Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Aug. 2016 - X ZR 37/16

bei uns veröffentlicht am16.08.2016
vorgehend
Landgericht Saarbrücken, 7 O 202/12, 29.04.2015
Landgericht Saarbrücken, 1 U 56/15, 09.03.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 37/16
vom
16. August 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:160816BXZR37.16.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. August 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Hoffmann, die Richterin Schuster, den Richter Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:
Die Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs und der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung werden auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


1
I. Mit Urteil vom 9. März 2016 hat das Saarländische Oberlandesgericht die Beklagte unter anderem zur Unterlassung und Rechnungslegung verurteilt sowie ihre Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz und eines Bereicherungsausgleichs festgestellt; die Revision hat es nicht zugelassen. Die Beklagte hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
2
Auf Antrag der Klägerin hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs am 13. Juni 2016 eine mit einer Vollstreckungsklausel versehene vollstreckbare Ausfertigung des Berufungsurteils erteilt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der von ihren zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten eingelegten Erinnerung.
3
II. Die gemäß § 732 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung bleibt ohne Erfolg.
4
1. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bundesgerichthofs war für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zuständig, auch wenn eine Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde zum Zeitpunkt der Erteilung der Klausel noch nicht vorlag. Durch die Nichtzulassungsbeschwerde fällt bei dem Revisionsgericht der Rechtsstreit zur Prüfung der Frage an, ob der weitere Rechtmittelzug eröffnet ist. Hierzu werden die Akten des Rechtsstreits dem Revisionsgericht vorgelegt; der Rechtsstreit wird folglich dort anhängig. Für die Beurteilung der Anhängigkeit ist dabei die Sicht der Geschäftsstelle maßgeblich , die mit der Sache bis zur Rücksendung der Akten befasst bleibt, auch wenn die rechtsprechende Tätigkeit des Gerichts bereits abgeschlossen ist (Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 724 Rn. 9 i.V.m. § 706 Rn. 4 mwN). Hierfür sprechen Zweckmäßigkeitsgründe, da nur bei dem Gericht, bei dem sich die Akten befinden, ohne großen Aufwand geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckungsklausel vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 - X ARZ 85/06, NJW-RR 2006, 1575 Rn. 6).
5
2. Die Urkundsbeamtin war nicht gehalten, die Beklagte vor Erteilung der Vollstreckungsklausel anzuhören oder ihr eine vollstreckbare Ausfertigung zuzustellen. Eine fakultative Anhörung ist nur in den Fällen des § 730 ZPO vorgesehen; es sind weder Gründe vorgetragen noch erkennbar, die eine Anhörung erforderlich erscheinen ließen.
6
III. Vor diesem Hintergrund ist auch der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, den die Beklagte allein auf die Unzuständigkeit für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung gestützt hat, zurückzuweisen.
7
IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Hoffmann Schuster
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 29.04.2015 - 7 O 202/12 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 09.03.2016 - 1 U 56/15 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 732 Erinnerung gegen Erteilung der Vollstreckungsklausel


(1) Über Einwendungen des Schuldners, welche die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel betreffen, entscheidet das Gericht, von dessen Geschäftsstelle die Vollstreckungsklausel erteilt ist. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. (2) Das Gericht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 730 Anhörung des Schuldners


In den Fällen des § 726 Abs. 1 und der §§ 727 bis 729 kann der Schuldner vor der Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung gehört werden.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2006 - X ARZ 85/06

bei uns veröffentlicht am 13.06.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ARZ 85/06 vom 13. Juni 2006 in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 724 Abs. 2 Ist der Rechtsstreit aufgrund Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid an das.

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(1) Über Einwendungen des Schuldners, welche die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel betreffen, entscheidet das Gericht, von dessen Geschäftsstelle die Vollstreckungsklausel erteilt ist. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.

(2) Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.

6
Gericht des ersten Rechtszugs ist das Mahngericht, wenn ein Widerspruch nicht eingelegt wird (Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 796 Rdn. 5; § 36 Rdn. 4; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 796 Rdn. 1; OLG Stuttgart aaO). Das Mahnverfahren ist ein dem Streitverfahren vorgelagertes Verfahren zur vereinfachten Erlangung eines Titels; es ist kein gesonderter Rechtszug (BGHZ 103, 20, 26; BGH, Beschl. v. 11.04.1991 - I ARZ 136/91, NJW 1991, 2084). Wird Widerspruch eingelegt und der Rechtsstreit an das Prozessgericht abgegeben, so ist dieses grundsätzlich für das weitere Verfahren, etwa auch für den Erlass eines Vollstreckungsbescheides zuständig (Sen.Beschl. v. 08.10.1997 - X ARZ 1104/97, MDR 1998, 304). Nichts anderes gilt für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids. Gericht des ersten Rechtszugs ist vielmehr auch insoweit das Prozessgericht, bei dem sich ab dem Zeitpunkt, in dem der Rechtsstreit nach erfolgtem Widerspruch oder Einspruch abgegeben worden ist, die Akten befinden und aufzubewahren sind. Das vorlegende Oberlandesgericht weist zu Recht darauf hin, dass hierfür auch Zweckmäßigkeitsgründe sprechen, da nur bei dem Gericht, bei dem sich die Akten befinden, ohne großen Aufwand geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung vorliegen, insbesondere ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Vollstreckungsbescheid noch Bestand hat.

In den Fällen des § 726 Abs. 1 und der §§ 727 bis 729 kann der Schuldner vor der Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung gehört werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)