Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2011 - X ZR 142/08

bei uns veröffentlicht am27.09.2011
vorgehend
Bundespatentgericht, 3 Ni 49/06, 15.07.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 142/08
vom
27. September 2011
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sachverständigenablehnung IV
Lücken oder Unzulänglichkeiten im schriftlichen Gutachten rechtfertigen für sich
allein nicht die Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen wegen Befangenheit.
BGH, Beschluss vom 27. September 2011 - X ZR 142/08 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. September 2011
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Keukenschrijver
, die Richterin Mühlens sowie die Richter Dr. Grabinski und Dr. Bacher

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten zu 1, den Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. K. E. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen , wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Antrag ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
2
Nach § 406 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 42 ZPO kann ein Sachverständiger abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Einen solchen Grund hat die Beklagte zu 1 (nachfolgend: die Beklagte) nicht dargelegt.
3
Sie stützt ihren Ablehnungsantrag im Wesentlichen darauf, dass sich der gerichtliche Sachverständige nicht hinreichend mit ihrem Vorbringen zur Auslegung eines Merkmals des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auseinandergesetzt habe. Sie habe dargelegt, dass das Patentgericht in seinem mit der Berufung angegriffenen Urteil zwar zutreffend ausgeführt habe, dass das Merkmal „Anschnitt“ dem Gießkanal gleichzusetzen sei, der unmittelbar in den Formhohl- raum münde. Zu Unrecht habe das Patentgericht jedoch bei der Prüfung der Neuheit im Hinblick auf die deutsche Offenlegungsschrift 2 263 539 (K 9) angenommen , dass das Ende des Steigrohrs immer noch zum Anschnitt zu zählen sei. Demgegenüber habe sie, die Beklagte, in ihrem Berufungsvorbringen mehrfach erläutert, dass ein Bereich, der außerhalb der Gießform (Kokille) liege, vom Fachmann nicht als Anschnitt verstanden werde. Der Sachverständige habe dies entgegen der Anweisung des Bundesgerichtshofs, sich mit dem Vorbringen der Parteien auseinanderzusetzen, nicht berücksichtigt. Er habe das Merkmal bei dem Neuheitsvergleich mit dem Gebrauchsmuster 91 11 541 (K 6) und der K 9 und bei der erfinderischen Tätigkeit nicht geprüft und sei einseitig zugunsten der Klägerin vorgegangen.
4
Aus dem Vorbringen ergeben sich bei der gebotenen objektiven Betrachtung keine Umstände, die aus Sicht der Beklagten Zweifel an der Unparteilichkeit des gerichtlichen Sachverständigen begründen können. Der gerichtliche Sachverständige hat in seinem Gutachten unter dem Anschnitt den Bereich verstanden, in dem die Schmelze in den Formhohlraum eintritt (Gutachten, S. 6). Das entspricht nicht nur der von der Beklagten in der Berufungsbegründung als zutreffend angesehenen Definition des Patentgerichts, sondern ist von der Beklagten auch in der Begründung ihres hiesigen Ablehnungsantrags als richtig bezeichnet worden. Dass der gerichtliche Sachverständige seine Definition des Merkmals nicht weiter begründet hat, mag als Unzulänglichkeit des Gutachtens angesehen werden. Lücken und Unzulänglichkeiten rechtfertigen jedoch für sich allein nicht die Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen wegen Befangenheit, weil dessen Unparteilichkeit dadurch nicht in Frage gestellt wird (vgl. Senat, Beschluss vom 5. November 2002 - X ZR 178/01, FF 2003, Sonderheft 1, 101; BGH, Beschluss vom 15. März 2005 - VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869, 1870).
5
Nichts anderes gilt für den Umstand, dass es der gerichtliche Sachverständige unterlassen hat, sich bei der Erörterung der Neuheit mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Entgegenhaltungen K 6 und K 9 die Anordnung eines Gießfilters im Anschnitt der Gießform offenbaren, und das Merkmal auch nicht bei der Erörterung der erfinderischen Tätigkeit behandelt hat.
6
Im Übrigen wird die für den 8. Dezember 2011 anberaumte Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 411 Abs. 3 ZPO dem Gericht und den Parteien Gelegenheit geben, eventuelle Unvollständigkeiten des Gutachtens zu beseitigen.
7
Soweit die Beklagte auf bereits in ihrem Schriftsatz vom 29. Januar 2010 geäußerte Bedenken hinsichtlich der Neutralität des gerichtlichen Sachverständigen verweist, weil dieser vor seiner Lehrtätigkeit für die B. AG tätig gewesen sei, die Kundin der Klägerin sei, kann er sich darauf schon deshalb nicht mehr zulässigerweise berufen, weil der Ablehnungsantrag in dieser Hinsicht nicht innerhalb der Frist des § 406 Abs. 2 ZPO gestellt worden ist. Auch der weitere Vortrag, dass der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten ausführe, dass ihm die Filter der Klägerin gemäß den Anlagen K 18 und K 22 aus seiner früheren Tätigkeit in der Gießerei der B. AG bekannt gewesen seien, rechtfertigt eben so wenig Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen wie deren weiteres Vorbringen, dass sie den Verdacht habe, dass die B. AG die Filter für einen streitgegenständlichen Einsatz inzwischen von der Klägerin beziehe.
Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens
Grabinski Bacher
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 15.07.2008 - 3 Ni 49/06 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 406 Ablehnung eines Sachverständigen


(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist. (2) Der A

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411 Schriftliches Gutachten


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(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 178/01
vom
9. März 2004
in dem Patentnichtigkeitsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Stretchfolienumhüllung
Auch wenn der Beklagte auf das Streitpatent verzichtet hat, kann es billigem
Ermessen entsprechen, die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten
Patentnichtigkeitsverfahrens dem Kläger aufzuerlegen.
BGH, Beschl. v. 9. März 2004 - X ZR 178/01 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Keukenschrijver,
Dr. Meier-Beck und Asendorf
am 9. März 2004

beschlossen:
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Der Streitwert für das Nichtigkeitsberufungsverfahren wird auf 2.045.168,-- esetzt.

Gründe:


I. Die Beklagte war eingetragene Inhaberin des am 6. Juni 1989 angemeldeten deutschen Patents 30 18 311 (Streitpatents). Patentanspruch 1 lautet in der Fassung, die er im Einspruchsverfahren erhalten hat:
"Verfahren zum Umhüllen von Stückgut mittels Stretchfolie, insbesondere von gestapelten Stückgutteilen, wie bspw. und insbesondere mittels einer Palettiervorrichtung gebildeter Stückgutstapel, die aus mehreren übereinander angeordneten Stückgutlagen be-
stehen, wobei ein schlauchförmiger Folienabschnitt, dessen Umfang kleiner ist als der Umfang des zu umhüllenden Stückgutes, von einem (Schlauch-)Folienvorrat abgezogen und an seinem freien Ende durch Aufspreizen geöffnet wird; die Seitenwände des Schlauchfolienabschnittes durch Reffen in im wesentlichen konzentrisch zur vertikalen Mittelachse des zu umhüllenden Stückgutes verlaufende Falten gelegt werden; der Schlauchfolienabschnitt an seinem dem Folienvorrat zugekehrten Ende abgeschweißt und die so gebildete Folienhaube vom Folienvorrat abgetrennt wird; die Folienhaube in horizontaler Querrichtung quergestretcht wird, und die quergestretchte Folienhaube unter das Folienmaterial glättender, über das Stückgut ziehender Längsspannung über das zu umhüllende Stückgut gezogen wird, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die in an sich bekannter Weise um wenigstens 10% quergestrechte Folienhaube beim Überziehen im Bereich der Haubenseitenwände zusätzlich in vertikaler Längsrichtung um mindestens 10% ihrer vertikalen Länge im quergestretchten Zustand längsgestretcht wird."
Patentanspruch 6 lautet:
"Vorrichtung zum Umhüllen von Stückgut mittels Stretchfolie, insbesondere von gestapelten Stückgutteilen, wie bspw. und insbesondere mittels einer Palettiervorrichtung gebildeter Stückgutstapel , die aus mehreren übereinander angeordneten Stückgutlagen bestehen, mit einer Schlauchfolien-Abzugseinrichtung, mittels welcher schlauchförmige Stretchfolie abschnittsweise von einem
Schlauchfolienvorrat abzuziehen ist; einer der Abzugseinrichtung nachgeordneten Aufspreizeinrichtung, mittels welcher die schlauchförmige Stretchfolie an ihrem freien Endabschnitt aufzuspreizen ist; einer der Aufspreizeinrichtung nachgeordneten Reffeinrichtung zum Reffen des Folienabschnittes über eine vertikale Strecke, die kleiner ist als die Länge des Folienabschnittes; einer Schweißeinrichtung zum Abschweißen eines von dem Folienvorrat abgezogenen Schlauchfolienabschnittes an dessen dem Folienvorrat zugekehrten Endabschnitt; einer Schneideinrichtung, mittels welcher jeweils eine beim Abschweißen gebildete Folienhaube von dem Folienvorrat abzutrennen ist, einer QuerStretcheinrichtung , mittels welcher der Folienabschnitt in horizontaler Querrichtung zu stretchen ist; und einer (Haubenüberzieh -)Hubeinrichtung, mittels welcher die quergestretchte Haube über das zu umhüllende Stückgut zu ziehen ist, zur Durchführung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, gekennzeichnet durch eine Längsstretcheinrichtung (14, 24), deren Längsstretchelemente wenigstens in den Eckbereichen des geöffneten Folienschlauches anzuordnen sind, mittels welcher der Folienabschnitt/die Folienhaube (3´´) in vertikaler Längsrichtung (25) um mindestens 10%, ihrer vertikalen Länge im quergestrechten Zustand längszustretchen ist."
Wegen des Wortlauts der den Patentansprüchen 1 bzw. 6 untergeordneten weiteren Patentansprüche 2 bis 5 und 7 bis 13 wird auf die Patentschrift (C3-Schrift) verwiesen.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent auf die Nichtigkeitsklage der Klägerin mangels Patentfähigkeit für nichtig erklärt.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Mit Eingabe vom 4. Dezember 2003 hat sie gegenüber dem Patentamt auf das Streitpatent verzichtet und zugleich erklärt, daß sie auch für die Vergangenheit auf jegliche Ansprüche aus dem Patent und der ihm zugrundeliegenden Anmeldung verzichte.
Die Parteien haben den Rechtsstreit daraufhin übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt und beantragen wechselseitig, der anderen Partei die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
II. Es entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen, die Kosten des in der Hauptsache erledigten Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen (§ 121 Abs. 2 PatG i.V.m. § 91a Abs. 1 ZPO). Denn wenn sich der Rechtsstreit nicht anderweitig erledigt hätte, wäre die Nichtigkeitsklage voraussichtlich abzuweisen gewesen.
Zwar ist in einigen Entscheidungen angenommen worden, daß im Regelfall nach Erledigung der Hauptsache durch Verzicht auf das Streitpatent der Prozeßausgang im Sinne eines zu erwartenden Erfolgs der Nichtigkeitsklage nicht zweifelhaft erscheint (BGH, Beschl. v. 9.12.1960 - I ZR 121/59, GRUR 1961, 278 - Lampengehäuse; Sen.Beschl. v. 11.7.1995 - X ZR 113/94, Bausch I, 557 - Möbelscharnier; vgl. aber auch Sen.Beschl. v. 6.7.1967 - Ia ZR 88/64, Liedl 1967/68, 196, 200). Im Streitfall ist die Annahme, das Streitpatent hätte sich voraussichtlich als nicht patentfähig erwiesen, jedoch nicht gerechtfertigt.
Denn der Gegenstand des Streitpatents stimmt im wesentlichen mit dem Gegenstand des europäischen Patents 344 815 überein, für das die Priorität der Anmeldung des Streitpatents in Anspruch genommen wird. In dem jenes Patent betreffenden Nichtigkeitsverfahren zwischen denselben Parteien hat der Senat mit Urteil vom 1. April 2003 die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Bundespatentgerichts zurückgewiesen. Da weder zusätzlicher Stand der Technik dargetan noch Anhaltspunkte dafür hervorgetreten sind, daß der Stand der Technik anders bewertet werden müßte, als dies der Senat in seinem Urteil vom 1. April 2003 auf der Grundlage der Verhandlung und Beweisaufnahme in der Sache X ZR 136/99 getan hat, war ein Erfolg der Nichtigkeitsklage auch im Streitfall nicht zu erwarten.
Die bestehenden Unterschiede zwischen den Gegenständen der Patentansprüche 1 und 6 des Streitpatents einerseits und der Patentansprüche 1 und 12 des europäischen Patents andererseits können dabei außer Betracht bleiben , da das europäische Patent den Gegenstand des teilweise enger gefaßten Streitpatents umfaßt. Patentanspruch 1 des Streitpatents verlangt ein zusätzliches Längsstretchen der quergestretchten Folienhaube im Bereich der Haubenseitenwände in vertikaler Längsrichtung um mindestens 10% ihrer vertikalen Länge im quergestretchten Zustand, während nach Patentanspruch 1 des europäischen Patents die Folienhaube um mindestens 5% längszustretchen ist. Patentanspruch 6 des Streitpatents konkretisiert die in Patentanspruch 12 des europäischen Patents lediglich als solche aufgeführte Längsstretcheinrichtung dahin, daß deren Längsstretchelemente wenigstens in den Eckbereichen des geöffneten Folienschlauches anzuordnen sind.
Soweit sich Patentanspruch 1 des Streitpatents und Patentanspruch 1 des europäischen Patents (und weil sie Vorrichtungen zur Durchführung des
betreffenden Verfahrens betreffen, auch die Patentansprüche 6 bzw. 12) ihrem Wortlaut nach weiterhin dadurch unterscheiden, daß das zusätzliche Längsstretchen nach Patentanspruch 1 des Streitpatents beim Überziehen erfolgen soll, während Patentanspruch 1 des europäischen Patents vom Längsstretchen "vor dem Überziehen" spricht, liegt darin kein sachlicher Unterschied. Denn wie der Senat in seinem Urteil vom 1. April 2003 näher begründet hat, ist die Wendung "vor dem Überziehen" im europäischen Patent im Sinne von "vor dem vollständigen Überziehen" bzw. "während des Überziehens" zu verstehen. Der Wortsinn (technische Sinngehalt) beider Formulierungen stimmt damit überein.
Melullis Jestaedt Keukenschrijver
Meier-Beck Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 74/04
vom
15. März 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ergibt sich der Grund zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der
Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, läuft im allgemeinen die
Frist zur Ablehnung des Sachverständigen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten
Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab, wenn sich die Partei zur Begründung
des Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muß.
BGH, Beschluß vom 15. März 2005 - VI ZB 74/04 - OLG Karlsruhe
LG Freiburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt aus übergegangenem Recht von den Beklagten die Zahlung des hälftigen Betrages der Schadensersatzleistungen, die sie als Berufshaftpflichtversicherer des Dr. E. an die Witwe des Patienten F. erbracht hat. F., dessen Hausarzt Dr. E. war, ließ sich im Januar 1995 wegen einer erektilen Dysfunktion in der andrologischen Sprechstunde der Urologischen Abteilung der Beklagten zu 1 durch den Beklagten zu 2 beraten. Im Dezember 1995 wurde bei F. ein Darmkarzinom in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert, an dem er inzwischen verstorben ist. Die Klägerin behauptet, unter den gegebenen Umständen hätte der Beklagte zu 2 differentialdiagnostische Erwägungen anstellen und weitere Befunde erheben müssen. Mit hinreichender Sicherheit wäre im Januar 1995 bereits
das Rektumkarzinom erkannt worden. Das Verkennen dieses Befundes oder das Unterlassen einer Reaktion hierauf wäre auf jeden Fall als grober Behandlungsfehler zu werten. Die Beklagten wenden ein, daß in dem fraglichen Zeitraum das Dickdarmkarzinom noch nicht vorgelegen habe. Durch Beweisbeschluß vom 5. Dezember 2003 hat das Landgericht Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines schriftlichen medizinischen Gutachtens beauftragt. Durch Verfügung vom 1. März 2004 hat das Gericht das Gutachten den Parteien zugeleitet und Frist zur Stellungnahme bis 30. März 2004 gesetzt. Die Frist ist auf Antrag der Klägerin bis 15. April 2004 verlängert worden. Mit am 15. April 2004 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Einwände gegen das Gutachten vorgebracht und unter Bezugnahme darauf den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Landgericht hat den Befangenheitsantrag mit Beschluß vom 17. Mai 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 19. Oktober 2004 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß der Ablehnungsantrag verspätet und deshalb unzulässig sei, weil die Geltendmachung des Befangenheitsgrundes keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten erfordert habe. Das Oberlandesgericht hat im Hinblick auf den uneinheitlichen Meinungsstand in der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Klägerin verfolgt mit dem von ihr eingelegten Rechtsmittel die Ablehnung des Sachverständigen Prof. Dr. S. wegen Besorgnis der Befangenheit weiter.

II.

Die Beschwerde der Klägerin ist statthaft nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO; sie ist auch im übrigen zulässig, § 575 ZPO. Die Beschwerde hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg. 1. Der Antrag auf Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ist allerdings entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht bereits als unzulässig - weil verspätet - zurückzuweisen.
a) Nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag grundsätzlich spätestens binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Beschlusses über die Ernennung des Sachverständigen anzubringen. Ergeben sich die Gründe, auf die die Ablehnung des Sachverständigen gestützt wird, aus dessen Gutachten, ist die Frist des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO maßgebend. Die Ablehnungsgründe sind in diesem Falle nicht binnen einer kalendermäßigen Frist, sondern grundsätzlich unverzüglich (§ 121 Abs. 1 Nr. 1 BGB) nach Kenntnis des Gutachtens geltend zu machen. Das bedeutet, daß der Ablehnungsantrag zwar nicht sofort, wohl aber ohne schuldhaftes Zögern, das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepaßten Prüfungs- und Überlegungsfrist anzubringen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. § 121 Rn. 3). Zugleich hat der Antragsteller glaubhaft zu machen, daß er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. In einem einfach gelagerten Fall können bereits wenige Tage ausreichend sein, um die das Ablehnungsgesuch stützenden Tatsachen zu erkennen und vorzutragen. Hingegen kann sich die Frist je nach Sachlage verlängern, wenn der Ablehnungsgrund erst nach sorgfältiger Prüfung des Gutachtens zu erkennen ist. Von diesen Grundsätzen geht auch das Beschwerdegericht aus.

b) Von den Oberlandesgerichten werden zur Länge der Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO unterschiedliche Auffassungen vertreten. aa) Einige Oberlandesgerichte (OLG Koblenz, OLGR Koblenz 1998, 470; OLG Köln, OLGR Köln 1995, 147; OLG Naumburg, 10 W 23/01, juris-Abfrage; OLG München, OLGR München 2004, 117; 2003, 58) sind in Übereinstimmung mit Stimmen im Schrifttum (Musielak/Huber ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 14; Reichold in: Thomas/Putzo ZPO, 26. Aufl., § 406 Rn. 7) der Meinung, die ZweiWochen -Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO gelte grundsätzlich auch für § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Sie bilde im Interesse des Prozessgegners die Obergrenze und gelte auch dann, wenn eine längere Frist zur Stellungnahme zu einem Gutachten nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzt worden sei. Durch letztere solle die sachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens ermöglicht werden. Eine solche sei für die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit regelmäßig nicht erforderlich. bb) Teilweise wird in der Rechtsprechung die Auffassung des Beschwerdegerichts vertreten, eine allgemeine Fristbindung sei zwar nicht sachgerecht. Es sei vielmehr ausschließlich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles abzustellen und jeweils zu prüfen, welche Zeit im konkreten Fall erforderlich sei, um den Ablehnungsgrund erkennen und unverzüglich geltend machen zu können. Doch entspreche die Frist auch nicht der vom Gericht gemäß § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist zur Stellungnahme zum Inhalt des Gutachtens, da die Geltendmachung des Ablehnungsgrundes eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens gerade nicht erfordere (vgl. BayObLGZ 1994, 183; KG, KGR Berlin 2001, 183; OLG Nürnberg, VersR 2001, 391; OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 1995, 139; OLG München, OLGR München 1994, 237; OLG München, OLGR München 2000, 211; Thüringer OLG, OLGR Jena 2000, 113, 115 f.; OLG Brandenburg, OLGR Brandenburg 2000, 275 und
OLG-NL 2003, 92; Stein-Jonas/Leipold ZPO, 21. Aufl. § 406 Rn. 19; Zöller/Greger ZPO, 25. Aufl., § 406 Rn. 11). cc) Das Oberlandesgericht Düsseldorf vertritt die Auffassung (OLGR Düsseldorf 2001, 469; ebenso [MünchKomm/Damrau ZPO, 2. Aufl., § 406 Rn. 7]), daß ein Befangenheitsantrag, der innerhalb der zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist eingereicht wird, zumindest dann nicht nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO verspätet sei, wenn sich die Besorgnis der Befangenheit erst aus einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem schriftlichen Gutachten ergebe. Die am Rechtsstreit beteiligten Parteien müßten sich innerhalb der nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist abschließend mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen und mitteilen, ob und gegebenenfalls in welchen Punkten Ergänzungsbedarf gesehen werde. Komme hierbei eine Partei aufgrund der inhaltlichen Prüfung des Gutachtens nicht nur zu dem Ergebnis , daß dieses unrichtig oder ergänzungsbedürftig sei, sondern daß bestimmte Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten auf Voreingenommenheit ihr gegenüber zurück zu führen seien, sei auch diese Besorgnis Ergebnis der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem schriftlichen Gutachten. Die Länge der Frist, binnen derer die Partei das Ergebnis ihrer Prüfung des Gutachtens in Antragsform anzubringen habe, könne in einem solchen Fall nicht davon abhängig sein, ob lediglich ein Ergänzungsantrag oder auch ein Befangenheitsantrag oder - wie im vorliegenden Fall - eine Kombination aus beiden Anträgen eingereicht werde. Der Antragsteller könne nicht gezwungen sein, binnen kürzerer Frist eine Vorprüfung des Gutachtens vorzunehmen, nur um feststellen zu können, ob das Gutachten Mängel enthalte, die aus seiner Sicht nicht nur einen Ergänzungsantrag nötig machten, sondern sogar die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigten. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (aaO) weist darauf hin, daß die Anwendung einer gegenüber der Stellungnahmefrist nach § 411 Abs. 4 ZPO verkürzten Frist zur Einreichung des Befangen-
heitsantrags auch nicht geboten sei, um zu verhindern, daß Ablehnungsanträge aus prozeßtaktischen Gründen zurückgehalten würden. Zum einen ergebe sich die Möglichkeit des Antragstellers, binnen längerer Frist zulässigerweise einen Ablehnungsantrag stellen zu können, ohnehin nur in den Fällen, in denen die Stellungnahmefrist nach § 411 Abs. 4 ZPO länger sei als die angemessene Frist des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Zum anderen könne das Gericht prozeßleitende Maßnahmen erst dann treffen, wenn die Stellungnahmefrist des § 411 Abs. 4 ZPO abgelaufen sei. Deshalb verfange nicht der Einwand, die Prozeßförderungspflicht der Parteien gebiete eine schnellere Geltendmachung des entsprechenden Ablehnungsgrundes. dd) Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Die Ablehnung eines Sachverständigen findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO. Es muß sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1987 - X ZR 29/86 - NJW-RR 1987, 893). Eine solche Befürchtung fehlender Unparteilichkeit kann berechtigt sein, wenn der Sachverständige seine gutachterlichen Äußerungen in einer Weise gestaltet, daß s ie als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber einer Partei gedeutet werden können. Ergibt sich der Ablehnungsgrund aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, muß der Partei eine angemessene Zeit zur Überlegung und zur Einholung von rechtlichem Rat zur Verfügung stehen. Auch wenn durch die zeitliche Begrenzung des Ablehnungsrechts gemäß § 406 Abs. 2 ZPO bezweckt werden soll, der Verzögerung von Prozessen durch verspätete Ablehnungsanträge entgegenzuwirken (vgl. Jeßnitzer/Frieling, Der gerichtliche Sachverständige, 10. Aufl., Rn. 223), ist andererseits zu bedenken, daß der Anspruch einer Pro-
zeßpartei auf einen aus ihrer Sicht unparteiischen Sachverständigen unmittelbarer Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips ist und die Durchsetzung dieses Anspruchs nicht durch verfahrensrechtliche Hürden unangemessen erschwert werden darf. Darauf weist die Rechtsbeschwerde mit Recht hin. Vor diesem Hintergrund darf die Frage nach der Rechtzeitigkeit eines Ablehnungsantrags nicht ausschließlich von der Beurteilung der Umstände des Einzelfalles durch das Prozeßgericht abhängig gemacht werden. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit muß die Partei wissen, welcher Zeitraum ihr zur Prüfung des Gutachtens in jedweder Hinsicht zur Verfügung steht. Muß sich die Partei zur Begründung ihres Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen, läuft die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit im allgemeinen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab. ee) Nach den dargestellten Grundsätzen hat die Klägerin den Befangenheitsantrag gegen den gerichtlichen Sachverständigen am letzten Tag der verlängerten Frist zur Stellungnahme, dem 15. April 2004, noch rechtzeitig gestellt. Die Klägerin hat den Antrag damit begründet, daß der Sachverständige eine einseitige Beweiswürdigung zugunsten des Beklagten zu 2 vorgenommen habe. Diesen Vorwurf hat die Klägerin anhand des Gutachtens im einzelnen belegt. Dafür mußte sie sich offensichtlich mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen. 2. Der Antrag ist aber unbegründet. Er wird ausschließlich auf Umstände gestützt, die ihre Ursache in einer Auseinandersetzung mit dem sachlichen Inhalt des schriftlichen Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen haben. Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit mögen das Gutachten entwerten, rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 5. November
2002 - X ZR 178/01 - FF 2003, Sonderheft 1, 101). Die Klägerin rügt, der Sachverständige habe das Gutachten erstellt, ohne daß ihm originale Krankenunterlagen oder ärztliche Dokumentationen vorgelegen hätten; er habe die Tatsachen unzureichend erfasst und sei deshalb von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Damit erhebt sie den Vorwurf einer fehlerhaften Gutachtenserstattung aufgrund mangelnder Sorgfalt. Dieser Vorwurf begründet aber regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil er nicht die Unparteilichkeit des Sachverständigen betrifft. Der mangelnden Sorgfalt eines Sachverständigen sehen sich beide Parteien in gleicher Weise ausgesetzt. Das Prozeßrecht gibt in den §§ 411, 412 ZPO dem Gericht und den Parteien ausreichende Mittel an die Hand, solche Mängel zu beseitigen und auf ein Gutachten hinzuwirken, das als Grundlage für die gerichtliche Entscheidung geeignet ist. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.