Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2010 - VI ZB 47/10
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Kläger haben den Beklagten wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Widerruf und Feststellung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage durch rechtskräftiges Urteil abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es dem Kläger zu 1 zu 4/9 und dem Kläger zu 2 zu 5/9 auferlegt. Hierauf gestützt hat der Beklagte die Festsetzung von Kosten in Höhe von insgesamt 2.064,65 € nebst Zinsen gegen die Kläger beantragt und dabei die Verfahrensgebühr mit dem 1,3-fachen Satz in Höhe von 891,80 € zuzüglich Umsatzsteuer in Ansatz gebracht. Der Rechtspfleger beim Landgericht hat dem Antrag des Beklagten mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6. Oktober 2009 entsprochen. Er hat die vom Kläger zu 1 an den Beklagten zu erstattenden Kosten auf 917,62 € und die vom Kläger zu 2 an den Beklagten zu erstattenden Kosten auf 1.147,03 € festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers zu 1 hat das Kammergericht die in Ansatz gebrachte 1,3-fache Verfahrensgebühr anteilig um die Hälfte der vorprozessual entstandenen Geschäftsgebühr gekürzt und die vom Kläger zu 1 an den Beklagten zu erstattenden Kosten auf 681,79 € reduziert. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte den Antrag auf Festsetzung einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr weiter.
II.
- 2
- 1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass für die mit dem Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens identische außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Beklagten eine Geschäftsgebühr entstanden sei. Diese sei nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG anzurechnen. Daran ändere auch § 15a RVG nichts, weil diese Bestimmung wegen der zumindest entsprechend anwendbaren Überleitungsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG auf das vorliegende Verfahren keine Anwendung finde. Der Auftrag zur Rechts-/Prozessvertretung des Beklagten sei vor Inkrafttreten des § 15a RVG (5. August 2009) erteilt worden. Bei § 15a RVG handle es sich um eine Gesetzesänderung und nicht um eine bloße Klarstellung des wahren Willens des Gesetzgebers.
- 3
- 2. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 575 ZPO) hat Erfolg. Sie macht zutreffend geltend, dass der Beklagte von den Klägern gemäß § 15a RVG die Erstattung einer ungekürzten Verfahrensgebühr verlangen kann.
- 4
- § 15a RVG ist durch Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügt worden und gemäß Art. 10 Satz 2 dieses Gesetzes am 5. August 2009 in Kraft getreten. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 15a RVG auch auf noch nicht abgeschlossene Kostenfestsetzungsverfahren anzuwenden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. September 2009 - II ZB 35/07, NJW 2009, 3101 Rn. 6 ff.; vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 175/07, NJW 2010, 1375 Rn. 11 ff. m.w.N. zum Streitstand; vom 3. Februar 2010 - XII ZB 177/09, AGS 2010, 106 unter III.; vom 11. März 2010 - IX ZB 82/08, juris Rn. 6; vom 29. April 2010 - V ZB 38/10, AGS 2010, 263 unter III. 1. und vom 10. August 2010 - VIII ZB 15/10, Juris Rn. 9 f. z.V.b.). Danach ist auch für die Zeit vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes davon auszugehen , dass die in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG angeordnete Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr für die Höhe der gesetzlichen Gebühren im Verhältnis der Prozessparteien untereinander ohne Bedeutung ist und die entsprechend berechtigte Prozesspartei die Erstattung einer ungekürzten Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG beanspruchen kann.
Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 06.10.2009 - 27 O 620/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 06.08.2010 - 2 W 194/09 -
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(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.
(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.
(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.
(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.
(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.
(3) In Angelegenheiten nach dem Pflegeberufegesetz ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts § 52 Absatz 4 Nummer 4 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 15. August 2019 erteilt worden ist.
(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.
(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.
(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.
(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.
(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin begehrt im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den Beklagten den Ansatz der ungeminderten Verfahrensgebühr.
- 2
- Rechtspfleger und Oberlandesgericht haben die von der Klägerin für ihre erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) nicht in voller Höhe berücksichtigt. Denn gemäß Anlage 1, Teil 3, Vorbemerkung 3 [im Folgenden: Vorbemerkung 3] Abs. 4 VV RVG sei hier auf die Verfahrensgebühr die halbe vorgerichtlich entstandene 1,0Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) anzurechnen. Mangels Anwendbarkeit auf Altfälle habe an dieser Rechtslage auch die zwischenzeitlich erfolgte Einführung des § 15 a RVG nichts geändert.
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- Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig. Das Beschwerdegericht hat sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
III.
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- Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet, denn das Oberlandesgericht hat die geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) zu Unrecht nicht in voller Höhe berücksichtigt.
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- 1. Allerdings kann sich das Beschwerdegericht auf die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs stützen. Danach sei Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG so zu verstehen, dass eine entstandene Geschäftsgebühr unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen sei. Es verringere sich die erst später nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr, während die zuvor bereits entstandene Geschäftsgebühr unangetastet bleibe (vgl. BGH Urteile vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06 - NJW 2007, 2049, 2050; vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06 - NJW 2007, 2050, 2052 und vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 310/06 - NJW 2007, 3500 f. sowie BGH Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - FamRZ 2008, 878, 879; zustimmend Peter NJW 2007, 2298, 2299; Streppel MDR 2007, 929, 930 f.; a.A. noch BGH Beschlüsse vom 20. Oktober 2005 - I ZB 21/05 - NJW-RR 2006, 501, 502; vom 27. April 2006 - VII ZB 116/05 - FamRZ 2006, 1114 und vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06 - VersR 2007, 1102).
- 7
- Dieser Auffassung des VIII. Zivilsenats, die in Instanzrechtsprechung und Literatur auf Kritik gestoßen ist (vgl. KG (1. ZS) MDR 2008, 1427; KG (1. ZS) JurBüro 2008, 304, 305 f.; OLG Karlsruhe AGS 2007, 494, 495; Ruess MDR 2007, 1401, 1402 ff.; Schons AGS 2007, 284 f.; Hansens RVGreport 2008, 121 f., 127), haben sich zwischenzeitlich mehrere Senate des Bundesgerichtshofs angeschlossen (vgl. BGH Beschlüsse vom 30. April 2008 - III ZB 8/08 - FamRZ 2008, 1346; vom 14. August 2008 - I ZB 103/07 - AGS 2008, 574; vom 24. September 2008 - IV ZB 26/07 - juris, Tz. 6 f. und vom 25. September 2008 - VII ZB 93/07 - juris, Tz. 5).
- 8
- 2. Der Gesetzgeber hat auf diese Entwicklung in der Rechtsprechung einiger Senate des Bundesgerichtshofs sowie die dagegen geäußerte Kritik reagiert und in dem mit Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des am 4. August 2009 verkündeten Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) eingeführten § 15 a Abs. 2 RVG geregelt, dass ein Dritter sich auf eine im Gesetz vorgesehene Gebührenanrechnung nur berufen kann, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in denselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden. § 15 a RVG ist gemäß Art. 10 des vorgenannten Gesetzes am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten.
- 9
- Eine ausdrückliche Übergangsregelung hat der Gesetzgeber nicht angeordnet. Infolgedessen ist streitig geworden, ob § 15 a RVG auch auf sog. Altfälle Anwendung findet (offen gelassen in den BGH Beschlüssen vom 9. September 2009 - X a ZB 2/09 - FamRZ 2009, 2082 Tz. 7 und vom 29. September 2009 - X ZB 1/09 - WRP 2009, 1554, 1556 f.).
- 10
- 3. Der erkennende Senat hat hierzu in Übereinstimmung mit dem II. Zivilsenat (vgl. BGH Beschluss vom 2. September 2009 - II ZB 35/07 - ZIP 2009, 1927, 1928) nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entschieden, dass § 15 a RVG eine bloße Klarstellung der bestehenden Gesetzeslage darstellt und somit auch Anwendung findet, wenn die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten vor dem 5. August 2009 erfolgt war (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 175/07 - zur Veröffentlichung bestimmt m.w.N.).
- 11
- 4. Der vorliegende Sachverhalt gibt dem Senat keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.
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- a) Mit den vom Beschwerdegericht für seine gegenteilige Rechtsauffassung angeführten Argumenten hat sich der Senat im Wesentlichen bereits im Beschluss vom 9. Dezember 2009 (XII ZB 175/07 - zur Veröffentlichung bestimmt ) ausführlich befasst.
- 13
- b) Auch der Verweis auf die fehlende Übergangsregelung und § 60 Abs. 1 RVG verfängt nicht. Denn mangels Änderung der Rechtslage bedurfte es weder einer Übergangsvorschrift noch ist der Anwendungsbereich des § 60 Abs. 1 RVG eröffnet. Aus diesem Grund liegt ebenfalls keine (unechte) Rückwirkung vor.
- 14
- Nichts anderes folgt schließlich aus der Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 5. August 2009, in der es heißt, dass mit dem neuen § 15 a RVG eine für Rechtsanwälte und Gerichte bedeutsame Änderung des anwaltlichen Vergütungsrechts in Kraft getreten sei. Denn zum einen dürfte die Presseerklärung des zuständigen Ministeriums keine tragfähigen Rückschlüsse auf den Willen des Gesetzgebers im Sinne der historischen Auslegungsmethode zulassen (vgl. BGH Beschluss vom 29. September 2009 - X ZB 1/09 - WRP 2009, 1554, 1556 f.) und zum anderen ist auch in der Pressemitteilung sodann die Rede von einer Klarstellung, dass sich die Anrechnung im Verhältnis zu Dritten grundsätzlich nicht auswirke.
- 15
- 5. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Nachdem keiner der Ausnahmefälle des § 15 a Abs. 2 RVG ersichtlich ist, ist die Verfahrensgebühr in voller Höhe zu berücksichtigen. Die vom Beklagten der Klägerin zu erstattenden Kosten sind somit antragsgemäß auf insgesamt 1.962,17 € nebst Zinsen festzusetzen. Die im Rechtsmittelverfahren nicht mehr begehrte, jedoch im Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin noch geltend gemachte vorprozessuale Geschäftsgebühr zählt nicht zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne http://www.juris.de/jportal/portal/t/q15/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE154601301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/q15/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE156100301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/q15/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE156201301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/q15/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR078800004BJNE001203160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und kann daher nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO, § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG festgesetzt werden. Hahne Dose Wagenitz Klinkhammer Schilling
LG Lüneburg, Entscheidung vom 05.08.2009 - 5 O 148/09 -
OLG Celle, Entscheidung vom 10.09.2009 - 2 W 253/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Nach Abweisung der Klage der Insolvenzverwalterin auf Rückübertragung eines von der Schuldnerin an die Beklagte verkauften Grundstücks hat diese am 28. Oktober 2009 bei dem Landgericht einen Kostenfestsetzungsan- trag gestellt, in dem sie - hier allein von Interesse - unter anderem eine 1,3fache Verfahrensgebühr nach § 13, Nr. 3100 VV RVG in Ansatz gebracht hat. Auf Nachfrage der Rechtspflegerin teilte die Beklagte mit, dass für die außergerichtliche Tätigkeit ihrer Anwälte eine 1,3fache Geschäftsgebühr nach §§ 13, 14, Nr. 2300 VV RVG entstanden sei.
- 2
- In dem Kostenfestsetzungsbeschluss hat das Landgericht die von der Klägerin zu erstattenden Kosten unter Abzug der zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr angerechneten Geschäftsgebühr (eines Betrags von 2.044,90 €) auf insgesamt 5.914,10 € zzgl. Zinsen seit der Antragstellung festgesetzt.
- 3
- Der von der Beklagten gegen diesen Beschluss eingelegten sofortigen Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, dem Kostenfestsetzungsantrag auch hinsichtlich weiterer 2.044,90 € zzgl. Zinsen stattzugeben.
II.
- 4
- Das Beschwerdegericht meint, die Anrechnungsvorschrift der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei von dem Landgericht zu Recht angewendet und die im Kostenfestsetzungsbeschluss anzusetzende Verfahrensgebühr entsprechend gekürzt worden.
- 5
- Der durch Art. 7 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I 2010, 2449) eingefügte § 15a Abs. 2 RVG sei gemäß dem in § 60 Abs. 1 RVG bestimmten Grundsatz auf Altfälle nicht anzuwenden. Gegenstand der Festsetzung sei der Gebührenanspruch des Rechtsanwalts gegen die von ihm vertretene Partei und nicht ein Anspruch gegenüber dem Prozessgegner. § 15a Abs. 2 RVG enthalte daher nicht nur eine Klarstellung, sondern eine Neuregelung , weil diese Vorschrift - nunmehr erstmals - bestimme, wann sich ein Dritter, wie beispielsweise der Gegner im Kostenfestsetzungsverfahren, auf eine Vorschrift über eine Anrechnung von Gebühren berufen könne.
III.
- 6
- Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
- 7
- 1. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, die durch die Tätigkeit des Anwalts in dem Rechtsstreit entstanden ist, ist in dem Verfahren der Kostenfestsetzung in voller Höhe in Ansatz zu bringen. Diese Gebühr ist bei der Kostenfestsetzung nicht auf Grund der Vorschrift in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG über die hälftige Anrechnung der wegen desselben Gegenstands entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zu kürzen.
- 8
- Die Vorschrift über die Anrechnung der Geschäftsgebühr betrifft das Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten und wirkt sich im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren , grundsätzlich nicht aus (BGH, Beschl. v. 2. September 2009, II ZB 35/07, NJW 2009, 3101, 3102; Beschl. v. 9. Dezember 2009, XII ZB 175/07, FamRZ 2010, 456, 457). Die Anrechnung ist bei der Kostenerstattung nur dahingehend zu berücksichtigen, dass der Gegner nicht mehr zu zahlen hat, als die siegreiche Partei ihrem Rechtsanwalt aus dem Mandatsverhältnis schuldet. Die An- rechnung findet daher im Rahmen der Kostenfestsetzung nur in den Fällen statt, die nunmehr in § 15a Abs. 2 RVG gesetzlich geregelt worden sind.
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- § 15a bestimmt den im Gesetz bisher nicht definierten Begriff der Anrechnung. Absatz 1 regelt die Folgen der Anrechnung im Innenverhältnis zwischen dem Anwalt und seinem Mandanten. Absatz 2 betrifft die sich daraus ergebenden Wirkungen im Verhältnis zu Dritten, die am Mandatsverhältnis nicht beteiligt sind (BT-Drucks. 16/12717, S. 58), und stellt klar, welche Rechtsfolgen in diesem Verhältnis eintreten, wenn nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 bis 2303 auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG anzurechnen ist. Zu dieser Klarstellung sah sich der Gesetzgeber wegen einer nach seiner Auffassung dem Zweck der Anrechnung widersprechenden Auslegung der Vorschrift über die Anrechnung nach einer Entscheidung des VIII. Zivilsenats (Beschl. v. 22. Januar 2008, VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323, 1324) veranlasst (vgl. BT-Drucks. 16/12717, S. 58). Dies hat der XII. Zivilsenat in dem Beschluss vom 9. Dezember 2009, (XII ZB 175/07, FamRZ 2010, 456 ff.) im Einzelnen dargelegt. Der erkennende Senat tritt dieser Auffassung bei.
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- Die von dem X. Zivilsenat (Beschluss vom 29. September 2009, X ZB 1/09, NJW 2010, 76, 78) gegen dieses Verständnis der Gesetzesmaterialien zu § 15a RVG vorgetragenen Bedenken teilt der Senat nicht. Der Wille des Gesetzgebers zu einer bloßen Klarstellung der Rechtslage kommt in den Materialien eindeutig zum Ausdruck, wenn in diesen erklärt wird, dass das Verständnis der Anrechnung in den im Vorjahr ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs den Auftraggeber benachteilige und das Kostenfestsetzungsverfahren zusätzlich belaste, was beides unmittelbar den Zwecken zuwider laufe, die der Gesetzgeber mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verfolgt habe (BTDrucks 16/12717, S. 58). Da das davon abweichende Verständnis des § 15a RVG als Gesetzesänderung für die Entscheidung des X. Zivilsenats nicht tragend ist (aaO, 78), bedarf es keiner Vorlage der Rechtsfrage an den Großen Senat für Zivilsachen nach § 132 Abs. 2 Satz 1 GVG.
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- 2. Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist wegen des Rechtsfehlers, auf dem er beruht, aufzuheben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts dahin abzuändern, dass die Verfahrensgebühr aus der Kostenrechnung in vollem Umfange berücksichtigt wird.
IV.
- 12
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewerts für die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 3 ZPO. Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
LG Lüneburg, Entscheidung vom 08.12.2009 - 4 O 155/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 12.01.2010 - 2 W 6/10 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)