Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Apr. 2011 - V ZR 201/10

published on 07/04/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Apr. 2011 - V ZR 201/10
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Previous court decisions
Landgericht München I, 25 O 15373/08, 20/11/2009
Oberlandesgericht München, 8 U 1610/10, 05/08/2010

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 201/10
vom
7. April 2011
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. April 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Czub und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. August 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 17.520 €.

Gründe:

I.

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO zulässig, weil bei der Klage der Wert der geltend gemachten Beschwer den Gebührenstreitwert übersteigt, der von dem Berufungsgericht analog § 41 Abs. 1 GKG nach dem von der Beklagten für eine einjährige Nutzung geforderten Entgelt bemessen worden ist. Die Beschwerde bleibt jedoch ohne Erfolg, weil die vorgebrachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
2
Zur Klage:
3
Es trifft zwar zu, dass das Berufungsgericht zu § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fehlerhafte, von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313, 317) abweichende Obersätze aufgestellt hat.
4
Die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgezeigte Rechtsfrage ist jedoch nicht entscheidungserheblich, weil das Verteidigungsvorbringen der Beklagten unschlüssig ist und es daher auf die Beweiswürdigung im landgerichtlichen Urteil nicht ankommt. Der auf Feststellung eines (unentgeltlichen) Mitbenutzungsrechts aus einer eingetragenen Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB gerichteten Klage ist zu Recht stattgegeben worden. Die Ausübungsbefugnis aus dem dinglichen Recht ist unentgeltlich; eine Verpflichtung des Dienstbarkeitsberechtigten zur Zahlung eines Entgelts kann nicht Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein (vgl. Bamberger/Roth/Wegmann, BGB, 2. Aufl., § 1018 Rn. 46; NK-BGB/Otto, 2. Aufl., § 1018 Rn. 101; PWW/Eickmann, BGB, 5. Aufl., § 1018 Rn. 12; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1018 Rn. 12).
5
Welchen Inhalt die Abreden der Parteien des Kaufvertrags vom 23. August 1994 in Bezug auf die Bestellung der Grunddienstbarkeit hatten, ist hier deshalb unerheblich, weil die Kläger nicht Partei dieses Vertrags waren und nichts dazu festgestellt oder vorgetragen worden ist, dass sie etwaige Verpflichtungen der damaligen Käufer in Bezug auf eine Gegenleistung für die Bestellung der Grunddienstbarkeit übernommen hätten.
6
Die Grunddienstbarkeit ist auch nicht auf Grund des Eintritts einer in der Bewilligung vereinbarten auflösenden Bedingung erloschen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass nach der für die Auslegung einer Grundbucheintragung maßgeblichen Sicht eines unbefangenen Betrachters (vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 2002 - V ZR 252/00, NJW 2002, 1797 - std. Rspr.) das PKWAbstellrecht auch dann erlöschen sollte, wenn der Eigentümer des dienenden Grundstücks die Tiefgarage nicht errichtet. Auf eine für einen Dritten nicht (schon gar nicht ohne weiteres) erkennbare Vorstellung eines von dem Wortlaut der Eintragung im Grundbuch möglicherweise abweichenden Verständnisses der Parteien des Vertrags, in dem die Bestellung der Grunddienstbarkeit vereinbart wurde, kommt es nach dem Vorstehenden ebenfalls nicht an.
7
Zur Widerklage:
8
Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung liegt nicht vor. Es gibt keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage, die in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig wäre.
9
Die Erwägungen der Beklagten zu einem Anspruch auf Löschung wegen einer rechtsmissbräuchlichen Berufung der Kläger auf ein eingetragenes Recht nach § 242 BGB sind bereits im Ausgangspunkt fehlerhaft. Nicht der Berechtigte , sondern der Eigentümer des dienenden Grundstücks, der die Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB durch Löschung einer Dienstbarkeit wegen anfänglichen Nichtbestehens oder späteren Wegfalls des Vorteils für das herrschende Grundstück nach § 1019 Satz 1 BGB verlangt, hat die Voraussetzungen dafür darzulegen und zu beweisen (vgl. nur Senat, Urteile vom 24. Februar 1984 - V ZR 177/82, NJW 1984, 2157, 2158 und vom 15. Januar 1999 - V ZR 163/96, VIZ 1999, 225 - std. Rspr.).
10
Unter welchen Voraussetzungen eine Grunddienstbarkeit nach § 1019 Satz 1 BGB erlischt, die gegenwärtig keinen Vorteil für das herrschende Grundstück hat, sondern allenfalls einen künftigen, nach einer Änderung der gegenwärtigen Verhältnisse möglichen Vorteil für das herrschende Grundstück absichern könnte, ist durch das Senatsurteil vom 24. Februar 1984 (V ZR 177/82, NJW 1984, 2157 f.) geklärt.
11
Ein auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung gestützter Zulassungsgrund (falscher Obersatz, Verletzung von Verfahrensgrundrechten usw.) ist nicht dar- gelegt, so dass sich auch wegen der Widerklage kein Grund für eine Zulassung der Revision ergibt.

II.

12
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Krüger Stresemann Czub Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 20.11.2009 - 25 O 15373/08 -
OLG München, Entscheidung vom 05.08.2010 - 8 U 1610/10 -
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
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published on 08/02/2002 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 252/00 Verkündet am: 8. Februar 2002 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B
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Annotations

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.

(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.

(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.

(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.

(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt (Grunddienstbarkeit).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird.

Eine Grunddienstbarkeit kann nur in einer Belastung bestehen, die für die Benutzung des Grundstücks des Berechtigten Vorteil bietet. Über das sich hieraus ergebende Maß hinaus kann der Inhalt der Dienstbarkeit nicht erstreckt werden.