Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2013 - VII ZR 39/12

bei uns veröffentlicht am14.03.2013
vorgehend
Landgericht Hildesheim, 10 O 38/10, 29.03.2011
Oberlandesgericht Celle, 13 U 104/11, 29.12.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 39/12
vom
14. März 2013
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Eick, Halfmeier,
Kosziol und Prof. Dr. Jurgeleit

beschlossen:
Der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wird teilweise stattgegeben. Das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 29. Dezember 2011 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Beklagten die Klage in Höhe von 180.050,60 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an einen anderen Senat des Oberlandesgerichts Celle zurückverwiesen. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Von einer Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO). Gegenstandswert der Nichtzulassungsbeschwerde: 193.299,92 €; des stattgebenden Teils: 180.050,60 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin, die im Frühjahr 2008 bei drei Bauvorhaben als Nachunternehmerin für die Beklagte tätig geworden ist, verlangt Restwerklohn. Die Parteien streiten im Wesentlichen darum, ob eine Abrechnung nach Stundenlohnarbeiten (so die Klägerin) oder nach Einheitspreisen (so die Beklagte) vereinbart worden ist.
2
Das Landgericht, welches mehrere Zeugen vernommen hat, unter anderem den Bruder des damaligen Geschäftsführers und heutigen Liquidators der Klägerin, den Zeugen S. B., hat eine Stundenlohnvereinbarung aufgrund von Indizien als erwiesen angesehen. Es hat der Klage weitgehend, nämlich in Höhe von 219.271 €, stattgegeben.
3
Die Berufung der Beklagten war überwiegend erfolgreich. Das Berufungsgericht hat nach Anhörung eines Mitgeschäftsführers der Beklagten eine Stundenlohnvereinbarung als nicht erwiesen erachtet. Den von der Beklagten im Übrigen eingeräumten Restwerklohnanspruch in Höhe von 39.220,40 € hat das Berufungsgericht aufgrund einer Gegenforderung der Beklagten in Höhe 13.249,32 € auf 25.971,08 € nebst Zinsen vermindert.
4
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt die Klägerin einen Restwerklohnanspruch in Höhe von 193.299,92 € nebst Zinsen weiter.

II.

5
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat überwiegend Erfolg.
6
1. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe eine Stundenlohnvereinbarung nicht bewiesen. Zwar spreche eine Anzahl von Indizien für eine Stundenlohnvereinbarung, namentlich die abgezeichneten Stundenzettel und Stundenaufstellungen. Die Indizien seien aber nicht ausreichend. Dies beruhe vor allem auf den plausiblen Erklärungen des Mitgeschäftsführers der Beklagten bei seiner Anhörung in zweiter Instanz. Die Klägerin habe die Stundenzettel zur Abrechnung für ihre eigenen Leute benötigt. Danach sei es zumindest zweifelhaft, ob die Parteien die von der Klägerin behauptete Abrechnungsweise vereinbart hätten, wie sie die Klägerin behauptet.
7
2. Das Berufungsurteil beruht überwiegend auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist deshalb insoweit aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO.
8
a) Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil es seine Beweiswürdigung vor allem auf die Angaben des von ihm persönlich gehörten Mitgeschäftsführers der Beklagten in der mündlichen Berufungsverhandlung gestützt hat. Den damaligen Geschäftsführer und heutigen Liquidator der Klägerin hat das Berufungsgericht hingegen nicht gehört. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, war kein Zeuge bei den Vereinbarungen der Parteien zugegen. Zur Gewährleistung der "Waffengleichheit", wie er aus dem Gleichheitssatz, dem Rechtsstaatsgebot und Art. 6 Abs. 1 EMRK abgeleitet werden kann, hätte das Berufungsgericht der Klägerin Gelegenheit geben müssen, ihre Darstellung des Gesprächs im Rahmen einer beiderseitigen Parteianhörung auf der Grundlage des § 141 ZPO oder des § 448 ZPO in den Prozess einzubringen (vgl. BGH, Urteile vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04, NJW-RR 2006, 61 unter II 3 b; vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 16; vom 9. Juni 2011 - IX ZR 75/10, NJW 2011, 2889 Rn. 19). Das Verfahren des Berufungsgerichts stellt sich deshalb als Gehörsverletzung dar, weil das Gericht den Vortrag der Klägerin als nicht erwiesen angesehen hat, ohne zuvor auch ihren Geschäftsführer bzw. Liquidator zu hören.
9
b) Das angefochtene Urteil beruht auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es auch den früheren Geschäftsführer und jetzigen Liquidator der Klägerin gehört hätte.
10
c) Nach dieser Maßgabe hat die Beschwerde in Höhe von 180.050,60 € Erfolg (193.299,92 € minus 13.249,32 €).
11
3. Der Senat hat von der durch § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit auch zu prüfen, ob angesichts des Umstandes, dass lediglich Arbeitsleistungen erbracht worden sind, ein Werkvertrag vorliegt.

III.

Im Übrigen wird von einer Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).
Kniffka Eick Halfmeier Kosziol Jurgeleit

Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 29.03.2011 - 10 O 38/10 -
OLG Celle, Entscheidung vom 29.12.2011 - 13 U 104/11 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 141 Anordnung des persönlichen Erscheinens


(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins

Zivilprozessordnung - ZPO | § 448 Vernehmung von Amts wegen


Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Ta

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 216/04 Verkündet am:
27. September 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
EMRK Art. 6 Abs. 1
Erfordert der Grundsatz der Waffengleichheit, dass der Partei, die für ein Gespräch
keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs
persönlich in den Prozess einzubringen, kann nicht sowohl die Vernehmung
der Partei gem. § 448 ZPO als auch ihre Anhörung gem. § 141 ZPO von
einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für ihr Vorbringen abhängig gemacht
werden.
BGH, Urteil vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. Juni 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerinnen und die beklagte Bank streiten übe r Ansprüche im Zusammenhang mit angeblichen Pflichtverletzungen bei der Valutierung eines Darlehens. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin zu 2) ist eine in Liquidation befindl iche Bauträgerin, die Klägerin zu 1) Liquidatorin und Geschäftsführerin der KomplementärGmbH. Die Klägerin zu 2) kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 23. Januar 1992 zwei Grundstücke zum Preis von 1,6 Millionen DM. Zur Finanzierung gewährte die Beklagte ihr am 13. März 1992 einen Kredit , der durch eine Bürgschaft der Klägerin zu 1) und Grundschulden auf mehreren Grundstücken der Klägerinnen gesichert war. Nachdem die Klägerin zu 2) 0,5 Millionen DM an den Verkäufer gezahlt hatte und Zweifel an der Bebaubarkeit eines der Grundstücke aufgetreten waren, verpflichtete sich der Verkäufer in einer notariell beglaubigten Vereinbarung vom 7./15. September 1992 mit der Klägerin zu 2) für den Fall, dass diese nicht binnen zwei Jahren eine rechtskräftige Baugenehmigung erhalten sollte, zum Tausch dieses Grundstücks gegen ein anderes. Ferner heißt es in der Vereinbarung: "Der Restkaufpreis aus dem Vertrag vom 23.01.1992 wird am 8.09.1992 bezahlt. Der Verkäufer erklärt sodann unmittelbar die Auflassung." Am 11. September 1992 beauftragte die Klägerin zu 2) die Beklagte, von ihrem Kreditkonto 1,1 Millionen DM auf das Konto des Verkäufers bei einem anderen Kreditinstitut zu überweisen. Dabei gab sie auf dem Überweisungsformular in dem Feld "Verwendungszweck (nur für Empfänger)" an: "Grundstückszahlung unter Vorbehalt baulicher Nutzung ... oder Tausch ge. Vereinbarung vom 07.09.1992". Aufgrund einer Absprache mit dem Verkäufer verbuchte die
Beklagte den Überweisungsbetrag zunächst auf ihrem CpD-Konto. Sodann überwies sie 300.000 DM auf das im Überweisungsauftrag angegebene Konto und schrieb, unter entsprechender Änderu ng des Empfängerkontos auf dem Überweisungsformular, 800.000 DM einem bei ihr neu eröffneten Festgeldkonto des Verkäufers gut. Der Verkäufer erklärte daraufhin die Auflassung, die im Grundbuch vollzogen wurde.
Nachdem die Baugenehmigung rechtskräftig abgelehnt worden war und der Verkäufer sich auf die Formunwirksamkeit der Vereinbarung vom 7./15. September 1992 berufen hatte, erklärte das Oberlandesgericht S. die Klage der Klägerin zu 2) gegen den Verkäufer auf Schadensersatz in Höhe von 1.260.000 DM nebst Zinsen gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. sowie wegen vorsätzlichen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen durch rechtskräftiges Urteil vom 22. Juni 1999 dem Grunde nach für gerechtfertigt und verwies die Sache zur Entscheidung über den Betrag des streitigen Anspruchs an das Landgericht zurück.
Am 28. November 1996 kündigte die Beklagte die Ges chäftsverbindung und forderte die Klägerin zu 2) zur Kreditrückzahlung auf. Sie betreibt die Zwangsvollstreckung aus zwei Grundschulden.
Die Klägerinnen sind der Auffassung, die Beklagte habe den Überweisungsauftrag vom 11. September 1992 nicht, jedenfalls nicht weisungsgemäß ausgeführt und sei zur Wiedergutschrift des Überweisungsbetrages verpflichtet. Die Beklagte habe Warn- und Aufklärungspflichten verletzt, indem sie nicht auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung vom 7./15. September 1992 hingewiesen habe. Die Klägerinnen behaupten, die Beklagte habe dem Verkäufer die Angabe des Verwendungszwecks
auf dem Überweisungsformular nicht zur Kenntnis gebracht. Die Klägerin zu 1) habe mit dem zuständigen Angestellten der Beklagten besprochen, dass die Beklagte mit der im Überweisungsauftrag angegebenen Empfängerbank des Verkäufers vereinbare, dass diese den Überweisungsbetrag bis zum Nachweis der Bebaubarkeit des verkauften Grundstücks oder bis zur Übereignung des Tauschgrundstücks treuhänderisch verwalte. Diese Verpflichtung habe die Beklagte nicht erfüllt.
Mit der Klage erstreben die Klägerinnen die Festst ellungen, dass zwischen der Klägerin zu 2) und der Beklagten hinsichtlich eines Betrages von 1,1 Millionen DM und den darauf berechneten Zinsen und Kosten kein Schuldverhältnis entstanden und die Beklagte zur Ausbuchung der entsprechenden Kontobelastungen verpflichtet sei, dass die Klägerin zu 1) der Beklagten für den Betrag von 1,1 Millionen DM nebst Zinsen und Kosten weder als Bürgin noch aus einem anderen Rechtsgrund hafte und diesbezügliche Sicherheiten zurückverlangen könne, dass Grundschulden in Höhe von 200.000 DM und 300.000 DM auf Grundstücken der Klägerin zu 1) von der Beklagten nicht als Sicherheit für den der Klägerin zu 2) gewährten Kredit in Höhe von 1,6 Millionen DM in Anspruch genommen werden könnten und dass die Beklagte den Klägerinnen für den Ersatz des Schadens verantwortlich sei, der ihnen dadurch entstanden sei und noch entstehen werde, dass die Beklagte den Überweisungsauftrag vom 11. September 1992 nicht ausgeführt, sondern den Überweisungsbetrag auf einem CpD-Konto gutgeschrieben und von dort aus nach den Anweisungen des Verkäufers darüber verfügt habe. Außerdem nehmen die Klägerinnen die Beklagte auf Zustimmung zur Löschung einer Grundschuld in Höhe von 1,3 Millionen DM auf einem Grundstück der Klägerin zu 2) und auf Herausgabe des Grundschuldbrie-
fes an die Klägerin zu 2) in Anspruch. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Zulässigkeit des auf Feststellung der Verpflic htung der Beklagten zum Schadensersatz gerichteten Antrages könne dahinstehen. Im Übrigen sei die Klage zulässig.
Die Klage sei insgesamt unbegründet, weil die Kläg erin zu 2) keine Ansprüche habe, die dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Beklagten und der Zwangsvollstreckung entgegengesetzt werden könnten.
Die Beklagte sei nicht zur Rückerstattung des Über weisungsbetrages in Höhe von 1,1 Millionen DM zuzüglich Nebenkosten verpflichtet. Sie habe den Überweisungsauftrag zwar nicht weisungsgemäß ausge-
führt, sondern das Empfängerkonto geändert. Dadurch sei das Interesse der Klägerin zu 2) im Ergebnis aber nicht verletzt worden. Der von ihr mit der Überweisung verfolgte Zweck, die Tilgung des Restkaufpreisanspruches des Verkäufers, sei trotz der abweichenden Buchung erreicht worden. Der Verkäufer habe die Leistung als Erfüllung angenommen und seine Pflicht zur Auflassung umgehend erfüllt.
Der Zweck der Überweisung sei auch dann nicht vere itelt worden, falls die Beklagte ihre Pflicht, den im Überweisungsformular angegebenen Verwendungszweck an den Verkäufer weiter zu leiten, verletzt habe. Gegen die Auffassung der Klägerinnen, der Zweck der Überweisung sei nicht die Erfüllung des Restkaufpreisanspruches gewesen, spreche, dass nach der Vereinbarung vom 7./15. September 1992 die Zahlung des Restkaufpreises am 8. September 1992 nicht von weiteren Bedingungen abhängig gewesen sei. Auch im Grundstückskaufvertrag vom 23. Januar 1992 fänden sich keine Hinterlegungs- oder Treuhandabreden. Mit dem in der Angabe des Verwendungszwecks zum Ausdruck gebrachten Vorbehalt hätten die Klägerinnen nur dem Verständnis der Leistung als Anerkenntnis entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen wollen. Die Klägerinnen hätten deshalb durch die etwa unterbliebene Weiterleitung der Verwendungszweckangabe keinen Schaden erlitten.
Die Parteien hätten auch keine Treuhandabrede oder sonstige vertragliche Vereinbarung geschlossen, derzufolge die Beklagte die Empfängerbank in eine überwachte Zahlungsabwicklung gegenüber dem Verkäufer hätte einbinden sollen. Dies stehe aufgrund der Aussage des Zeugen L. , eines Angestellten der Beklagten, fest.
Die Beklagte habe ferner keine Hinweis-, Warn- ode r Aufklärungspflichten verletzt. Selbst wenn der Zeuge L. die Vereinbarung vom 7./15. September 1992 gekannt haben sollte, sei er nicht zu einem Hinweis auf deren Formunwirksamkeit verpflichtet gewesen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Rechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings d ie Auffassung des Berufungsgerichts, die Klage sei nicht als unzulässig abzuweisen. Soweit die Klage auf Feststellung gerichtet ist, liegt ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 BGB vor.
Ein solches fehlt zwar im Allgemeinen, soweit eine Leistungsklage möglich ist. Der Vorrang der Leistungsklage gilt aber nicht ausnahmslos. Wenn eine Feststellungsklage zur endgültigen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt, etwa weil von der Bereitschaft des Beklagten zur Leistung schon auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin auszugehen ist, bestehen gegen die Zulässigkeit keine Bedenken (Senat BGHZ 130, 115, 119 f. und Urteil vom 30. März 1995 - XI ZR 78/94, WM 1995, 1219, 1220, insoweit in BGHZ 130, 59 ff. nicht abgedruckt; jeweils m.w.Nachw.).
So liegt es hier. Die endgültige Erledigung des St reits durch ein Feststellungsurteil ist zu erwarten, weil die beklagte Bank die Zulässig-
keit der Feststellungsanträge nicht in Zweifel zieht und durch ihr prozessuales Verhalten gezeigt hat, dass auch ihr an der Klärung des Rechtsverhältnisses durch die von den Klägerinnen erhobene Feststellungsklage gelegen ist. Dies gilt auch hinsichtlich des Antrages festzustellen, dass die Beklagte den Klägerinnen zum Ersatz des entstandenen und künftig entstehenden Schadens verpflichtet ist.
2. Rechtsfehlerfrei ist auch die Begründung, mit d er das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung verneint hat.

a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgega ngen, dass die Beklagte gegenüber den Klägerinnen keine Hinweis-, Warn- oder Aufklärungspflichten verletzt hat.
Eine kreditgebende Bank ist zur Risikoaufklärung ü ber das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass der Kreditnehmer entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient hat. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kreditnehmer schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn
sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Kreditnehmer hat und dies auch erkennen kann (st.Rspr.; vgl. Senat, Urteile vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1224 f. und vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830, jeweils m.w.Nachw.).
Solche besonderen Umstände hat das Berufungsgerich t rechtsfehlerfrei nicht festgestellt. Die Klägerinnen berufen sich insoweit ohne Erfolg darauf, die Klägerin zu 1) habe die Beklagte auf Bedenken gegen die Bebaubarkeit des Grundstücks und die Formwirksamkeit des Vertrages vom 7./15. September 1992 angesprochen. Die Beklagte durfte ohne weiteres davon ausgehen, dass die Klägerin zu 2) als gewerbliche Bauträgerin diese Bedenken ebenso wie alle sonstigen Risiken des finanzierten Grundstückskaufs selbst prüfen würde. Dass die Beklagte sich ausdrücklich verpflichtet hätte, die Klägerin zu 2) in dieser Frage zu beraten, haben die Klägerinnen nicht vorgetragen.

b) Rechtlich zutreffend ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts , dass die Klägerinnen durch die etwaige Verletzung der vertraglichen Nebenpflicht der Beklagten zur vollständigen und richtigen Weiterleitung der Verwendungszweckangabe (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1976 - II ZR 116/74, WM 1976, 904, 906 f.; Schimansky, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 49 Rdn. 28) keinen Schaden erlitten haben.
Das Berufungsgericht hat den in der Verwendungszwe ckangabe zum Ausdruck gebrachten Vorbehalt rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass die Klägerin zu 2) lediglich dem Verständnis ihrer Leistung als An-
erkenntnis (§ 208 BGB a.F.) entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen, sich also die Möglichkeit offen halten wollte, das Geleistete gemäß § 812 BGB zurückzufordern (vgl. Senat, BGHZ 139, 357, 367 f.). Diese Auslegung einer Individualerklärung ist revisionsrechtlich nur beschränkt, nämlich darauf überprüfbar, ob der Tatrichter gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denk- oder Erfahrungssätze verletzt oder den unterbreiteten Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt hat (st.Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 270/01, WM 2003, 1089, 1090 und vom 13. März 2003 - IX ZR 199/00, WM 2003, 795, 796, jeweils m.w.Nachw.). Ein solcher Rechtsfehler liegt nicht vor. Die Revision versucht lediglich, andere Auslegungsmöglichkeiten , etwa die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung oder einer Beweislastumkehr, an die Stelle der Auslegung durch das Berufungsgericht zu setzen. Damit kann sie keinen Erfolg haben.
Die von den Klägerinnen gegen den Verkäufer erhobe nen Rückforderungsansprüche , deren Offenhaltung die Verwendungszweckangabe diente, sind durch das rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichts S. vom 22. Juni 1999 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden. Dass das Oberlandesgericht Ansprüche gemäß §§ 812, 123 BGB wegen Versäumung der Anfechtungsfrist gemäß § 124 BGB verneint und statt dessen Ansprüche gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. und wegen vorsätzlichen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen bejaht hat, ist unerheblich. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerinnen gleichwohl durch die angeblich unterbliebene Weiterleitung der Verwendungszweckangabe einen Schaden erlitten haben könnten. Soweit die Revision sich auf eine Erschwerung oder Verzögerung der Rechtsverfolgung, auf Beweislastprobleme und die Unzulässigkeit eines Urkundenprozesses be-
ruft, reicht dies zur Darlegung eines konkreten Vermögensschadens nicht aus.
3. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht ei nen Anspruch der Klägerin zu 2) gemäß §§ 667, 675 Abs. 1 BGB auf Rückbuchung (vgl. BGHZ 121, 98, 106; Schimansky, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 47 Rdn. 28) des Überweisungsbetrages in Höhe von 1,1 Millionen DM nebst Zinsen und Kosten verneint hat, hält rechtlicher Überprüfung hingegen nicht stand.

a) Rechtlich zutreffend ist allerdings die Auffass ung des Berufungsgerichts , dass dieser Anspruch nicht bereits deshalb begründet ist, weil die Beklagte den Überweisungsbetrag nach Absprache mit dem Überweisungsempfänger nicht auf das von den Klägerinnen angegebene Empfängerkonto, sondern zunächst auf ihr CpD-Konto und sodann teilweise auf ein bei ihr neu eröffnetes Konto des Verkäufers überwiesen hat.
Die Geltendmachung eines Anspruches auf Rückgängig machung von Kontobelastungen verstößt, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn eine weisungswidrige Erledigung eines Überweisungsauftrags das Interesse des Überweisungsauftraggebers nicht verletzt, insbesondere, wenn der mit der Überweisung verfolgte Zweck trotz der Fehlbuchung erreicht worden ist (Senat, Urteile vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 207/90, WM 1991, 1912, 1913 und vom 21. Juni 2005 - XI ZR 152/04, WM 2005, 1564, 1567; jeweils m.w.Nachw.).
So liegt es hier. Der mit der Überweisung verfolgt e Zweck war die Erfüllung der Restkaufpreisforderung aufgrund der Vereinbarungen vom 23. Januar 1992 und vom 7./15. September 1992. Der auf dem Überweisungsformular angegebene Verwendungszweck ändert daran nichts. Er sollte nach der, wie dargelegt, rechtsfehlerfreien Auslegung des Berufungsgerichts die Möglichkeit, das Geleistete zurückzufordern, offen halten und stellte den mit der Überweisung verfolgten Zweck, nämlich die ordnungsgemäße Erfüllung (vgl. Senat, BGHZ 139, 357, 368) der Restkaufpreisforderung , nicht in Frage. Die Erfüllungswirkung ist mit der Überweisung erreicht worden. Da die Abweichung von dem im Überweisungsauftrag angegebenen Empfängerkonto auf einer Absprache der Beklagten mit dem Empfänger beruhte, hat dieser die Überweisung in der tatsächlich ausgeführten Form als Erfüllung seiner Kaufpreisforderung angenommen und umgehend den Anspruch der Klägerin zu 2) auf Auflassung des Grundstücks erfüllt. Dass die Beklagte nicht versehentlich , sondern absichtlich von dem im Überweisungsauftrag angegebenen Empfängerkonto abgewichen ist, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Revision keine andere Beurteilung. Die Beklagte konnte aufgrund der Absprache mit dem Empfänger davon ausgehen, dass der mit der Überweisung verfolgte Zweck trotz dieser Abweichung erreicht werde. Sie trug hierfür das alleinige Risiko, weil sie andernfalls zur Rückgängigmachung der Kontobelastung verpflichtet gewesen wäre. Da sie auch die volle Beweislast für die Erreichung des mit der Überweisung verfolgten Zwecks trug, sind den Klägerinnen entgegen der Ansicht der Revision auch keine Beweisnachteile entstanden.

b) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, m it der das Berufungsgericht einen Rückbuchungsanspruch der Klägerin zu 2) verneint
hat, soweit die Klägerinnen diesen damit begründen, die Beklagte habe ihre Weisung missachtet, mit der Empfängerbank eine treuhänderische Verwaltung des Überweisungsbetrages bis zum Nachweis der Bebaubarkeit des verkauften Grundstückes bzw. bis zur Übereignung des Tauschgrundstücks zu vereinbaren.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Kläger innen hätten eine solche Weisung nicht erteilt, ist rechtsfehlerhaft. Sie beruht ausschließlich auf der Zeugenaussage eines Angestellten der Beklagten. Die Klägerin zu 1) hat das Berufungsgericht trotz eines entsprechenden Antrages der Klägerinnen zu dem Vier-Augen-Gespräch, in dem die Weisung erteilt worden sein soll, weder gemäß § 448 ZPO vernommen noch gemäß § 141 ZPO angehört. Diese Verfahrensweise verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR NJW 1995, 1413, 1414) und Art. 103 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfG NJW 2001, 2531). Der Grundsatz der Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen. Zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO anzuhören (BGH, Urteile vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96, NJW 1999, 363, 364 und vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02, WM 2003, 1740, 1741 f.; jeweils m.w.Nachw.). Die Notwendigkeit , der Partei Gelegenheit zur Äußerung in einer dieser beiden Formen zu geben, setzt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für ihr Vorbringen voraus (BVerfG NJW 2001, 2531, 2532).

Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Tatrichter seine Feststellungen über den Gesprächsverlauf nicht nur auf die Aussage des von der Gegenpartei benannten Zeugen, sondern zusätzlich auf sonstige Beweismittel oder Indizien stützt (Senat, Beschluss vom 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02, WM 2003, 702, 703; BGH, Beschluss vom 25. September 2003 - III ZR 384/02, NJW 2003, 3636). So liegt es hier aber nicht. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die von den Klägerinnen behauptete Weisung sei nicht erteilt worden, beruht allein auf der Zeugenaussage des Angestellten der Beklagten. Dass die Klägerin zu 2) dem Verkäufer ausweislich des Tauschvertrages unabhängig vom Eintritt weiterer Bedingungen zur sofortigen Zahlung des Restkaufpreises verpflichtet war und eine Überweisung zu treuen Händen der Empfängerbank dem widersprochen hätte, führt das Berufungsgericht nicht zur Rechtfertigung dieser Feststellung, sondern nur in anderem Zusammenhang an.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Ab s. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt
16
Allerdings kann im Fall der Beweisnot einer Partei eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO oder eine Anhörung der Partei nach § 141 ZPO aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit notwendig sein. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch - anders als die Gegenpartei - keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - NJW-RR 2007, 1690, 1691 Rn. 10 sowie Beschlüsse vom 25. September 2003 - III ZR 384/02 - NJW 2003, 3636 und vom 30. September 2004 - III ZR 369/03 - BeckRS 2004, 09779; BGH, Urteile vom 9. Oktober 1997 - IX ZR 269/96 - NJW 1998, 306 f; vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363, 364; vom 19. Dezember 2002 aaO; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 - NJW-RR 2006, 61, 63 und vom 23. April 2008 - XII ZR 195/06 - NJW-RR 2008, 1086, 1087 Rn. 13; BVerfG, NJW 2001, 2531 f; NJW 2008, 2170 f; EGMR, NJW 1995, 1413 f). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Bei dem vom Zeugen E. bekundeten Gespräch handelt es sich nicht um ein Vier-Augen-Gespräch. Der Zeuge E. hat bei dem Beratungsgespräch nicht anstelle des Klägers als dessen Vertreter gehandelt, sondern als weitere Person teilgenommen. Dass er dem Kläger als dessen Sohn nahe steht, rechtfertigt es nicht ohne weiteres, das Gespräch als ein zwischen den Parteien geführtes "Vier-Augen-Gespräch" einzuordnen (s. auch BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; für den Fall des Gesprächs zwischen einer Prozesspartei und einem "außenstehenden" bzw. "nicht ausschließlich im Lager" der gegnerischen Partei stehenden Zeugen s. BGHZ 150, 334, 341 ff und Senatsbeschluss vom 30. September 2004 aaO). Hinzu kommt, dass sich der Beklagte für seine gegenteilige Behauptung, dass es dem Kläger stets und allein um die Steuerersparnis - als "einzige Richtschnur" - gegangen sei, nicht aber (auch) um eine sichere, zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage, auf das Zeugnis der Steuerberaterin F. -F. berufen hat; diese Zeugin hat in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht freilich bekundet, an den Gesprächen nicht beteiligt gewesen zu sein beziehungsweise sich hieran nicht mehr erinnern zu können. Bei dieser Lage einer - behaupteten - Gesprächsbeteiligung zweier weiterer als Zeugen vernommener Personen fordert der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit nicht die Anhörung oder Vernehmung derjenigen Partei, zu deren Nachteil die Beweisaufnahme ausgegangen ist. Abgesehen davon ist den Belangen der in Beweisnot geratenen Partei zureichend Genüge getan, wenn diese bei oder nach der Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung ) vor Gericht persönlich anwesend war und daher die Möglichkeit hatte, ihre Darstellung vom Verlauf des Gesprächs durch eine Wortmeldung gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich vorzutragen oder den Zeugen zu befragen (Senatsbeschlüsse vom 25. September 2003 aaO und vom 30. September 2004 aaO; BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; BVerfG, NJW 2008, 2170, 2171). Der Beklagte war bei sämtlichen Verhandlungs- und Beweisterminen in beiden Vorinstanzen persönlich anwesend; zum Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht war zudem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden. Dafür, dass er daran gehindert gewesen wäre, in diesen Terminen seine Sicht der Gesprächsinhalte zu schildern, ist nichts vorgetragen noch sonst ersichtlich.
19
2. Da es sich dabei um ein Vier-Augen-Gespräch der Parteien handelt, wird das Berufungsgericht zum Zwecke der Beweiserhebung eine Anhörung beider Parteien entweder auf der Grundlage des § 141 ZPO oder des § 448 ZPO vorzunehmen haben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96, NJW 1999, 363, 364; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04, NJW-RR 2006, 61, 63). In Berufshaftungssachen ist eine solche Parteianhörung jedenfalls in Ermangelung weiterer Beweismittel geboten, um Feststellungen über den Inhalt streitiger Beratungsgespräche treffen zu können (vgl. etwa BGH, Urteil vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00, NJW-RR 2001, 1431, 1432; vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03, NJW 2005, 1718, 1719 jeweils Arzthaftung betreffend). Bislang sind die Parteien von dem Berufungsgericht im Termin vom 27. April 2008 of- fenbar nur informatorisch gehört worden. Im Blick auf den seither verstrichenen Zeitablauf und eine etwaige Umbesetzung des erkennenden Senats des Berufungsgerichts ist eine abermalige Anhörung der Parteien zum Zwecke einer Beweiserhebung über den Inhalt des Beratungsgesprächs geboten. Auf dieser Grundlage wird das Berufungsgericht darüber zu befinden haben, ob der Kläger den ihm obliegenden Nachweis eines Beratungsfehlers durch den Beklagten geführt hat.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.