Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2006 - V ZB 169/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückverwiesen.
Gründe:
I.
- 1
- Mit notarieller Urkunde vom 13. Dezember 1995 bestellte J. P. als damaliger Eigentümer des in dem Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Wohnungseigentums der Gläubigerin eine Grundschuld von 525.000 DM nebst 16 % Jahreszinsen und bewilligte zugleich die Eintragung der Grundschuld in das Grundbuch. Er unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in das Wohnungseigentum in der Weise, dass die Zwangsvollstreckung auch gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig ist.
- 2
- Später wurde die Schuldnerin als Eigentümerin des Wohnungseigentums in das Grundbuch eingetragen. J. P. erhielt den Nießbrauch daran; das Recht wurde in das Grundbuch eingetragen.
- 3
- Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2005 hat die Gläubigerin unter Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde die Anordnung der Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums wegen ihres Anspruchs aus der Grundschuld in Höhe von 268.428,23 € nebst 16 % Jahreszinsen seit dem 1. Januar 2001 beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist erfolglos geblieben.
- 4
- Mit der von dem Beschwerdegericht (Einzelrichter) wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und zur Fortbildung des Rechts zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihren Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung weiter; hilfsweise will sie die Anordnung der beschränkten Zwangsverwaltung erreichen.
II.
- 5
- Nach Auffassung des Beschwerdegerichts reicht die vollstreckbare Urkunde vom 13. Dezember 1995 für die Anordnung der Zwangsverwaltung nicht aus; vielmehr bedürfe es eines weiteren Vollstreckungstitels gegen den Nießbraucher. Denn ein solcher Titel sei in der Urkunde nicht enthalten. Zwar habe sich J. P. der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen; aber sein heutiges Nießbrauchsrecht habe damals noch nicht zu seinem Vermögen gehört , auch sei der Nießbrauch als Objekt der dinglichen Zwangsvollstreckungsunterwerfung in der Urkunde nicht aufgeführt.
III.
- 6
- Der angefochtene Beschluss ist auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin von Amts wegen aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückzuverweisen.
- 7
- 1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe nur BGHZ 154, 200; Senat, Beschl. v. 18. September 2003, V ZB 53/02, WM 2004, 704; BGH, Beschl. v. 13. Juli 2004, VI ZB 63/03, NJW-RR 2004, 1717) ist die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft; ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen hat, indem er einerseits die Sache nicht nach § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden besetzten Zivilkammer (§ 75 GVG) übertragen und damit die grundsätzliche Bedeutung verneint hat, andererseits jedoch Grundsatzbedeutung bejaht und die Rechtsbeschwerde u.a. deshalb zugelassen hat (§ 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
- 8
- 2. Der Widerspruch führt unter dem Gesichtspunkt der objektiv willkürlichen Bejahung der Zuständigkeit des Einzelrichters zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung von Amts wegen (BGH aaO), auch soweit die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erfolgte (BGH, Beschl. v. 11. September 2003, XII ZB 188/02, WM 2004, 854), und zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter (BGH, Beschl. v. 10. April 2003, VII ZB 17/02, MDR 2003, 949). Er wird erneut zu prüfen haben, ob - im Hinblick auf den Beschluss des Bundesge- richtshofs vom 14. März 2003 (IXa ZB 45/03, NJW 2003, 2164 f.) - die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und deshalb der mit drei Richtern besetzten Kammer zu übertragen ist. Die Schuldnerin erhält durch die Zurückverweisung die Gelegenheit, ihren in der Rechtsbeschwerdeinstanz gestellten Hilfsantrag weiter zu verfolgen.
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 11.03.2005 - 2 L 4/05 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 29.09.2005 - 7 T 93/05 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn
- 1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder - 2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Die Zivilkammern sind, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle der Kammer der Einzelrichter zu entscheiden hat, mit drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden besetzt.