Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2011 - V ZR 64/11

published on 27/10/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2011 - V ZR 64/11
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Landgericht Trier, 2 O 81/08, 08/12/2009
Oberlandesgericht Koblenz, 3 U 48/10, 18/02/2011

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 64/11
vom
27. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Lemke, die Richterin
Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub und die Richterin Dr. Brückner

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 18. Februar 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt für die gerichtlichen Kosten 228.908,38 €, für die der Beklagten zu 2 zu erstattenden außergerichtlichen Kosten 49.953,22 €.

Gründe:

I.

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg, weil die vorgebrachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
2
1. Zu den Hauptanträgen (Feststellung und Grundbuchberichtigung):
3
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
4
aa) Die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgezeigte Rechtsfrage, ob die für die Gesamthypothek geltende Vorschrift (§ 1173 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf eine Gesamtgrundschuld anzuwenden ist, wenn auf die (gesicherte) Darlehensforderung gezahlt worden ist, bedarf keiner Klärung.
5
(1) Die Antwort auf diese Rechtsfrage ergibt sich bereits unmittelbar aus der Verweisungsnorm in § 1192 Abs. 1 BGB, nach der für die Grundschuld das Hypothekenrecht nur anzuwenden ist, wenn sich nicht ein anderes daraus ergibt, dass die Grundschuld eine Forderung nicht voraussetzt. Die Nichtzulassungsbeschwerde räumt selbst ein, dass die entsprechende Anwendung des § 1173 BGB auf eine Gesamtgrundschuld, wenn - wie hier - auf die gesicherte Forderung gezahlt worden ist, von dem Recht der Grundschuld abweicht, dem eine Akzessorietät fremd ist.
6
(2) Die Rechtsfrage ist zudem von dem Bundesgerichtshof bereits mehrfach in diesem Sinne beantwortet worden.
7
Die für die Gesamthypothek geltende Vorschrift ist zwar auf die Gesamtgrundschuld dann anzuwenden, wenn der Gläubiger aus dieser befriedigt worden ist. Das setzt jedoch voraus, dass das Grundpfandrecht - durch Zahlung auf die Grundschuld - abgelöst worden ist (Senatsurteile vom 20. November 1970 - V ZR 68/68, WM 1970, 1516, 1517 und vom 28. Mai 1976 - V ZR 208/75, NJW 1976, 2132, 2133).
8
Hat der Darlehensschuldner (wie hier der Beklagte zu 1) dagegen auf die gesicherten Forderungen gezahlt, hat er damit nicht die Grundschuld abgelöst (§ 1142 BGB), sondern seine Darlehensverbindlichkeit erfüllt (§ 362 BGB). Mit der Rückzahlung des Darlehens wird dann zwar der (schuldrechtliche) Rückgewähranspruch aus dem Sicherungsvertrag fällig, der Schuldner erwirbt dadurch aber noch keine Rechte an der nach § 1192 Abs. 1 Halbs. 2 BGB nicht von dem Bestand einer Forderung abhängigen Grundschuld (Senatsurteil vom 28. Mai 1976 - V ZR 208/75, NJW 1976, 2132, 2133; BGH, Urteile vom 9. Februar 1989 – IX ZR 145/87, BGHZ 106, 375, 378 und vom 23. März 1993 – XIZR 167/92, NJW 1993, 1919). In diesen Fällen ist § 1173 BGB nicht einschlägig.
9
b) Danach ist die Klage mit den Hauptanträgen (Feststellung des Nichtbestehens der Grundschulden; Bewilligung der Löschung der Eintragungen im Grundbuch) - wenn auch mit einer fehlerhaften Begründung - im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden. Die weiteren, von der Nichtzulassungsbeschwerde in Bezug auf die Abweisung der Hauptanträge aufgeworfenen Rechtsfragen stellen sich danach nicht mehr.
10
2. Zu den Hilfs- und den Hilfshilfsanträgen (Abtretung der Grundschulden):
11
a) Soweit auch bei den Hilfsanträgen der Antrag auf Zulassung der Revision mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wegen fehlerhafter Anwendung des § 1173 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet wird, ist auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen.
12
b) Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO).
13
Eine Zulassung aus diesem Grund kommt deshalb nicht in Betracht, weil die Hilfsanträge, die auf von der Vollstreckungsschuldnerin an die Klägerin abgetretenen Ansprüche auf (Rück-)Übertragung der Grundschulden und aus ungerechtfertigter Bereicherung gestützt werden, unbegründet sind.
14
aa) Der Vollstreckungsschuldnerin stand gegen die Grundpfandgläubiger kein Anspruch auf Abtretung der Grundschulden zu, den sie hätte abtreten können. Die Bezugnahme der Nichtzulassungsbeschwerde auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Februar 1989 – IX ZR 145/87, NJW 1989, 1349, 1350) geht deshalb fehl, weil in dem damals entschiedenen Fall beide Eheleute Sicherungsgeber waren.
15
Davon ist hier jedoch nicht auszugehen. In der Regel wird nämlich vermutet , dass der (alleinige) Darlehensschuldner, der dem Gläubiger die Grundschuld durch schuldrechtliche Abreden mit einem Dritten beschafft, nach der Tilgung des Darlehens die Grundschuld wieder bekommen soll (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1988 - III ZR 107/87, NJW 1989, 1732, 1733; Senatsurteil vom 20. November 2009 - V ZR 68/09, WM 2010, 210, 211 Tz. 14). Abweichenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen zu den Sicherungsvereinbarungen mit den Grundschuldgläubigern zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf. Da der Beklagte zu 1 alleiniger Schuldner der durch die Grundschulden gesicherten Darlehen war, wäre somit nach dem Vorstehenden davon auszugehen, dass dieser gegenüber den Grundschuldgläubigern der alleinige Inhaber der Rückübertragungsansprüche war. Die Abtretung der Rückübertragungsansprüche durch die Vollstreckungsgläubigerin an die Klägerin wäre ins Leere gegangen.
16
bb) Damit scheidet zugleich eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen fehlerhafter Nichtanwendung des § 816 Abs. 2 BGB aus. Da der Vollstreckungsschuldnerin - wie ausgeführt - (abzutretende) Ansprüche auf Rückgewähr der Grundschulden gegen die Grundschuldgläubiger nicht zustanden, haben diese die Löschungsbewilligungen dem Beklagten zu 1 als dem alleinigen Berechtigten ausgehändigt und - später - an diesen abgetreten.
17
cc) Von einer weiteren Begründung wird nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

II.

18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Stresemann Czub Brückner
Vorinstanzen:
LG Trier, Entscheidung vom 08.12.2009 - 2 O 81/08 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 18.02.2011 - 3 U 48/10 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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published on 20/11/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 68/09 Verkündet am: 20. November 2009 Lesniak, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Annotations

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Befriedigt der Eigentümer eines der mit einer Gesamthypothek belasteten Grundstücke den Gläubiger, so erwirbt er die Hypothek an seinem Grundstück; die Hypothek an den übrigen Grundstücken erlischt. Der Befriedigung des Gläubigers durch den Eigentümer steht es gleich, wenn das Gläubigerrecht auf den Eigentümer übertragen wird oder wenn sich Forderung und Schuld in der Person des Eigentümers vereinigen.

(2) Kann der Eigentümer, der den Gläubiger befriedigt, von dem Eigentümer eines der anderen Grundstücke oder einem Rechtsvorgänger dieses Eigentümers Ersatz verlangen, so geht in Höhe des Ersatzanspruchs auch die Hypothek an dem Grundstück dieses Eigentümers auf ihn über; sie bleibt mit der Hypothek an seinem eigenen Grundstück Gesamthypothek.

(1) Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.

(1a) Ist die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden (Sicherungsgrundschuld), können Einreden, die dem Eigentümer auf Grund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden; § 1157 Satz 2 findet insoweit keine Anwendung. Im Übrigen bleibt § 1157 unberührt.

(2) Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriften über die Zinsen einer Hypothekenforderung.

(1) Befriedigt der Eigentümer eines der mit einer Gesamthypothek belasteten Grundstücke den Gläubiger, so erwirbt er die Hypothek an seinem Grundstück; die Hypothek an den übrigen Grundstücken erlischt. Der Befriedigung des Gläubigers durch den Eigentümer steht es gleich, wenn das Gläubigerrecht auf den Eigentümer übertragen wird oder wenn sich Forderung und Schuld in der Person des Eigentümers vereinigen.

(2) Kann der Eigentümer, der den Gläubiger befriedigt, von dem Eigentümer eines der anderen Grundstücke oder einem Rechtsvorgänger dieses Eigentümers Ersatz verlangen, so geht in Höhe des Ersatzanspruchs auch die Hypothek an dem Grundstück dieses Eigentümers auf ihn über; sie bleibt mit der Hypothek an seinem eigenen Grundstück Gesamthypothek.

(1) Der Eigentümer ist berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen, wenn die Forderung ihm gegenüber fällig geworden oder wenn der persönliche Schuldner zur Leistung berechtigt ist.

(2) Die Befriedigung kann auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Befriedigt der Eigentümer eines der mit einer Gesamthypothek belasteten Grundstücke den Gläubiger, so erwirbt er die Hypothek an seinem Grundstück; die Hypothek an den übrigen Grundstücken erlischt. Der Befriedigung des Gläubigers durch den Eigentümer steht es gleich, wenn das Gläubigerrecht auf den Eigentümer übertragen wird oder wenn sich Forderung und Schuld in der Person des Eigentümers vereinigen.

(2) Kann der Eigentümer, der den Gläubiger befriedigt, von dem Eigentümer eines der anderen Grundstücke oder einem Rechtsvorgänger dieses Eigentümers Ersatz verlangen, so geht in Höhe des Ersatzanspruchs auch die Hypothek an dem Grundstück dieses Eigentümers auf ihn über; sie bleibt mit der Hypothek an seinem eigenen Grundstück Gesamthypothek.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so trifft die gleiche Verpflichtung denjenigen, welcher auf Grund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt.

(2) Wird an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist der Nichtberechtigte dem Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten verpflichtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)