Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2010 - VIII ZB 84/09

bei uns veröffentlicht am04.02.2010
vorgehend
Amtsgericht Bergisch Gladbach, 63 C 255/08, 13.01.2009
Landgericht Köln, 9 S 52/09, 14.10.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
(Einstweilige Anordnung)
VIII ZB 84/09
vom
4. Februar 2010
In dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Februar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Hermanns, Dr. Milger, Dr. Fetzer
und den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Teilurteil des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 13. Januar 2009 wird einstweilen bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde des Beklagten mit der Maßgabe eingestellt, dass die Zwangsvollstreckung unzulässig ist, wenn der Beklagte nachweist, dass er für den Monat Februar 2010 eine Nettomiete von 656 € zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung von 185 € an die Klägerin geleistet hat, und er für die folgenden Monate nachweist, dass die monatliche Nettomiete nebst Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von insgesamt 841 € bis zum 3. Werktag des jeweiligen Monats an die Klägerin geleistet worden ist.

Gründe:

I.

1
Das Rechtsbeschwerdegericht kann im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 570 Abs. 3 Halbs. 1, § 575 Abs. 5 ZPO auch die Vollziehung einer Entscheidung der ersten Instanz aussetzen, wenn hierdurch dem Rechtsbeschwerdeführer größere Nachteile drohen als dem Gegner, die Rechtsbeschwerde zulässig erscheint und die Rechtsmittel des Rechtsbeschwerdeführers nicht von vornherein ohne Erfolgsaussicht sind (Senatsbeschluss vom 6. August 2003 - VIII ZB 77/03, WuM 2003, 509; BGH, Beschluss vom 21. März 2002 - IX ZB 48/02, NJW 2002, 1658, unter II 2). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
2
Durch die für den 12. Februar 2010 angesetzte Vollstreckung des Räumungsurteils würde dem Beklagten ein unwiderbringlicher Nachteil entstehen. Er hat glaubhaft gemacht, aufgrund der Vorbereitungen für sein Examen (schriftliche Prüfungen im Zeitraum vom 20. Januar bis 22. Januar 2010; mündliche Prüfung am 10. Februar 2010) keine ausreichende Gelegenheit zur Anmietung einer Ersatzwohnung gefunden zu haben. Der Klägerin drohen dagegen durch den Aufschub der Vollstreckung keine wesentlichen Nachteile. Denn sie ist auf die Nutzung der Wohnung nicht dringend angewiesen, da nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen des Beklagten in dem Objekt zwei Wohnungen leer stehen. Zudem steht die Einstellung unter der Bedingung, dass der Beklagte die Miete für Februar 2010 bis zum Vollstreckungstermin zahlt und auch in den künftigen Monaten die Mietzahlungen fristgerecht erbringt.
3
Die nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Beklagten erscheint zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig und auch begründet. Die Rechtsbeschwerdebegründung zeigt auf, dass das Berufungsgericht den rechtzeitig gestellten Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist rechtsfehlerhaft abgewiesen hat. Ein Rechtsanwalt, der seinem zuverlässigen Büropersonal die Anweisung gibt, Faxsendungen rechtzeitig an das Gericht zu übermitteln und den Sendebericht auf die gelungene Übermittlung des Schriftsatzes (Aufdruck "OK") zu überprüfen, hat regelmäßig ausreichende organisatorische Maßnahmen für eine rechtzeitige Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen getroffen (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009 - VIII ZB 97/08, juris, Tz. 13). Dass sich der Beklagtenvertreter auf die Mitteilung seiner Bürokraft verlassen hat, der Schriftsatz sei ordnungsgemäß übermittelt worden, ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009, aaO, Tz. 16, 17; BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - I ZB 64/05, NJW 2006, 1519, Tz. 11). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagtenvertreter die Frist im Kalender aufgrund der Angaben seiner Kanzleikraft eigenhändig gelöscht hat. Die vorliegende Fallgestaltung unterscheidet sich - anders als das Berufungsgericht meint - in einem wesentlichen Punkt von der Sachverhaltskonstellation, mit der sich der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu befassen hatte (vgl. Beschluss vom 11. Februar 2009 - IV ZB 26/08, NJW-RR 2009, 785). Im dortigen Fall wurde die Fristversäumung dadurch ausgelöst, dass die Kanzleikraft einen fristgebundenen Schriftsatz übersehen hatte. Dieses Versäumnis hätte behoben werden können, wenn der damalige Prozessbevollmächtigte die Frist nicht eigenhändig ohne die - in diesen Fällen erforderliche - Überprüfung der Sachlage gelöscht hätte (Beschluss vom 11. Februar 2009, aaO, Tz. 2, 7 f.). Vorliegend steht jedoch ein anderes Fehlverhalten des Büropersonals (Missdeutung der Angaben auf dem Sendeprotokoll) in Rede. Die Erledigung dieser Aufgaben brauchte der Beklagtenvertreter nicht zu überwachen (Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009, aaO, Tz. 17; BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006, aaO).
4
Auch der vom Beklagten eingelegten Berufung kann die Erfolgsaussicht nach dem gegenwärtigen Stand nicht abgesprochen werden. Aus der vom Beklagten in Bezug genommenen Berufungsbegründung ergibt sich, dass das Amtsgericht eine mögliche Aufrechnungsbefugnis des Beklagten nach § 566d BGB nicht geprüft hat. Dies wird im Berufungsverfahren nachzuholen sein. Ball Hermanns Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Bergisch Gladbach, Entscheidung vom 13.01.2009 - 63 C 255/08 -
LG Köln, Entscheidung vom 14.10.2009 - 9 S 52/09 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 566d Aufrechnung durch den Mieter


Soweit die Entrichtung der Miete an den Vermieter nach § 566c dem Erwerber gegenüber wirksam ist, kann der Mieter gegen die Mietforderung des Erwerbers eine ihm gegen den Vermieter zustehende Forderung aufrechnen. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen,

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(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 97/08
vom
20. Oktober 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 B, Fd, Ff
Erteilt ein Rechtsanwalt einer bis dahin sorgfältig arbeitenden Büroangestellten
die konkrete Einzelanweisung, einen von ihm unterzeichneten Antrag auf
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vorab an das Berufungsgericht
zu faxen, ist es ihm nicht als Organisationsverschulden anzurechnen, wenn
die Angestellte dieser Weisung zwar nachkommt, dabei aber die zusätzlich
bestehende, durch die Einzelanweisung nicht außer Kraft gesetzte allgemeine
Anweisung missachtet, bei Faxsendungen - insbesondere bei fristgebundenen
Schriftsätzen - den Versand des Schriftstücks abzuwarten und den
Sendebericht auf die gelungene Übermittlung des Schriftsatzes zu überprüfen.
BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - VIII ZB 97/08 - OLG München
LG München I
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Oktober 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel, den Richter
Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. November 2008 aufgehoben. Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München vom 23. Juni 2008 gewährt. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 4.881,78 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung rückständiger Leasingraten, auf Schadensersatz wegen vorzeitiger Rückgabe des geleasten Fahrzeugs und auf Ersatz von Abholungskosten in Höhe von insgesamt 8.178,70 € in Anspruch genommen. Das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Landgerichts ist dem Beklagten am 1. Juli 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist am 1. August 2008 beim Oberlandesgericht eingegangen. Mit Schriftsatz vom 28. August 2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um drei Wochen bis zum 22. September 2008 beantragt. Das Fristverlängerungsgesuch ist allerdings erst am 2. September 2008 per Telefax und als Einwurf- oder Postsendung am 3. September 2008 beim Oberlandesgericht eingegangen.
2
Der Vorsitzende des zuständigen Senats hat mit Verfügung vom 2. September 2008 die Frist zur Begründung der Berufung um drei Wochen verlängert. Auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 22. September 2008, per Telefax am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangen, hat der Vorsitzende eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 30. September 2008 bewilligt. Die Berufungsbegründung des Beklagten ist am 30. September zum Oberlandesgericht gelangt.
3
Mit Verfügung vom 1. Oktober 2008 hat der Vorsitzende den Hinweis erteilt , der Antrag auf Verlängerung dieser Frist sei erst am 2. September und damit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist per Fax beim Oberlandesgericht eingegangen, weswegen die Fristverlängerungen ins Leere gingen und die Frist zur Berufungsbegründung versäumt sei. Daraufhin hat der Beklagtenvertreter den ursprünglichen Fristverlängerungsantrag wiederholt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und der Frist zur Stellung eines Verlängerungsantrags begehrt.
4
Zur Rechtfertigung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hat der Beklagte vorgetragen und glaubhaft gemacht, eine seit über zwei Jahren in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten tätige, äußerst sorgfältig und gründlich arbeitende Anwaltsgehilfin habe den Auftrag erhalten, das Fristverlängerungsgesuch vom 28. August 2008 vorab an das Oberlandesgericht zu faxen. Sie habe den vom Prozessbevollmächtigten unterzeichneten und in der Unterschriftenmappe an sie zurückgeleiteten Schriftsatz am Abend des 1. September 2008 auf das Faxgerät gelegt. Zuvor habe sie sich im Fristenbuch vergewissert, dass eine Faxsendung an diesem Tag noch rechtzeitig gewesen sei. Wie sich im Nachhinein herausgestellt habe - das zerrissene Sendeprotokoll sei später im zum Schreddern vorgesehenen Altpapier aufgefunden worden -, habe die Mitarbeiterin den Schriftsatz am 1. September 2008 um 16.59 Uhr an die richtige Faxnummer gesendet. Sie habe aber wegen des anstehenden Dienstschlusses ausnahmsweise den Ausdruck des Sendejournals nicht abgewartet und daher nicht erkannt, dass die Faxsendung nicht erfolgreich übermittelt worden sei. Am darauf folgenden Tag sei der Schriftsatz ordnungsgemäß an das Oberlandesgericht gefaxt worden.
5
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Dabei hat es ausgeführt, es sei nicht glaubhaft gemacht, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Sorgfalt eines ordentlichen Anwalts eingehalten habe und der Fristverstoß ausschließlich auf ein - dem Beklagten nicht zuzurechnendes - Verschulden des Büropersonals zurückzuführen sei. Eine Glaubhaftmachung setze voraus, dass die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen überwiegend wahrscheinlich seien. Hieran fehle es, wenn der Sachvortrag - wie hier - widersprüchlich und damit nicht nachvollziehbar sei. Es sei nicht ersichtlich , weshalb das Fristverlängerungsgesuch vom 28. August 2008 nicht bis zum Ablauf des 1. September 2008 übermittelt worden sei. Daher sei eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für ein fehlendes Verschulden des Beklagtenvertreters nicht vorhanden.
6
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde. Der Beklagte macht in erster Linie geltend, die gewährte Fristverlängerung sei trotz ihrer Fehlerhaftigkeit wirksam, so dass die Berufungsbegründungsfrist gewahrt sei. Falls gleichwohl eine Fristversäumung bejaht werde, sei jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn die verspätete Übermittlung des Fristverlängerungsgesuchs beruhe ausschließlich auf einem - dem Beklagten nicht anzulastenden - Fehlverhalten der Bürokraft seines Prozessbevollmächtigten. Das Oberlandesgericht habe unter Verletzung der verfassungsrechtlich verbürgten Grundsätze auf Gewährung rechtlichen Gehörs und auf Einhaltung eines fairen Verfahrens davon abgesehen, den Beklagten auf eine erforderliche Ergänzung seines Vorbringens hinzuweisen. Die vom Gericht geäußerten Zweifel an der Nachvollziehbarkeit und Wahrscheinlichkeit des geschilderten Geschehensablaufs hätten - soweit überhaupt erheblich - durch einfache Erläuterungen ausgeräumt werden können. Da das Oberlandesgericht die gebotenen Hinweise unterlassen habe, könne der Beklagte ergänzende Angaben nachholen.

II.

7
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die angegriffene Entscheidung ist unter Missachtung des Verfahrensgrundrechts auf Gewährung rechtli- chen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ergangen und verletzt zudem den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Denn sie überspannt in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes (vgl. Senatsbeschluss vom 16. November 2004 - VIII ZB 32/04, NJWRR 2005, 1006, unter III 2 m.w.N.).
9
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Zwar hat der Beklagte die Frist zur Berufungsbegründung versäumt. Ihm ist aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne Verschulden daran gehindert war, diese Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Nach dem glaubhaft gemachten und im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzten Vorbringen des Beklagten beruht das Fristversäumnis ausschließlich auf einem - weder dem Prozessbevollmächtigten noch der von ihm vertretenen Partei anzulastenden (§ 85 Abs. 2 ZPO) - Fehlverhalten der mit der Versendung des Fristverlängerungsantrags vom 28. August 2008 beauftragten Büroangestellten.
10
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat der Beklagte die Frist zur Begründung seiner am 1. August 2008 eingelegten Berufung versäumt. Dem am 2. September 2008, also einen Tag nach Ablauf der Berufungsbegründungfrist (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO), eingegangenen Fristverlängerungsgesuch hätte der Vorsitzende des zuständigen Berufungssenats nicht stattgeben dürfen. Denn eine abgelaufene Frist kann - was letztlich auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht - nicht verlängert werden. Die gleichwohl gewährte Fristverlängerung blieb damit - wie auch das Berufungsgericht nachträglich erkannt hat - ohne Wirkung. Dies hat der Bundesgerichtshof im Jahr 1991 unter ausdrücklicher Aufgabe der von der Rechtsbeschwerde angeführten gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden (BGHZ 116, 377, 378 f.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Januar 1996 - XII ZB 184/95, NJW-RR 1996, 513, unter II 2). Dem hat sich das Schrifttum überwiegend angeschlossen (Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rdnr. 16a; Musielak /Ball, ZPO, 7. Aufl., § 520 Rdnr. 12; Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 520 Rdnr. 15; aA MünchKommZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl., § 520 Rdnr. 19).
11
b) Dem Beklagten ist aber auf sein rechtzeitig angebrachtes Gesuch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren. Die Fristversäumung beruht nach den glaubhaft gemachten Angaben des Beklagten nicht auf einem - ihm zuzurechnenden - Eigenverschulden seines Prozessbevollmächtigten, sondern allein auf einer fehlerhaften Erledigung der dessen Büropersonal übertragenen Aufgaben.
12
aa) Ein Rechtsanwalt hat zwar durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Er muss aber nicht jeden zur Fristwahrung erforderlichen Arbeitsschritt persönlich ausführen, sondern ist grundsätzlich befugt, einfachere Verrichtungen zur selbständigen Erledigung seinem geschulten Personal zu übertragen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2007 - II ZB 20/07, NJW-RR 2008, 576, Tz. 15; vom 4. April 2007 - III ZB 109/06, NJW-RR 2007, 1429, Tz. 7; vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, unter 1; jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes mittels eines Telefaxgerätes (BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2007, aaO; vom 4. April 2007, aaO; vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521, Tz. 12; vom 11. Februar 2003, aaO; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 17. Juli 2007 - VIII ZB 107/06, juris , Tz. 4; jeweils m.w.N.).
13
bb) Diesen Anforderungen hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten genügt. Er hat seiner seit zwei Jahren in seinem Büro tätigen Angestellten, die sich bis dahin als sorgfältig und zuverlässig erwiesen hatte, die konkrete Einzelanweisung erteilt, das ihr rechtzeitig zum 1. September 2008 in einer Unterschriftenmappe zugeleitete, vom Beklagtenvertreter unterzeichnete Fristverlängerungsgesuch vorab per Fax an das Berufungsgericht zu übermitteln. Bei ordnungsgemäßer Befolgung dieser Weisung und bei Beachtung der - sie ergänzenden - allgemeinen Anweisungen über die bei Faxsendungen einzuhaltende Verfahrensweise wäre der rechtzeitige Eingang eines formgerechten Fristverlängerungsantrags (§ 130 Nr. 6 ZPO) beim Berufungsgericht gewährleistet gewesen. Der Beklagte hat im Rechtsbeschwerdeverfahren unter Bezugnahme auf die bereits dem Berufungsgericht vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Kanzleiangestellten ergänzend vorgetragen, im Büro seines Prozessbevollmächtigten bestehe die allgemeine Anweisung, bei Faxsendungen - insbesondere bei fristgebundenen Schriftsätzen - den Versand des Schriftstücks abzuwarten und den Sendebericht auf die gelungene Übermittelung des Schriftsatzes (Aufdruck "OK") zu überprüfen. Damit hat er nach seinem glaubhaft gemachten Vorbringen ausreichende organisatorische Maßnahmen für eine rechtzeitige Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen getroffen.
14
cc) Das Berufungsgericht hat gleichwohl ausreichenden Vortrag zu der Handhabung von Sendeprotokollen und zur Gewährleistung der Ausgangskontrolle vermisst. Es hat letztlich aus dem der Angestellten unterlaufenen Fehler und dem Umstand, dass der ursprüngliche Sendebericht zum Altpapier gelangt ist, den Schluss auf eine unzureichende Büroorganisation bei der Versendung von Telefaxen gezogen. Dem ist nicht zu folgen.
15
Zunächst hätte das Berufungsgericht seine Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch nicht auf die vom ihm beanstandete Lückenhaftigkeit des Beklagtenvorbringens stützen dürfen, ohne vorher auf bestehende Bedenken hinzuweisen und dem Beklagten die Möglichkeit zu geben, Unklarheiten auch nach Ablauf der in § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 ZPO geregelten Frist auszuräumen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Juni 2007 - XII ZB 232/06, NJW 2007, 3212, Tz. 5, 8; vom 19. Juni 2006 - II ZB 25/05, NJW-RR 2006, 1501, Tz. 9, 13; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 71/03, FamRZ 2004, 1552, unter [II 2] b, jeweils m.w.N.). Auf einen solchen Hinweis hätte der Beklagte dem Berufungsgericht - wie nun in der Rechtsbeschwerde geschehen - nachvollziehbar erläutern können, dass das Faxjournal vom 1. September 2008 deswegen in den Altpapierbehälter gelangt ist, weil sich die Anweisung, die Journale zu den Akten zu nehmen, nur auf Sendeberichte bezog, die eine erfolgreiche Übermittlung dokumentierten. Angesichts der klaren Weisung, die erfolgreiche Versendung eines Schriftstücks per Fax abzuwarten, besteht und bestand für den Beklagtenvertreter keine Veranlassung, auch Sendeprotokolle über fehlgeschlagene Sendungen aufzubewahren. Soweit das Berufungsgericht Vortrag des Beklagten dazu vermisst hat, wer und aus welchen Gründen die fehlgeschlagene Faxübermittlung erneut am Folgetag in die Wege geleitet hat, hat der Beklagte im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzend vorgetragen, eine seiner zwei weiteren Mitarbeiterinnen habe die Versendung erfolgreich vorgenommen. Dieses Vorbringen steht nicht in Widerspruch zu der eidesstattlichen Versicherung der ursprünglich mit der Angelegenheit betrauten Bürokraft. Diese hat lediglich erklärt, sich nach dem 1. September 2008 nicht mehr persönlich mit der Sache befasst zu haben.
16
Soweit das Berufungsgericht eine lückenlose Darlegung aller weiteren im konkreten Fall angefallenen Arbeitsschritte und ergriffenen Maßnahmen verlangt , überspannt es die Anforderungen an die Darlegung eines ordnungsgemäßen Bürobetriebs. Es ist unerheblich, wann der Kanzleikraft das vom Beklagtenvertreter unterzeichnete Schriftstück zugegangen ist. Der Beklagtenvertreter war auch nicht gehalten, die Bürokraft anzuweisen, den Schriftsatz sofort nach Erhalt an das Gericht zu faxen. Laufende Fristen dürfen grundsätzlich ausgeschöpft werden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007 - III ZB 73/07, juris, unter 2). Auch sonstige Maßnahmen waren vom Beklagtenvertreter nicht zu fordern. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die mit der Erledigung der Aufgabe betraute Angestellte bereits in der Vergangenheit die Versendung fristgebundener Schriftstücke bis kurz vor Dienstschluss zurückstellte und die übertragene Aufgabe dann aus Zeitgründen nicht mehr ordnungsgemäß ausführte. Ob der Beklagtenvertreter seiner Angestellten die Anweisung erteilt hat, sich zu vergewissern, dass das Fristverlängerungsgesuch unterzeichnet war, ist im Streitfall ohne Bedeutung. Denn das Schriftstück war nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen des Beklagten ordnungsgemäß unterschrieben. Unerheblich ist schließlich auch, ob und welche Anweisung über die Notierung erledigter Fristen bestand. Die Fristversäumung beruhte ausschließlich auf anderen Gründen.
17
dd) Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten kann auch nicht angelastet werden, dass er die Ausführung der ausgegebenen Anweisungen nicht überwacht hat. Die seiner Mitarbeiterin erteilte Anweisung, das unterzeichnete Fristverlängerungsgesuch - aus Gründen der Fristwahrung - per Fax an das Berufungsgericht zu übermitteln, hatte - ebenso wie die daneben bestehende grundsätzliche Weisung, den Sendebericht abzuwarten und darauf zu überprüfen , ob die Übermittlung erfolgreich durchgeführt wurde - einfache Aufgaben zum Gegenstand. Bei solchen Tätigkeiten darf ein Rechtsanwalt regelmäßig darauf vertrauen, eine ansonsten zuverlässig und sorgfältig arbeitende Bürokraft werde sie fehlerfrei erledigen (Senatsbeschluss vom 17. Juli 2007, aaO; BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2007, aaO; vom 4. April 2007, aaO; vom 11. Februar 2003, aaO; jeweils m.w.N.). Ihn trifft keine Verpflichtung, sich anschließend zu vergewissern, ob die Weisung ordnungsgemäß ausgeführt wurde (Senatsbeschluss vom 29. Juli 2003 - VIII ZB 107/02, FamRZ 2003, 1650; BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 - III ZB 54/08, NJW 2009, 296, Tz. 10; vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03, NJW-RR 2004, 711, unter II; jeweils m.w.N.). Dies gilt in gleicher Weise für allgemeine Weisungen und für konkrete Anweisungen im Einzelfall (BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2003, aaO, m.w.N.; vom 3. September 1998 - IX ZB 46/98, VersR 1999, 1170, unter [II] 2 b bb; jeweils m.w.N.). Dass der Beklagtenvertreter am Tag des Fristablaufs aufgrund eines auswärtigen Gerichtstermins daran gehindert war, die Ausführung der seiner Kanzleimitarbeiterin übertragenen Aufgabe zu überwachen, begründet damit kein eigenes Verschulden des Anwalts.
18
ee) Der verspätete Zugang des Fristverlängerungsgesuchs beruht damit ausschließlich auf einem dem Beklagten nicht zuzurechnenden Fehlverhalten der Büroangestellten seines Prozessbevollmächtigten. Dem Beklagten ist auch nicht als Verschulden anzulasten, dass sein Prozessvertreter von der Möglichkeit einer Fristverlängerung Gebrauch gemacht hat. Denn dieser durfte darauf vertrauen, dass den - unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellten und nicht von der Zustimmung des Gegners abhängigen - Verlängerungsanträgen stattgegeben wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. März 2009, VIII ZB 55/06, NJW-RR 2009, 933, Tz. 12; vom 11. Sep- tember 2007 - VIII ZB 73/05, juris, Tz. 7; BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06, juris, Tz. 6; vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03, NJW 2004, 1742, unter 2; jeweils m.w.N.). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 23.06.2008 - 35 O 18550/07 -
OLG München, Entscheidung vom 17.11.2008 - 18 U 4079/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 64/05
vom
26. Januar 2006
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Zu den Anforderungen an eine Ausgangskontrolle bei der Versendung einer
Rechtsmittelschrift per Telefax (hier: Einschaltung einer Auszubildenden in der
Anfangsphase der Ausbildung im Rahmen der Ausgangskontrolle und zeitliches
Auseinanderfallen der Kontrollmaßnahmen).
BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006 - I ZB 64/05 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Januar 2006 durch
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg und Pokrant, die Richterin Ambrosius und
die Richter Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. Mai 2005 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde beträgt 100.000 €.

Gründe:


1
I. Das Urteil des Landgerichts München I, durch das die Klage abgewiesen worden ist, ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. November 2004 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist beim Berufungsgericht am Montag, 27. Dezember 2004, eingegangen.
2
Die Klägerin hat gegen die Versäumung der am 24. Dezember 2004 abgelaufenen Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu ausgeführt:
3
Ihr Prozessbevollmächtigter, Rechtsanwalt Dr. H. , habe die seit August 2004 in der Rechtsanwaltskanzlei beschäftigte, stets zuverlässige Auszubildende Frau K. am 23. Dezember 2004 angewiesen, die Berufungsschrift im vorliegenden Verfahren an das Berufungsgericht und ein Bestätigungsschreiben an die Klägerin jeweils per Telefax vorab zu übermitteln. Am späten Nachmittag desselben Tages habe Rechtsanwalt Dr. H. sich durch eine Rückfrage bei der Auszubildenden versichert, ob die Berufungsschrift an das Oberlandesgericht abgesandt worden sei, ein OK-Vermerk vorliege und sie die Fax-Nummern kontrolliert habe. Dies sei von der Auszubildenden bestätigt worden. Daraufhin habe ihr Prozessbevollmächtigter die Frist im Fristenkalender und auf seiner gesondert geführten Fristenliste abgehakt. Erst am 29. Dezember 2004 habe sich herausgestellt, dass die Auszubildende lediglich das Bestätigungsschreiben per Telefax übermittelt habe; die Berufungsschrift habe sie nur mit der Post versandt.
4
II. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
5
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe die erforderliche Sorgfalt vermissen lassen, weil eine Ausgangskontrolle gänzlich unterblieben sei. Zwar brauche sich ein Rechtsanwalt nicht über die ordnungsgemäße Erledigung einer jeden Einzelanweisung vergewissern. Von einer Verpflichtung, generell für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen, sei er aber auch im Fall von Einzelanweisungen nicht entbunden. Er habe sicherzustellen, dass eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet werde, wenn der Schriftsatz abgesandt sei. An die in der Rechtsanwaltskanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin bestehende allgemeine Anweisung, dass Fristen von der zuständigen Sekretärin erst nach vollständiger Erledigung, also erst nach dem Vorliegen des OK-Vermerks des Faxgerätes im Fristenbuch abzuhaken seien, habe sich ihr Prozessbevollmächtigter selbst nicht gehalten. Er habe die Frist gestrichen, ohne sich von der tatsächlichen Erledigung anhand des konkreten Sendeberichts zu überzeugen. Auf die bloße Nachfrage bei der mit der Versendung betrauten Auszubildenden, die erst wenige Monate in der Kanzlei beschäftigt und bislang nicht selbständig, sondern nur unter Aufsicht tätig gewesen sei, habe sich der Prozessbevollmächtigte nicht verlassen dürfen. Das Fehlverhalten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei mitursächlich für das Fristversäumnis gewesen.
6
III. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
7
Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO müssen auch bei einer Rechtsbeschwerde vorliegen, die sich gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss richtet (BGHZ 161, 86, 87). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im Streitfall nicht auszugehen. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht erforderlich. Es liegt weder eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor noch verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts Verfahrensgrundrechte der Klägerin, namentlich den Grundsatz des rechtlichen Gehörs , den Anspruch auf ein willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip

).


8
Die Klägerin war nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Berufungsfrist einzuhalten (§§ 233, 517 ZPO). Ihr Prozessbevollmächtigter hat die Berufungs- frist von einem Monat schuldhaft versäumt; sein Verschulden muss sich die Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
9
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Prozessbevollmächtigte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen (BGH, Beschl. v. 8.4.1997 - VI ZB 8/97, NJW 1997, 2120, 2121; Beschl. v. 4.10.2000 - XI ZB 9/00, BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 14). Bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung, für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen, nur dann nach, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen (BGH, Beschl. v. 18.10.1995 - XII ZB 123/95, VersR 1996, 778 f. = BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 44; Beschl. v. 19.11.1997 - VIII ZB 33/97, NJW 1998, 907). Ob dem die allgemeine Anweisung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin (Ziff. 1.4.3) genügt, kann offen bleiben. Bedenken könnten sich daraus ergeben, dass die Anweisung allgemein gehalten ist und die vorstehend nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlichen Prüfungsschritte nicht im Einzelnen aufgeführt sind. Die Frage kann aber dahinstehen, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Berufungsfrist im Terminkalender als erledigt gekennzeichnet hat, ohne sichergehen zu können, dass die Einhaltung der Frist in der dargelegten Weise ausreichend kontrolliert worden war. Dies begründet ein eigenes Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin.
10
2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es nicht darauf an, dass der Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass eine bislang zuverlässige Büroangestellte eine konkrete Einzelanweisung befolgt und bei mündlichen Anweisungen nur sichergestellt werden muss, dass diese nicht in Vergessenheit geraten. Die Einzelanweisung, die Berufungsschrift per Telefax an das Berufungsgericht zu übermitteln, machte die Ausgangskontrolle nicht entbehrlich (vgl. BGH, Beschl. v. 23.10.2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369; Beschl. v. 3.5.2005 - XI ZB 41/04, Umdruck S. 5). Zwar kann der Rechtsanwalt die Ausgangskontrolle auf zuverlässiges Büropersonal übertragen und braucht sie nicht selbst vorzunehmen (BGH, Beschl. v. 23.3.1995 - VII ZB 19/94, NJW 1995, 2105, 2106). Übernimmt der Rechtsanwalt aber generell oder im Einzelfall die Ausgangskontrolle selbst, muss er für eine wirksame Kontrolle Sorge tragen.
11
Im Streitfall hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Ausgangskontrolle selbst übernommen, indem er anstelle der sonst zuständigen Sekretärin Frau Ky. die Berufungsfrist im Fristenkalender als erledigt vermerkte. Wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat, war seine Ausgangskontrolle aber unzureichend, weil er das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Sendeprotokolls nicht selbst überprüfte, bevor er die Erledigung im Fristenkalender vermerkte. Die einfach zu erledigende Aufgabe einer Telefaxübermittlung (einschließlich der Kontrolle des Sendeprotokolls) kann der Anwalt allerdings grundsätzlich seinem Personal überlassen. Er braucht ihre Erfüllung dann nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren (vgl. BGH NJW 2004, 367, 368). Dies kann auch bei einer Auszubildenden der Fall sein, wenn diese mit einer solchen Tätigkeit vertraut ist und eine regelmäßige Kontrolle ihrer Tätigkeit keine Beanstandungen ergeben hat (vgl. BGH, Beschl. v. 11.2.2003 - VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin durfte sich hier aber trotz seiner konkreten Nachfrage, ob die Berufungsschrift durch Telefax übermittelt worden sei, nicht allein auf die Auskunft der Auszubildenden verlassen. Diese war bislang nicht mit der Ausgangskontrolle als solcher befasst.
12
Nach den getroffenen Feststellungen bedurfte die Auszubildende, auch wenn sie sich bis dahin als zuverlässig erwiesen haben mag, selbst in Fragen ihres angestammten Zuständigkeitsbereichs, zu dem die Versendung von Telefaxen gehörte, noch der Anleitung, Begleitung und Überwachung durch die zuständigen Sekretärinnen und den jeweils sachbearbeitenden Rechtsanwalt. Dazu kam - wie das Berufungsgericht näher dargelegt hat - die für die Auszubildende noch ungewohnte besondere Situation des "vorweihnachtlichen Stoßgeschäfts" vor den Feiertagen und dem Jahreswechsel, bei dem in einer Anwaltskanzlei vermehrt Fristsachen anfallen und bei dem auch langjährig erfahrene und zuverlässige Kräfte einer gesteigerten Fehleranfälligkeit unterliegen.
13
Aber auch wenn die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin beauftragte Mitarbeiterin mit der Ausgangskontrolle hinreichend vertraut gewesen wäre, genügte die praktizierte Verfahrensweise nicht den Anforderungen, die an eine ausreichende Ausgangskontrolle zu stellen sind. Zwischen der vermeintlichen Absendung der Berufungsschrift per Telefax am frühen Nachmittag und der Kontrolle des Absendevorgangs ausschließlich durch Nachfrage bei der mit der Versendung befassten Mitarbeiterin am späten Nachmittag lag eine nicht unerhebliche Zeitspanne. Hieraus ergeben sich zusätzliche Risiken, die bei einer im zeitlichen Zusammenhang mit dem Vorgang durchgeführten Kontrolle nicht bestanden hätten und die eine genügende Ausgangskontrolle nicht gewährleisteten , weil die gesamte Ausgangskontrolle auf dem Erinnerungsbild beruhte, das die Mitarbeiterin von dem von ihr ausgeführten, bereits einige Zeit zurückliegenden Vorgang der Telefaxversendung hatte.
14
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
v. Ungern-Sternberg Pokrant Ambrosius
Schaffert Büscher
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.11.2004 - 9 HKO 6145/04 -
OLG München, Entscheidung vom 12.05.2005 - 6 U 5835/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 26/08
vom
11. Februar 2009
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke
am 11. Februar 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 23. Senats des Kammergerichts vom 7. Mai 2008 wird auf Kosten des Klägers verworfen.
Beschwerdewert: 525.000 €

Gründe:


1
I. Der Kläger erstrebt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Begründung der Berufung. Der unter dem 17. März 2008 gefertigte Schriftsatz, der den Antrag zur Verlängerung der Frist für die Begründung der Berufung gegen das dem Kläger am 17. Januar 2008 zugestellte Urteil enthielt, ist bei dem Kammergericht per Telefax erst am 18. März 2008 eingegangen. Nach einem entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts auf den verspäteten Verlängerungsantrag , der beim Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. März 2008 eingegangen ist, hat der Kläger mit einem am 2. April 2008 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Wiedereinset- zung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und zugleich eine Berufungsbegründung vorgelegt.
2
1. Die Fristversäumnis wird damit begründet, dass der Schriftsatz mit dem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zwar am 17. März 2008, also am letzten Tag der Frist, gefertigt und dann in eine für den Postausgang von mit Telefax zu übermittelnden Schreiben vorgesehene Mappe gelegt worden sei. Die für den Postausgang verantwortliche Büroleiterin des Prozessbevollmächtigten des Klägers habe die in dieser Mappe gesammelten Schriftstücke am selben Tag gegen 14.30 Uhr versandt, hierbei aber aus nicht mehr vollständig aufklärbaren Gründen den Fristverlängerungsantrag übersehen. Gleichwohl habe sie im weiteren Verlauf des Nachmittags die Frage des Klägervertreters, ob der Fristverlängerungsantrag per Telefax an das Berufungsgericht übermittelt worden sei, bejaht. Da der Klägervertreter keine Veranlassung gehabt habe, den Angaben seiner gut ausgebildeten und bis dahin stets verlässlich arbeitenden Büroleiterin zu misstrauen, habe er die Löschung der Berufungsbegründungsfrist veranlasst. Der Ablauf dieser Frist war mit dem 17. März 2008 zuvor ordnungsgemäß sowohl in dem elektronischen als auch in dem normalen Fristenkalender notiert worden. In der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten habe die allgemeine und regelmäßig auf ihre Einhaltung überprüfte Anweisung bestanden, bei Übermittlung eines Schriftstücks per Telefax die Telefax-Nummer des Empfängers sowohl nach ihrer Eingabe als auch anhand der Sendebestätigung zu überprüfen und ferner an Hand von Sendeprotokoll und Empfangsbestätigung zu kontrollieren, ob die Übermittlung korrekt und vollständig erfolgt sei. Der Schriftsatz mit dem Antrag auf Fristverlängerung sei erst am darauf folgenden Tag in der Ausgangsmappe für Telefax-Schreiben aufgefunden worden.
3
2. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen , weil der Kläger ein ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumnis nicht ausgeräumt habe. Da der Klägervertreter selbst die Löschung der notierten Frist veranlasst habe, hätte er sich zuvor auch selbst anhand von Sendebericht oder Eingangsbestätigung von der ordnungsgemäßen Absendung per Telefax überzeugen müssen. Die vorzeitige Löschung der Frist habe also die rechtzeitige Aufdeckung des fehlenden Versands bei der gebotenen Kontrolle der offenen Fristen am Ende der Bürotätigkeit am 17. März 2008 und damit die fristwahrende Absendung des Schriftsatzes verhindert. Wegen der Gefahr von Erinnerungsfehlern hätte sich der Klägervertreter auch nicht auf die Angaben seiner ansonsten zuverlässigen Büroleiterin verlassen dürfen; dadurch sei die tatsächlich mögliche Ausgangskontrolle durch ein unnötiges zusätzliches Risiko belastet worden.
4
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
5
1. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hier nicht erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt keine Verfahrensgrundrechte des Klägers, namentlich nicht den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), den Anspruch auf ein willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip).
6
2. Der Kläger war nicht ohne sein Verschulden gehindert, die Frist für die Berufung einzuhalten (§§ 233, 520 Abs. 2 ZPO). Sein Prozessbevollmächtigter hat diese Frist versäumt; dessen Verschulden muss sich der Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
7
Darauf, ob die in der Kanzlei des Klägervertreters insoweit praktizierte Ausgangskontrolle den Anforderungen der Rechtsprechung generell genügte (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - I ZB 64/05 - NJW 2006, 1519 unter III 1 m.w.N.; Senatsbeschlüsse vom 11. Oktober 2000 - IV ZB 17/00 - VersR 2001, 85 unter II 1 b und vom 20. Dezember 2006 - IV ZB 25/06 - FamRZ 2007, 1637 unter II 2 c, jeweils m.w.N.), kommt es im Streitfall nicht an. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat schuldhaft in das in seiner Kanzlei praktizierte System der Ausgangskontrolle eingegriffen und damit die Fristversäumung verursacht. Er hat die Löschung der Frist im Kalender hier selbst veranlasst, ohne sich von der ordnungsgemäßen Absendung des Telefax-Schreibens zu überzeugen. Dies begründet ebenso ein eigenes Verschulden des Prozessbevollmächtigten wie der Umstand, dass sich dieser auf die von seiner Büroleiterin auf Nachfrage erteilte Auskunft über die - angebliche - Absendung des Telefax verließ. Der Rechtsanwalt kann zwar die Ausgangskontrolle auf zuverlässiges Büropersonal übertragen und braucht sie nicht selbst vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 23. März 1995 - VII ZB 19/94 - NJW 1995, 2105 unter II 2). Übernimmt er sie aber im Einzelfall selbst, muss er auch selbst für eine wirksame Kontrolle Sorge tragen (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 aaO unter III 2).
8
Hier hat er sich bei seiner Bürovorsteherin gezielt nach der Absendung des betreffenden Schriftsatzes erkundigt und sodann die Löschung der entsprechenden Frist selbst veranlasst. Er hätte sich jedoch zuvor Klarheit darüber verschaffen müssen, ob ein ordnungsgemäßes Sendeprotokoll und eine Empfangsbestätigung vorlagen. Schon insoweit war seine Ausgangskontrolle unzureichend. Auch auf die Auskunft seiner Bürovorsteherin hätte er sich nicht ohne weiteres verlassen dürfen, zumal er sich nicht sicher sein konnte, dass diese sich zuverlässig an die bereits länger zurückliegende (vermeintliche) Absendung erinnern würde (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 aaO). Die insoweit gebotene eigene Kontrolle hätte die vorzeitige Löschung der Frist verhindert und bei der weisungsgemäßen Überprüfung am Ende der Bürostunden die noch rechtzeitige Absendung des Verlängerungsantrags per Telefax ermöglicht.
Terno Dr. Schlichting Wendt Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.01.2008 - 35 O 15/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.05.2008 - 23 U 41/08 -

Soweit die Entrichtung der Miete an den Vermieter nach § 566c dem Erwerber gegenüber wirksam ist, kann der Mieter gegen die Mietforderung des Erwerbers eine ihm gegen den Vermieter zustehende Forderung aufrechnen. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn der Mieter die Gegenforderung erworben hat, nachdem er von dem Übergang des Eigentums Kenntnis erlangt hat, oder wenn die Gegenforderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als die Miete fällig geworden ist.