Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2013 - V ZR 260/12

bei uns veröffentlicht am15.05.2013
vorgehend
Landgericht Leipzig, 8 O 2002/10, 23.03.2012
Oberlandesgericht Dresden, 14 U 624/12, 18.09.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 260/12
vom
15. Mai 2013
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Mai 2013 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Stresemann, die Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr.
Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Der Antrag des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. September 2012 einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Antrag des Klägers ist nicht begründet. Die beantragte Einstellung der Zwangsvollstreckung setzt nach § 544 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 719 Abs. 2 ZPO voraus, dass die Vollstreckung dem Kläger als Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und ein überwiegendes Interesse des Gläubigers - hier der Beklagten - nicht entgegensteht. Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht dargelegt.
2
1. Nicht unersetzlich sind Nachteile, die der Schuldner selbst vermeiden kann. Deswegen kann er sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nur dann darauf berufen, die Zwangsvollstreckung bringe ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil, wenn er in der Berufungsinstanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat. Hat der Schuldner dies versäumt, kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise dann in Betracht, wenn es ihm im Berufungsverfahren aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zu- mutbar war, einen Vollstreckungsschutzantrag zu stellen (Senat, Beschluss vom 20. März 2012 - V ZR 275/11, NJW 2012, 1292 Rn. 5). Daran fehlt es hier.
3
2. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz keinen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt. Dass es ihm unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, einen solchen Antrag zu stellen, ist nicht ersichtlich. Solche Umstände ergeben sich auch nicht daraus, dass der Kläger bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 28. August 2012 davon ausgehen zu können glaubte, den von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemachten Betrag zahlen zu können. Diese Annahme hatte - für den Kläger erkennbar - keine tragfähige Grundlage. Zu einer Schuldentilgung war der Kläger nur nach einer entsprechenden Freigabe von Vermögensgegenständen in der Lage, die er seiner Bank verpfändet hatte. Dass die Bank ihm diese unmittelbar zuvor in Aussicht gestellt hätte, behauptet der Kläger nicht. Dass er die Bank erst nach Zustellung des Berufungsurteils um Freigabe bat und dazu anwaltliche Hilfe in Anspruch nahm, zeigt, dass er mit einer problemlosen Freigabe auch nicht rechnete.
Stresemann Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 23.03.2012 - 8 O 2002/10 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 18.09.2012 - 14 U 624/12 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 719 Einstweilige Einstellung bei Rechtsmittel und Einspruch


(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung einges

Zivilprozessordnung - ZPO | § 712 Schutzantrag des Schuldners


(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläub

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2012 - V ZR 275/11

bei uns veröffentlicht am 20.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 275/11 vom 20. März 2012 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 719 Abs. 2, §§ 712, 522 Abs. 2 Ein Schutzantrag nach § 712 ZPO kann im Berufungsverfahren wirksam durch E

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(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.

(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.

(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.

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a) Nicht unersetzlich sind Nachteile, die der Schuldner selbst vermeiden kann. Deswegen kann er sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nur dann darauf berufen, die Zwangsvollstreckung bringe ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil, wenn er in der Berufungsinstanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat. Hat der Schuldner dies versäumt, kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise dann in Betracht, wenn es dem Schuldner im Berufungsverfahren aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar war, einen Vollstreckungsschutzantrag zu stellen (BGH, Beschluss vom 9. August 2004 - VIII ZR 178/04, FamRZ 2004, 1638 mwN).

(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.

(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.