Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Sept. 2004 - X ZR 112/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
1. Die Beklagte ist Inhaberin der u.a. mit Wirkung fü r das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patente 0 247 983 und 0 496 437 sowie des DD-Ausschließungspatents 273 197, die eine pharmazeutische Formulierung des Wirkstoffs Omeprazol betreffen. Die Klägerinnen haben unter Vorlage zahlreicher Druckschriften geltend gemacht, die Gegenstände der Streitpatente seien nicht neu und beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die Beklagte hat die Streitpatente nur in eingeschränktem Umfang verteidigt. Das Bundespatentgericht hat der Klage nach Antrag stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat nach Beweisaufnahme durch Urteil vom 2. März 2004 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklag-
te mit ihrer Gegenvorstellung, zu deren Begründung sie auf die gleichzeitig eingelegte Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht verweist.
2. Die Beklagte macht geltend, das Urteil des Bundesger ichtshofs verletze den grundrechtlichen Anspruch der Beklagten auf faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG) und das Grundrecht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
Der Bundesgerichthof habe einen offensichtlich ungeeign eten Sachverständigen bestellt, der aufgrund seiner Unerfahrenheit und mangelnden Qualifikation nicht in der Lage gewesen sei, sachkundige Aussagen zum Wissen und Können eines Fachmanns zum maßgeblichen Zeitpunkt (Prioritätstag 30. April 1986) zu machen, und dies bei der Beweiswürdigung unter Außerachtlassung seiner eigenen Rechtsprechung nicht berücksichtigt. Er habe die Ausführungen und Wertungen des gerichtlichen Sachverständigen unkritisch übernommen. Zudem habe der Bundesgerichtshof das Vorbringen der Beklagten nicht berücksichtigt. Er habe sich mit den Argumenten der Beklagten nicht auseinandergesetzt und habe, obwohl die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen im einzelnen durch die Parteigutachter Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Dr. M. widerlegt worden seien, hierzu keine Stellung genommen und sich den spekulativen Bemerkungen des gerichtlichen Sachverständigen angeschlossen.
3. Die Gegenvorstellung der Beklagten hat keinen Erfol g.
a) Es braucht hier nicht abschließend entschieden zu werde n, ob nach der Neuregelung des Rechtsmittelsystems durch das Zivilprozeßreformgesetz eine Gegenvorstellung gegen ein rechtskräftiges Urteil des Bundesgerichtshofs statthaft ist. In den verfahrensrechtlichen, das Nichtigkeitsverfahren betreffenden Vorschriften des Patentgesetzes und - ergänzend - in der Zivilprozeßordnung ist eine Gegenvorstellung auf Grund einer behaupteten Verletzung des grundrechtlichen Anspruchs auf faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gegen ein rechtskräftiges Berufungsurteil des Bundesgerichtshofs nicht vorgesehen. Dieses Rechtsschutzsystem genügt zwar nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (Plenarbeschluß v. 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02, NJW 2003, 1924) nur teilweise den für den Rechtsschutz bei der Verletzung des Verfahrensgrundrechts des Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen, nämlich soweit eine Verletzung im allgemeinen Rechtsmittelsystem geltend gemacht werden kann. Auch erfüllten die von der Rechtsprechung der Fachgerichte zur Schließung der Lükke im Rechtmittelsystem entwickelten außerordentlichen Rechtsbehelfe nicht die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit. Deshalb müsse der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2004 eine Lösung finden.
Es kann auch dahinstehen, ob damit den Fachgerichten vor einer Neuregelung in Rechtsfortbildung freigestellt ist, ein rechtskräftiges Berufungsurteil wegen einer behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs zu überprüfen und mit der Rechtsfolge der Durchbrechung der Rechtskraft gegebenenfalls zu korrigieren.
b) Jedenfalls ist die Gegenvorstellung nicht zulässig. Aus G ründen der Rechtssicherheit ist es nämlich geboten, für die Verpflichtung des Gerichts,
seine gegen ein Verfahrensgrundrecht verstoßende Entscheidung selbst zu korrigieren, und damit für die Einlegung einer Gegenvorstellung eine zeitliche Grenze vorzusehen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.4.2001 - IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; BGH, Beschl. v. 7.3.2002 - IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577). Diese ist in Anlehnung an die im Berufungsverfahren in Patentnichtigkeitssachen vor dem Bundesgerichtshof geltende Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 1 ZPO; Sen.Beschl. v. 31.5.2000 - X ZR 154/99, GRUR 2000, 1010, 1011 - Schaltmechanismus ; Sen.Beschl. v. 17.10.2000 - X ZR 41/00, GRUR 2001, 271, 272 -Kreiselpumpe) mit zwei Wochen ab Zustellung der Entscheidung zu bemessen. Von dieser Frist ist auch der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 321a Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F. ausgegangen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat für den Fall nicht rechtzeitiger Neuregelung durch den Gesetzgeber eine Frist von 14 Tagen ab Zustellung der Entscheidung als angemessen angesehen (BVerfG aaO, NJW 2003, 1924, 1928)
Diese Frist hat die Beklagte versäumt. Das Urteil vom 2. März 2004 ist der Beklagten am 28. Mai 2004 zugestellt worden. Diese hat erst am 28. Juni 2004 und damit nach Ablauf der Frist Gegenvorstellung erhoben.
4. Unabhängig hiervon ist der Anspruch der Beklagten au f faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt.
a) Gegenstand der Streitpatente war nicht der Wirkstof f Omeprazol, der in den Streitpatenten als bekannt beschrieben wird, sondern Sach-, Verwendungs - und Verfahrensansprüche für eine spezifische Arzneizubereitung zur oralen Anwendung. Zur Klärung der in den Streitpatentschriften enthaltenen
technischen Begriffe sowie der Kenntnisse und des Könnens des einschlägigen Fachmanns hat der Senat einen Sachverständigen bestellt, gegen dessen Fachkenntnisse und Qualifikation die Beklagte trotz ausreichender Zeit und Gelegenheit weder nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens noch bei Erörterung in der mündlichen Verhandlung begründete Einwände erhoben hat. Angesichts der großen wirtschaftlichen Bedeutung der Streitpatente haben die Parten sehr umfassend und kontrovers vorgetragen. Beide Parteien haben zur Widerlegung der Argumente der Gegenseite Gutachten von ausgewiesenen Fachleuten vorgelegt, wobei für die Klägerinnen die Gutachter Prof. Dr. Ba. , Prof. Dr. Sch. und Prof. Dr. S. gefochten haben, während die Beklagte sich auf die Ausführungen von Prof. Dr. B. , Prof. Dr. Dr. M. und Dr. L. gestützt hat. In Gegenwart dieser Gutachter hat der Senat den gerichtlichen Sachverständigen zu den einzelnen streitigen Punkten befragt und den Parteien Gelegenheit gegeben, ihren Standpunkt im einzelnen zu erläutern, dem Sachverständigen Vorhaltungen zu machen sowie Fragen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zu stellen.
b) Dem Gericht obliegt die Beurteilung, ob eine tech nische Lehre patentwürdig ist, insbesondere ob sie auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Diese Wertung hat das Gericht auf Grund von Tatsachen zu treffen, welche die Parteien vortragen. Der Senat hat seine Überzeugung auf Grund des Vorbringens der Parteien, der vorgelegten Dokumente, des schriftlichen und mündlichen Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen, der vorgelegten Parteigutachten sowie auf Grund des Inhalts der mündlichen Verhandlung gewonnen, in welcher der gerichtliche Sachverständige auf Grund dieses Vorbringens und der Privatgutachten im einzelnen befragt worden ist. Ausweislich der Entscheidungsgründe ist der Senat bei der Bestimmung des einschlägigen Fachmanns
von den durch Literaturstellen und die Parteigutachter bestätigten Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ausgegangen. Er hat ferner die dem Fachmann vor dem Prioritätstag zur Verfügung stehenden Kenntnisse und Fähigkeiten der in den Streitpatentschriften als Stand der Technik genannten Publikation von Pilbrant und Cederberg (Development of an oral formulation of omeprazole, Scand. J. Gastroentrol. 1985; 20 (Suppl. 108 S. 113 ff.), der europäischen Patentschrift 0 124 395 sowie der Publikation Bauer (Übersicht über Inkompatibilitätsmöglichkeiten, insbesondere bei der Umhüllung von Arzneizubereitungen , Deutsche Apotheker Zeitung 1978 S. 125 ff.) entnommen und sich mit den Argumenten der Beklagten, insbesondere mit den von dieser vorgetragenen Beweisanzeichen, befaßt. Daß die Beklagte den Senat von der Patentwürdigkeit ihrer Neuerungen nicht hat überzeugen können, begründet nicht die behauptete Verletzung von Grundrechten der Beklagten aus Art. 103 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Asendorf
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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.