, diese wird aber teils über das Rohrleitungssystem abgeleitet, teils im Sammeltank und vor allem in den ihm nachgeschalteten Aufbereitungssystemen abgebaut. Sollte sie für erheblich gehalten werden, sei das Mittel der Wahl die Anordnung eines Wärmetauschers im Bereich des Sammeltanks.
40
V. Mit den Patentansprüchen 1 und 4 haben auch die auf sie rückbezogenen weiteren Patentansprüche Bestand.

41
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG, § 92 Abs. 2 ZPO, da der Umfang, in dem die Berufung Erfolg hat, als geringfügig zu bewerten ist.
Scharen Lemke Asendorf
Gröning Berger
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 06.04.2005 - 4 Ni 12/04 (EU) -

(1) Die Parteien können die Prozessakten einsehen und sich aus ihnen durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen.

(2) Dritten Personen kann der Vorstand des Gerichts ohne Einwilligung der Parteien die Einsicht der Akten nur gestatten, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.

(3) Werden die Prozessakten elektronisch geführt, gewährt die Geschäftsstelle Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg. Auf besonderen Antrag wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Ein Aktenausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der Akte wird auf besonders zu begründenden Antrag nur übermittelt, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse darlegt. Stehen der Akteneinsicht in der nach Satz 1 vorgesehenen Form wichtige Gründe entgegen, kann die Akteneinsicht in der nach den Sätzen 2 und 3 vorgesehenen Form auch ohne Antrag gewährt werden. Eine Entscheidung über einen Antrag nach Satz 3 ist nicht anfechtbar.

(4) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die zu ihrer Vorbereitung gelieferten Arbeiten sowie die Dokumente, die Abstimmungen betreffen, werden weder vorgelegt noch abschriftlich mitgeteilt.

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Patentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 31 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Patentgericht. Die Einsicht in die Akten von Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents wird nicht gewährt, wenn und soweit der Patentinhaber ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse dartut.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.